Drucksache 18 / 18 581 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Ziller (GRÜNE) vom 09. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. April 2019) zum Thema: ASOG II - Unterbringung obdachlosen Unionsbürger*innen in der Kältehilfe? und Antwort vom 24. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. April 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. 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Auf welcher gesetzlichen Grundlage beruht diese Praxis der sozialen Wohnhilfe Friedrichshain- Kreuzberg? Welche weiteren sozialen Wohnhilfen folgen dieser Praxis? Wie hoch sind die Fallzahlen? (Bitte nach Bezirken aufschlüsseln) Zu 1.: Die Berliner Senatssozialverwaltung fördert seit über 30 Jahren u. a. niedrigschwellige Angebote der Wohnungslosenhilfe. Ziel dieser Förderung ist es, die Menschen wieder in die Regelversorgung zu integrieren und ihnen dabei zu helfen, soziale Schwierigkeiten zu überwinden. Die Angebote richten sich sowohl an Menschen, die auf der Straße leben als auch an Menschen, die von Wohnraumverlust bedroht sind. Im Integrierten Sozialprogramm (ISP) werden in fünf verschiedenen Angebotsbereichen 18 Träger mit rd. 25 Beratungs-, Unterstützungs- und Versorgungsangeboten für wohnungslose und straffällige Menschen gefördert, die unbürokratisch, anonym und ohne besondere Zugangsvoraussetzungen in Anspruch genommen werden können. Dabei stellen Notübernachtungen einen Angebotsbereich dar, der von besonderer Bedeutung ist. Die für Soziales zuständige Senatsverwaltung hat deswegen in der Umsetzung des Doppelhaushaltes 2016/2017 sowie 2020/2021 diesen Angebotsbereich Bereich besonders stark ausgebaut. Plansumme 2017: rd. 1,6 Mio. 2 Euro; Plansumme 2019: rd. 3,9 Mio. Euro. Dabei nimmt aktuell eine weitere Notübernachtung den Betrieb auf. Der Senat hat in den Richtlinien der Regierungspolitik festgelegt, der Wohnungslosigkeit von Familien mit minderjährigen Kindern entgegenzuwirken. Dazu werden u. a. für obdachlose Familien Kapazitäten an Notübernachtungen mit sozialpädagogischer Unterstützung auf bis zu 100 Plätze ausgebaut. Der Berliner Senat finanziert dazu im ersten Schritt seit 2016 eine Notübernachtung des Diakonischen Werkes Berlin Stadtmitte e. V. mit 30 Plätzen. Die für Soziales und Familie zuständigen Senatsverwaltungen setzen derzeit mit dem Träger Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk (EJF gemeinnützige AG) eine weitere Notübernachtung für Familien mit Kindern in Berlin-Reinickendorf in einer Kapazität von 40-50 Plätzen um. Konzeptionell werden damit niedrigschwellige Notübernachtung und Aspekte des Kinderschutzes berücksichtigt. Die Förderung beginnt am 01.05.2019. Aufgrund der Zielstellung der Notübernachtungen im ISP ist eindeutig, dass eine Versorgung von der Notübernachtung in die Regelversorgung – ordnungsbehördliche Unterbringung erfolgt. Nur in wenigen Fallkonstellationen wäre eine zeitlich sehr eng befristete Unterbringung durch Vermittlung eines Bezirkes an die Notübernachtung denkbar. Da die Bezirksämter gemäß § 2 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG Bln) i. V. m. Nr. 19 Zuständigkeitskatalog des ASOG Bln für die Unterbringung von Wohnungslosen zuständig sind, werden nachfolgend die Antworten der Bezirke dargestellt: Bezirk Beantwortung Mitte Die durch den Senat zuwendungsfinanzierten, ganzjährigen Obdachloseneinrichtungen sollen Unterbringungsbedarfe außerhalb der in den Sozialen Wohnhilfen angebotenen Sprechstunden und bei fehlenden Angebotskapazitäten abdecken. Insofern erfolgen im Bedarfsfall entsprechende Hinweise auf diese Einrichtungen. Friedrichshain- Kreuzberg Im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung ermittelt die Soziale Wohnhilfe in jedem Einzelfall umfänglich den zu Grunde liegenden Sachverhalt und betreibt ein einzelfallbezogenes Clearing. Dieses Verfahren unterscheidet dabei nicht nach Staatsbürgerschaft. Die Entscheidung über eine ordnungsbehördliche Unterbringung nach § 17 ASOG im Rahmen der Gefahrenabwehr wird durch den Sozialhilfeträger in aller Regel zeitnah getroffen. In sehr seltenen Einzelfällen kann es erforderlich sein bis zur Entscheidungsreife vorübergehend für ein paar Tage an eine für diesen Zweck vorgehaltene – zuwendungsfinanzierte - Notunterkunft für wohnungslose Familien (DW Wrangelstr. 12 oder Nostel/Phinove e.V.) zu 3 vermitteln. Es gibt dazu keine Fallzahlerhebung. Pankow Ergibt die Erstprüfung der leistungsrechtlichen Ansprüche für unfreiwillig obdachlose Unionsbürgerinnen und Unionsbürger einen eindeutigen Leistungsausschluss, werden die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger umgehend an ihre Herkunftsländer verwiesen und zur zeitnahen Heimreise beraten bzw. auf Möglichkeiten der Inanspruchnahme der Rückkehrbeihilfen nach § 23 Abs. 3a SGB XII hingewiesen. Aufgrund der bestehenden Verkehrsinfrastruktur ist die Organisation der Heimreise im Regelfall zügig abgeschlossen. Im Bedarfsfall wird für eine Nacht an eine Notunterkunft oder in den Wintermonaten an die Kältehilfe verwiesen. Eine statistische Erfassung über die Beratungen und Verweise an die Projekte der Kältehilfe bzw. Notunterkünfte erfolgt nicht. Charlottenburg- Wilmersdorf Die Soziale Wohnhilfe Charlottenburg-Wilmersdorf verweist in Fällen, in denen keine ASOG- oder vergleichbare Unterkunft zur Verfügung steht, bis zur abschließenden ASOG-Prüfung auf die Notübernachtungen, in der Regel für eine Nacht. Die Prüfung eines Unterbringungsanspruchs inklusive Platzsuche wird in der Regel am kommenden Tag fortgesetzt. Statistisch werden diese Fälle nicht erfasst. Spandau Fehlanzeige. Steglitz- Zehlendorf Eine regelmäßige Vermittlung von unfreiwillig obdachlosen Unionsbürgerinnen und Unionsbürger an Einrichtungen der Kältehilfe und/oder an die Familiennotunterkunft des Diakonischen Werks erfolgt durch das Sozialamt Steglitz- Zehlendorf nicht. Tempelhof- Schöneberg Die in der Frage dargestellte Verfahrensweise ist in der Sozialen Wohnhilfe Tempelhof-Schöneberg nicht bekannt und keine gängige Verwaltungspraxis. Erstmalig vorsprechende wohnungslose EU-Bürgerinnen und EU-Bürger werden gemäß ASOG untergebracht und zur Klärung ihrer Sozialleitungsansprüche an die jeweiligen Stellen verwiesen. Es wird eine dauerhafte Unterbringung von EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern erst dann abgelehnt, wenn rechtskräftig entschieden wurde, dass die Betroffenen keine Sozialleistungsansprüche gem. SGB II oder SGB XII haben. Die Ablehnung der dauerhaften Unterbringung erfolgt dann stets mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Leistungen nach § 23 Abs. 2 SGB XII, die dann auch eine ggf. bis zur Ausreise notwendige Unterbringung beinhaltet. Erst wenn die Betroffenen deutlich machen, dass sie trotz rechtskräftiger Ablehnung von Sozialleistungen und dem Angebot der Kostenübernahme für die Rückfahrt in ihr Heimatland Berlin bzw. Deutschland nicht 4 verlassen werden, kann es vorkommen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen der Beratung als quasi „ultima ratio“ auf Einrichtungen der Kältehilfe verweisen. Neukölln Fehlanzeige. Treptow- Köpenick Die für die Aufgaben der bezirklichen Wohnhilfe zuständige Koordinationsstelle zur Behebung und Vermeidung von Wohnungsverlust des Amts für Soziales Treptow-Köpenick verweist wohnungslose Hilfesuchende nur an die Kältehilfe, wenn kein anderer Unterkunftsplatz gefunden werden kann. Ob es sich bei der unterzubringenden Person um eine Person aus dem EU-Ausland handelt und ob sie sich im Sozialleistungsbezug befindet, ist hierbei kein Kriterium. Marzahn- Hellersdorf Obdachlose Bürgerinnen und Bürger – ganz gleich welcher Nation – erhalten eine Liste mit den Berliner Notunterkünften (ganzjährig und als Kältehilfe), sofern eine geeignete Unterkunft (z.B. mangels Verfügbarkeit von Bettenplätzen, bestehenden Hausverboten, wegen fehlendem Leistungsanspruch) nicht zugewiesen werden kann oder eine Unterbringung abgelehnt wird und somit freiwillig Obdachlosigkeit besteht. Eine statistische Erfassung erfolgt nicht. Lichtenberg In Einzelfällen wird in Lichtenberg bei diesem Personenkreis auch an Notunterkünfte verwiesen, um bestehende Obdachlosigkeit zu beenden. Statistische Angaben liegen dazu nicht vor. Reinickendorf Durch die Fachstelle für Wohnungslosenhilfe und Wohnraumsicherung des Amtes für Soziales erfolgt keine regelmäßige Vermittlung von unfreiwillig obdachlosen Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern an Einrichtungen der Kältehilfe und/oder an die Familiennotunterkunft, da hierfür keine gesetzliche Grundlage gegeben ist. Es gehört zu den vielen Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachstelle für Wohnungslosenhilfe und Wohnraumsicherung, in Beratungsgesprächen mit um eine Unterbringung nachsuchenden Personen, wo aus den unterschiedlichen Gründen eine Unterbringung nach dem ASOG nicht möglich ist, auf die in Berlin vorhandenen niedrigschwelligen Hilfsangebote wie die Notschlafplätze im Rahmen der Kältehilfe oder Notunterkünfte für Familien hinzuweisen und auf Wunsch auch die entsprechenden Adressen auszuhändigen. Eine statistische Erfassung von Beratungsgesprächen, in denen über niedrigschwellige Hilfsangebote informiert wurde, erfolgte und erfolgt nicht, so dass eine Angabe zu Fallzahlen nicht möglich ist. 5 2. Beruht die unter Ziffer 1 beschriebene Vorgehensweise der sozialen Wohnhilfe Friedrichshain- Kreuzberg auf einer Vereinbarung (schriftlich/mündlich) zwischen den Einrichtungen der Kältehilfe und/oder der Familiennotunterkunft des Diakonischen Werkes Stadtmitte einerseits und den unterzubringenden bezirklichen Behörden andererseits? Wenn ja, wie lautet die konkrete Vereinbarung? Wenn ja, auf wen geht die Vereinbarung zurück, und welche Bezirke und welche konkreten Einrichtungen werden von dieser Vereinbarung umfasst? Zu 2.: Aufgrund der Aussagen der Bezirke besteht keine Vereinbarung zwischen den Notunterkünften der Kältehilfe und/oder der Notübernachtung des Diakonischen Werkes Berlin Stadtmitte e.V sowie den Bezirksämtern als Unterbringungsbehörden. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg verneint die Frage. Auch alle anderen Bezirke verneinen die Frage oder es liegen keine Kenntnisse vor. 3. Wie viele Plätze halten die Einrichtungen der Kältehilfe und oder die Familiennotunterkunft des Diakonischen Werkes Stadtmitte für die sozialen Wohnhilfen vor? Wie ist das Verfahren hierzu geregelt? Handelt es sich hierbei um eine ordnungsrechtliche Unterbringung nach §17 ASOG? Wenn nein, auf welcher gesetzlichen Grundlage beruht diese Vorgehensweise? Wie ist dies finanziert? Bitte nach Einrichtungen aufschlüsseln? 4. Wie und in welcher Höhe sind die Einrichtungen der Kältehilfe und der Familiennotunterkunft des Diakonischen Werkes Stadtmitte finanziert? Zu 3. und 4.: Die Notübernachtung des Trägers Diakonisches Werk Berlin Stadtmitte e.V. hält 30 Plätze vor. Im vergangenen Winter 2018/2019 standen in der „Kältehilfe“ in den Monaten November bis März Kapazitäten von über 1.000 Notschlafplätzen und in den Monaten April und Oktober jeweils bis zu 500 Notschlafplätze zur Verfügung. Betroffene können frei wählen, welchen Teil des Hilfesystems sie aufsuchen. Insofern stellt sich die Frage eines Verfahrens nicht. Die Notübernachtung für Familien mit Kindern wird im Integrierten Sozialprogramm (ISP) mit einer Plansumme gefördert. Die Haushaltsmittel werden als Zuwendungen nach §§ 23, 44 LHO bewilligt. Für das Produkt „Kältehilfe“ waren im Haushaltsjahr 2018 in Kapitel 82072 Haushaltsmittel in Höhe von rd. 3,0 Mio. Euro zugewiesen. Die entsprechenden Haushaltsmittel in den Einzelplänen 39 werden ebenfalls als Zuwendungen herausgereicht. Eine direkte Vorhaltung bestimmter Platzkapazitäten für die sozialen Wohnhilfen erfolgt nicht. 5. Wie viele Familien wurden in den Jahren 2016, 2017 und 2018 in der Familiennotunterkunft des Diakonischen Werkes Stadtmitte untergebracht? Von welchen Stellen und Einrichtungen wurden die Familien an die Familiennotunterkunft vermittelt? Bitte nach Einrichtung und Fallzahlen aufschlüsseln. Wie ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer einer Familie in der Familiennotunterkunft? Was ist über den Verbleib der Familien bekannt? Wie ist die Erfahrung der Familiennotunterkunft bei der nachfolgende 6 Unterbringung nach §17 ASOG ohne Leistungsbezug in die bezirklichen sozialen Wohnhilfen? Was geschieht mit Familien, die nicht nach ASOG untergebracht werden? Zu 5.: Die Notübernachtung des Trägers Diakonisches Werk Berlin Stadtmitte e.V. hat den regulären Betrieb erst im Januar 2017 aufgenommen. Im Berichtsjahr 2017 waren 38 Familien aufgenommen. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer betrug 21 Tage. Vermittlung – woher kamen die Klient*innen? Anteil Bekannte 17,0% Verwandte 3,4% Bezirksämter Abt. Soziales 10,2% Bezirksamt Abt. Jugend 9,1% Weitere Ämter 4,5% Beratungsstellen 25,0% Niedrigschwellige Einrichtungen (NÜ, Tagestreff etc.) 4,5% Ambulanter Psychiatrischer Dienst / Krisendienst 1,1% Polizei 3,4% Selbstmelderinnen und Selbstmelder 5,7% Internet 12,5% Sonstiges 3,4% Gesamt 100,0% Es ist weiterhin bekannt, dass rd. 74,2 % an soziale Dienste vermittelt wurde. Zum Verbleib dürfen schon aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Daten erhoben werden. Die Erfahrungen des Trägers Diakonisches Werk Berlin Stadtmitte e.V. zu der nachfolgenden Unterbringung nach §17 ASOG ohne Leistungsbezug sind hier nicht bekannt. Was mit Familien bzw. Antragstellerinnen und Antragstellern geschieht, die nicht nach ASOG vom jeweiligen Bezirksamt untergebracht werden, wird Externen ebenfalls nicht zur Kenntnis gegeben. 6. Wie bewertet der Senat diese Vorgehensweise der sozialen Wohnhilfen bei der Unterbringung von unfreiwillig obdachlosen Unionsbürger/innen außerhalb des Leistungsbezuges? Zu 6.: Wie bereits in der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 18/14015 ausgeführt, geht der Senat davon aus, dass eine rechtliche Verpflichtung – auch außerhalb der sozialhilferechtlichen Ansprüche – dahingehend besteht, dass alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, welche unfreiwillig obdachlos sind und nicht über Möglichkeiten verfügen, sich selbst aus dieser unerwünschten Lage zu befreien, im Rahmen des Gefahrenabwehrrechts unterzubringen sind. Diese Verpflichtung gilt auf jeden Fall solange, bis die sozialhilferechtlichen Ansprüche im Einzelfall abschließend geprüft sind. Sofern Betroffene der Auffassung sind, dass eine bezirkliche Entscheidung im Einzelfall nicht rechtmäßig sei, kann der Rechtsweg beschritten werden. 7 Ferner wird davon ausgegangen, dass die Bezirke die Betroffenen über Selbsthilfemöglichkeiten informieren sowie eine Beratung der bestehenden Hilfe- und Handlungsmöglichkeiten erfolgt. Hierzu gehören gemäß § 23 Abs.3 SGB XII Überbrückungsleistungen, die längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat, einmalig innerhalb von zwei Jahren bis zur Ausreise gewährt werden können. Nach § 23 Abs. 3 Satz 6, 2. Halbsatz SGB XII kann eine Leistungserbringung zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage über einen Monat hinaus erfolgen. Insbesondere in den Fällen, in denen Familien oder andere vulnerable Personen ausreisen müssen, kann ein Härtefall vorliegen, der eine Bewilligung der Überbrückungsleistungen über einen Monat hinaus bis zur Überwindung des Ausreisehindernisses begründet. Von einer Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Ausreise ist insbesondere auszugehen, wenn eine ärztlich festgestellte Reiseunfähigkeit vorliegt oder eine schwerwiegende Erkrankung bzw. Behinderung vorliegt, deren Behandlung bzw. Betreuung im Herkunftsland nicht sichergestellt ist. Nach § 23 Abs. 3a SGB XII sind neben den Überbrückungsleistungen auf Antrag die angemessenen Kosten für die Rückreise zu gewähren. Die darlehensweise Erbringung der Rückreisekosten kommt auch für die Personen in Betracht, deren Hilfebedürftigkeit allein durch die Kosten der Rückreise herbeigeführt wird. Darüber hinaus ist für den Personenkreis alternativ die Möglichkeit der niedrigschwelligen Hilfen gegeben, in den Wintermonaten insbesondere der Kältehilfe. Dabei sind weder die Angebote der Kältehilfe noch die Notunterkunft für Familien ein regelhafter Ersatz für eine ggf. notwendige ordnungsrechtliche Unterbringung nach dem ASOG. Zudem unterstützt der Senat die freiwillige Rückkehr europäischer Obdachloser in ihre jeweiligen Herkunftsländer bereits seit Jahren durch eine Rückkehr- und Weiterwanderungsberatung, die zunächst vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) und nun vom Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) wahrgenommen wird. Sie steht allen in Berlin lebenden Ausländerinnen und Ausländern zur Verfügung, um sie zu bestehenden Rückkehrmöglichkeiten zu beraten und eine geordnete Ausreise zu organisieren. Berlin, den 24. April 2019 In Vertretung Alexander F i s c h e r _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales