Drucksache 18 / 18 051 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marc Vallendar (AfD) vom 26. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Februar 2019) zum Thema: Straßenprostitution im Kurfürstenkiez II und Antwort vom 19. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Mrz. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Marc Vallendar (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18051 vom 26. Februar 2019 über Straßenprostitution im Kurfürstenkiez II ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: In Bezugnahme auf die Drucksache 17/16192 und Drucksache 18/11152 1. Wie bewertet der Senat die Entwicklung und damit einhergehenden Begleiterscheinungen der Straßenprostitution rund um die Kurfürstenstraße? 2. Hat sich der Bereich des Straßenstrichs rund um die Kurfürstenstraße im Vergleich zu den Anfragen Drucksache 17/16192 und Drucksache 18/11152 erweitert, verkleinert oder ist gleich geblieben? Bitte die betroffenen Straßenzüge angeben. Zu 1. und 2.: Erkenntnisse, dass sich die Zahl der in der Prostitution tätigen Personen rund um die Kurfürstenstraße in den vergangenen Jahren verändert hat, liegen dem Bezirk Tempelhof- Schöneberg nicht vor. Inwiefern sich die Strukturen im Kurfürstenkiez aufgrund der Bauprojekte verändern, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen, hierzu kann momentan noch keine abschließende Einschätzung getroffen werden. Maßnahmen des Senats und der Bezirke wurden durch das Projekt „Nachbarschaft im Kurfürstenkiez“ (2017-2019) des Frauentreffs Olga (Notdienst für Suchtmittelgefährdete und -abhängige Berlin e.V.) unternommen, wodurch sich ein verstärktes Miteinander im Kiez rund um die Kurfürstenstraße abzeichnet. Das Projekt wird gefördert über das Programm Soziale Stadt/Quartiersmanagement Schöneberg-Nord und seit einigen Monaten auch durch das Bezirksamt Mitte. Im Rahmen des Projekts gibt es z.B. Anwohnersprechstunden in sozialen Einrichtungen vor Ort, eine Qualifizierung der Erzieherinnen bzw. Erzieher und Sozialarbeiterinnen bzw. Sozialarbeiter der sozialen Einrichtungen zum Thema Umgang mit Straßenprostitution und Piktogramme vor sozialen Einrichtungen und Schulen , die auf diese sensiblen Bereiche hinweisen sollen. - 2 - 2 3. Wie viele Minderjährige, die der Prostitution nachgehen, wurden von 2017 bis heute in Berlin aufgegriffen? Wie viele davon im Kurfürstenkiez? Zu 3.: In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wurden 2017 in Berlin insgesamt 10 und 2018 insgesamt 27 minderjährige Geschädigte zum Tatbestand des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung/Zwangsprostitution erfasst. Eine gesonderte Statistik bezogen auf den Kurfürstenkiez wird diesbezüglich in Berlin nicht geführt. Vereinzelte Hinweise, dass sich im Zeitraum 2017 und 2018 im Kurfürstenkiez Minderjährige prostituiert haben, konnten im Zuge eingeleiteter Ermittlungen der Polizei nicht bestätigt werden. 4. Wie hat sich die Begleitkriminalität im Kurfürstenkiez verändert? Welche Straftaten treten besonders häufig auf? Bitte Fälle mit Tatort im Kurfürstenkiez (Kontaktbereiche 3419, 3420, 3421, 4102, 4103, 4104, 4108) von Anfang 2017 bis heute Auflisten, in Anlehnung/Ergänzung zu der Auflistung in der DS 18/11152. Zu 4.: Die Straftatenentwicklung im Kurfürstenkiez ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Der Kurfürstenkiez verläuft in den geographischen Räumen der Polizeidirektionen 3 und 4. Hierzu wurden die in der Tabelle dargestellten Kontaktbereiche ausgewertet. Die Fallzahlen beruhen auf verlaufsstatistischen Daten des Systems Data Warehouse Führungsinformation (DWH FI). Es handelt sich um Daten, die den tagesaktuellen Stand der im Polizeilichen Landessystem für Information, Kommunikation und Sachbearbeitung (POLIKS) erfassten Vorgänge abbilden. Da es sich um eine Eingangsstatistik handelt, können sich aufgrund möglicher Änderungen der Erfassungsgründe im Ermittlungsverlauf geringfügige Abweichungen ergeben. Quelle: POLIKS DWH FI, Abfrage vom 07.03.2019 *Betäubungsmittelgesetz/Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz **Aufgrund der 2017 erfolgten Gesetzesänderung ist eine vergleichende Darstellung und differenzierte Aufschlüsselung hinsichtlich der Kriterien Widerstand oder Tätlicher Angriff und der „Betroffenengruppe“ nicht möglich. Fälle mit Tatort im Kurfürstenkiez (Kontaktbereiche 3419, 3420, 3421, 4102, 4103, 4104, 4108) 2017 2018 2019 (Jan-Feb) Straftaten - insgesamt 4.129 3.204 478 darunter: Erpressung 3 9 3 Körperverletzung auf Straßen, Wegen oder Plätzen 67 53 8 Menschenhandel 10 7 1 Nötigung, Freiheitsberaubung, Bedrohung 90 93 14 Raub 73 54 5 Straftaten im Zusammenhang mit Verstößen gegen das BtMG und NpSG* 219 219 36 Taschendiebstahl 195 162 17 Widerstand/Tätlicher Angriff gegen Vollstreckungsbeamte und Gleichgestellte** 25 17 1 Ausbeuten von Prostituierten §180 a StGB 0 0 0 Zuhälterei §181 a StGB 3 2 0 - 3 - 3 Für den ausgewerteten geographischen Bereich ist im Jahresvergleich 2017/2018 ein Rückgang der Fallzahlen festzustellen. Insbesondere bei den für den Kurfürstenkiez relevanten Straftaten wie Körperverletzung auf Straßen, Wegen oder Plätzen, Raub, Taschendiebstahl und Widerstandshandlungen zeigt sich ein deutlicher Rückgang der Fallzahlenbelastung . Hingegen befinden sich die Fallzahlen im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln auf einem gleichbleibend hohen Niveau. Dies geht allerdings mit starken Kontrollmaßnahmen der Polizei Berlin einher. 5. Wie viele Anmeldebescheinigungen gem. § 3 des Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) wurden bis heute ausgestellt? Hält der Senat die Zahl der Anmeldungen mit der tatsächlich in Berlin der Prostitution nachgehenden Personen für identisch und wie hoch ist das Dunkelfeld? Zu 5.: Zum Stand 07.03.2019 haben sich 1085 Prostituierte offiziell nach § 3 ProstSchG angemeldet . Diese Zahl steigt stetig und es sind aus hiesiger Sicht keine finalen Aussagen darüber möglich, wie sich das Verhältnis der Anmeldungen gemäß ProstSchG zur geschätzten Anzahl der Prostituierten in Berlin gestalten wird. 6. Wie viele Kontrollen wurden bis heute an welchen Orten von Polizei und/oder Ordnungsamt zur Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen nach dem ProstSchG durchgeführt und welche Ergebnisse hatten diese? Zu 6: Kontrollen nach dem Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) im Bereich des Berliner Kurfürstenkiezes erfolgten durch die Polizei Berlin bisher nicht. Polizeiliche Kontrollmaßnahmen im Bereich des Kurfürstenkiezes richteten sich ausschließlich nach den Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO) bzw. nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG). Die Zuständigkeit der Senatsverwaltung für Inneres und Sport bezieht sich hinsichtlich der Ordnungsämter auf Grundsatzangelegenheiten. Die Abfragen zu Kontrolltätigkeiten waren direkt an die Bezirke zu richten. Aufgrund der Kürze der Zeit war eine ausführliche Beantwortung über die Abfrage der Kontrolltätigkeiten durch alle Bezirke nicht möglich. Die Ordnungsämter der nachfolgend aufgeführten Bezirksämter haben dazu folgende Rückmeldung gegeben: Auflistung der Bezirksämter aus denen eine Rückmeldung erfolgt ist Stand der Kontrollen durch die Ordnungsämter Friedrichshain-Kreuzberg Bisher keine Durchführung von Kontrollen Spandau von Berlin Bisher keine Durchführung von Kontrollen Pankow Bisher keine Durchführung von Kontrollen Lichtenberg Bisher keine Durchführung von Kontrollen Reinickendorf Bisher keine Durchführung von Kontrollen Charlottenburg-Wilmersdorf Bisher keine Durchführung von Kontrollen Tempelhof-Schöneberg Keine Angabe Marzahn-Hellersdorf Keine Angabe - 4 - 4 Treptow-Köpenick Es sind Kontrollen durchgeführt wurden. Die Anzahl kann aufgrund der Kürze der Zeit nicht eruiert werden. Neukölln von Berlin Keine Angabe Steglitz-Zehlendorf Bisher keine Durchführung von Kontrollen 7. Welche Stelle ist im Land Berlin für Ordnungswidrigkeitsverfahren nach dem ProstSchG zuständig und wie viele Ordnungsverfahren wurden in den Jahren seit in Kraft treten des ProstSchG eingeleitet bzw. abgeschlossen (nach Möglichkeit, nach Verstößen auflisten)? Zu 7.: Die Polizei Berlin ist zuständig für die Gewerbeüberwachung der Betriebstätten des Prostitutionsgewerbes . 8. 8. Welche Bestandteile der Umsetzung des ProstSchG im Land Berlin bereiten der Verwaltung bei der Umsetzung in der Praxis Schwierigkeiten und warum? Zu 8.: Im Bereich der gesundheitlichen Beratung zeichnet sich beim Bezirk Tempelhof- Schöneberg ein erhöhter Personalbedarf ab. Die der Anmeldung nach § 3 ProstSchG vorgeschaltete Gesundheitsberatung nach § 10 ProstSchG muss jährlich bzw. bei unter 21- jährigen Personen halbjährlich wiederholt werden, dies erfordert mehr personelle Ressourcen als zunächst eingeplant wurden. Hier wurde bereits reagiert und aufgestockt, trotzdem sind die Stellen aktuell noch nicht ausreichend, um den Bedarf komplett und ohne längere Wartezeit auf Termine zu decken. Die Erarbeitung von berlinweit einheitlichen Kriterien für das vom Gewerbetreibenden einzureichende Betriebskonzept (§ 16) dauert gegenwärtig ebenso an, wie die Abstimmung zwischen Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, ob bei Vorliegen einer (von jeher bestehenden) stadtplanungsrechtlichen Unzulässigkeit eines Bestandsbetriebes nunmehr allein deswegen , die Versagung des Erlaubnisantrages § 14 Abs. 2 Nr. 5 erfolgen soll. Im Zuständigkeitsbereich der für Wirtschaft zuständigen Senatsverwaltung sieht das ProstSchG ein umfangreiches Erlaubnisverfahren für den Betrieb von Prostitutionsgewerben vor. Das Gesetz regelt eine Vielzahl von Voraussetzungen, die vor einer Erlaubniserteilung durch die Erlaubnisbehörden geprüft werden müssen. Hierzu gehört u.a. die gewerberechtliche Zuverlässigkeit des Betreibers bzw. der Betreiberin, die Einhaltung gesetzlich geregelter Mindestanforderungen an die zum Prostitutionsgewerbe genutzten Anlagen , Vorkehrungen zum Sicherheits- und Gesundheitsschutz, Fragen des Immissionsschutzes sowie baurechtliche Voraussetzungen. Zuständig für die Erlaubniserteilung sind die Ordnungsämter der 12 Bezirke; die bezirklichen Umwelt-, Bau- und Stadtplanungsämter sind im Verfahren zu beteiligen. Die Erlaubnisbehörden haben die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen in jedem Einzelfall anhand des jeweiligen Betriebskonzepts sowie durch Vorortbegehungen zu prüfen. Dies bedeutet einen hohen Zeit- und Personalaufwand . Zudem arbeitet das ProstSchG bei den Erlaubnisvoraussetzungen an zahlreichen Stellen mit unbestimmten Rechtsbegriffen. - 5 - 5 Im Interesse der Rechtssicherheit sowie einer möglichst einheitlichen Auslegung hat die für Wirtschaft zuständige Senatsverwaltung umfangreiche Anwendungsempfehlungen erarbeitet und den Erlaubnisbehörden zur Verfügung gestellt. Die Anwendungshinweise sind auch auf der Homepage der Wirtschaftsverwaltung abrufbar. Sie konkretisieren die gesetzlichen Anforderungen für Prostitutionsstätten, wie z.B. die Anforderungen an ein sachgerechtes Notrufsystem, die angemessene Anzahl und Ausstattung mit Sanitäreinrichtungen und geeigneten Aufenthalts- und Pausenräumen. Berlin, den 19. März 2019 In Vertretung Barbara König Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung