Drucksache 18 / 18 028 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tommy Tabor (AfD) vom 26. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Februar 2019) zum Thema: Berlin: Notunterkünfte für Familien, Jugendliche und Heranwachsende und Antwort vom 13. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. März 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Tommy Tabor (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18028 vom 26. Februar 2019 über Berlin: Notunterkünfte für Familien, Jugendliche und Heranwachsende ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Hält der Senat den geplanten Ausbau von derzeit 30 Plätzen in der Notunterkunft für wohnungslose Familien auf demnächst 100 Plätze anhand ausgewerteter Nachfrage- und Belegungsstatistiken für ausreichend für die nächsten Jahre? Zu 1.: Der Senat hat in den Richtlinien der Regierungspolitik festgelegt, der Wohnungslosigkeit von Familien mit minderjährigen Kindern entgegenzuwirken. Dazu werden u. a. für obdachlose Familien Kapazitäten an Notübernachtungen mit sozialpädagogischer Unterstützung auf bis zu 100 Plätze ausgebaut. Der Berliner Senat finanziert dazu im ersten Schritt seit 2016 eine Notübernachtung des Diakonischen Werkes Berlin Stadtmitte e. V. mit 30 Plätzen. Der Senat hat hierzu in den Drucksachen S18/14838, S18/17446 und S18/17879 berichtet. In Umsetzung des Vorhabens planen die für Soziales und Familie zuständigen Senatsverwaltungen mit dem Träger Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk (EJF gemeinnützige AG) eine weitere Notübernachtung für Familien mit Kindern in Berlin- Reinickendorf in einer Kapazität von 40-50 Plätzen. Konzeptionell werden damit niedrigschwellige Notübernachtung und Aspekte des Kinderschutzes berücksichtigt. Ziel ist die Vermittlung in die Regelversorgung. Die Senatsverwaltungen sind derzeit damit befasst, alle erforderlichen Prüfungen und Abstimmungen mit dem Träger vorzunehmen. Die Umsetzung ist zudem mit der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege Verbände abgestimmt. 2 Der Zeithorizont zur Realisierung dürfte im 1. Halbjahr 2019 liegen. Nach den heutigen Erkenntnissen müsste damit der Bedarf gedeckt sein. 2. Auf wie viele Zimmer sind diese 30 Plätze aufgeteilt und mit welcher durchschnittlichen Familiengröße wird bei den weiteren 70 einzurichtenden Plätzen geplant? Zu 2.: Die Raumstandards orientieren sich an der Leistungsbeschreibung Notübernachtung für Projekte der Wohnungslosenhilfe und der Straffälligenhilfe in Berlin. In der Immobilie in der Wrangelstr. 12 stehen für die 30 Plätze 10 Bewohnerzimmer zur Verfügung. Dabei entfallen auf die Bewohnerräume 49 %, auf Gemeinschaftsräume 6 %, auf die Küchen-/ Wirtschaftsräume 7 %, auf Sanitärräume 6 %, auf Büros 10 % und auf Flure 21 % der Fläche. 3. Wie lange ist die durchschnittliche Verweildauer der Familien? Zu 3.: Die durchschnittliche Verweildauer der Nutzerinnen und Nutzer betrug im Berichtszeitraum 2017 rund 19 Tage und im Berichtszeitraum 2018 rund 12 Tage (jeweils Oktober – September). 4. Welcher Staatsangehörigkeit sind die betreuten Familien am häufigsten zuzuordnen? (Bitte für die Jahre 2013-2018 auflisten.) Zu 4.: Die Notübernachtung besteht seit Okt. 2016. Insofern werden im Folgenden die Daten von 2017 und 2018 (jeweils Oktober – September) zusammengefasst. Die Verteilung nach Staatsangehörigkeit der Nutzerinnen und Nutzer ist in der nachstehenden Tabelle dargestellt: Staatsangehörigkeit Anteil Deutsche 28 % EU-Bürgerinnen/EU-Bürger 33 % Europa nicht EU 3 % Asien 17 % Afrika 14 % sonstige Länder 3 % keine Angaben 3 % Summe 100 % 5. Wie werden die in Not geratenen Familien nach dem Auszug aus der Notunterkunft mit Wohnraum versorgt? Zu 5.: Im Rahmen eines Clearings erfolgt mit den Familien eine Bedarfserhebung zu den unterschiedlichen Lebensbereichen. Dabei stehen zur Beseitigung einer akuten Notlage die Lebensbereiche „Einkommen“ und „Unterkunft“ im absoluten Fokus des Hilfeprozesses. Die Notübernachtung hat hierbei die Aufgabe, die Familien mit Kindern schnell ins Regelsystem zu vermitteln. Die Bezirksämter nehmen damit die weitere Versorgung, ggf. auch eine Wohnraumversorgung (u. U. eine Wohnung des „Geschützes Marktsegment“) vor, sofern im Einzelfall die dazu Möglichkeit besteht. 3 Die Verteilung nach der Art der Versorgung der Unterkunft nach Ende des Aufenthalts ist in der nachstehenden Tabelle dargestellt: Art der Unterkunfts-Versorgung Anteil Unterbringung nach ASOG 63 % Hotel 0 % Wohnheim im anderem Bundesland 3 % Notunterkunft/Zufluchtswohnung 3 % Unterkunft für Geflüchtete 2 % Klinik 0 % Frauenhaus 3 % Mutter-Kind-Einrichtung 2 % Wohnung (ehemalig oder neu) 12 % Wohnung von Bekannten 5 % Rückführung in EU-Land 2 % unbekannt 5 % Summe 100 % ASOG= Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz 6. Plant der Senat, in Zukunft Notunterkünfte für wohnungslose Familien, Jugendliche und Heranwachsende in staatlicher Hand zu betreiben oder bleibt es bei dem Betrieb durch freie Träger? Zu 6.: Der Berliner Senat plant bei der Umsetzung niedrigschwelliger Projekte weiterhin auf Träger der öffentlichen Wohlfahrtspflege als Betreiber zurückzugreifen. 7. Wie viele weitere niedrigschwellige Notunterkünfte wie das „Sleep In“ mit seinen 16 Betten und 2 Notbetten für junge Menschen von 14-20 Jahren und gegebenenfalls mitgeführten Tieren gibt es in Berlin? (Bitte nach Bezirk, Anzahl der Schlafplätze und Zimmer auflisten.) Zu 7.: Für Minderjährige gibt es im Rahmen der Jugendhilfe umfangreiche stationäre Angebote der Hilfen zur Erziehung. Für Kinder und Jugendliche in akuten Notsituationen stehen im Berliner Notdienst Kinderschutz insgesamt 39 Plätze und weitere regionale Kriseneinrichtungen mit ca. 300 Krisenplätzen zur Verfügung. Die Unterbringung mit Haustieren ist nur im „Sleep In“ möglich. Im Rahmen des Aktionsplans zur Einbeziehung ausländischer Roma in Verantwortung des Beauftragten des Berliner Senats für Integration und Migration wird das Pilotprojekt Nostel vorübergehende Unterbringung von wohnungslosen Familien mit minderjährigen Kindern- von dem Träger Phinove e. V. umgesetzt. Das Projekt richtet sich an wohnungslose Familien (EU-Bürgerinnen/EU-Bürger) mit minderjährigen Kindern, die keine Leistungen nach dem SGB II und/oder XII beziehen. An eine temporäre Unterbringung in einem geschützten Raum ist eine Clearingstelle angebunden, in der Leistungsansprüche nach dem SGB II und / oder XII geklärt und ggf. durchgesetzt werden. Das Projekt Nostel verfügt derzeit über sieben Notwohnungen mit 42 Schlafplätzen, im Laufe des Jahres sind zwei weitere Wohnungen mit voraussichtlich insgesamt zehn bis zwölf Schlafplätzen geplant. 8. Wie viele weitere Wohnprojekte wie das Jugendwohnhaus der SozDia in Lichtenberg für 14-18 Jahre alte Jugendliche gibt es in Berlin? (Bitte nach Bezirk, Anzahl der Schlafplätze und Zimmer auflisten.) Zu 8.: Im Rahmen der Jugendhilfe gibt es für Minderjährige sehr unterschiedliche stationäre Angebote in Form von Hilfen zur Erziehung gemäß der §§ 34, 35a und 42 4 SGB VIII. Zu den stationären Angeboten gehören unter anderem Regelgruppen in Einrichtungen über Tag und Nacht, verschiedene sonstige betreute Wohnformen und Krisenplätze für die Inobhutnahme von akut gefährdeten Kindern und Jugendlichen. Alle Unterbringungsplätze der Jugendhilfe werden durch den Berliner Notdienst Kinderschutz und durch freie Träger der Jugendhilfe auf der Basis von Trägerverträgen angeboten. Für die Altersgruppe der 14-18-Jährigen stehen in Berlin ca. 5.000 Plätze zur stationären Unterbringung zur Verfügung. Das Jugendwohnen der SozDia Stiftung Berlin in Lichtenberg ist ein Angebot davon. 9. Wie bewertet der Senat die Möglichkeit, die im erleichterten Baurecht für Flüchtlingsunterkünfte gebauten mobilen Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende nach Leerzug oder Ende der maximalen Nutzungsdauer in Not geratenen Familien, Jugendlichen und Heranwachsenden oder sonstwie von Obdachlosigkeit bedrohten oder betroffenen Menschen unabhängig von einem Flucht- oder Asylhintergrund zur Verfügung zu stellen? Zu 9.: Der Senat hat am 19.02.2019 ein Rahmenkonzept zur Prüfung der Anschlussnutzung von Tempohomes und Containerbauten, die derzeit für die Unterbringung von wohnungslosen Personen mit Fluchthintergrund genutzt werden, zur Kenntnis genommen. Dieses sieht vor, bei allen Standorten, in denen bisher keine dauerhafte, anderweitige Nutzung geplant ist, eine Anschlussnutzung zu prüfen. Hierbei hat die Nutzung zur Unterbringung von Wohnungslosen Vorrang vor anderen Nutzungen. Je nachdem, welche bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten am Standort vorliegen, wäre gegebenenfalls auch eine Unterbringung von Personen ohne Fluchthintergrund möglich. Nähere Prüfungen hierzu finden statt, nachdem der Rat der Bürgermeister Stellung zum Rahmenkonzept genommen hat und es vom Senat beschlossen wurde. Berlin, den 13. März 2019 In Vertretung Alexander F i s c h e r _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales