Drucksache 18 / 18 155 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Franz Kerker (AfD) vom 07. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. März 2019) zum Thema: Von der Gesundheitskarte für "Flüchtlinge" zum "Recht auf Stadt"? und Antwort vom 29. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. April 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Franz Kerker (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18155 vom 07.03.2019 über Von der Gesundheitskarte für "Flüchtlinge" zum "Recht auf Stadt"? ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In welchen Bundesländern bzw. Kommunen Deutschlands wurde die Gesundheitskarte eingeführt, in welchen nicht? Zu 1.: Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) für Geflüchtete wurde in allen drei Stadtstaaten eingeführt. Eine Anfrage zur Ermittlung der deutschlandweiten Einführung der eGK für Geflüchtete über die Länderarbeitsgemeinschaft für Migration und Flüchtlingsfragen ließ sich innerhalb der Bearbeitungsfrist nicht durchführen. Die Internetrecherche http://gesundheit-gefluechtete.info/gesundheitskarte/ hat folgenden Sachstand ergeben: Die eGK für Geflüchtete wurde bereits implementiert: Berlin; Brandenburg; Bremen; Hamburg; Schleswig-Holstein; Thüringen. Die Einführung der eGK für Geflüchtete befindet sich in der Umsetzung: Niedersachsen; Nordrhein-Westfalen; Rheinland-Pfalz. Über die Einführung der eGK für Geflüchtete wurde noch nicht entschieden: Hessen; Sachsen-Anhalt. Eine Einführung der eGK für Geflüchtete ist nicht vorgesehen: Baden-Württemberg; Bayern; Mecklenburg-Vorpommern; Sachsen; Saarland. 2 2. Schuf die Einführung dieser Karte für sogenannte Flüchtlinge einen Anreiz, aus anderen Bundesländern nach Berlin umzusiedeln? Zu 2.: Die elektronische Gesundheitskarte für Geflüchtete ist nicht zu verwechseln mit der elektronischen Gesundheitskarte für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherungen. Die eGK für Geflüchtete wird für die gesundheitliche Versorgung während der ersten 15 Aufenthaltsmonate ausgestellt. Die Leistungsberechtigten haben keine freie Wahl der Krankenkasse, das Leistungsspektrum ist eingeschränkt und die Kosten für die Gesundheitsleistungen werden in Berlin vom Land getragen. Nach 15 Monaten besteht im Regelfall ein gesetzlicher Leistungsanspruch auf Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). In diesem Falle findet das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) entsprechende Anwendung. Dies schließt den Anspruch auf eine Gesundheitskarte ein, die die Gleichbehandlung mit Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung herstellt. Menschen, die in Deutschland Asyl suchen, werden für die Zeit der Antragsbearbeitung über das EASY-System einem bestimmten Bundesland zugewiesen. Dies geschieht durch den sogenannten „Königsteiner Schlüssel“. Solange der Asylantrag bearbeitet wird, erhalten Asylbegehrende eine Aufenthaltsgestattung und nehmen gemäß § 56 Asylgesetz (AsylG) im festgelegten Gebiet Ihren Wohnsitz ein. Ein Anreiz für die Umsiedlung besteht somit aus der Gewährung der eGK nicht. 3. Inwiefern liegt der Berliner Praxis, Abschiebungen nicht konsequent durchzusetzen, die Idee von Berlin als einer "Sanctuary City" zugrunde, der es aus moralischen Gründen obliege, auf kommunaler Ebene gesamtstaatliche Regelungen zu unterlaufen? Zu 3.: Seitens des Senats wird ein Paradigmenwechsel befürwortet, der einerseits die Pflichten und Rechte der ausreisepflichtigen Menschen nach Ablehnung des Asylantrages ausreichend beachtet und andererseits die Möglichkeiten der Programme zur geförderten Rückkehr im Blick nimmt. Darüber hinaus setzt sich der Senat für die Erleichterung eines humanitären, alters- und stichtagsunabhängigen Bleiberechts für langjährig Geduldete ein. Darüber hinaus sind bei vollziehbar ausreisepflichtigen Menschen nach § 58 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes der Vorrang der freiwilligen Ausreise und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Kommen ausreisepflichtige Menschen ihrer Ausreisepflicht nicht nach, wird das Instrument der Abschiebung als Ultima Ratio angewandt. Daher ist festzuhalten, dass der Senat seiner rechtlichen Verpflichtung zur Durchsetzung vollziehbarer Ausreisepflichten unter Beachtung der zuvor genannten Maßgaben nachkommt. Überlegungen zu „Sanctuary Cities“ (sog. „Städten der Zuflucht“) sind in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung. Das Land Berlin ist dem internationalen Städtenetzwerk „Solidarity Cities“ beigetreten, das sich für die Aufnahme und Integration von Geflüchteten und Asylsuchenden ausspricht. (https://www.berlin.de/rbmskzl/politik/internationales/staedtenetzwerke/solidaritycities /artikel.775077.php) 3 4. Inwiefern orientiert sich der Senat in seinem Handeln an einem Leitbild sogenannter "flexibilisierter Bürgerschaft"? Zu 4.: Mit der elektronischen Gesundheitskarte wird gewährleistet, dass die Leistungsberechtigten auf der Grundlage der §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) eine professionelle und effiziente Gesundheitsversorgung erhalten und zudem das Verwaltungsverfahren effizient ausgestaltet wird. § 264 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) regelt ausdrücklich die Verpflichtung der Krankenkassen, die Krankenbehandlung für Leistungsberechtigte nach §§ 4 und 6 AsylbLG zu übernehmen. Der Senat setzt die gesetzlichen Vorgaben des AsylbLG und anderer Bundesgesetze um. Berlin, den 29. März 2019 In Vertretung Daniel T i e t z e _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales