Drucksache 18 / 18 124 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Karsten Woldeit (AfD) und Herbert Mohr (AfD) vom 04. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. März 2019) zum Thema: Katastrophenschutz in Berlin – Teil III und Antwort vom 22. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. März 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Karsten Woldeit (AfD) und Herrn Abgeordneten Herbert Mohr (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18124 vom 04. März 2019 über Katastrophenschutz in Berlin – Teil III ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie ist die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung im Katastrophenfall geregelt? Gibt es eine psychosoziale Notfallversorgung? Zu 1.: Die gesundheitliche Versorgung stützt sich auch im Katastrophenfall auf die vorhandenen Strukturen der ambulanten und stationären Versorgung. Zur Versorgung im ambulanten Bereich vgl. Frage Nr. 12. Die Versorgung im stationären Bereich findet in den 38 Aufnahmekrankenhäusern in Berlin statt, für die u.a. die Bauordnung Berlin, das Landeskrankenhausgesetz (§ 27) sowie die Krankenhausverordnung des Landes Berlin (§§ 42 ff.) die Verpflichtung für besondere Vorkehrungen im Katastrophenfall normieren. Die Bauordnung Berlin stuft Krankenhäuser als Sonderbauten ein, für die im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens spezielle Anforderungen gestellt werden können. Hervorzuheben ist hier die Verpflichtung gem. § 2 KhsVO i.V.m. § 3 i.V. m. § 52 Bauordnung für Berlin und der DIN VDE 0100-710 – Ausführung von elektrischen Anlagen in Krankenhäusern, eine separate Notstromanlage vorzuhalten , an die solche Bereiche des Krankenhauses, in denen bei einem Stromausfall Gefahren für die Unversehrtheit der Patient/-innen bestehen, für mindestens 24 Stunden aufgeschaltet werden. Demnach bestehen in Krankenhäusern doppelte Netze, die zudem brandschutztechnisch separiert sind, um auch im Brandfall einen Totalausfall zu verhindern . Sofern in Krankenhäusern neben dem Notstromaggregat auch ein externer Einspeisepunkt existiert, können – als doppelte Rückfallebene – auch mobile Notstromaggregate, z.B. des THW, aufgeschaltet werden. - 2 - 2 Aber auch die Pflicht aus § 42 KhsVO, Alarmpläne für Katastrophen und besondere Schadenslagen eigenständig aufzustellen, ist hier wesentlich: 1983 wurden erstmalig Musterempfehlungen für Krankenhäuser im Katastrophenfall herausgegeben, um den Einrichtungen Hilfestellung bei der Erstellung der Alarmpläne zu geben. Seit 1985 werden im Übrigen regelhaft sogenannte Krankenhausvollübungen durch die für Gesundheit zuständige Senatsverwaltung in Berlin durchgeführt. Im Jahr 2019 wird die 200. Übung dieser Art durchgeführt werden. Hinsichtlich der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) sehen die Alarm- und Einsatzpläne der Krankenhäuser für die klinische Bewältigung der Großschadenslage /Katastrophe auch den Einsatz von psychologisch geschulten Kräften vor. Eine psychologische Betreuungsstelle wird hier im Rahmen der klinischen Versorgung im Krankenhaus errichtet. Die landesweite PSNV basiert auf einer im Jahr 2009 geschlossenen Rahmenvereinbarung mit verschiedenen Organisationen, Behörden und Kirchen. Damit soll sichergestellt werden, dass im Großschadensfall in geeigneter Form psychosoziale Unterstützung für Betroffene in der Akutphase (am Einsatzort) bis zur Überführung in die Systeme der Regelversorgung erfolgt. Die an der Rahmenvereinbarung Beteiligten arbeiten kontinuierlich an den Rahmenbedingungen, den Schnittstellen sowie den vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe definierten Qualitätskriterien für die PSNV 2. Wie ist die medikamentöse Versorgung (z. B. Jodtabletten) im Katastrophenfall geregelt? Zu 2.: Grundsätzlich obliegt nach § 1 Apothekengesetz den Apotheken die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung . Vorgaben zur Vorratshaltung der Apotheken gibt § 15 Apothekenbetriebsordnung. Danach hat die Apothekenleiterin/der Apothekenleiter die Arzneimittel und apothekenpflichtigen Medizinprodukte, die zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung notwendig sind, in einer Menge vorrätig zu halten, die mindestens dem durchschnittlichen Bedarf für eine Woche entspricht. Für Krankenhausapotheken und krankenhausversorgende Apotheken gilt eine analoge Regelung, die den durchschnittlichen Bedarf von zwei Wochen umfasst. Darüber hinaus sind in jeder Apotheke bestimmte Notfallarzneimittel vorrätig zu halten. Hierzu gehören z. B. Glucocorticosteroide zur Injektion, Schmerzmittel und Antihistaminika zur Injektion. § 79 des Arzneimittelgesetzes sieht zudem Ausnahmeermächtigungen für Krisenzeiten vor. Danach ist das zuständige Bundesministerium unter den im Gesetz beschriebenen Voraussetzungen ermächtigt, Ausnahmen von den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zuzulassen, wenn die notwendige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sonst ernstlich gefährdet wäre. Der Sonderfall der hochdosierten Kaliumiodidtabletten, die im Falle eines mit der Erklärung des Katastrophenfalles einhergehenden schweren Ereignisses am Forschungsreaktor zur Verminderung der Aufnahme von radioaktivem Jod in die menschliche Schilddrüse ausgegeben werden müssten, ist im „Katastrophenschutzplan für die Umgebung des Forschungsreaktors BER II der Helmholtz-Zentrum Berlin GmbH“ geregelt. - 3 - 3 Danach ist die Verteilung von Kaliumiodidtabletten an die Haushalte durch die Polizei bis maximal 4.000 m und über diesen Umkreis hinaus bis zu einer Entfernung von maximal 20 km vom Forschungsreaktor eine Ausgabe durch die betroffenen Bezirke zur Versorgung von Kindern, Jugendlichen bis 18 Jahre sowie Schwangeren vorgeplant. Der Katastrophenschutzplan sowie die Liste der geplanten Ausgabestellen für Kaliumiodtabletten sind im Internet veröffentlicht: https://didakat.de/cms/beitrag/10867412/7672198. Über die oben genannten Versorgungsstrukturen hinaus befinden sich in Berlin zusätzlich drei sogenannte Basispakete zur Versorgung von jeweils 100 Schwerverletzten. Diese Pakete wurden durch den Bund bereitgestellt und werden durch das jeweils bevorratende Krankenhaus durch Wälzung auf dem aktuellen Stand der medizinischen Versorgung gehalten . Die Pakete umfassen Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Vorhaltung basiert auf einem Beschluss der Innenministerkonferenz im Jahr 2002 und dient dem Zivilschutz sowie der medizinischen Versorgung bei außergewöhnlichen Schadensereignissen oder Katastrophen . Sowohl Bund als auch das Land Berlin können die Bevorratung bei entsprechenden Gefährdungslagen anfordern. 3. Wie wird generell die Resilienz der Strukturen in der Gesundheitsversorgung gestärkt? Und wie werden der Behandlungsbedarf und die Versorgungskapazitäten dafür ermittelt? Zu 3.: Behandlungsbedarfe und Versorgungskapazitäten sind sehr stark szenarienabhängig und können deshalb im Detail nicht beschrieben werden. Deshalb muss eine solide Grundvorsorge der Betreiber der Gesundheitseinrichtungen ergänzt um staatliche Maßnahmen der Daseinsvorsorge den Behandlungsbedarf und die Versorgungskapazitäten absichern. Der Schwerpunkt der staatlichen Handlungsoptionen liegt bei der stationären Versorgung. Die Strukturen werden durch die in den Antworten zu den folgenden beiden Fragen beschriebenen Maßnahmen gestärkt. 4. Inwiefern wird mit Blick auf das Risiko- und Notfallmanagement im Krankenhaus sowie auf weitere landesrechtliche Normen die Umsetzung der Verpflichtung zur Erstellung und Beübung von Alarm- und Einsatzplänen geprüft? Zu 4.: Seit 1985 werden in den Berliner Aufnahmekrankenhäusern auf Grundlage des Landeskrankenhausgesetzes (LKG) i.V.m. § 42 Abs. 6 der Krankenhausverordnung (KhsVO) Vollübungen zur Erprobung der Einsatzbereitschaft aller Funktionsbereiche, des Krankenhauses und der Praktikabilität der aufgestellten Einsatzpläne durchgeführt. Die Übungen finden in allen 38 Berliner Aufnahmekrankenhäusern statt, wobei ab 2018 der Turnus für jedes Krankenhaus auf 3 Jahre verkürzt wurde. Jede Übung wird seitens der Senatsverwaltung mittels eines umfangreichen Berichts ausgewertet. Dieser Bericht ist Grundlage einer Auswertungsbesprechung, die gemeinsam mit der Krankenhausleitung (Direktorium, Geschäftsführung) nach der Übung durchgeführt wird. Hier wird festgelegt, welche Maßnahmen durch das Krankenhaus eingeleitet werden können, um Defizite, die bei der Übung erkenntlich wurden, zu beseitigen. - 4 - 4 Die Übungsauswertung mit den Leitungen der Krankenhäuser ist ein wichtiger Bestandteil zur kontinuierlichen Verbesserung der Krankenhausalarmplanung und der Funktionsfähigkeit im Katastrophen- und Großschadensfall. Die Verpflichtung der Krankenhäuser nach § 42 KhsVO, die Alarmierungspläne regelmäßig fortzuschreiben, wird durch dieses Verfahren kontinuierlich überprüft. 5. Wem obliegt in diesem Zusammenhang die Entwicklung von Handlungsplänen und Richtlinien? Wie werden ferner die finanziellen und organisatorischen Belastungen bei der Umsetzung der Erstellung und Beübung von Alarm- und Einsatzplänen vergütungstechnisch berücksichtigt? Zu 5.: Laut § 42 Abs. 1 KhsVO stellen die Krankenhäuser in eigener Verantwortung zum Schutz der Allgemeinheit vor Gefahren und Schäden, die von Großschadensereignissen und von besonderen Gefahrenlagen ausgehen, Alarmierungspläne auf, in denen die Auslösung des Alarms, die Alarmierung des Krankenhauspersonals und die Unterrichtung Dritter geregelt wird. Diese Pläne werden regelmäßig aktualisiert. Als Hilfestellung existiert ein Leitfaden Krankenhausalarmplanung, der durch die SenGPG allen Krankenhäusern zur Verfügung gestellt wurde. Im Rahmen der regelmäßigen Krankenhausübungen (vgl. Ziff. 4) werden den Krankenhäusern vom Land Berlin die Kosten erstattet, die ihnen durch den Einsatz des zusätzlichen Personals entstehen. Diese Kostenerstattung stellt eine der Höhe nach angemessene Entschädigung für die tatsächlich entstandenen Mehrkosten einer Übung dar. Alle 38 Aufnahmekrankenhäuser müssen durch regelmäßige Aus- und Fortbildung ihrer Mitarbeiter/-innen die Funktionsfähigkeit ihrer Einrichtungen im Katastrophenfall sicherstellen . Seit 2018 fördert der Senat spezielle Fortbildungsangebote für die Krankenhäuser, die der klinischen Bewältigung einer Großschadenslage/Katastrophe im besonderen Maße dienen und individuell auf die vorherrschenden Strukturen in der Krankenhausalarmplanung in Berlin zugeschnitten sind. Gefördert wird ebenso die klinische Ausstattung mit Schutzausrüstung für biologische und chemische Gefahrenlagen und die Beschaffung materieller Ressourcen – z.B. Notfall OP Siebe – zur Bewältigung von Großschadenslagen. Damit ist das Land Berlin in Umfang und Güte der Katastrophenschutzvorsorge Vorreiter in Deutschland. 6. Für welchen Zeitraum können die aktuellen Notstromsysteme die Funktionsfähigkeit in den Berliner Krankenhäusern sicherstellen? Für welchen Zeitraum (wie lange) ist die Funktionsfähigkeit der diagnostischen Bereiche, der Kühlsysteme, der Hitzesterilisation sowie solchen Bereichen mit kontrollierten Belüftungssystemen , beispielsweise Isolierstationen, gesichert? 7. Wie lange funktioniert die Versorgung im Krankenhaus ohne externe Stromversorgung d. h., bei einem langandauernden flächendeckenden Stromausfall? Zu 6 und 7.: Zu Anforderungen nach § 52 BauOBln gehört auch die Norm VDE 0100-710. Diese regelt die Anforderungen an die Elektrosicherheit in medizinisch genutzten Bereichen (inkl. Krankenhäuser) in Betriebsstätten, Räumen und Anlagen. Im Mittelpunkt stehen die Si- - 5 - 5 cherheit für die Patienten und medizinisches Personal sowie eine kontinuierliche Stromversorgung . Die DIN-Norm stuft die verschiedenen technischen Einrichtungen eines Krankenhauses abhängig vom Gefährdungsgrad für die Patienten/-innen bei Ausfall der Einrichtung in verschiedene Gruppen ein. Die Gruppe mit der höchsten Sicherheitsstufe ist Gruppe Nr. 2, nach der Definition der DIN-Norm unter 710.2.7 ein „medizinisch genutzter Bereich, in dem die elektrische Anlage beim Auftreten eines ersten Körper- oder Erdschlusses oder Ausfall des allgemeinen Netzes nicht abgeschaltet werden darf. Die Untersuchung und Behandlung ist für Patient*innen gefährlich, eine Wiederholung unzumutbar oder die Beschaffung von Untersuchungsergebnissen nicht erneut möglich. In diesen medizinisch genutzten Bereichen werden die Anwendungsteile für Anwendungen wie intrakardinale Verfahren in OP Sälen und lebenswichtige Behandlungen eingesetzt, wo eine Unregelmäßigkeit (ein Fehler ) in der Stromversorgung Lebensgefahr verursachen kann.“ Für die Bereiche der Gruppe 2 schreibt die DIN-Norm unter 710.564.5 und 710.564.6 vor, dass sie an ein Notstromaggregat angeschlossen sein müssen, welches – hier wiederum wieder unterteilt in Ausfallgefährlichkeit für den Patienten – spätestens innerhalb einer Reaktionszeit von 0,5 bis 15 Sekunden die betroffenen technischen Einrichtungen des Bereichs bei Fehlern in der Allgemeinen Stromversorgung mit Strom versorgt. Das Notstromaggregat selbst muss eine Versorgung dieser Bereiche für mindestens 24 Stunden sicherstellen können, vgl. 710.562.5 der DIN-Norm. Die Betriebsdauer von 24 Stunden kann bis auf 3 Stunden verringert werden, wenn die medizinischen Anforderungen erfüllt, die Verwendung des Bereichs für die Behandlung/Untersuchung sichergestellt und jegliche Evakuierung des Gebäudes komplett innerhalb von 3 Stunden realisiert ist. Zu den Bereichen nach Gruppe 2 zählt die Isolierstation. Im Übrigen sind die in der Frage aufgeführten Bereiche jedoch nicht unter Gruppe 2 zu subsumieren. Hier trifft die DIN- Norm unter 710.564.7 die Regelung, dass bei diesen technischen Einrichtungen es – je nach Witterung, Tageszeit oder technischem Aufbau – möglich ist, eine Aufschaltung an das Notstromaggregat erst nach Eintreten des Stromausfalls vorzunehmen. Dazu zählen auch Sterilisationseinrichtungen, Heizungsanlagen, Kühlanlagen, Kocheinrichtungen , Aufzüge (sofern es sich nicht um Feuerwehraufzüge handelt), vgl. die nicht abschließende Aufzählung unter DIN-Norm 710.564.7. Weitergehende Vorsorgemaßnahmen von Krankenhäusern (z.B. Vorhaltung eines größeren Tanks) werden auf freiwilliger Basis vorgenommen. Soweit die Nachtankung des Notstromaggregats gesichert ist, ist die Versorgung auch über 24 Stunden hinaus möglich. 8. Inwiefern kann der operative Bereich bei einem längerfristigen Stromausfall aufrechterhalten werden? Wie wird die Funktionsfähigkeit bei von energieintensiven Systemen, beispielsweise thermische Sterilisation von medizinischen Instrumenten, sichergestellt? Zu 8.: Krankenhäuser gewährleisten die 24-stündige Notstromversorgung über ihr Aggregat mit der Maßgabe, dass darin auch energieintensive Systeme – soweit diese für die Patientenversorgung wesentlich sind - versorgt werden. Die thermische Sterilisation kann jedoch laut DIN-Norm später aufgeschaltet werden. - 6 - 6 Elektive Operationen werden beim Betrieb über das Notstromaggregat nach Ermessen des Krankenhauses abgesagt. Die Operationen werden i.d.R. auf unaufschiebbar notwendige Operationen reduziert. 9. Welche ausgelagerten Funktionsbereiche im Krankenhaus wären in derartigen langfristigen Situationen des Stromausfalls nicht durch die aktuellen (Strom-)Notmaßnahmen gedeckt? Zu 9.: Das beurteilen die Krankenhäuser im Rahmen ihrer Verantwortung für den Betrieb. Daher liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 10. Für welchen Zeitraum wird durch die aktuellen Notmaßnahmen die medizinische Versorgung auf Intensivstationen (hier insbesondere bezogen auf Beatmungseinheiten incl. künstliche Beatmung und Überwachungsgeräte ) sichergestellt? Wie wird analog dazu die medizinische Versorgung in spezialisierten Krankenhauseinheiten, beispielsweise Sonderisolierstationen oder neonatologischen Intensivstationen, sichergestellt? Zu 10.: Die Versorgung wird 24 Stunden bzw. mit entsprechender Nachbetankung auch länger sichergestellt. Alle in der Frage genannten Bereiche sind unter Gruppe 2 zu subsumieren (siehe Antworten zu Frage 6 und 7). 11. Wie wird die Funktionsfähigkeit des Rettungswesens bzw. Zivilschutzes sichergestellt, wenn infolge des Stromausfalls das Kommunikationsnetzwerk ausfällt (oder auch durch Hackerangriffe)? Zu 11.: Die Kommunikationsnetzwerke der Sicherheitsbehörden (Feuerwehr, Notfallrettung sowie der Polizei) sind in einem physikalisch getrennten System geführt. Dieses System ist redundant aufgebaut und stadtweit verfügbar. Die elektronischen Komponenten sind mit unterbrechungsfreien Stromversorgungen für ca. 2 Stunden versehen und werden parallel von Notstromaggregaten vor Ort gespeist. Insgesamt soll das Kommunikationsnetzwerk 72 Stunden die Kommunikationsfähigkeit der Sicherheitsbehörden sicherstellen. Zu den gesicherten Kommunikationsmitteln gehören der BOS-Digitalfunk sowie Telefon und Datendienste der Sicherheitsbehörden. Gegen Hacker ist das Kommunikationsnetzwerk mit einem Firewall-System verschiedener Hersteller ausgestattet. 12. Wie ist die medizinische Notversorgung im ambulanten Bereich sichergestellt? Inwiefern wird die Funktionsfähigkeit besonders stromabhängiger Dialysezentren sichergestellt und welche Zeiträume sind aktuell abgedeckt? Besteht hier aus Sicht des Senat Handlungsbedarf? Welcher? (Bitte um Beantwortung aller Fragen. Danke!) Zu 12.: Den Sicherstellungsauftrag für die ambulante vertragsärztliche Versorgung nimmt die Kassenärztliche Vereinigung Berlin für den Zuständigkeitsbereich des Bundeslandes Berlin wahr. Sie wurde im Rahmen der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage um Stellungnahme gebeten und führt Folgendes aus: - 7 - 7 „Bei Stromausfällen kann der medizinische Versorgungsauftrag auch in der ambulanten Medizin nur sehr eingeschränkt wahrgenommen werden. Ambulante Operationen können beispielsweise ohne ausreichende elektrische Lichtquellen nicht durchgeführt werden. Ambulante Operationen, die in Narkose durchzuführen sind, können wegen Ausfall der medizinischen Geräte, die in Zusammenhang mit der Anästhesie erforderlich sind, nicht mehr durchgeführt werden. Radiologische Leistungen können bei einem Stromausfall ebenfalls nicht mehr durchgeführt werden. Dies lässt sich ohne weiteres auf viele diagnostische Maßnahmen erweitern. Vor diesem Hintergrund ist die "medizinische Notversorgung im ambulanten Bereich" bei flächendeckenden Stromausfällen nur in reduziertem Umfang möglich. Bei besonders eiliger Diagnostik, die keinen Zeitaufschub erfordert, wären die Patienten an Arztpraxen in nicht betroffene Bezirke oder Krankenhäuser mit Notstromversorgung zu verweisen. Im Fall des Stromausfalls in Köpenick hat die kassenärztliche Vereinigung Berlin den ärztlichen Bereitschaftsdienst dieser Region verstärkt. Die Funktionsfähigkeit von Dialysepraxen ist nicht nur von der Stromversorgung, sondern auch von der Wasserversorgung abhängig. Bei den meisten Dialysepatienten sind die Dialysen regelmäßig dreimal pro Woche durchzuführen. Nur in wenigen Fällen und bei ausgesuchten Patienten könnten die Intervalle um einen Tag verlängert werden. Aus diesem Grund hat sich unter den Dialysepraxen eine kollegiale Unterstützung etabliert. Im Bedarfsfall werden die Patienten einer zwischenzeitlich nichtfunktionsfähigen Praxis durch andere Dialysepraxen behandelt. Gegebenenfalls kommt auch ein Verweis an Dialyseeinheiten an Krankenhäusern mit einer Notstromversorgung Betracht. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass die Qualitätssicherungsvereinbarung auf Bundesebene eine Notstromversorgung in Dialysezentren nicht fordert. Im Übrigen gilt auch hier, dass von einem Stromausfall nicht nur Dialysezentren, sondern alle Gruppen massiv betroffen wären , die moderne Medizintechnik in ihren Praxen einsetzen.“ 13. Medienberichten zufolge funktionierte eines der Notstromaggregate nicht durchweg1, weshalb eine Verlegung von 23 Intensiv-Patienten erfolgte2. Welche Ursachen waren dafür verantwortlich? Bei einem längerfristigen Ausfall von Kommunikationsstrukturen, inwiefern sind weitere Kommunikations- bzw. Logistiklösung integriert (beispielsweise TankNotStrom-System), um die Treibstoffversorgung von Notstromaggregaten aufrecht zu erhalten? Zu 13.: Vom Stromausfall betroffen waren zwei Krankenhäuser - Krankenhaus Hedwigshöhe und DRK Krankenhaus Köpenick. Beim Eintreten des Stromausfalls sprangen in beiden Häusern die hauseigenen Notstromaggregate problemlos an. Im Krankenhaus Köpenick ergaben sich im Laufe der Nacht jedoch technische Probleme an dem Aggregat, daher wurde das THW eingeschaltet, welches die Notstromversorgung durch mobile Notstromaggrega- te über den externen Einspeisepunkt sicherstellen konnte. Die Treibstoffversorgung wird im Fortgang durch die Krankenhäuser selbst gewährleistet. 1 https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/stromausfall-in-koepenick-was-lernt-berlin-aus-dem-blackout/24024738.html 2 Außerdem mussten Mitarbeiter bei der Kühlung wichtiger Medikamente improvisieren, „da nicht alle Kühlschränke an den entsprechenden Steckdosen für den Notstrom hingen“. - 8 - 8 14. Welche Konsequenzen organisatorischer, personeller, finanzieller oder andere Art sollten aus Sicht des Senats aus den Erfahrungen des letzten Stromausfalls in Berlin gezogen werden? Zu 14.: Die Auswertung dauert noch an. Eine finale Aussage kann daher nicht getroffen werden. Berlin, den 22. März 2019 In Vertretung Martin Matz Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung