Drucksache 18 / 17 977 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Otto (GRÜNE) vom 21. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Februar 2019) zum Thema: Ist Solarnutzung Standard bei den Schulneubauten? II und Antwort vom 04. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. März 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, und Wohnen Herrn Abgeordneten Andreas Otto (Grüne) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17977 vom 21. Februar 2019 über Ist Solarnutzung Standard bei den Schulneubauten? II ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Mit welcher Begründung wurden bei den neuen Schulgebäuden der ersten Tranche der Schulbauoffensive keine PV-Anlagen (Photovoltaik) auf oder an den Schulen installiert? (Bitte einzeln nach der jeweiligen Schule die Begründung ausführen inklusive Beispielrechnung der Wirtschaftlichkeit der Anlage je nach Größe der PV-Anlage und Ausrichtung des Daches unter Berücksichtigung des Eigenverbrauchs sowie alternativ einer Volleinspeisung und Ausnutzung des kompletten Daches.) Zu 1.: Die Planung eines jeden Schulneubaues enthält ein auch für das bauordnungsrechtliche Genehmigungsverfahren erforderliches Energiekonzept mit dem Nachweis der Einhaltung der Vorgaben aus der Energieeinsparverordnung (EnEV) und dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG). Dazu wird in der Planungsphase „Vorplanung“ ein Variantenvergleich verschiedener Kombinationen von Anlagen der Energieversorgung des Gebäudes mit Wärme und Strom unter Beachtung der örtlichen Bedingungen geführt. Dazu gehören auch Solarthermie- und Photovoltaikanlagen. Mit der Einhaltung der vorgenannten gesetzlichen Bestimmungen ist sichergestellt, dass der Anteil erneuerbarer Energien berücksichtigt ist. Aufgrund der dabei angestellten Wirtschaftlichkeitsvorbetrachtungen wird von den Planenden der technischen Ausrüstung in Abstimmung mit der/dem Architekt/in ein Energieversorgungssystem ausgewählt, welches sich bezüglich der Investitions- und Betriebskosten über den Lebenszyklus des zu errichtenden Schulgebäudes als wirtschaftlichste Variante darstellt. 2 In der Vergangenheit haben sich Energiekonzepte mit Solarthermie- und Photovoltaikanlagen als nicht wirtschaftlich dargestellt. Bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit bezüglich des Bezuges von elektrischem Strom steht der mittels Photovoltaikanlage erzeugte und zum Eigenverbrauch in der Schule bereitstehende Strom in Konkurrenz zum Strom aus dem Netzbezug vom Energieversorgungsunternehmen (EVU). Dabei ist wichtig, dass im Rahmen des Stromliefervertrages des Landes Berlin mit dem EVU die Belieferung der Abnahmestellen des Landes Berlin – so auch die Schulen – mit Strom ausschließlich bzw. zu 100 % aus erneuerbaren Energien („Ökostrom“ gem. Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt (VwVBU)) erfolgt. Das bedeutet, dass bezüglich der Stromversorgung der Schulen das „100 % Erneuerbaren-Ziel“ bereits jetzt erreicht ist, dieses ohne Eigenerzeugung mittels Photovoltaikanlagen im örtlichen Zusammenhang mit dem Schulgebäude. Auch würde die CO2-Bilanz der Energiekonzepte der Schulen durch die Errichtung von Photovoltaikanlagen negativ beeinflusst werden. Dagegen ist im Liefervertrag mit dem EVU der CO2-Faktor für den Ökostrom aus Netzbezug mit 0 g/kWh je Jahr angesetzt. Frage 2: Welche Parameter gehen in die Wirtschaftlichkeitsberechnungen des Senats bei PV-Anlagen für Schulbauten ein? Wie werden die Daten (z.B. Modulpreise, Laufzeit) für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen ermittelt und aktualisiert? Wurden die Wirtschaftlichkeitsberechnungen bei den Schulgebäuden der ersten Tranche während des Planungsprozesses angepasst (z.B. fallende Modulpreise)? Zu 2.: Für jede bauliche Maßnahme ist neu zu prüfen, ob und wie eine Anlage für die jeweilige Schule auch wirtschaftlichen Nutzen bringen kann. Die für die Wirtschaftlichkeit wesentlichen Parameter einer PV-Anlage sind die Planungskosten (Nebenkosten), die Herstellungskosten, der erwartete Energieertrag und die sich daraus ergebende Kostenersparnis (durch Eigenverbrauch und durch Vergütung für den Anteil der Netzrückspeisung), die Betriebsführungs- und Instandhaltungskosten, der Kapitaldienst und die Kosten für Demontage und Entsorgung. Bei der anzustellenden Wirtschaftlichkeitsvorbetrachtung ist der für den Schulbetrieb typische tägliche und jährliche Lastgang zu berücksichtigen. Die Bemessung der PV- Anlage ist unter Berücksichtigung der zu ermittelnden Grundlast an Elektroenergie der jeweiligen Einrichtung vorzunehmen, damit der Eigenverbrauchsanteil möglichst hoch ist. Frage 3: Werden die Wirtschaftlichkeitsberechnungen des Senats für das gesamte Energiekonzept eines Schulgebäudes oder gesondert für die PV-Anlage erstellt? Wird der Berliner Energiestandard von 2014 weiter angewendet? Falls nein – welcher Standard alternativ? Zu 3.: Berechnungen zur Wirtschaftlichkeitsvorbetrachtung werden für das gesamte Energiekonzept des Schulgebäudes angestellt. Wobei gilt, dass jede Anlage der technischen Ausrüstung eines Gebäudes, die zur Einhaltung der angestrebten 3 Energiestandards der EnEV beiträgt, für sich allein dem Anspruch der Wirtschaftlichkeit genügen muss. Im Fall der Stromversorgung werden die Varianten - Stromerzeugung durch eigene Stromerzeugungsanlage (z. B. PV-Anlage) und Netzbezug vom EVU - gegenübergestellt. Das zuvor dargelegte gilt für alle öffentlichen Bauvorhaben im Land Berlin. Als Standard gilt die EnEV 2016. Frage 4: Welche rechtlichen Rahmenbedingungen wurden bei der Entscheidung, keine PV-Anlagen auf Dächern und an Fassaden der Schulneubauten zu installieren, beachtet, welche missachtet (z.B. Landeshaushaltsordnung, Berliner Energiewendegesetz, Klimaschutzziele des Landes)? Zu 4.: Es gab und gibt keine (grundsätzliche) Entscheidung, keine PV-Anlagen auf Dächern und an Fassaden der Schulneubauten zu installieren. Unter Nr. 1. wurde der Planungsprozess, der bei jeder einzelnen Neubaumaßnahme bezüglich des Energiekonzeptes durchlaufen wurde, beschrieben. Die dabei getroffenen Einzelfallentscheidungen bestimmen die Wahl der Techniken zur Einhaltung der Vorgaben aus der EnEV und dem EEWärmeG. In der Vergangenheit haben sich Energiekonzepte mit Solarthermie- und Photovoltaikanlagen als nicht wirtschaftlich dargestellt. Somit wurden alle rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt. Frage 5: Warum wurden im Falle einer eventuell ermittelten Unwirtschaftlichkeit der PV-Anlagen nicht externe Anbieter mit der Errichtung der PV-Anlagen beauftragt und Dächer oder Fassaden zu Gunsten einer PV-Anlage verpachtet? Zu 5.: Das geht naturgemäß erst, wenn das Gebäude errichtet ist und dem Bedarfsträger übergeben wurde. Frage 6: Wie erklärt der Senat, dass in anderen Bundesländern, z.B. Bayern und Rheinland-Pfalz, auf fast allen Dächern öffentlicher Neubauten PV-Anlagen installiert werden, in der Hauptstadt Berlin ebensolches jedoch nicht gelingt? Zu 6.: Erkenntnisse über die Entscheidungsfindung in den erwähnten Bundesländern liegen nicht vor. Die Entscheidungsfindung im Land Berlin wurde unter Nr. 1 erläutert. Das Handeln im Land Berlin wird bestimmt u. a. durch die LHO § 7 mit ihrem Gebot zu Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Frage 7: Wie soll sichergestellt werden, dass die Schulgebäude der ersten Tranche der Schulbauoffensive nachträglich mit PV-Anlagen ausgestattet werden? Wie ist der Zeitplan für die Nachrüstung? Ist dazu eine Verpachtung von Dachflächen an externe Anbieter vorgesehen? 4 Zu 7.: Diese Schulgebäude sind unter Beachtung der zum Zeitpunkt der Planung gültigen gesetzlichen Regelungen errichtet worden. Die jeweiligen Energiekonzepte, die Bestandteil der bauordnungsrechtlichen Genehmigungen sind, stimmen mit den Klimaschutzzielen überein. Grundsätzlich ist vorgesehen, dass bei Neubauten mindestens die baulichen Vorrüstungen für eine eventuell spätere Errichtung von Photovoltaikanlagen vorzuhalten sind. Frage 8: Wie kann sichergestellt werden, dass künftig alle Schulneubauten mit PV-Anlagen ausgestattet werden, um die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand gemäß § 6 Berliner Energiewendegesetz nachzukommen? Zu 8.: Wenn sich der Betrieb von PV-Anlagen zur Stromerzeugung für den Eigenbedarf gegenüber dem Netzbezug von Strom des EVU als wirtschaftlich darstellt. Denn nur dann können die PV-Anlagen ihre Vorbildfunktion im Sinne des sparsamen und schonenden Umgangs mit Ressourcen entfalten. Frage 9: Welche Vorhaben im Schulbau plant der Senat, wo auf Dächern sowohl eine Begrünung nebst Regenwasserbewirtschaftung und gleichfalls eine PV-Anlage aufgebracht werden sollen? Welches Projekt hat dafür Pilotcharakter? Zu 9.: Derartige Vorhaben im Schulbau sind derzeit nicht geplant. Berlin, den 4. März 2019 In Vertretung Sebastian Scheel .................................... Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen