Drucksache 18 / 18 323 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hanno Bachmann (AfD) vom 25. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. März 2019) zum Thema: Wenn YouTuber und ihre Gefolgschaft Amok laufen - Massenschlägerei auf dem Alexanderplatz im direkten Blickfeld der Alexwache und Antwort vom 05. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. April 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Hanno Bachmann (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18323 vom 25. März 2019 über Wenn YouTuber und ihre Gefolgschaft Amok laufen – Massenschlägerei auf dem Alexanderplatz ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Am 21.03.2019 fanden sich infolge entsprechender Aufrufe zweier YouTuber hunderte Personen auf dem Alexanderplatz ein, zwischen denen es anschließend zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kam. 1. War die Polizei vorab über die Aufrufe der YouTuber und das daraus resultierende Konfliktpotential informiert und welche Maßnahmen hat sie im Vorfeld getroffen? Zu 1: Die Polizei Berlin war hinsichtlich des Internetaufrufs des YouTubers „ThatsBekir“ informiert. Das daraus resultierende Konfliktpotential war im Vorfeld nicht bekannt. Es wurden keine Maßnahmen im Vorfeld getroffen. Der weitere Internetaufruf des YouTubers „Bahar-Al Almood“ wurde den vor Ort befindlichen Einsatzkräften erst während des Zustroms von zahlreichen Personen zum Alexanderplatz bekannt. 2. Wurden angesichts der Aufrufe Maßnahmen auf Basis des NetzDG oder anderer Gesetze ergriffen? Falls ja, wann, falls nein, warum nicht? Zu 2.: Es wurden keine Maßnahmen im Vorfeld getroffen. Das Konfliktpotential war im Vorfeld nicht bekannt. 3. Wie viele Personen sind infolge der Aufrufe insgesamt zum Alexanderplatz gekommen? Zu 3.: Infolge des Aufrufes sind ca. 400 Personen zum Alexanderplatz gekommen. 4. Wie lange dauerten die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen ihnen und wo spielten sie sich überall ab? Zu 4.: Innerhalb von ca. 60 Minuten kam es im Bereich des Alexanderplatzes sowie des U- Bhf. Alexanderplatz zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Schwerpunkte der Seite 2 von 5 Auseinandersetzungen bildeten die Areale zwischen den Eingangsbereichen zweier Kaufhäuser, in der Panoramastr. 1 zwischen einem Restaurant und einem Café sowie der Bahnsteig der U-Bahn-Linie U8. 5. Wie viele Personen waren insgesamt an den gewaltsamen Auseinandersetzungen auf dem Alexanderplatz bzw. im U-Bahnbereich beteiligt? Zu 5.: Die genaue Anzahl der beteiligten Personen ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen. 6. Welche Maßnahmen nach ASOG, StPO sowie ggf. auf Basis sonstiger Gesetze wurden im Laufe des Polizeieinsatzes in welchem Umfang ergriffen? Von wie vielen Personen wurden insbesondere die Personalien festgestellt ? Zu 6.: Im Zuge des Polizeieinsatzes wurden auf Grundlage des Allgemeinen Sicherheitsund Ordnungsgesetzes (ASOG) Platzverweise erteilt und Identitätsfeststellungen durchgeführt. Auf Grundlage der Strafprozessordnung (StPO) wurden im Zusammenhang mit der Verfolgung von Straftaten vorläufige Festnahmen und erkennungsdienstliche Maßnahmen durchgeführt. Weiterhin wurden Beweismittel sichergestellt und beschlagnahmt sowie entsprechende Ermittlungsverfahren eingeleitet. Im Laufe des Polizeieinsatzes wurden vor Ort 43 Personalien festgestellt. 7. Welche Waffen und gefährlichen Werkzeuge wurden im Rahmen der Auseinandersetzungen von den Beteiligten genutzt und wie viele dieser Gegenstände wurden von der Polizei sichergestellt? Zu 7.: Es wurden zwei Pfeffersprays, drei Messer, ein Schlagstock sowie ein Kleinpflasterstein im Zuge von entsprechenden Ermittlungsverfahren sichergestellt bzw. beschlagnahmt. 8. Musste, nachdem sich die Auseinandersetzung auch im U-Bahnbereich abspielte, der U- Bahnverkehr unterbrochen werden, und falls ja, für wie lange? Wurden infolge der Auseinandersetzungen insbesondere im U-Bahnbereich auch Unbeteiligte gefährdet? Zu 8.: Es kam zu keinen Unterbrechungen des U-Bahnverkehrs. Bisher wurde nicht bekannt, dass Unbeteiligte gefährdet waren. 9. Wie haben sich die an der Massenschlägerei Beteiligten gegenüber den zunächst intervenierenden Beamten der Alexwache verhalten und weshalb musste Verstärkung herbeigerufen werden? Zu 9.: Die zuerst einschreitenden Mitarbeitenden der Polizei Berlin sahen sich von Anfang an einer angespannten und aggressiven Grundstimmung ausgesetzt. Personen aus der Gruppe verhielten sich verbal aggressiv gegenüber den eingesetzten Kräften. Es kam zu Beleidigungen und Widerstandshandlungen. Polizeiliche Maßnahmen wurden behindert, weil Anweisungen von Polizeidienstkräften nicht Folge geleistet wurde. Auf Grund der dynamischen Gemengelage wurden lageangepasst weitere Polizeidienstkräfte nachgefordert. Seite 3 von 5 10. Wie viele Polizisten waren insgesamt im Einsatz und welche Kosten hat der Polizeieinsatz verursacht (Annäherungswert genügt)? Beabsichtigt die Polizei, wegen dieser Kosten Regress zu erheben, und wenn ja, von wem? Zu 10.: Es waren insgesamt 117 Polizeidienstkräfte eingesetzt. Die in Berlin gültige Polizeibenutzungsgebührenordnung kennt keinen Gebührentatbestand, um die Kosten für den Einsatz dem Zweckveranlasser in Rechnung zu stellen. 11. Verfügt die Polizei zur Aufklärung der Taten über ausreichende selbst gefertigte Videoaufzeichnungen oder ist sie auf Aufzeichnungen Dritter, etwa von BVG, Passanten, Ladengeschäften etc. angewiesen? Zu 11.: Es wurde vorhandenes Videomaterial Dritter gesichert. Polizeiliche Videoaufnahmen sind nicht vorhanden. 12. Sind der Polizei insbesondere aufgrund Personalienfeststellung vor Ort die Identitäten aller Tatverdächtigen und dabei insbesondere der an den Schlägereien beteiligten Personen bekannt, und falls nein, welche Anstrengungen werden unternommen, um diese Identitäten noch nachträglich zu ermitteln? Zu 12.: Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Die Personalien der übrigen Personen, die den Aufrufen gefolgt sind, sind nicht bekannt. Ermittlungen gegen die Personen, die sich an Straftaten beteiligt haben, wurden eingeleitet. Diesbezüglich ist die Namhaftmachung von bisher unbekannt gebliebenen Beteiligten Gegenstand der laufenden Ermittlungen. 13. Wie viele Ermittlungsverfahren gegen wie viele Personen wegen welcher Straftaten wurden bislang eingeleitet? Zu 13.: Es wurden 13 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Einleitung weiterer Ermittlungsverfahren ist Gegenstand der Bearbeitung. Derzeit werden gegen 16 namentlich bekannte Tatverdächtige zu verschiedenen Verfahren Ermittlungen, u. a. wegen des Verdachts der: Beteiligung an einer Schlägerei, Gefährlicher Körperverletzung, Gemeinschaftlichen schweren Raubes, Bedrohung, Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte angestrengt. 14. Wird gegen alle an den gewaltsamen Auseinandersetzungen Beteiligten insbesondere mit Blick auf §§ 125, 231 StGB ermittelt, und falls nein, warum nicht? Wird auch gegen die YouTuber ermittelt? Seite 4 von 5 Zu 14.: Es werden Ermittlungen wegen Beteiligung an einer Schlägerei (§ 231 StGB) gegen die Beteiligten geführt. Darüber hinaus werden Ermittlungen gegen einen namentlich bekannten YouTuber geführt. 15. In welchem Umfang kam es zu Widerstandshandlungen im Sinne der § 113 StGB und gegen wie viele Personen wird insoweit ermittelt? Wie viele der eingesetzten Beamten wurden verletzt und mit welchem Schweregrad jeweils? Zu 15.: In zwei Fällen wurden Ermittlungsverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) und in einem Fall infolge eines tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte ( § 114 StGB) eingeleitet. Es wird gegen insgesamt drei Tatverdächtige zu diesen Straftaten ermittelt. Zwei Polizeidienstkräfte wurden durch Pfefferspray leicht verletzt. 16. Was ist der Polizei über Herkunft/Migrationshintergrund, Wohnort, Staatsangehörigkeit, Alter und Milieu der Mitglieder der an der Schlägerei beteiligten Gruppen bekannt? Gibt es weitere diese definierende Merkmale der Mitglieder der an der Schlägerei beteiligten Gruppen? Zu 16.: Vornehmlich setzte sich der Teilnehmendenkreis des Fantreffens aus Jugendlichen, Heranwachsenden und jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund zusammen. Vor dem Hintergrund, dass die beiden in Rede stehenden YouTuber ebenfalls über einen entsprechenden Migrationshintergrund verfügen, setzt sich deren Fancommunity jeweils größtenteils aus einem Personenkreis zusammen, der gleichermaßen migrantisch geprägt ist. Detailangaben sind jedoch nur zu den 43 festgestellten Personalien möglich. 17. Gehören die YouTuber und / oder andere an der Auseinandersetzung beteiligte Personen kriminellen, in Berlin ansässigen Clans an oder unterhalten Beziehungen zu diesen? Falls ja, wie viele Personen mit Clan-Bezug waren ungefähr involviert und um welchen Clan handelt es sich? Zu 17.: Der Begriff „Clan“ findet - für sich allein stehend - mangels inhaltlicher Bestimmtheit bei der Polizei Berlin keine Verwendung. Im Rahmen des Einsatzgeschehens wurde einer männlichen Person nach einem tätlichen Angriff auf eine Polizeidienstkraft vorübergehend die Freiheit entzogen. Bei dieser Person handelt es sich um einen Angehörigen einer polizeibekannten arabischen Großfamilie. Darüber hinaus gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine Anhaltspunkte für die Beteiligung weiterer Mitglieder aus kriminellen arabischstämmigen Strukturen an der in Rede stehenden Auseinandersetzung. 18. Sind unter den an der gewaltsamen Auseinandersetzung beteiligten Personen solche, gegen die bereits seitens der von der Staatsanwaltschaft eingerichteten Stelle für Täter am Alexanderplatz Ermittlungsverfahren geführt werden, und falls ja, wie viele? Zu 18.: Gegen drei Beteiligte werden Ermittlungen durch die in der Frage benannte Dienststelle geführt. Seite 5 von 5 19. Was bedeutet es für die Sicherheitsstrategie des Senats im Bereich Alexanderplatz, wenn sich trotz der unübersehbaren Präsenz einer Polizeiwache vor Ort Personen genau auf diesem Platz zu einer Massenschlägerei verabreden bzw. eine solche ad hoc beginnen? Zu 19.: Eine unmittelbare Auswirkung auf die Sicherheitsstrategie des Senats im Bereich Alexanderplatz hat der Vorfall vom 21.03.2019 nicht. Um eine sichtbare Präsenz der Polizei Berlin auf dem Alexanderplatz zu gewährleisten, wurde am 15. Dezember 2017 die Alexwache eröffnet. Seitdem sank die Straftatenbelastung, insbesondere in den Sommermonaten, erheblich. Der Vorfall am 21.03.2019 zeigte, dass die Polizeidienstkräfte sehr schnell am Einsatzort waren. Aufgrund der ca. 400 am Ort befindlichen Personen mit erheblichem Aggressionspotential wurden weitere Kräfte zum Einsatzort nachalarmiert, um die Lage zu beruhigen. Der Senat und die Polizei Berlin werden weiterhin ihre jeweiligen Aufgaben darauf ausrichten, die Sicherheit auf dem Alexanderplatz zu gewährleisten. Demzufolge wird der Alexanderplatz Schwerpunkt polizeilicher Maßnahmen bleiben. 20. Wie viele durch vorherige Aufrufe via Social-Media aus der Musik- / Influencerszene mitveranlasste (Massen-) Schlägereien gab es seit 2015 in Berlin? Zu 20.: Vorfälle dieser Art werden statistisch nicht erfasst. 21. Welche Vorkehrungen sind geplant, um die Wiederholung derartiger über das Internet initiierter Massenschlägereien im öffentlichen Raum in Berlin zu verhindern? Zu 21.: Durch die enorme Geschwindigkeit der Verbreitung von Nachrichten und der Bekanntgabe von Treffpunkten in den sozialen Netzwerken, welche nicht unter ständiger polizeilicher Beobachtung stehen, lässt sich eine Wiederholung ähnlich gelagerter Fälle für die Zukunft nicht generell ausschließen. Wenn konkrete Hinweise vorliegen, wird die Polizei Berlin über lageangepasste Maßnahmen entscheiden. Berlin, den 05. April 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport