Drucksache 18 / 18 246 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg (LINKE) vom 14. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. März 2019) zum Thema: Staatsleistungen an die Kirchen im Land Berlin und Antwort vom 29. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. April 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Herrn Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 18246 vom 14.03.2019 über Staatsleistungen an die Kirchen im Land Berlin Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In welcher Höhe hat das Land Berlin Staatsleistungen an die evangelische und die katholische Kirche seit dem 3. Oktober 1990 gezahlt (bitte gesamt sowie nach Kirche und Jahr aufgeschlüsselt)? Zu 1.: Die Beantwortung der Frage beschränkt sich aus Gründen der Landeshaushaltsordnung (Anlage 1 Nr. 2.10 AV zu § 71 LHO) an sich auf die letzten 10 Jahre. Die Zahlen der Jahre 2006 bis 2010 sind zudem recherchiert worden. Das Land hat seit dem Jahr 2006 Staatsleistungen an die Evangelische Kirche Berlin -Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) in Höhe von 107.941.289,26 € sowie an das Erzbistum Berlin in Höhe von 43.859.686,15 € erbracht, wie aus beiliegender Tabelle zu ersehen ist. Jahr/Kirche EKBO Erzbistum Summe 2006 7.693.050,00 € 2.826.590,00 € 10.519.640,00 € 2007 7.693.050,00 € 2.826.590,00 € 10.519.640,00 € 2008 7.693.050,00 € 2.826.590,00 € 10.519.640,00 € 2009 7.693.050,00 € 2.845.205,18 € 10.538.255,18 € 2010 7.693.050,00 € 2.910.019,00 € 10.603.069,00 € 2011 7.693.050,00 € 2.978.284,00 € 10.671.334,00 € 2012 7.701.694,00 € 3.036.968,00 € 10.738.662,00 € 2013 7.701.694,00 € 3.097.707,00 € 10.799.401,00 € 2014 7.701.694,00 € 3.172.718,00 € 10.874.412,00 € 2015 7.701.694,00 € 3.267.899,00 € 10.969.593,00 € Seite 2 von 4 2. Auf welcher rechtlichen Grundlage und vor welchem historischen Hintergrund erfolgten die Zahlungen im Einzelnen? Zu 2.: Die Staatsleistungen an die EKBO und an das Erzbistum Berlin beruhen auf dem Hauptschluss der außerordentlichen Reichsdeputation vom 25. Februar 1803. Sie sind ein Ausgleich für die Enteignungen von Kirchengütern (Säkularisation), welche die finanzielle Grundlage für die Erfüllung kirchlicher Aufgaben waren. Die verfassungsgebende Versammlung von 1919 hat die Staatsleistungen mit einem Ablösungsbefehl durch Artikel 138, 173 in die Weimarer Reichsverfassung (WRV) aufgenommen, der Parlamentarische Rat von 1949 hat die Staatsleistungen durch Artikel 140 in das Grundgesetz übernommen. Bedingung und Voraussetzung für die Ablösung der Staatsleistungen ist demnach die Aufstellung der entsprechenden Grundsätze durch den Bund als Rechtsnachfolger des Reiches gemäß Artikel 138 Absatz 1 Satz 2 WRV. Darin heißt es: „Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf.“ Die zu erlassenden Grundsätze sind die Grundlage und die Leitplanken einer Verhandlung. Grund der verfassungsrechtlichen Kompetenzzuweisung an den – nunmehr – Bund ist die Sicherstellung einer bundesweiten Einheitlichkeit des Ablösungsvorganges und seiner Berechnung. Die Aufstellung der Grundsätze durch ein Rahmengesetz des Bundes ist bis dato nicht erfolgt. Ein Antrag im Bundestag, durch eine Expertenkommission beim Bundesministerium der Finanzen den Umfang der enteigneten Kircheneigentümer und der bisher geleisteten Entschädigungszahlungen vorbereitend zu evaluieren und zu prüfen (BT Drs. 18/4842), fand keine Mehrheit. Zu Plänen hinsichtlich eines Erlasses des benötigten Rahmengesetzes liegen keine weiteren Erkenntnisse vor. Das Land Berlin verfolgt mit Interesse die Aktivitäten des Bundes hierzu. Gegenwärtige Rechtsgrundlage bezüglich der EKBO ist der Vertrag sowie das Schlussprotokoll zum Vertrag des Landes Berlin mit der Evangelischen Kirche Berlin- Brandenburg-schlesische Oberlausitz vom 20. Februar 2006. Gegenwärtige Rechtsgrundlage bezüglich des Erzbistums Berlin ist das Abschließende Protokoll über Besprechungen zwischen Vertreterinnen und Vertretern des Bischöflichen Ordinariats Berlin und des Senats von Berlin vom 02. Juli 1970 und dessen Fortschreibungen aus den Jahren 1981, 1986, 1990 mit Ausdehnung auf das Gesamtstadtgebiet des Landes Berlin im Jahre 1991. 3. In welcher Höhe sind seit dem 3. Oktober 1990 Fördermittel des Landesdenkmalamtes an die evangelische und die katholische Kirche auf jeweils welcher Rechtsgrundlage gegangen (bitte gesamt sowie nach Kirche und Jahr aufgeschlüsselt)? Zu 3.: Das Landesdenkmalamt (LDA) besteht erst seit 1995. Die Beantwortung der Frage beschränkt sich aus Gründen der Landeshaushaltsordnung (Anlage 1 Nr. 2.10 2016 7.701.694,00 € 3.365.937,00 € 11.067.631,00 € 2017 7.701.694,00 € 3.454.486,80 € 11.156.180,80 € 2018 7.786.412,63 € 3.571.769,54 € 11.358.182,17 € 2019 7.786.412,63 € 3.678.922,63 € 11.465.335,26 € Gesamt 107.941.289,26 € 43.859.686,15 € 151.800.975,41 € Seite 3 von 4 AV zu § 71 LHO) zudem auf die letzten 10 Jahre. Ältere Akten stehen dem Senat nicht zur Verfügung. Die Gesamtzuwendungssumme des LDA zur Förderung von Baumaßnahmen an christlichen Kirchenbauten, Friedhöfen und weiteren Gebäuden in der Obhut christlicher Gemeinschaften in den Jahren von 2008 bis 2018 beträgt 8.937.453,84 €. Darunter fallen auch christliche Gemeinschaften, die nicht Teil der evangelischen oder katholischen Kirche sind. Eine Trennung von Zuwendungen an die katholische und evangelische Kirche ist vom LDA derzeit nicht zu leisten, zumal die Konfession für die Bearbeitung des LDA nicht maßgeblich ist, sondern der Zustand der betroffenen Denkmale. Die rechtliche Grundlage für diese Zuwendungen ist § 15 (1) Denkmalschutzgesetz Berlin sowie die zugehörige Zuwendungsrichtlinie. Die nach Jahren geordneten Gesamtzuwendungen an christliche Gemeinschaften sind der beigefügten Tabelle zu entnehmen. Jahr Christliche Gemeinschaften 2008 407.382,24 2009 831.744,25 2010 468.037,34 2011 237.745,64 2012 292.652,39 2013 1.407.659,94 2014 961.332,66 2015 813.920,73 2016 1.646.264,98 2017 864.213,12 2018 1.006.500,55 Gesamt 8.937.453,84 € 4. Gibt es darüber hinaus Steuer- und Gebührenbefreiungen für Religionsgemeinschaften (negative Staatsleistungen), die auf Landesgesetzgebung beruhen? Wenn ja, welche? Zu 4.: Im Geltungsbereich der Verwaltungsgebührenordnung (VGebO) sind die Kirchen , Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften in den Gebührenordnungen grundsätzlich von der Zahlung der Verwaltungsgebühren befreit, sofern sie die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts haben und durch die Amtshandlung unmittelbar die Durchführung kirchlicher, religiöser oder weltanschaulicher Zwecke gefördert wird. Ausgenommen sind einzelne Gebührentatbestände , z.B. bei der Anfertigung von Fotokopien oder der Veranstaltung von Glücksspiel. Die Gebührenbefreiung tritt ferner nicht ein, wenn die in Betracht kommenden Gebühren einem Dritten als Veranlasser zur Last zu legen sind. Über Gebührenbefreiungen in speziellen Gesetzen und Verordnungen liegen hier keine gesammelten Kenntnisse vor. Seite 4 von 4 5. Wie hoch schätzt der Senat die aktuellen Kosten einer dauerhaften Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen entsprechend Art. 138 (1) WRV in Verbindung mit Art. 140 GG? Wie hat sich dies seit dem 3. Oktober 1990 entwickelt? Zu 5.: Eine Prognose ist mangels Rahmengesetz und Datenbasis nicht möglich. Berlin, den 29.03.2019 In Vertretung Gerry Woop Senatsverwaltung für Kultur und Europa