Drucksache 18 / 18 169 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Förster (FDP) vom 11. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. März 2019) zum Thema: Gerüst, Werbebanner und nichts dahinter? – Was passiert beim ehemaligen Abwasserpumpwerk Köpenick I in der Wendenschloßstraße 93? und Antwort vom 22. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. März 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 5 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Herrn Abgeordneten Stefan Förster (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 18169 vom 11.03.2019 über Gerüst, Werbebanner und nichts dahinter? – Was passiert beim ehemaligen Abwasserpumpwerk Köpenick I in der Wendenschloßstraße 93? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher das zuständige Bezirksamt um Stellungnahme gebeten, die in die Beantwortung eingeflossen ist. 1. Welchen Denkmalwert hat nach Auffassung der Denkmalbehörden des Landes Berlin das eingetragene Baudenkmal „Abwasserpumpwerk Köpenick I“ in der heutigen Wendenschloßstaße 93, das einst nach Plänen des Köpenicker Stadtbaurats Hugo Kinzer errichtet wurde und sich nun in Privatbesitz befindet? Zu 1.: Das Abwasserpumpwerk Köpenick I, erbaut 1906 vermutlich nach Plänen von Architekt und Stadtbaurat Hugo Kinzer, besitzt ortsgeschichtliche Bedeutung, da es am Beginn der großstädtischen technischen Infrastruktur Köpenicks steht. Die Maschinenausstattung im Untergeschoss des rückwärtigen Maschinenhauses besitzt technikgeschichtliche Bedeutung. Der Bau aus rotem Backstein greift märkische Backsteingotik auf, typisch für Gebäude der technischen Infrastruktur und kommunale Bauten in Köpenick (beispielsweise Wasserwerk Friedrichshagen, Wasserwerk Köpenick , Rathaus Köpenick), und besitzt durch seine differenzierte Gestaltung künstlerische Bedeutung. Seite 2 von 5 2. Welche Anträge hat der jetzige Besitzer des Baudenkmals seit Übernahme des Gebäudes gestellt, um Arbeiten am oder im Gebäude genehmigen zu lassen? Gab es ggf. Auflagen? (Bitte um Auflistung des Datums, des Antragsinhalts und der Genehmigung bzw. des Ablehnungsbescheids) Zu 2.: Es liegt ein Antrag vom 08.10.2014 vor. Antragsgegenstand: - Entsorgung von Müll, Schutt, Sperrmüll aus den Räumlichkeiten und vom Freigelände - Demontage des im Hof/ Durchgang befindlichen Krans - Entfernung aller Graffiti und sonstiger Schmierereien von der Fassade - Austausch der durch Graffiti irreparabel geschädigten Kunststoff-Fenster zur Straßenfront und Ersatzdurch transparentes Plexiglas - Demontage des Krans in der Maschinenhalle - Einbau einer Zwischendecke in der Maschinenhalle, Überbauung der vorhandenen Maschinen - Überholung und ggf. Instandsetzung der Fenster, Funktionsräume und Funktionsflure Die Genehmigung wurde am 22.10.2014 mit zahlreichen denkmalrechtlichen Auflagen erteilt. Bauantrag vom 06.07.2017. Antragsgegenstand: Umbau und Nutzungsänderung des ehemaligen Pumpwerkes in ein Bürogebäude mit einer Lagerhalle sowie die Errichtung von Fahrradabstellplätzen und Abstellräumen für ein geplantes Wohnhaus auf dem Grundstück. Im straßenseitigen , mehrgeschossigen Gebäudeteil soll die dort vorhandene Büronutzung erweitert werden, u.a. mit Dachgeschossausbau mit Einbau von Dachgauben. Die Baugenehmigung wurde am 12.09.2018 mit denkmalrechtlichen Auflagen und im Einvernehmen mit dem Landesdenkmalamt erteilt. Bauantrag vom 20.12.2017. Antragsgegenstand: der Neubau eines 5-geschossigen Wohnhauses auf dem Grundstück neben dem Denkmal Dieser Antrag wurde am 04.02.2019 zurückgezogen. Aktueller Bauantrag vom 14.12.2018. Antragsgegenstand: erneut Neubau eines 5-geschossiges Wohnhauses mit 8 Wohneinheiten. Derzeit erfolgt im Bau- und Wohnungsaufsichtsamt (BWA) des Bezirksamts die Prüfung nachgereichter Unterlagen. Der Fachbereich Stadtplanung und die untere Denkmalschutzbehörde (UD) werden nach Vervollständigung der Bauantragsunterlagen beteiligt. 3. Haben sich die Denkmalbehörden davon überzeugt, dass die originale Innenausstattung des Gebäudes noch komplett vorhanden ist, da der jetzige Eigentümer bereits nach dem Kauf des Gebäudes das Interieur (alte Schalttafeln, historische Pumpen etc.) entsorgen und den Raum stattdessen für einen Diskobetrieb nutzen wollte? Wenn ja, wann erfolgten die Prüfungen? Wenn nein, warum nicht? Zu 3.: Durch mehrmalige Umbauten durch die Berliner Wasserbetriebe war die historische Innenausstattung nur noch in Teilen vorhanden. Zur Umnutzung des Gebäudes wur- Seite 3 von 5 de durch die Denkmalbehörden ein Teilrückbau der technischen Ausstattung zugestanden . Nach Kenntnisstand des Landesdenkmalamtes Berlin (LDA) wurden alle vom derzeitigen Eigentümer durchgeführten Maßnahmen beantragt und denkmalrechtlich genehmigt . Im Vorfeld des Verkaufes des Abwasserpumpwerkes durch die Wasserbetriebe hat das Bezirksamt eine größere Zahl von Interessenten zu Umbau- und Umnutzungsmöglichkeiten beraten. Das Spektrum der Möglichkeiten wurde zuvor innerhalb der Denkmalbehörden abgestimmt. Möglicherweise waren Kaufinteressenten darunter, die die Möglichkeit einer Diskothek erfragten. Es ist der UD jedoch nicht bekannt, ob der derzeitige Eigentümer derartige Pläne verfolgte. Nach Übernahme des Objektes durch den jetzigen Eigentümer gab es zeitnah einen Vor-Ort-Termin mit den Denkmalbehörden, in dem der Eigentümer seine Pläne erörterte und protokollarisch festgehalten wurde, was aus Sicht der Denkmalbehörden unter welchen Voraussetzungen realisierbar ist. Alle Kaufinteressenten wurden gleich beraten. Die Beratungen beinhalteten zum Beispiel , dass nur eine Pumpe im Keller erhalten bleiben muss. Dennoch wurden durch den Eigentümer beide Pumpen erhalten. Der Eigentümer sicherte die Erhaltung der technischen Ausstattung zu. Seither fanden mehrere Ortstermine der UD statt. Aus dieser Ortskenntnis heraus wird das Vorhandensein beider Pumpen bestätigt. Anlass für eine weitere Überprüfung besteht nicht. 4. Wie wird die Substanz der historischen Innenausstattung eingeschätzt und sind hier konservatorische Arbeiten not-wendig? Wenn ja, werden diese auch gegenüber dem Eigentümer beauflagt? Zu 4.: Erste Priorität besitzt der Substanzerhalt von bauzeitlichen Einbauten. Der Erhalt der noch in Teilen vorhandenen historischen Innenausstattung wurde im Zuge der Genehmigungsverfahren geprüft und beauflagt (Fenster, Treppenhaus, Türen). Auch wurde der Schutz der zu erhaltenden technischen Ausstattung während der zur Umnutzung erforderlichen Baumaßnahmen beauflagt. Diese Auflage wurde nach Kenntnisstand des LDA befolgt. Die Notwendigkeit von weiteren konservatorischen Maßnahmen an der Ausstattung ist nicht bekannt. Derzeit besteht keine Veranlassung der Prüfung. 5. Wie kann es sein, dass das Gebäude über viele Jahre stark graffitibeschmiert war, ohne dass das Bezirksamt Treptow-Köpenick hiergegen vorgegangen ist und den Eigentümer zur Beseitigung dieser Beschädigung und Verunstaltung des Baudenkmals aufgefordert hätte? Zu 5.: Vandalismus und Schmierereien an Hausfassaden und Baudenkmälern sind insbesondere für die Eigentümerinnen und Eigentümer und für Bewohnerinnen und Bewohner höchst ärgerlich sowie dem Stadtbild wenig zuträglich. Etliche Denkmaleigentümer kommen mit der Beseitigung nur schlecht hinterher oder resignieren teilweise . Bereits nach Übernahme des Objektes durch den derzeitigen Eigentümer wurde im vorliegenden Fall aber ein Antrag auf Beseitigung des Graffitis gestellt. Dieser wurde nach einem Vor-Ort-Termin der UD zur Festlegung der geeigneten Reinigungsmethode genehmigt. Seite 4 von 5 6. Wurde die Aufstellung des bereits seit Wochen vor dem Gebäude stehenden Baugerüstes genehmigt und wenn ja, wann, wie lange und mit welchen Auflagen? 7. Wurde die Anbringung von Werbung an dem Gerüst mit der Aufschrift „U.G.M.G. – Unternehmensgruppe Matthias Große“ genehmigt und wenn ja, wann und mit welcher Begründung, da die Hürden bei einem Baudenkmal besonders hoch liegen? Zu 6. und 7.: Nein 8. Welche Baumaßnahmen wurden aktuell vom Eigentümer konkret beantragt, wann wurden sie mit welcher Begründung genehmigt oder abgelehnt? Zu 8.: Siehe auch Beantwortung zu Frage 2. Die beantragten Maßnahmen wurden genehmigt , da sie zum Zeitpunkt des Antragsverfahrens genehmigungsfähig waren. Bis zur Antragstellung gab es zahlreiche Beratungen und Gespräche mit dem Bauherrn, um diese Genehmigungsfähigkeit herzustellen. 9. Welche denkmalrechtlichen Auflagen gab es für die Veränderungen des Baudenkmals? Zu 9.: Siehe hierzu die Antworten zu den Fragen 2 und 4. 10. Ist der momentan stattfindende Einbau von Dachgauben im Sinne der Authentizität des Denkmals oder eher eine Gefälligkeit gegenüber dem Eigentümer? Welche Begründung gibt es dafür, dass derart stark in das Erscheinungsbild des Gebäudes eingegriffen wird? Zu 10.: Der Einbau von Gauben stellt keine Gefälligkeit an den Eigentümer dar. In den unzähligen Beratungen zum Verkauf wurden alle Kaufinteressenten dahingehend beraten , dass der Ausbau des Dachgeschosses möglich ist. Der aktuelle Eigentümer konnte zudem anhand historischer Fotos nachweisen, dass bereits bauzeitlich das Dach mit Gauben ausgestattet war. Anhand dieses Nachweises wurde die Planung des Daches vorgenommen und in Abstimmung mit dem Landesdenkmalamt genehmigt . 11. Warum wurde dieser Dachausbau, entgegen den sonstigen Gepflogenheiten des Bezirksamts Treptow-Köpenick, nicht im schriftlichen Bericht an den BVV-Ausschuss für Stadtentwicklung und Bauen mitgeteilt und somit der Öffentlichkeit vorenthalten? Zu 11.: Im Jahr 2017 gingen 1.285 Anträge auf Baugenehmigung im Fachbereich Bauaufsicht ein. Hinzu kommt eine nicht unbeträchtliche Zahl an Anträgen auf gesonderte denkmalrechtliche Genehmigung. Für das Jahr 2018 hat sich die Zahl auf 1.446 Anträge erhöht. Aufgrund der Vielzahl eingehender Bauanträge berichtet das Bezirksamt in den Gremien der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) nur über die bedeutendsten Bauanträge. Im schriftlichen Bericht zum Stadtentwicklungsausschuss werden nur Bauvorhaben vorgestellt, die eine gewisse Relevanz aufgrund der Höhe der Herstellungskosten, besondere Auswirkungen auf die Öffentlichkeit oder ähnliches haben. Seite 5 von 5 12. Wer ist für dieses Verschweigen verantwortlich? Zu 12.: Es wird nichts vom Bezirksamt Treptow-Köpenick verschwiegen, insofern entfällt eine Zuweisung von Verantwortlichkeiten. 13. Wie will das Bezirksamt sicherstellen, dass der auch bei anderen Bauvorhaben nicht unproblematische Eigentümer künftig mit allen anderen Antragstellern gleich behandelt wird? Zu 13.: Der Antragsteller ist im Zusammenhang mit den oben genannten Bauanträgen nicht problematisch und jeder Antragsteller wird im Bezirksamt Treptow-Köpenick gleich behandelt. Dazu verpflichtet schon der Gleichbehandlungsgrundsatz. Im Falle des Abwasserpumpwerkes handelt es sich im Übrigen um unproblematische Eingriffe gegenüber anderen Interessenten, die damals zur Beratung im Amt vorsprachen . Andere Interessenten hatten wesentlich größere und bei weitem nicht in diesem Maße substanzschonende Eingriffe und Maßnahmen geplant. Berlin, den 22.03.2019 In Vertretung Gerry Woop Senatsverwaltung für Kultur und Europa