Drucksache 18 / 18 212 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Daniel Buchholz (SPD) vom 13. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. März 2019) zum Thema: Abwasserwärme nutzen: Warum bekommen das zwei städtische Unternehmen nicht gemeinsam hin? und Antwort vom 27. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. April 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Daniel Buchholz (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18212 vom 13.03.2019 über Abwasserwärme nutzen: Warum bekommen das zwei städtische Unternehmen nicht gemeinsam hin? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Wasserbetriebe (BWB) um Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird in der Antwort an den entsprechend gekennzeichneten Stellen wiedergegeben. Frage 1: Welche Bedeutung haben Vorhaben zur Abwasserwärmenutzung aus Sicht des Senats, insbesondere hinsichtlich des Beitrags zu Klimaschutz- und Energiewende-Zielen des Landes? Antwort zu 1: Abwasserwärme stellt eine regenerative Energiequelle dar, deren Nutzung nachhaltig, ressourcenschonend und umweltfreundlich ist. In der Regel liegt die damit gewonnene Energie im Niedrigtemperaturniveau vor und muss für eine Verwendung z.B. mittels Wärmepumpen auf ein nutzbares Temperaturniveau angehoben werden. Die im Rahmen der Erarbeitung des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms 2030 (BEK 2030) vorgenommenen Untersuchungen bewerten das Nutzungspotential für Abwasserwärme als gering. Gleichwohl sieht das BEK 2030 die Identifizierung und Nutzung vorhandener Wärmequellen als einen wichtigen Baustein zur Erreichung der Klimaziele an. Daher ist im Rahmen der BEK-Maßnahme „Abwasserwärmepotentiale heben“ vorgesehen, lokale Abwasser-Wärmepotentiale zu identifizieren und für die interessierte Öffentlichkeit so aufzubereiten, dass potentielle Zielgruppen für konkrete Umsetzungen gewonnen werden können. 2 Frage 2: Welche Fördermöglichkeiten aus Landes- oder Bundesmitteln können für die Umsetzung von Vorhaben zur Abwasserwärmenutzung genutzt werden und welche Förderung sieht speziell das Berliner Energie- und Klimaschutzkonzept (BEK) für entsprechende Maßnahmen vor? Antwort zu 2: Interessenten an Abwasserwärmenutzung können sich um eine Förderung im Rahmen des Marktanreizprogramm (MAP) des Bundes oder des Berliner Programms für Nachhaltige Entwicklung (BENE) bewerben. Außerdem gibt es Möglichkeiten, energieeffiziente Gebäude im Rahmen der KfW- Förderung des Bundes zu unterstützen (KfW-Effizienzhäuser), die die Möglichkeit der Abwasserwärmenutzung mit einschließen. Für Vorhaben in Verbindung mit einem Wärmeverteilnetz ist eine Förderung als Modellvorhaben des Bundesprogramms „Wärmenetze 4.0“ möglich. Das BEK 2030 sieht keine generelle Fördermöglichkeit für Abwasserwärmemaßnahmen vor. Gleichwohl besteht die Möglichkeit, geeignete Projekte zur Umsetzung der oben genannten BEK-Maßnahme durch die für das BEK 2030 bereitgestellten Haushaltsmittel zu unterstützen. Frage 3: Wie viele Anlagen zur Abwasserwärmenutzung wurden in Berlin in den letzten 10 Jahren jeweils in öffentlichen Gebäuden sowie Abwasserkanälen errichtet (bitte tabellarische Antwort zu Vorhaben und ggf. Höhe sowie Herkunft von Fördermitteln)? Antwort zu 3: Die BWB übermittelten dazu folgende Aufstellung. Lfd. Nr. Projektbezeichnung Entzugsleistung in kW Projekte im Betrieb 1. WAA Schwimmhalle Sachsendamm 68 2. WAA APw Rudolfstraße 117 3. WAA MAWV Pumpwerk Schenkendorf 40 4. WAA Sporthalle Oderstraße 40 5. WAA Vattenfall Pilotanlage Baerwaldstraße 35 6. WAA BMU Stresemannstraße 40 7. WAA EVM Dorotheastraße 350 Projekte in Planung 8. WAA HPw Charlottenburg, Quartier Klausenerplatz 2.000 9. WAA Tempelhofer Damm 1.000 10. WAA Nachnutzung TXL 100 11. WAA Gewerbegebiet Motzenerstraße 1.200 12. WAA Buckower Felder 1.000 13. WAA Prenzlauer Promenade 300 14. WAA Klarwasserablauf KW Ruhleben 16.000 3 Frage 4: Welchen Stellenwert sollte aus Sicht des Senats die zeitgleiche Umsetzung von Vorhaben zur Abwasserwärmenutzung bei ohnehin erforderlichen Baumaßmahnen im Abwassernetz der BWB bzw. bei Bauvorhaben der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften haben? Antwort zu 4: Die BWB stellen dazu fest, dass jede Sanierung oder Erneuerung der Netzinfrastruktur neben dem beabsichtigten Nutzen auch Belastungen mit sich bringt. Anwohnerinnen und Anwohner fühlen sich möglicherweise durch die Bauarbeiten gestört. Zudem ist jeder bauliche Eingriff mit Kosten verbunden. Um hier so effizient wie möglich zu handeln, stimmen sich die BWB nach eigener Aussage im Vorfeld mit anderen Bau- und Versorgungsunternehmen ab. So können bauliche Maßnahmen vorausschauend geplant und gebündelt werden. Eine ohnehin geplante Öffnung der Straßendecke kann so beispielsweise von verschiedenen Netzbetreibern für erforderliche Modernisierungsmaßnahmen genutzt werden. Weniger Straßensperrungen, verringerte Lärm- und Umweltbelastungen sowie eine spürbare Entlastung für Anwohnerinnen und Anwohner und Einzelhandel sind nach Ansicht der BWB die Folge. Frage 5: Welche Ergebnisse hat das BMBF-geförderte Projekt „Urbane Wärmewende“ hinsichtlich der Hebung der Abwasser-Wärmepotenziale im „Reallabor Klausenerplatz“ bisher konkret erbracht? Antwort zu 5: Im Rahmen des Forschungsprojekts „Urbane Wärmewende – Partizipative Transformation von gekoppelten Infrastrukturen mit dem Fokus auf die Wärmeversorgung am Beispiel Berlin“, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, werden drei Reallabore näher untersucht. Hierbei wurden auch Potentiale und Umsetzungschancen im Bereich der Abwasserwärmenutzung im Reallabor „Klausenerplatz“ in Charlottenburg‐ Wilmersdorf näher betrachtet, sowie Veranstaltungen und Gespräche mit Zielgruppen und Akteuren durchgeführt. Im Lauf des Projekts wurden dabei Potentiale für eine Abwasserwärmenutzung durch die Gewobag deutlich, so dass die Akteure Gewobag und BWB in den gegenseitigen Austausch traten. Frage 6: Welche Gespräche sind mit welchem Ergebnis im Rahmen des o.g. Projektes zwischen den landeseigenen Unternehmen BWB und Gewobag seit Anfang 2018 zu einer möglichen Abwasserwärmenutzung im Bereich Spandauer Damm/ Sophie-Charlotten-Straße in Charlottenburg-Wilmersdorf geführt worden und welche Rolle spielte dabei der Neubau des Abwasserpumpwerks an der Sophie-Charlotten-Straße? Frage 7: Welche Energiegewinne (Entzugsleistungen) in MW ließen sich durch den Einbau von Wärmetauschersystemen im o.g. Bereich aus dem Abwasser gewinnen und in welcher Höhe bewegen sich entsprechende Kostenschätzungen (Investitionen und ggf. Nutzung)? 4 Frage 9: Welchen Stand haben entsprechende Verhandlungen zwischen den BWB (zur Bereitstellung der Abwärme) und der Gewobag (Abnahme der Wärme) und welche weiteren Hürden wären ggf. zur Projektumsetzung zu überwinden, wie beispielsweise Finanzierung notwendiger vorgelagerter Machbarkeitsstudien? Antwort zu 6, 7 und 9: Die Fragen 6,7 und 9 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die BWB berichten dazu, dass sie aktuell von der Gewobag gebeten wurden, ein Angebot für die Erstellung einer Grundlagenermittlung abzugeben (Klausenerplatz). Hierzu wurden mehrere protokollierte Gespräche zwischen der Gewobag und den BWB geführt. Nach eigener Aussage werden die BWB der Gewobag zeitnah ein Angebot zur Grundlagenermittlung (Potentialanalyse) vorlegen. Gemäß erster grober Annahmen würden sich die möglichen Entzugsleistungen in der Abwasserdruckleitung bei ca. 2 MW und im Mischwasserkanal im Bereich von rund 0,5 – 1 MW bewegen. Derzeit wird seitens der BWB von einer Kostenannahme in Höhe von 1,5 – 2 Mio. € ausgegangen (Hinweis der BWB: mit der Vorplanung wird eine belastbare Kostenschätzung erreicht). Es besteht nach Aussage der BWB bei diesem Projekt keine inhaltliche Kopplung mit dem Projekt Neubau Pumpwerk Charlottenburg. Frage 8: Wie weit ist der Neubau des genannten Abwasserpumpwerks mittlerweile gediehen, wann ist mit der Fertigstellung zu rechnen und wurden dort während der Bau- und Rohrverlegungsmaßnahmen entsprechende Wärmetauschersysteme bereits mit eingebaut? Wenn nein, warum geschah dies bisher nicht und bestünde hierzu noch vor Abschluss der Arbeiten die theoretische Möglichkeit? Antwort zu 8: Die BWB berichten dazu, dass der Neubau des Hauptpumpwerks Charlottenburg im Terminplan liegt. Die Baugrube wurde fertiggestellt und mit den Betonarbeiten wurde in der 11. KW 2019 begonnen. Der Beginn des Probebetriebs ist für den Dezember 2021 terminiert. Nach Aussage der BWB wurde der Einbau von Wärmetauschern in direkter Nähe zum Pumpwerk Charlottenburg in einer frühen Projektphase geprüft. Die Prüfung ergab, dass der Einbau eines Wärmetauschers nicht möglich ist, da das Baufeld eine sehr große räumliche Enge aufweist und der notwendige Raum für den Einbau eines Wärmetauschers nicht gegeben ist (Verbau von einigen Betonbauwerken, ein Kanal DN 2400, drei Abwasserdruckrohrleitungen DN 1000, Verlauf einer eine Gashochdruckleitung sowie weiterer Leitungen der üblichen Medienträger im Bereich des Baufelds, Provisorien zur Aufrechterhaltung des Betriebes des bestehenden Pumpwerks Charlottenburg bis zur Inbetriebnahme des neuen Pumpwerks). Frage 10: Welche zusätzlichen Kosten entstehen den BWB bzw. der öffentlichen Hand, wenn die Abwärmenutzung im o.g. Bereich erst nach Abschluss der Bauarbeiten der BWB mit der Gewobag vereinbart wird und die Rohrleitungen deshalb erneut aufgenommen werden müssen? 5 Antwort zu 10: Dem Senat liegt dazu keine Kostenschätzung vor. Frage 11: Wie beurteilt der Senat die Situation, dass zwei landeseigene Unternehmen möglicherweise die kostengünstige Nutzung von Abwasserabwärme versäumen, weil sie sich offenbar bisher nicht über die Finanzierung einigen konnten und welche Möglichkeiten sieht der Senat, hier noch kurzfristig Einvernehmen herzustellen? Frage 12: Wird der Senat auf die beiden Unternehmen Einfluss nehmen, um zeitnah eine potentielle Nutzung der Abwasserwärme in diesem Bereich zu ermöglichen oder welche Gründe sprechen aus Sicht des Senats mit Blick auf die Berliner Klimaziele gegen eine Abwasserwärmenutzung im Umfeld des neuen Pumpwerks? Antwort zu 11 und 12: Der Senat begrüßt das Interesse zur Nutzung der Abwasserwärme durch die Gewobag und geht aktuell davon aus, dass die genannten Unternehmen eine einvernehmliche Lösung erzielen werden. Im Weiteren wird hierzu auf die Beantwortung der Fragen 6, 7 und 9 verwiesen. Berlin, den 27.03.2019 In Vertretung Stefan Tidow Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz