Drucksache 18 / 18 574 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anne Helm (LINKE) vom 10. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. April 2019) zum Thema: Schusswaffengebrauch der Polizei Berlin und der Umgang mit psychisch kranken Menschen (II) und Antwort vom 29. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Mai 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete Anne Helm (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18574 vom 10. April 2019 über Schusswaffengebrauch der Polizei Berlin und der Umgang mit psychisch kranken Menschen (II) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In wie vielen Fällen haben Berliner Polizist*innen seit dem 27. Februar 2017 (Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 18/10 387) von der Schusswaffe gegen Menschen, Tiere, Sachen und Sonstiges Gebrauch gemacht (bitte nach Jahr und Ziel aufschlüsseln)? Zu 1.: In der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 18/10 387 fanden die Fallzahlen bis zum 27. Februar 2017 keine Berücksichtigung. Insofern wurden bei der Beantwortung der vorliegenden Schriftlichen Anfrage nunmehr die Gesamtfallzahlen für 2017 betrachtet . 2017 in keinem Fallgegen Menschen, in 100 Fällen gegen Tiere, in keinem Fall gegen Sachen, in 1 Fall als Warnschuss, in 22 sonstigen Fällen 1 123 Fälle insgesamt. 2018 in 3 Fällen gegen Menschen, in 59 Fällen gegen Tiere, in 2 Fällen gegen Sachen, in keinem Fall als Warnschuss, in 22 sonstigen Fällen 2 86 Fälle insgesamt 1 12 unbeabsichtigte Schussabgaben, 1 Suizid, 1 Unfall, 8 offene Vorgänge 2 16 unbeabsichtigte Schussabgaben, 6 offene Vorgänge Seite 2 von 9 2019 in keinem Fall gegen Menschen, in 17 Fällen gegen Tiere, in keinem Fall gegen Sachen, in keinem Fall als Warnschuss, in 9 sonstigen Fällen 3 26 Fälle insgesamt Die offenen Vorgänge werden erst nach Vorliegen des abschließenden Berichtes in Kategorien untergliedert in der Statistik dargestellt. Dies ist der Grund dafür, dass die Zahlen der Schusswaffengebrauchsstatistik Veränderungen unterliegen - bis zum Abschluss des letzten Vorgangs aus dem jeweiligen Jahr. 2. Wie viele Menschen und wie viele Tiere wurden durch beabsichtigte Schüsse aus Dienstwaffen im in Frage 1. definierten Zeitraum verletzt oder getötet (bitte nach Jahr, Mensch/Tier und beabsichtigten Schüssen aufschlüsseln)? Zu 2.: 2017 in keinem Fall Menschen verletzt, in 1 Fall Menschen getötet, 4 in keinem Fall Tiere verletzt, in 100 Fällen Tiere getötet 5. 2018 in 4 Fällen Menschen verletzt, in keinem Fall Menschen getötet in keinem Fall Tiere verletzt, in 57 Fällen Tiere getötet 6. 2019 in keinem Fall Menschen verletzt, in keinem Fall Menschen getötet, in keinem Fall Tiere verletzt, in 17 Fällen Tiere getötet 7. Wie in der Antwort zu Frage 1 dargelegt, werden die in Bearbeitung befindlichen Vorgänge erst nach deren Abschluss statistisch ausgewertet. 3. In wie vielen Fällen lösten sich bei der Berliner Polizei im Fragezeitraum ohne Absicht Schüsse aus Polizeiwaffen und wie viele Menschen wurden dadurch verletzt oder getötet (bitte einzeln aufschlüsseln )? Zu 3.: 2017 in 12 Fällen (2 verletzte Personen 8 / keine getötete Person) 2018 in 16 Fällen (1 verletzte Person 9 / keine getötete Person) 2019 in 3 Fällen (keine verletzte Person / keine getötete Person) 3 3 unbeabsichtigte Schussabgaben, 6 offene Vorgänge 4 davon 1 Suizid 5 1 Damwild, 42 Füchse, 1 Hase, 1 Hund (angreifend), 3 Katzen, 1 Marder, 19 Rehe, 1 Waschbär, 31 Wildschweine 6 26 Füchse, 1 Hund, 1 Eichhörnchen, 2 Katzen, 1 Marder, 7 Rehe, 5 Waschbären, 14 Wildschweine 7 6 Füchse, 1 Hund (nach VU), 1 Katze, 1 Marder, 3 Rehe, 2 Waschbären, 3 Wildschweine 8 davon 1 Polizeivollzugsdienstkraft (1 Selbstverletzung), 1 externe Person (Knalltrauma) 9 davon 1 Polizeivollzugsdienstkraft (Selbstverletzung) Seite 3 von 9 4. Wie viele von den durch die Polizei Berlin verletzten bzw. getöteten Personen waren im in Frage 1. definierten Zeitraum a) bewaffnet oder im Besitz gefährlicher Gegenstände (bitte aufschlüsseln)? b) zum Zeitpunkt des Waffengebrauchs psychisch auffällig, z.B. desorientiert, oder drohten mit Suizid? Zu 4.: zu a) 2017 in 1 Fall 1 Person verletzt (Selbstverletzung einer Polizeidienstkraft mit Dienstwaffe), in 1 Fall 1 Person getötet (Suizid einer Polizeidienstkraft) 2018 in 3 Fällen jeweils 1 Person verletzt (1 Selbstverletzung einer Polizeidienstkraft mit Dienstwaffe, 1 angreifende Person mit Messer, 1 angreifende Person mit Teleskop-Schlagstock), in 1 Fall 2 Personen verletzt (1 angreifende Person mit Messer, bei gezieltem Schuss aus der Dienstwaffe auf den Angreifer wird versehentlich 1 bewaffnete Polizeidienstkraft durch einen Streifschuss verletzt). zu b) Eine standardisierte Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht, sodass eine automatische Recherche nicht möglich ist. 5. In wie vielen offenen Vorgängen aus Drs. 18/10 387 kam es zu Ergebnissen bzw. Nachmeldungen in den einzelnen Kategorien und wie lauten diese? Zu 5.: Zur Frage „In wie vielen Fällen haben Berliner Polizist*innen seit dem 31. Juli 2014 (Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 17/14 324) von der Schusswaffe gegen Menschen, Tiere, Sachen und Sonstiges Gebrauch gemacht (bitte nach Jahr und Ziel aufschlüsseln)?“ kam es zu folgenden Nachmeldungen bzw. Ergebnissen: 2014 Seit der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 18/10387 gab es keine Nachmeldungen, da zum Zeitpunkt der Beantwortung bereits alle aus diesem Jahr gemeldeten Vorgänge abgeschlossen und somit statistisch ausgewertet waren. 2015 in keinem Fall gegen Menschen, in 1 Fall gegen Tiere, in keinem gegen Sachen, in 1 Fall als Warnschuss, in 7 sonstigen Fällen 10 9 Fälle insgesamt. 2016 in 1 Fall gegen Menschen, in 1 Fall gegen Tiere, in 1 Fall gegen Sachen, in keinem Fall als Warnschuss in 7 sonstigen Fällen 11 10 1 unbeabsichtigte Schussabgabe, 1 unzulässige Schussabgabe, 5 offene Vorgänge Seite 4 von 9 10 Fälle insgesamt. Zur Frage „Wie viele Menschen und wie viele Tiere wurden durch beabsichtigte Schüsse aus Dienstwaffen im in Frage 1 definierten Zeitraum verletzt oder getötet (bitte nach Jahr, Mensch/Tier und beabsichtigte Schüsse aufschlüsseln)?“ kam es zu folgenden Nachmeldungen bzw. Ergebnissen: 2014 Seit der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 18/10387 gab es keine Nachmeldungen, da zum Zeitpunkt der Beantwortung bereits alle aus diesem Jahr gemeldeten Vorgänge abgeschlossen und somit statistisch ausgewertet waren. 2015 in keinem Fall Menschen verletzt, in keinem Fall Menschen getötet, in keinem Fall Tiere verletzt, in 1 Fall Tiere getötet12. 2016 in 2 Fällen Menschen verletzt, in 1 Fall Menschen getötet13, in keinem Fall Tiere verletzt, in 1 Fall Tiere getötet14. Zur Frage „In wie vielen Fällen lösten sich bei der Berliner Polizei im Fragezeitraum ohne Absicht Schüsse aus Polizeiwaffen und wie viele Menschen wurden dadurch verletzt oder getötet (bitte aufschlüsseln)?“ kam es zu folgenden Nachmeldungen bzw. Ergebnissen: 2014 Seit der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 18/10387 gab es keine Nachmeldungen, da zum Zeitpunkt der Beantwortung bereits alle aus diesem Jahr gemeldeten Vorgänge abgeschlossen und somit statistisch ausgewertet waren. 2015 in 1 Fall (1 verletzte Person 15 / keine getötete Person) 2016 in 3 Fällen (keine verletzte Person / keine getötete Person) Zur Frage „Wie viele von den verletzten bzw. getöteten Personen durch die Polizei Berlin waren im in Frage 1 definierten Zeitraum bewaffnet oder im Besitz gefährlicher Gegenstände (bitte aufschlüsseln)? kam es zu folgenden Nachmeldungen bzw. Ergebnissen : 2014 Seit der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 18/10387 gab es keine Nachmeldungen, da zum Zeitpunkt der Beantwortung bereits alle aus diesem Jahr gemeldeten Vorgänge abgeschlossen und somit statistisch ausgewertet waren. 2015 in keinem Fall Menschen verletzt oder getötet 2016 in 2 Fällen Menschen verletzt16, in 1 Fall getötet 17 11 3 unbeabsichtigte Schussabgaben, 1 unzulässige Schussabgabe, 3 offene Vorgänge 12 1 Marder 13 1 Notwehr/Nothilfe 14 1 Fuchs 15 davon 1 Polizeivollzugsdienstkraft (Knalltrauma) 16 davon 2 Polizeivollzugsdienstkräfte Seite 5 von 9 6. In wie vielen nach Schusswaffengebrauch obligatorischen straf- und/oder dienstrechtlichen Ermittlungen kam es zu welchen Ergebnissen? Zu 6.: Eine standardisierte Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht, sodass eine automatische Recherche nicht möglich ist. 7. Kam es zu weiteren Todesfällen oder schweren Verletzungen durch die Anwendung von unmittelbarem Zwang gegenüber Personen? Bei wie vielen dieser Situationen lagen psychische Erkrankungen oder Auffälligkeiten vor? Zu 7.: Eine standardisierte Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht, sodass eine automatische Recherche nicht möglich ist. 8. Welche Betreuung ist für Polizeivollzugsbeamt*innen nach Abgabe von Schüssen gegenüber Menschen vorgesehen? Wie wird dieses Angebot angenommen? Zu 8.: Für eine seelische Betreuung stehen den Dienstkräften direkt nach der Abgabe von Schüssen die Mitarbeitenden der Sozialbetreuung der Polizei Berlin unterstützend zur Seite und führen in der Regel Entlastungs- und Informationsgespräche. Darüber hinaus werden die Angebote der Sozialbetreuung für eine ggf. weiterführende Unterstützung erläutert. Hierzu sind die Mitarbeitenden der Sozialbetreuung der Polizei Berlin für Polizeivollzugsdienstkräfte über eine Notfallnummer ständig erreichbar. In der Regel erfolgt die Kontaktaufnahme durch eine Führungskraft. Im Nachgang zu potentiell traumatisierenden Ereignissen haben Dienstkräfte die Möglichkeit, sowohl in Einzel- als auch Gruppensitzungen durch die Sozialbetreuung beraten zu werden, um individuell angepasste Hilfsmaßnahmen zu entwickeln und einzuleiten. Sollten eventuell auftretende Symptome nach einem festgelegten Zeitraum von vier Wochen nicht abklingen, vermitteln die Mitarbeitenden der Sozialbetreuung die Dienstkraft konsequent in eine ambulante oder stationäre Behandlung. Der Prozess wird kontinuierlich begleitet, um eine Wiedereingliederung in den Dienstbetrieb reibungslos zu gestalten. Das Angebot, nach Abgabe von Schüssen unterstützt bzw. betreut zu werden, wird nach Einschätzung der Sozialbetreuung der Polizei Berlin und gemäß den Rückmeldungen der betroffenen Dienstkräfte sehr gut angenommen. 9. Kam es (auch vor dem in Frage 1 definierten Zeitraum) zu Dienstunfallanzeigen durch Polizeivollzugsbeamt *innen, die im Zusammenhang mit einer tödlichen Schussabgabe oder dem Einsatz von unmittelbarem Zwang gegenüber Menschen standen? Zu 9.: Belastbare statistische Daten werden hierzu nicht vorgehalten und sind daher nicht abrufbar. 17 1 Person bei Messerangriff Seite 6 von 9 10. Welche Konzepte und standardisierte Verfahren gibt es bei der Berliner Polizei im Umgang mit psychisch kranken bzw. auffälligen, desorientierten oder suizidalen Menschen, beispielsweise durch Unterstützung von Sozialarbeiter*innen, Psycholog*innen, besonders ausgebildeten Polizeivollzugsbeamt *innen, etc.? Zu 10.: Der Umgang mit psychisch erkrankten Personen in Akutsituationen ist integraler Bestandteil des Einsatztrainings in der Aus- und Fortbildung der Polizei Berlin. Im Mittelpunkt steht dabei die konflikt- und gefährdungsarme Interaktion mit einem Gegenüber in einer akuten psychischen Ausnahmesituation als Bestandteil polizeilichen Handelns . Im Rahmen der Ausbildung werden beispielsweise den Nachwuchskräften im mittleren und gehobenen Dienst im Verhaltenstraining 2 (Stress/Konflikt) ein Rollenspiel zum Thema Gefährlichkeit und Handlungsstrategien im Umgang mit psychisch gestörten Personen und die entsprechende Auswertung angeboten. Ein Training ausschließlich zum Umgang mit psychisch kranken Personen ist aufgrund der großen Bandbreite diagnostischer und personenbedingter Einflussfaktoren für den polizeilichen Einsatz aus fachlichen Gründen weder vorgesehen noch zielführend. Für alle (insbesondere konfliktträchtigen) Einsatzsituationen gelten bundeseinheitliche Empfehlungen. Diese werden auch im Rahmen des Einsatztrainings ganzheitlich vermittelt. Zusätzlich werden gemeinsame, themenbezogene Fortbildungsseminare des Psychologischen Dienstes und der Fachgruppe Verhaltenstraining der Polizei Berlin unter Einbindung externer Kooperationspartnerschaften wie dem Berliner Krisendienst angeboten . Hierbei wird der Fokus auf Wissensvermittlung, Sensibilisierung, Austausch mit Betroffenen sowie Training hilfreicher Verhaltensweisen und Gesprächsführungstechniken gelegt. Die hierzu herausgegebene Fortbildungsschrift (Biedermann, 2017) ist allen Polizeiangehörigen zugänglich. Sowohl in der Ausbildung als auch in der Einsatznachsorge der Polizeivollzugsdienstkräfte sind psychosoziale Fachkräfte der Polizei Berlin eingesetzt. Unterstützung in Einsatzsituationen kann durch externe psychosoziale Kräfte des Berliner Krisendienstes angefordert werden. 11. Welche Angebote gibt es bei der Berliner Polizei, um Beamt*innen im Umgang mit psychisch kranken bzw. auffälligen Menschen weiterzubilden? Wer bietet diese jeweils wie häufig und für wie viele Teilnehmer*innen an? Besteht eine Pflicht zur Teilnahme? Zu 11.: Die Fachgruppe Verhaltenstraining der Polizeiakademie bietet im Jahr 2019 für Polizeivollzugsdienstkräfte an sieben Terminen Seminare zum „Umgang mit Menschen mit psychischen Störungen im Spannungsfeld zwischen Kommunikation und Zwangsmaßnahmen“ für insgesamt 140 Teilnehmende an. Teilnehmende sind neben allen Einsatzkräften des Landes Berlin auch Dienstkräfte der Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg im Rahmen der Sicherheitskooperation . Für diese Einsatzkräfte sind in jedem Seminar zwei Plätze reserviert . Eine Teilnahme an der Veranstaltung erfolgt freiwillig. 12. Werden Berliner Polizist*innen auch darüber hinaus im Umgang mit psychisch kranken bzw. auffälligen Personen im Rahmen einer Ingewahrsamnahme und im Umgang mit ihnen während einer Befragung , eines Verhörs, etc. geschult? Seite 7 von 9 Zu 12.: Die Polizeiakademie bietet neben dem in der Antwort zu Frage 11 genannten Seminar „Umgang mit Menschen mit psychischen Störungen im Spannungsfeld zwischen Kommunikation und Zwangsmaßnahmen“ ein weiteres Seminar für Tarifbeschäftigte im Gefangenendienst (TB GD) mit dem Teilaspekt „Umgang mit psychisch kranken Personen“ an. In dieser 2018 neu entwickelten Fortbildung für TB GD wird durch den Psychologischen Dienst der Polizei Berlin auf die psychologischen Grundlagen für das Gefangenenwesen eingegangen. Für Ermittlungspersonen (Schutz- und Kriminalpolizei) gibt es im Rahmen der Fortbildung keine besonderen Seminarinhalte zum Umgang mit psychisch kranken bzw. auffälligen Personen während einer Befragung bzw. eines Verhörs. 13. Gibt es Planungen, die unter 9. bis 12. aufgeführten und der in Antwort 6 der Schriftlichen Anfrage 18/10 387 genannten Maßnahmen und Angebote in Zukunft auszubauen oder sonst zu ändern und wie hat sich das Angebot seit dem 27. Februar 2017 (Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 18/10 387) geändert? Mit welchen externen Einrichtungen arbeitet die Polizei Berlin oder arbeiten andere Stellen des Landes zusammen? Zu 13.: Das in der Beantwortung zu Frage 6 der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/10 387 genannte Seminar „Umgang mit psychisch gestörten Personen im Spannungsfeld zwischen Kommunikation und Zwangsmaßnahmen“ wurde umbenannt. Der aktuelle Titel lautet nunmehr „Umgang mit Menschen mit psychischen Störungen im Spannungsfeld zwischen Kommunikation und Zwangsmaßnahmen“. Die Seminardauer wurde von drei Tagen auf vier Tage verlängert, um die Rollenspiele zu intensivieren und dem Diskurs mit eingeladenen Vertretenden des Berliner Krisendienstes und dem Schulprojekt „Wahnsinnig normal“ mehr Raum zu geben. Zu diesen Seminaren werden auch Stationsärzte für Psychiatrie eingeladen. Darüber hinaus deckt dieses Seminar die in der Beantwortung zu Frage 6 der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/10 387 genannten Weiterbildungsmaßnahmen Umgang mit psychisch gestörten Personen im Spannungsfeld zwischen Kommunikation und Zwangsmaßnahmen für Einsatztrainer der Polizei Berlin Psychische Störungen und Polizei „Krank und/oder gefährlich?“ Gefährlichkeit und Handlungsstrategien im Umgang mit psychisch gestörten Personen ab, die durch die Polizei Berlin derzeit nicht mehr angeboten werden. Ein quantitativer Ausbau des Seminarangebots ist aktuell nicht geplant. 14.Existieren spezielle Anweisungen, Dienstvorschriften etc. für die Durchführung des polizeilichen Ermittlungsverfahrens in Fällen, in denen psychisch kranke bzw. auffällige Menschen von der Polizei erschossen werden? Zu 14.: Nach einem Schusswaffengebrauch gegenüber Menschen wird durch die Polizei Berlin unverzüglich ein Strafermittlungsverfahren gegen die Polizeidienstkraft eingeleitet, die den Schuss abgegeben hat. Die polizeilichen Ermittlungen übernimmt dabei eine Mordkommission des LKA 1 in der Polizei Berlin. Darüber hinaus gibt es in der Polizei Berlin keine gesonderten Vorschriften im Sinne der Fragestellung. Seite 8 von 9 15. In welcher Form arbeiten Berliner Polizeibehörden mit Psycholog*innen und Psychiater*innen oder anderen Institutionen zusammen, um diese ggf. zu Einsatzorten rufen zu können, wo vermutlich psychisch kranke Menschen an einer unübersichtlichen polizeilichen Einsatzlage beteiligt sind? Welche Kooperationen der Polizei Berlin gibt es auf welchen Ebenen mit welchen Institutionen? Zu 15.: Seit 2009 existiert ein Kooperationsvertrag zwischen der Polizei Berlin mit dem Berliner Krisendienst. Dieser steht, nach Maßgabe personeller Kapazitäten, bei Einsätzen für die Einschätzung einer akuten Suizidalität oder die Betreuung von Menschen in akuten Krisen, bspw. nach dem Überbringen einer Todesnachricht, zur Verfügung. Der Berliner Krisendienst verfügt über psychiatrische Bereitschaftsärztinnen bzw. - ärzte, die Beratungsleistungen zu Psychopathologie oder Anwendung des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) bieten. 16. Gibt es gesonderte Anweisungen, Arbeitshilfen oder Vereinbarungen mit den Trägern für den Einsatz von Polizeivollzugsbeamt*innen in geschlossenen psychiatrischen Krankenhäusern oder anderen geschlossenen Einrichtungen? Gibt es eine unabhängige Beschwerdestelle, an die sich psychisch kranke Menschen, die Opfer von Polizeigewalt geworden sind, wenden können? Wenn ja, wie viele Menschen haben sich seit 2017 an diese Stelle gewandt und wie werden die Beschwerden polizeiintern aufgearbeitet? Bitte einzeln aufschlüsseln. Zu 16.: Polizeiintern enthält die GA PPr Stab Nr. 5/2007 Handlungsanweisungen für den Umgang mit psychisch kranken Personen. Darüber hinaus existieren keine gesonderten Anweisungen, Arbeitshilfen oder Vereinbarungen mit Trägern. Eine unabhängige Beschwerdestelle gibt es bei der Polizei Berlin nicht. Durch die Beschwerdestelle der Polizei Berlin erfolgt keine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung. Unabhängig davon geben sich Menschen, die sich mit einer Beschwerde an die Polizei Berlin wenden, regelmäßig nicht als psychisch krank zu erkennen. 17. Hat der Senat Kenntnisse über den Einsatz von sogenannten „Tasern“ bei Menschen mit psychischen Erkrankungen seitens der Polizei und welche Gefahren gehen von dem Einsatz solcher Taser für psychisch kranke Menschen aus? Zu 17.: Seit Beginn des Probelaufs des Distanz-Elektroimpulsgerätes (DEIG) für Dienstkräfte des täglichen Basisdienstes der Abschnitte 32 und 53 in der Polizei Berlin am 06. Februar 2017 gab es bis zum 12.04.2019 drei Einsätze eines DEIG. Einsatzzweck eines DEIG ist das Herbeiführen einer kurzzeitigen Bewegungseinschränkung beim Betroffenen. Der Einsatz hinterlässt kleine Wundmale durch die Elektroden. Die Abstraktheit der Frage lässt keine abschließende Beantwortung zu. Dennoch darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass der Einsatz des DEIG denselben Anforderungen unterliegt wie der Schusswaffengebrauch. Insofern stellt der Einsatz des DEIG bei den hier erfragten Fallkonstellationen das Mittel mit dem vergleichsweise geringeren Gefahrenpotenzial dar. Im Rahmen des Probelaufs bei der Polizei Berlin wurden bisher keine besonderen Gefahren im Einsatz des DEIG gegenüber psychisch kranken Menschen festgestellt. Seite 9 von 9 18. a) Wie beurteilt der Senat den wissenschaftlichen Forschungsstand zur Frage des Verhältnisses von Polizeivollzugsbeamt*innen und psychiatrisch erkrankten oder auffälligen Personen? b) Wie schätzt der Senat die Implementierung der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Aus- und Weiterbildung sowie der alltäglichen Arbeit der Berliner Polizei ein? Zu 18 a.: Nach Einschätzung des Psychologischen Dienstes der Polizei Berlin ist der Forschungsstand zu dem Thema in Deutschland zumindest aus psychologischer /sozialwissenschaftlicher Sicht eher gering. Es gibt zwar vereinzelte wissenschaftliche Untersuchungen, beispielsweise zu der Einstellung von Polizistinnen und Polizisten zu psychisch Erkrankten (Litzcke, 2006), kasuistische Fallbetrachtungen (Finzen, 2014) oder Evaluationen polizeilicher Schulungsprogramme in Hinblick auf Einstellungsänderungen der Polizeidienstkräfte (bspw. Bechmann & Scheuring, 2016). Neuere systematische oder quantitative Studien zu konkreten Einsatzzahlen oder praktischen Auswirkungen der Trainings auf beispielsweise Anzahl der Verhaftungen , Einweisungen oder Gewaltanwendung gibt es jedoch nicht. Zu 18 b.: Besonders für die Aus- und Fortbildung in der Polizei Berlin sind die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse gleichwohl von großer Bedeutung. Aus diesem Grund werden in die Seminare des Verhaltenstrainings in der Polizei Berlin regelmäßig u.a. der Berliner Krisendienst sowie Fachärzte der Charité einbezogen. Berlin, den 29. April 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport