Drucksache 18 / 18 244 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegner und Stephan Schmidt (CDU) vom 14. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. März 2019) zum Thema: Neue Einrichtung im offenen Vollzug für Sicherheitsverwahrte und Antwort vom 02. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. April 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Frau Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegner (CDU) und Herrn Abgeordneten Stephan Schmidt (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18244 vom 14. März 2019 über Neue Einrichtung im offenen Vollzug für Sicherheitsverwahrte -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wann wurde im Senat entschieden, die neue Einrichtung für den offenen Vollzug Sicherheitsverwahrter auf dem Gelände der JVA Tegel anzusiedeln? Zu 1.: Die Entscheidung zur Schaffung einer Einrichtung eines offenen Vollzuges für Sicherungsverwahrte hat die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung nach intensiver und umfangreicher Prüfung getroffen. Der Senat wurde am 26. März 2019 durch eine Besprechungsunterlage über das Vorhaben informiert. 2. Welche Vorteile bietet der gewählte Standort gegenüber anderen, welche weiteren Standorte wurden für eine solche Einrichtung im Einzelnen geprüft und welche Gründe sprachen jeweils gegen diese Standorte? Zu 2.: Der Senat hält die Schaffung einer neuen Einrichtung des offenen Vollzuges für Sicherungsverwahrte aus folgenden Gründen für – durch das 2013 vom Abgeordnetenhaus beschlossene SVVollzG – rechtlich geboten und geeignet den gesetzlichen Ansprüchen zu genügen: Zum einen wird dadurch dem Trennungsprinzip gem. § 10 SVVollzG Bln, das die Trennung zwischen Sicherungsverwahrten und Strafgefangenen vorschreibt, entsprochen. Zum anderen werden durch die Nähe zur JVA Tegel die Betreuungs- und Behandlungskontinuität gewährleistet. Die Sicherungsverwahrten sind ganz überwiegend viele Jahre in der JVA Tegel untergebracht . Häufig verfügen sie über keine oder nur sehr geringe soziale Bindungen in die Freiheit. Die Mitarbeitenden der verschiedenen Berufsgruppen sind nicht selten auch die wesentlichen sozialen Kontakte. Diese Arbeitsbeziehungen und ihre stabilisierende Wirkung können im offenen Vollzug vor den Türen der JVA Tegel bestehen bleiben. Die im geschlossenen Bereich zuständigen Psychologinnen und Psychologen sowie die Sozial- 2 arbeiterinnen und Sozialarbeiter bleiben weiterhin mit der Behandlung betraut, wodurch eine hohe Betreuungskontinuität erreicht wird. Die durch die jahrelange bestehende Betreuung entstandene Arbeitsbeziehung ist ein wesentlicher Stabilisator für den Übergang von dem geschlossenen in den offenen Bereich. Das betreuende Personal hat dadurch die Möglichkeit, kleinste Veränderungen im Verhalten der Untergebrachten wahrzunehmen und unmittelbar zu reagieren. Auch die räumliche Nähe zur Forensisch-Therapeutischen-Ambulanz (FTA), die sich in einem benachbarten Gebäude befindet, und einen wichtigen Baustein im Rahmen des Übergangsmanagement bildet, wird als Vorteil angesehen. Die FTA ist in besonderen Fällen im Anschluss an die Haft oder die Sicherungsverwahrung an der weitergehenden Betreuung und therapeutischen Behandlung beteiligt. Die Unterbringung in der Justizvollzugsanstalt des Offenen Vollzuges (JVA OVB) wurde nach eingehender Prüfung für nicht geeignet befunden, da die genannten Aspekte dort nicht umgesetzt werden können. 3. Wann wurde im Vorfeld der Entscheidung Kontakt mit dem Bezirksamt Reinickendorf aufgenommen? Zu 3.: Am 5. März 2019 wurde der Bezirksbürgermeister des Bezirks Reinickendorf in einem Telefonat durch Frau Staatssekretärin Gerlach über die Pläne zur Errichtung eines offenen Vollzuges für Sicherungsverwahrte informiert. 