Drucksache 18 / 18 265 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katina Schubert (LINKE) vom 19. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. März 2019) zum Thema: Durchsetzung von Abschiebemaßnahmen in Berlin und Antwort vom 05. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. April 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete Katina Schubert (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18265 vom 19. März 2019 über Durchsetzung von Abschiebemaßnahmen in Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche landesrechtlichen, verschriftlichten Regelungen für Polizei, Ausländerbehörde und andere Behörden gibt es in Berlin zur Durchführung von Abschiebungen (bitte Datum, Titel, Art der Regelung – Landesgesetz, Verordnung, Rundschreiben, Erlass, Weisung – nennen sowie angeben, wo diese Regelungen zu finden sind)? Zu 1: Zur Durchführung von Abschiebungen bestehen für die Polizei Berlin folgende Regelungen: - Weisung der Senatsverwaltung für Inneres und Sport vom 11. Dezember 2014 zu den Aufgaben des polizeiärztlichen Dienstes bei Abschiebungen - Weisung der Senatsverwaltung für Inneres und Sport vom 21. Dezember 2015 zum Verbringen der Betroffenen aus ihren Wohnungen zwecks Durchführung der Abschiebung - Weisung der Senatsverwaltung für Inneres und Sport vom 1. März 2017 zur Verfahrensweise bei Abschiebungen - Weisung der Senatsverwaltung für Inneres und Sport vom 28. August 2018 zur generellen Aufhebung der Nachtzeitschranke für Festnahmen zur Nachtzeit bei Abschiebemaßnahmen Die Weisungen sind bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport hinterlegt. Des Weiteren sind Ausführungen zum Verfahren bei Abschiebung und Abschiebungshaft in den öffentlichen Verfahrenshinweisen der Ausländerbehörde in A.58. und A.62. niedergelegt. Diese Verfahrenshinweise sind bei der Ausländerbehörde hinterlegt und auf der Internetseite des Landesamtes für Bürgerund Ordnungsangelegenheiten recherchierbar. 2. Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgt zum Zwecke der Durchsetzung von Abschiebemaßnahmen das Betreten von Wohn- und Schlafräumen ohne Einwilligung des Inhabers, zum Beispiel, wenn die betroffene Person die Tür nicht öffnet und/oder der Polizei das Betreten der Wohnung bzw. ihres Wohn- und Schlafraums in einer Unterkunft für Geflüchtete verweigert? Zu 2.: Die Rechtsgrundlage für das Betreten von Wohnungen ergibt sich aus § 58 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Seite 2 von 4 Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) in Verbindung mit § 8 des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung (VwVfG Bln), § 12 des Verwaltungs- Vollstreckungsgesetzes (VwVG) und § 1 des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin (UZwG Bln). 3. Unter welchen Voraussetzungen ist nach Auffassung des Senats ein Betreten von Wohnungen bzw. Schlafräumen in Unterkünften durch die Polizei zum Zwecke der Direktabschiebung entgegen § 36 Abs. 3 ASOG Berlin in Verbindung mit § 104 StPO auch zur Nachtzeit erlaubt, und wer stellt das Vorliegen dieser Voraussetzungen fest? Zu 3.: Die zu 2. genannte Rechtsgrundlage sieht keine zeitlichen Einschränkungen für ein Betreten im Sinne der Fragestellung vor. Insoweit gilt allein der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Danach kommt eine Festnahme zur Abschiebung während der Nachtzeit jedenfalls dann in Betracht, wenn sie aus organisatorischen Gründen zwingend erforderlich ist. Die Entscheidung hierüber treffen die Ausländerbehörde und die Polizei. 4. Wie viele Festnahmen zur Direktabschiebungen erfolgten 2018 zur Nachtzeit? Zu 4.: Gemäß StPO § 164 ist die Nachtzeit vom 1. April bis zum 30. September auf den Zeitraum von 21.00 Uhr bis 04.00 Uhr und vom 1. Oktober bis zum 31. März auf den Zeitraum von 21.00 Uhr bis 06.00 Uhr festgelegt. Bis zum 30. Juni 2018 erfolgte keine valide Datenerhebung im Zusammenhang mit der Fragestellung. Im Zeitraum vom 1. Juli bis 30. September 2018 wurde bei 19 festgenommenen Personen eine Ereigniszeit vor 04:00 Uhr erfasst. Im Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2018 wurde bei 154 Personen eine Ereigniszeit vor 06:00 Uhr erfasst. (Quelle: POLIKS [Polizeiliches Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung] – Auswertung vom 22. März 2019) 5. Wie viele Direktabschiebungen erfolgten 2018 infolge einer Festnahme bei einer Vorsprache bei der Ausländerbehörde, wie viele Direktabschiebungen erfolgten aus einer Wohnung oder einer Sammelunterkunft und wie viele Abschiebungen nach Selbstgestellung? Zu 5.: Die Daten vor dem 1. Juli 2018 wurden statistisch nicht erfasst. Im Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2018 erfolgten 473 Festnahmen. (Quelle: POLIKS – Auswertung vom 25. März 2019) Bei 76 Personen wurde als Ereignisort die Adresse der Ausländerbehörde erfasst. Im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2018 erfolgten 28 Selbstgestellungen. Die Zahl der Abschiebungen aus Wohnungen oder Sammelunterkünften wird statistisch nicht erfasst. 6. Wie viele Personen wurden 2018 auf Antrag der Berliner Ausländerbehörde in a. Abschiebehaft bzw. b. Ausreisegewahrsam genommen (bitte die jeweiligen Haftanstalten nennen)? Zu 6a. und 6b.: Die erbetenen Angaben im Sinne der Fragestellung werden statistisch nicht erfasst. Seite 3 von 4 7. Wie viele Personen, deren ausländerrechtliche Zuständigkeit bei der Berliner Ausländerbehörde lag, wurden 2018 aus a. Abschiebehaft und b. aus dem Ausreisegewahrsam abgeschoben (bitte die jeweiligen Haftanstalten nennen)? Zu 7a.: In 2018 wurden 5 Personen aus der Abschiebungshaft abgeschoben. Zu 7 b.: In 2018 wurde 1 Person aus dem Ausreisegewahrsam eines anderen Bundeslandes abgeschoben. Die Abschiebungsstatistik erfasst neben Fällen in der ausländerrechtlichen Zuständigkeit Berlins auch Fälle, in denen die Berliner Ausländerbehörde die maßgebliche Bearbeitung des Abschiebevollzuges in Amtshilfe übernommen hat. Die Orte des Vollzuges werden von der Ausländerbehörde Berlin nicht gesondert statistisch erfasst. 8. Wie viele Personen wurden jeweils entlassen, ohne dass es zu einer Abschiebung kam? Zu 8.: Angaben zu Entlassungen aus Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam werden statistisch nicht erfasst. 9. In wie vielen Fällen hat ein Gericht während oder nach der Inhaftierung die Inhaftierung für rechtswidrig erklärt? Zu 9.: Dem Senat sind keine Fälle bekannt, bei denen die Inhaftierung für rechtswidrig erklärt wurde. 10. Wie viele Personen befanden sich 2018 und zum aktuellsten verfügbaren Stichtag 2019 im sogenannten Abschiebegewahrsam für Gefährder in Berlin-Lichtenrade? a. Wie lang betrug die durchschnittliche Gewahrsamsdauer dieser Personen? b. Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte die Ingewahrsamnahme jeweils? Zu 10: Seit der Eröffnung am 22. September 2018 bis zum 21. März 2019 befanden sich insgesamt elf Insassen im Abschiebungsgewahrsam. Am 21. März 2019 befand sich eine Person im Abschiebungsgewahrsam. (Quelle: Programm Abschiebung – Stand: 21. März 2019) Zu 10 a.: Die durchschnittliche Gewahrsamsdauer betrug abgerundet 29 Tage. (Quelle: Programm Abschiebung, Stand: 21. März 2019) Zu 10 b.: Die Unterbringung der Insassen im Abschiebungsgewahrsam erfolgt regelmäßig aufgrund eines richterlichen Beschlusses nach § 62 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG). (Quelle: Programm Abschiebung – Stand: 21. März 2019) 11. Wie viele Personen wurden 2018 und zu einem aktuellen Stichtag 2019 aus dem Abschiebegewahrsam für Gefährder heraus abgeschoben? Seite 4 von 4 Zu 11.: Seit der Eröffnung am 22. September 2018 bis zum 21. März 2019 wurden aus dem Abschiebungsgewahrsam insgesamt fünf Personen abgeschoben (2018: zwei Personen, 2019: drei Personen). Vier Personen wurden in andere Einrichtungen überführt und eine Person entlassen. 12. In wie vielen Fällen hat ein Gericht während oder nach der Inhaftierung die Inhaftierung für rechtswidrig erklärt? Zu 12.: Siehe Antwort zu Frage 9. 13. Wie viele Personen wurden in Berlin 2018 aus dem allgemeinen Strafvollzug heraus abgeschoben? Zu 13.: Im Jahr 2018 wurden 222 Personen aus der Strafhaft abgeschoben. Die Orte des Vollzuges werden nicht gesondert statistisch erfasst. Berlin, den 05. April 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport