Drucksache 18 / 18 406 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Daniel Wesener (GRÜNE) vom 28. März 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. April 2019) zum Thema: Alte Musik in Berlin und Antwort vom 11. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. April 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Herrn Abgeordneten Daniel Wesener (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 18406 vom 28.03.2019 über Alte Musik in Berlin Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Ich frage den Senat: 1.) Wie viele Musiker*innen und Spezial-Ensembles sind im Bereich der Alten Musik in Berlin professionell tätig? Wie bewertet der Senat deren berufliche und künstlerische Lage, wie die Situation bei der Pflege und Vermittlung von Alter Musik bzw. Musik in historischer Aufführungspraxis in der Stadt insgesamt? Zu 1.: In Berlin arbeiten knapp 400 Musikerinnen und Musiker auf dem Gebiet der Alten Musik (hier gemeint: Arbeit mit historischen Instrumenten, in historischer Aufführungspraxis ). Zum Bereich der freien Szene kann man zusammenfassend feststellen, dass sich in den letzten ca. zwanzig Jahren eine heterogene, vielfältige und künstlerisch hoch qualifizierte Szene von Musikerinnen und Musikern entwickelt hat, die in ca. 60 Ensembles tätig sind, von denen einige auch internationale Strahlkraft haben. Im Bereich der Alten Musik werden Barockopern, Konzertreihen, experimentelle Formate und multimediale Projekte aufgeführt sowie Symposien und Branchentreffs organisiert. Sehr viele Kompositionen befinden sich noch unentdeckt in den Archiven . Mit den entsprechenden Recherchearbeiten leisten die Ensembles einen wichtigen Beitrag zur Pflege des kulturellen Erbes. Das Publikumsinteresse an Alter Musik ist hoch und entsprechend hoch sind die Zuschauerzahlen. Die Eintrittspreise sind im Allgemeinen sehr besucherfreundlich – trotz der seit zwanzig Jahren in Berlin stagnierenden Honorare. Aufgrund der ungünstigen Honorarsituation in Berlin ist die Mehrzahl der Musikerinnen und Musiker gezwungen, überwiegend Engagements außerhalb Berlins anzunehmen. Seite 2 von 3 2.) Welche Förderinstrumente stehen im Doppelhaushalt 2018/19 zwecks Förderung der Alten Musik als Teil von Berlins freier Szene zur Verfügung (bitte Titel, Bezeichnung und Ansatz angeben)? Welche freien Gruppen bzw. Ensembles und wie vielen Einzel-Künstler*innen werden damit aktuell gefördert ? Zu 2.: Die Akademie für Alte Musik wird als einziges Ensemble im Bereich Alte Musik seit 2012 institutionell vom Land Berlin gefördert. Im Jahr 2019 beträgt die Fördersumme 200.000 € (Kapitel 0810 Titel 68575). Darüber hinaus stehen für die Alte Musik keine eigenen Förderinstrumente zur Verfügung . Ein Zugang zu Einzelprojektförderungen ist nur über die interdisziplinären Förderprogramme gegeben. Nachfolgend die entsprechenden Ansätze 2019: Kofinanzierungsfonds 400.000 € Kapitel 0810 Titel 68610 Wiederaufnahmefonds 460.000 € Kapitel 0810 Titel 68610 Zuschüsse für besondere kulturelle Projekte 8.991.000 € Kapitel 0810 Titel 68628 Zuschüsse für den Kulturaustausch 153.000 € Kapitel 0810 Titel 68380 Zuschüsse für Projekte aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds 14.950.000 € Kapitel 0810 Titel 68616 Laufende Kosten können aus den genannten Förderprogrammen nur in Verbindung mit den Projekten finanziert werden. 3.) Sind dem Senat darüber hinausgehende Förderbedarfe und -anmeldungen im Bereich der Alten Musik bzw. seitens der Berliner Ensembles und Künstler*innen bekannt? Und wenn ja, welche? Zu 3.: Nach Einschätzung der Senatsverwaltung für Kultur und Europa und mit Blick auf die Hinweise der Vereinigung Alte Musik Berlin e.V. besteht Förderbedarf wie folgt: - laufende Ausgaben, Probenräume, Management, Professionalisierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit - Mittel für die Durchführung von Konzerten, Reihen und Neuentdeckungen; Aufbrechen der niedrigen Honorarstrukturen; Maßnahmen der verbesserten Sichtbarkeit ; Entwicklung von Kooperationen - Mittel für Recherchearbeiten 4.) Ist es zutreffend, dass den Musiker*innen aus dem Bereich Alte Musik die bestehenden Fördermöglichkeiten des Landes für Ernste Musik (Einzelplan 08, Kapitel 0810, Titel 68610 und Titel 68119, Teilansatz 7) nicht zugänglich sind? Wenn ja: wieso nicht? Zu 4.: Die aus Kapitel 0810 Titel 68610 Teilansatz Ernste Musik durchgeführten Förderungen für Alte Musik (zum Beispiel „Berliner Tage für Alte Musik", „Klangbilder", „Friedenauer Kammerkonzerte“) wurden im Rahmen der Haushaltskonsolidierung 2005 eingestellt. Der Ansatz war zu gering, um Wirksamkeit entfalten zu können. Deshalb wurde eine Prioritätensetzung getroffen, die zugunsten der Neuen Musik ausfiel. Eine Öffnung der Etats für alle Sparten der Ernsten Musik ohne gleichzeitige Erhöhung der Mittel hätte einen negativen Einfluss auf die Strukturen, die sich im Bereich der freien Szene der Neuen Musik in den letzten Jahren gut entwickelt haben. Seite 3 von 3 5.) Ist es zutreffend, dass Vertreter*innen der Alten Musik keinen Antrag auf Einzelprojektförderung im Rahmen der Spartenoffenen Förderung stellen können? Wenn ja: wieso nicht? Zu 5.: Die Spartenoffene Förderung ist aufgeteilt in zwei Ausschreibungen. - Die Spartenoffene Förderung für ein- und zweijährige Vorhaben der Einrichtungen : Antragsberechtigt sind institutionell geförderte Kultureinrichtungen, d.h. Kultureinrichtungen , die regelmäßig aus Bundes-, Landes-, Bezirksmitteln oder Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin gefördert werden. Im Rahmen dieses Förderinstruments können Einzelprojekte beantragt werden. Die Akademie für Alte Musik hat in den Jahren 2018 und 2019 Mittel aus diesem Programm erhalten . - Die Spartenoffene Förderung für Festivals und Reihen: Mit diesen Mitteln werden Reihen, Serien, Festivals und besondere Programmschwerpunkte (z.B. Jubiläen) gefördert. Einzelprojekte (z.B. einzelne Konzerte) sind von dieser Förderung ausgeschlossen . Vertreterinnen und Vertreter der Alten Musik sowie anderer künstlerischen Disziplinen können hier Festivals, Reihen und besondere Programmschwerpunkte beantragen. 6.) Plant der Berliner Senat, die bestehende Fördersystematik für die Alte Musik als Teil der freien Musikszene in Berlin zu überarbeiten? Wenn ja: in welcher Form und mit welcher Zielsetzung? Wenn nein: wieso nicht? Zu 6.: Unter der Voraussetzung entsprechender Ansatzerhöhungen sollten die bestehenden Förderprogramme im Bereich Musik für die Alte Musik geöffnet werden. Die Willensbildung auf Senatsebene ist im Hinblick auf den kommenden Doppelhaushalt noch nicht abgeschlossen. Berlin, den .04.2019 In Vertretung Dr. Torsten Wöhlert Senatsverwaltung für Kultur und Europa