4. Wurden Bürgerinnen und Bürger im Umfeld der geplanten Einrichtungen vor der Entscheidung in irgendeiner Form informiert oder daran beteiligt? Wenn nein, warum nicht? Zu 4.: Der Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung hat am 5. März 2019 zu einer Pressekonferenz geladen um die Berlinerinnen und Berliner über das geplante Vorhaben zu informieren. Am 6. März 2019 wurden die Pläne in der 36. Sitzung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz , Antidiskriminierung vorgestellt. Nunmehr ist geplant zum einen die Mieterinnen und Mieter der ehemaligen, vor der JVA Tegel gelegenen Dienstwohnungen in einer besonderen Veranstaltung zu informieren, zum anderen eine öffentliche Informationsveranstaltung für interessierte Bürgerinnen und Bürger durchzuführen, um damit den Berlinerinnen und Berlinern ein Forum für Fragen und Anregungen zu bieten. 5. Wurden lokale Einrichtungen z.B. Träger der Sozialarbeit, Kirchen o.ä. kontaktiert und sind deren Einschätzungen zum Sozialraum im Umfeld der Einrichtung mit in die Entscheidung eingeflossen? Wenn nein, warum nicht? Zu 5.: Während der geplanten öffentlichen Informationsveranstaltung werden neben interessierten Bürgerinnen und Bürgern aus der unmittelbaren Nachbarschaft der JVA Tegel, auch lokale Einrichtungen wie Träger der Sozialarbeit, Kirchen o. ä. die Gelegenheit erhalten, Ihre Fragen und Anregungen einzubringen. 6. Welche Umbauten müssen an dem fraglichen Gebäude vorgenommen werden und welche Sicherheitseinrichtungen werden dort installiert? Zu 6.: Der offene Vollzug unterscheidet sich vom geschlossenen Vollzug dadurch, dass er ohne oder mit verminderten baulichen und technischen Vorkehrungen gegen Entweichungen ausgestattet ist (vgl. § 13 Abs. 2 SVVollzG Bln sowie § 16 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz Berlin – StVollzG Bln). Es ist geplant, den offenen Vollzug für Sicherungsverwahrte grundsätzlich mit den in der JVA des Offenen Vollzuges üblichen Sicherheitsstandards auszustatten. Zu diesen Sicherheitsstandards zählen im Besonderen ein kontrollierter 3 Ein- und Ausgang, ein Zaun sowie eine angemessene personelle Ausstattung des Allgemeinen Vollzugsdienstes in Dienstkleidung. Im Einzelnen ist beabsichtigt, folgende Umbauten vorzunehmen: Nach derzeitigem Planungsstand soll Einrichtung des Offenen Vollzuges für die Sicherungsverwahrung im ehemaligen Dienstwohnungsgebäude/Haushälfte Seidelstraße Nr. 34 über drei Etagen (EG - 2. OG) auf insgesamt ca. 380 m² Nutzfläche untergebracht werden. Es sollen 8-10 Einzelzimmer nebst wohngemeinschaftlicher Räumlichkeiten (Bad/WC-Bereiche, Küchen, Gruppenräume) sowie adäquater Diensträume für das Personal auf den Bestandsflächen geplant und umgesetzt werden. Die Erdgeschosszone soll barrierefrei erschlossen und für Senioren und mobilitätsbehinderte Bewohner nutzbar hergerichtet werden. Das aktuell leerstehende Gebäude ist Teil des Ensembles denkmalgeschützter Bereiche der Liegenschaft Justizvollzugsanstalt Tegel und soll unter Berücksichtigung des vorliegenden Denkmalpflegeplans maßvoll und bedarfsgerecht im Auftrag der BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH angepasst und saniert werden. Die Beteiligten gehen derzeit von einem mittleren Sanierungsaufwand aus. Die Sicherheitsstandards orientieren sich an denen des offenen Vollzuges, so wie sie gesetzlich vorgegeben sind. Der Kern des Risikomanagements besteht primär in der Auswahl und engmaschigen Begleitung der Sicherungsverwahrten. Die Eingangstür des Gebäudes soll kontrolliert und technisch gesteuert werden. Die Funktionsräume der Bediensteten werden mit Alarmmeldern ausgestattet. Die Einbindung in den digitalen Betriebsfunk der JVA Tegel, einschließlich der Alarmierungsmöglichkeit wird vorgesehen. Alle Wohn- und Gemeinschaftsräume der Verwahrten erhalten eine Haftraumkommunikationsanlage. Im Außengelände soll ein Gartenteil für die Sicherungsverwahrten vorgesehen und mit einer adäquaten Zaunanlage abgegrenzt werden. Weitere Ausstattungsdetails werden im Rahmen der anstehenden Planungen geklärt. 7. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit für einen Straftäter im Anschluss an die normale Verbüßung seiner Strafe eine Sicherungsverwahrung angeordnet wird? Zu 7.: § 66 Strafgesetzbuch (StGB) regelt abschließend die Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung durch das Gericht: (1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, b) unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder c) den Tatbestand des § 145a StGB erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a StGB, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist, 2. der Täter wegen Straftaten der in § 66 Absatz 1 Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, 4 3. er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und 4. die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist. Für die Einordnung als Straftat im Sinne von § 66 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b StGB gilt § 12 Absatz 3 StGB entsprechend, für die Beendigung der in § 66 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c StGB genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4 StGB. (2) Hat jemand drei Straftaten der in § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 StGB genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 StGB bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (§ 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 StGB) anordnen. (3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b StGB erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative StGB, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 StGB oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a StGB, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 StGB genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 StGB bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (§ 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 StGB ) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt. (4) Im Sinne des § 66 Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 StGB gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des § 66 Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 StGB. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 StGB, in den Fällen des § 66 Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 StGB bezeichneten Art wäre. 5 8. Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit ein Sicherheitsverwahrter in den offenen Vollzug kommen kann? Wie oft werden entsprechende Untersuchungen durchgeführt? Zu 8.: Die Kriterien, die für die Frage nach einer möglichen Unterbringung eines Verwahrten im offenen Vollzug maßgeblich sind, ergeben sich aus den Regelungen des Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz Berlin (SVVollzG Bln). Gemäß § 13 Abs. 2 SVVollzG Bln sollen Untergerbachte vor allem zum Zwecke der Entlassungsvorbereitung im offenen Vollzug untergebracht werden, wenn sie hierfür die besonderen persönlichen Voraussetzungen erfüllen und den dortigen besonderen Anforderungen genügen. Insbesondere darf insoweit nicht konkret zu befürchten sein, dass sich Untergebrachte dem weiteren Vollzug der Sicherungsverwahrung entziehen bzw. die gelockerten Bedingungen des offenen Vollzuges zur Begehung neuerlicher einschlägiger Straftaten missbrauchen . Grundsätzlich müssen Sicherungsverwahrte vor einer Verlegung in den offenen Vollzug bereits zu Lockerungen gemäß § 40 SVVollzG Bln zugelassen und hinreichend erprobt sein. Vor der ersten Lockerungsmaßnahme (Begleitausgang gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 SVVollzG Bln) muss immer ein befürwortendes externes Sachverständigengutachten vorliegen. Auch im weiteren Verlauf von Lockerungen können, je nach Einzelfall, Ergänzungsgutachten erforderlich werden. Der Ablauf für eine Verlegung in den offenen Vollzug ist in den Verwaltungsvorschrift (VV) zu § 13 SVVollzG Bln festgelegt. Demnach ist in der Regel ein Sachverständigengutachten einzuholen. Dies kommt jedoch erst dann in Betracht, wenn die Einrichtung zuvor im Rahmen einer vorläufigen Einschätzung zu einer für die Unterbringung im offenen Vollzug günstigen Gesamtabwägung gelangt ist. Vor der endgültigen Entscheidung ist das zuständige Gericht zu hören. Die Einrichtung für den Vollzug für Sicherungsverwahrte befindet regelmäßig im Rahmen der halbjährlich stattfindenden Fortschreibung der Vollzugs- und Eingliederungsplanungen über die im § 9 Abs. 1 Nr. 15 SVVollzG Bln genannte Unterbringung im offenen Vollzug . Das im vorangegangenen Absatz beschrieben Procedere beginnt nur, wenn die an der Behandlung maßgeblich Beteiligten zu einer günstigen Gesamtabwägung gelangen. 9. Gibt es in Einzelfällen die Möglichkeit zum Widerspruch gegen diese Vollzuglockerungen und wenn ja, durch wen? Zu 9.: Vor der Entscheidung über die beabsichtigte Verlegung eines Untergebrachten in den offenen Vollzug führt die Leitung der Einrichtung zum Vollzug der Sicherungsverwahrung in der JVA Tegel eine Konferenz mit den an der Vollzugsgestaltung eines Untergebrachten maßgeblichen Beteiligten gemäß § 8 Abs. 5 SVVollzG Bln durch und erstellt auf der Grundlage des Ergebnisses dieser Konferenz einen vorläufigen Vollzugsund Eingliederungsplan. Diese Planung bedarf zunächst der Zustimmung der Anstaltsleitung der JVA Tegel sowie der Zustimmung der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung. Vor der endgültigen Entscheidung ist noch das zuständige Gericht zu hören (VV zu § 13 SVVollzG Bln). Mithin wird der Untergebrachte erst nach Zustimmung aller an der Entscheidung Beteiligten in den offenen Vollzug verlegt . Somit bestehen für alle Beteiligten die Möglichkeit ihre Bedenken gegen eine Vollzugslockerung erheben zu können. 10. Wie wird die Betreuung im offenen Vollzug für Sicherheitsverwahrte im Einzelnen aussehen? 6 Zu 10.: Die Betreuung und Behandlung wird sich im Grundsatz nicht von der Behandlung im geschlossenen Vollzug unterscheiden. Der Vollzug wird als Wohngruppenvollzug ausgestaltet, was bedeutet, dass neben den eigenen Zimmern der Untergebrachten, weitere wohnlich eingerichtete Räume und Einrichtungen zur gemeinsamen Nutzung gehören. Diese Form der Unterbringung dient der Einübung sozialverträglichen Zusammenlebens, insbesondere von Toleranz sowie der Übernahme von Verantwortung für sich und andere. Die Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes, des psychologischen und sozialen Dienstes werden der Wohngruppe fest zugeordnet um eine Behandlungskontinuität zu gewährleisten. Der Vollzug der Sicherungsverwahrung wird auf der Grundlage des Lebens in einer Gemeinschaft therapeutisch gestaltet. 11. Wird es beim offenen Vollzug externe Kooperationspartner für die Reintegration der Strafgefangenen geben? Wenn ja, wie gestaltet sich die Zusammenarbeit? Zu 11.: Bereits jetzt kooperiert die Einrichtung zum Vollzug der Sicherungsverwahrung mit einer Vielzahl von externen Kooperationspartnern, um eine möglichst engmaschige Nachbetreuung sicherzustellen. Hierzu gehören u.a. die Forensisch-Therapeutische Ambulanz (FTA), die sich in einem benachbarten Gebäude befindet, die Sozialen Dienste der Justiz, das LKA 13 Zentralstelle Spree, die Führungsaufsichtsstelle, freie Träger der Wohn- und Straffälligenhilfe, der Sozialpsychiatrische Dienst der Bezirke und das Grundsicherungsamt , um nur einige zu nennen. Diese engen Kooperationen mit dem bereits vorhandenen Netzwerk werden selbstverständlich fortgesetzt und weiter intensiviert. Ziel und Zweck der Unterbringung im offenen Vollzug ist die Vorbereitung einer geordneten Entlassung und Wiedereingliederung von geeigneten Untergebrachten, bei denen die Gefährlichkeit ausreichend gemindert ist. 12. Gibt es Abstufungen bei der Art des offenen Vollzugs innerhalb dieser Einrichtung? Zu 12.: Wie bereits zu Frage 10 dargestellt, ist beabsichtigt, den offenen Vollzug als Wohngruppenvollzug im Sinne des § 12 SVVollzG Bln auszugestalten. Soweit erforderlich , können den jeweiligen Untergebrachten unterschiedliche, individuell angepasste Weisungen für den Aufenthalt innerhalb des offenen Vollzugs und insbesondere für Maßnahmen außerhalb der Einrichtung (Lockerungen) erteilt werden. Vollzugslockerungen werden zur Erreichung des Vollzugziels gewährt und dies nur dann, wenn verantwortet werden kann zu erproben, dass die Untergebrachten sich weder dem Vollzug entziehen noch die Lockerung zur Begehung von Straftaten missbrauchen werden . Gemäß § 40 SVVollzG Bln werden die folgenden Lockerungen unterschieden: das Verlassen der Einrichtung für bis zu 24 Stunden in Begleitung einer von der Einrichtung zugelassenen Person (Begleitausgang), das Verlassen der Einrichtung für bis zu 24 Stunden ohne Begleitung (unbegleiteter Ausgang), das Verlassen der Einrichtung für mehr als 24 Stunden (Langzeitausgang) und die regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Einrichtung (Freigang). Die Vergabe der beschriebenen Lockerungen erfolgt bei entsprechender Eignung bereits aus dem geschlossenen Vollzug heraus. Eine Verlegung in den offenen Vollzug folgt nur dann, wenn eine gutachterlich gestützte Entlassungsperspektive besteht, der Untergebrachte bereits in Vollzugslockerungen hinreichend erprobt wurde und die Fähigkeit mit- 7 bringt, auch in dieser baulich weniger gesicherten Unterbringungsform den Anforderungen gemäß § 13 SVVollzG Bln gerecht zu werden. Hierzu wird auf die Erläuterungen zu den Fragen 8 und 9 verwiesen. Gerade in Anbetracht der häufig sehr langen Unterbringungsdauer und der damit einhergehenden sozialen und gesellschaftlichen Entfremdung der Sicherungsverwahrten ist es zum Schutz der Allgemeinheit unerlässlich, die Untergebrachten schrittweise an das Leben in Freiheit zu gewöhnen. 13. Welche Auflagen gibt es für dort untergebrachte Personen und wie werden diese kontrolliert? Zu 13.: Soll ein Verwahrter im offenen Vollzug untergebracht werden, können und müssen ihm verschiedene individuelle, an der Person und dem Anlassdelikt des Untergebrachten orientierte Weisungen erteilt werden, die er während seiner Unterbringung im offenen Vollzug sowie bei der Durchführung von Lockerungsmaßnahmen zu beachten hat. Beispielhaft sind, die Beachtung der Hausordnung, das Verbot zum Konsum von Suchtmitteln oder die Nachweispflicht für die Teilnahme an externen Behandlungsangeboten zu nennen. Bei Rückkehr in die Anstalt werden deshalb z. B. Suchtmittelkontrollen durchgeführt, die von dem Untergebrachten vorzulegenden Teilnahmebescheinigungen abgeglichen und enge Absprachen mit externen Dritten (z. B. Vollzugshelferinnen und Vollzugshelfer) geführt; insoweit gilt nichts anderes als bei der Gewährung von Vollzugslockerungen aus dem geschlossenen Vollzug. 14. Was geschieht, wenn Vorkommnisse während der Zeit im offenen Vollzug eintreten, die an der günstigen Prognose eines Sicherheitsverwahrten berechtigte Zweifel aufkommen lassen? Zu 14.: Sollte es in der Zeit der Unterbringung eines Verwahrten im offenen Vollzug zu Vorkommnissen kommen, wird – gemeinsam mit allen an der Behandlung des Untergebrachten beteiligten Personen und Einrichtungen – über mögliche Konsequenzen eines Vorkommnis beraten. Führen die Beratungen eines konkreten Vorkommnisses zu dem Ergebnis, dass ein Untergebrachter den besonderen Anforderungen der Unterbringung im offenen Vollzug nicht oder nicht mehr genügt, so wird der betroffene Untergebrachte in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Regelung des § 13 Abs. 3 SVVollzG Bln in den geschlossenen Vollzug verlegt. 15. Wann und in welcher Form wird die Bevölkerung im Umfeld der Einrichtung weiter informiert? Zu 15.: Wie bereits zu Frage 4 aufgeführt, plant der Senat zeitnah Informationsveranstaltungen für Bürgerinnen und Bürger durchzuführen. Ein genaues Datum steht noch nicht fest. Sobald das Datum feststeht werden die Anwohnerinnen und Anwohner informiert. Berlin, den 2. April 2019 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung