Drucksache 18 / 17 958 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Hildegard Bentele (CDU) vom 18. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Februar 2019) zum Thema: Stand der Umsetzung der Drucksache 17/2971 „Berliner Programm gegen Gewalt an Schulen“ und Antwort vom 07. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. März 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Hildegard Bentele (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17958 vom 18. Februar 2019 über Stand der Umsetzung der Drucksache 17/2971 „Berliner Programm gegen Gewalt an Schulen“ ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie wurden in den letzten zweieinhalb Jahren Anti-Gewalt und Anti-Mobbing-Trainings an den Berliner Schulen intensiviert und Lehrer fortgebildet (bitte Auflistung pro Schule und Übersicht über die angebotenen Fortbildungen)? Wie viele ausgebildete Konfliktmediatoren arbeiten an welchen Berliner Schulen? Zu 1.: In den letzten zwei Jahren wurde die Anti-Gewalt und Anti-Mobbing-Arbeit intensiviert . Es entstanden im Jahr 2018 in Zusammenarbeit mit dem Berliner Forum Gewaltprävention (BFG) die Handreichung „Gewaltprävention an Schulen“ sowie gemeinsam mit der Landeskommission Berlin gegen Gewalt der „Orientierungs- und Handlungsrahmen Gewaltprävention“ (OHR). Beide Konzepte thematisieren den Umgang mit Mobbing und Gewalt an Schulen. Die Regionale Fortbildung bietet zahleiche Veranstaltungen zum Thema an. Sie beziehen sich sowohl auf das Verhalten der Schülerinnen und Schüler untereinander als auch gegenüber dem pädagogischen Personal. Neben Fortbildungen zur Reaktion auf konkrete Situationen werden zahlreiche Projekte mit externen Trägern zur Gewaltprävention und zum Sozialen Lernen angeboten, um auffälligem bzw. gewalttätigem Verhalten nachhaltig entgegenzuwirken, z.B.: 2 Umgang mit herausforderndem, aggressivem, auffälligem Verhalten, herausfordernden Unterrichtssituationen, Deeskalation Mobbing/Cybermobbing – Erkennung, Intervention, Prävention, schulische Anti- Mobbing-Projekte Prävention von und Umgang mit sexualisierter Gewalt antisemitische Gewalt – Ursachen, Hintergründe, Umgang, Prävention Schulungen und Netzwerktreffen für Kontaktlehrerkräfte und Krisenteams spezielle Angebote für Willkommensklassen gewaltfreie Kommunikation, zielorientierte Gesprächsführung Trainingsraumkonzept Konzept der Neuen Autorität Schulmediation/Konfliktmediation im Rahmen des Programmes pax-an Im weiteren Sinne mit der Gewaltprävention verbundene Themenbereiche sind: Demokratiebildung, insbesondere Klassenrat soziales Lernen interkulturelle und interreligiöse Bildung Diversity, sexuelle Vielfalt Neben regionalen Veranstaltungen werden schulinterne Angebote nach individuellem Bedarf der Schulen vereinbart. Zu verschiedenen Themen werden Fachtage, wie beispielsweise 2018 der Fachtag Gewaltprävention durchgeführt (Respekt, Antisemitismus in der Grundschule). In den Fortbildungsverbünden sind Schulberaterinnen und Schulberater für Gewaltprävention benannt. An den meisten Schulen existieren bereits jetzt Krisenteams, welche regelmäßig fortgebildet werden. Eine Zuordnung der an den Fortbildungen teilnehmenden Schulen sowie belastbare Aussagen zur (ständig wechselnden) Anzahl der Konfliktmediatorinnen und - mediatoren sind nicht möglich. 2. Hat jede Schule unter Beteiligung der Schülerinnen und Schüler und der Eltern eine Hausordnung mit Schulregeln erarbeitet (bitte für alle Schulen beifügen)? Ist diese Hausordnung zu Beginn des Schuljahres Schülern und Eltern zur Kenntnis gegeben und unterschrieben worden? Wenn nein, warum nicht? Zu 2.: Hausordnungen mit Schulregeln, die auch den Schülerinnen und Schülern sowie den Erziehungsberechtigten zu Beginn des Schuljahres zur Kenntnis gegeben und von diesen unterschrieben werden, sind an vielen Berliner Schulen Standard. Gemäß § 76 (2) des Schulgesetzes entscheidet die Schulkonferenz über die Hausordnung. 3. Welche bestehenden Strukturen zur Konfliktprävention und -bewältigung haben die Schulen mit welchen Beteiligten eingerichtet? 3 Zu 3.: Eine zentrale Aufgabe der schulischen Krisenteams ist neben dem abgestimmten Handeln in Krisensituationen die Erarbeitung von Konzepten und Maßnahmen zur Gewaltprävention. Schulische Krisenteams sind im neuen Schulgesetz ab nächstem Schuljahr für jede Schule verpflichtend. Zur schulischen Konfliktbewältigung existieren zudem weitere teils informelle Strukturen , beispielsweise die sogenannten Fallkonferenzen, die einzelfallbezogen gemeinsam mit Polizei, Jugendamt im Rahmen der Gewaltprävention und Konfliktbewältigung tätig sind. Gewaltprävention ist als fächerübergreifendes Thema im neuen Rahmenlehrplan für die Klassenstufen 1 bis 10 verankert. Zur Umsetzung dieses Themas im Unterricht wurde im November 2018 der Orientierungs- und Handlungsrahmen (OHR) „Schulische Gewaltprävention“ veröffentlicht, der Kompetenzen und Standards für gewaltfreies Handeln definiert und Lehrkräften konkrete Hinweise für die Umsetzung des Themas im Schulalltag und Unterricht gibt. Dazu werden aktuell weitere Materialien erstellt. Konfliktlotsen oder Pausenbuddies sind an vielen Berliner Schulen vorhanden. Darüber hinaus haben Schulen verschiedene Möglichkeiten das soziale Miteinander zu stärken. Die Schulen entscheiden eigenverantwortlich, welche Konzepte für die Bedarfe in ihrer Schule passend sind. Darüber hinaus hat es eine Ausweitung der Schulsozialarbeit gegeben. Derzeit sind an 282 Schulen Jugendsozialarbeiter über freie Träger der Jugendhilfe im Einsatz. Zusätzlich sind 46 beim Land angestellte Schulsozialarbeiterinnen an Schulen tätig. 16 inklusive Schwerpunktschulen haben eine zweite zusätzliche Schulsozialarbeiterin bzw. einen Schulsozialarbeiter. Zudem nutzen 53 Schulen Mittel des Bonus- Programms für Schulsozialarbeit. Die Bezirke finanzieren an 76 Schulstationen insgesamt weitere 114 Sozialarbeiterinnen oder Erzieherinnen. Auch die Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs- und Unterstützungszentren (SIBUZ) wurden ausgebaut, im letzten Haushalt um 26 Stellen. Deren Angebote umfassen unter anderem die Koordination der Schulischen Prävention (Gesundheit, Sucht, Gewaltprävention, soziales Lernen) sowie die schulpsychologische Gewaltund Krisenintervention und –prävention. Darüber hinaus existiert in der Bildungsverwaltung ein Beschwerdesystem. Schulleitungen , Schulaufsicht und das zentrale Beschwerdemanagement sind für Betroffene von Gewalt als auch für Ratsuchende ansprechbar. Das Beschwerdemanagement wird durch eine weitere Stelle im Bereich Antimobbing gestärkt und durch eine stundenweise Verstärkung durch eine Schülervertretung. Auch der Bereich der Anti- Diskriminierungsbeauftragten wird personell aufgestockt. Im Sinne der Partizipation von Schülerinnen und Schülern besteht eine Zusammenarbeit mit dem Landesschülerausschuss. „Pro Respekt – gewaltfreie Schule demokratisch entwickeln“ wird als neues Präventions - und Interventionsprojekt implementiert. 4 4. Welche Initiativen im Bereich der Elternarbeit zur Gewaltprävention haben die Berliner Schulen gestartet (bitte Angabe pro Schule)? Zu 4.: Dazu gibt es keine schulspezifische Auflistung. Neben den im Schulgesetz verankerten Beteiligungsgremien für Erziehungsberechtigte an Schulen entscheiden die Schulen eigenverantwortlich über weitere Formen der Elternarbeit. 5. Sind bei Gewaltvorfällen unverzüglich die Erziehungsberechtigten einbezogen worden (bitte Angabe pro Schule)? Wie viel Zeit ist zwischen dem Vorfall und dem Elterngespräch jeweils verstrichen (bitte Angabe pro Gewaltfall)? Haben die Gespräche tatsächlich stattgefunden? Wurden sie dokumentiert? Wenn nein, in wie vielen Fällen aus welchen Gründen nicht? Welche Strafe bzw. Lösung wurde jeweils für den Täter und das Opfer gefunden? Zu 5.: Die Berliner Schulen sind verpflichtet, Gewaltvorfälle und Notfälle aufzuarbeiten. Dazu gehört die zeitnahe Kommunikation zwischen Schule, Erziehungsberechtigten und ggf. den entsprechenden Helfersystemen (Schulaufsicht, Schulpsychologie, Jugendamt etc.). Eine statistische Erfassung des zeitlichen Verlaufs dieses Aufarbeitungsprozesses durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie erfolgt nicht. Erfolgt eine Meldung eines Vorfalls im Rahmen des Hilfe- und Unterstützungsverfahrens für Gewaltvorfälle, Krisen und Notfälle dokumentiert die Schule auf dem Meldebogen, welche Maßnahmen zur Aufarbeitung des Vorfalls eingeleitet wurden, u.a. Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen nach § 62 bzw. § 63 Schulgesetz. 6. Wie sieht die zentrale Übersicht nach Schulform, Bezirk und Geschlecht der Täter und des Opfers über die Gewaltvorfälle der Gefährdungsgrade I, II und III sowie hinsichtlich der Übergriffe auf Schulpersonal für die Jahre 2017 und 2018 aus? 7. Wann und wo wurde der Bericht zur Gewaltprävention und Konfliktintervention für das Jahr 2017 und 2018 vorgestellt (Berichte bitte anfügen)? Zu 6.: und 7.: Wie bereits in den Schriftlichen Anfragen Nr. 18/13 618 und Nr. 18/17 295 mitgeteilt, wurde das Hilfe- und Unterstützungsverfahren für Gewaltvorfälle, Krisen und Notfälle an Berliner Schulen evaluiert und die Daten wurden bis zum Abschluss der Evaluation nicht zentral ausgewertet. In den letzten drei Jahren haben zwei wissenschaftliche Untersuchungen zum Berliner Meldeverfahren aufeinander Bezug genommen. Die Ergebnisse liegen jetzt vor. Aus den Erkenntnissen wird ein neues Meldeverfahren entwickelt. Bis dahin wird von einer zentralen Auswertung der Daten abgesehen. Zudem wurde seitens der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie wiederholt auf die eingeschränkte Aussagekraft der im sogenannten „Meldeverfahren“ erhobenen Daten hingewiesen (vgl. Schriftliche Anfragen Nr. 18/13 041 und Nr. 18/13 309). Die Nutzung des „Meldeverfahrens“, welches gleichzeitig ein Unterstützungsund Hilfeverfahren für die Berliner Schulen ist, erfolgt aufgrund unterschiedlicher Motive , die über eine Meldung zur statistischen Erfassung von Vorfällen hinausgehen. 5 8. Welche Fälle der Stufe I, II und III wurden in den letzten sechs Jahren an der Hausotter-Grundschule gemeldet ? Zu 8.: Das Meldeverhalten der Schulen ist unterschiedlich. Deshalb sagen Aussagen über die Häufigkeit von Gewaltmeldungen nur wenig über die tatsächliche Belastung der Schulen aus. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie veröffentlicht keine schulscharfen Daten zu Gewaltvorfällen und Notfällen, um das Meldeverhalten der Schulen nicht zu beeinflussen und um öffentliche „Gewalt“-Rankings von Schulen zu vermeiden. Die in der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/17783 genannten Zahlen entstammen einer gesonderten regionalen Erfassung. Berlin, den 7. März 2019 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie