Drucksache 18 / 18 583 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Herbert Mohr (AfD) vom 10. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. April 2019) zum Thema: Gewalt gegen medizinsches Personal und Antwort vom 30. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mai 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Herbert Mohr (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18583 vom 10. April 2019 über Gewalt gegen medizinisches Personal ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: In die Beantwortung der Anfragen 1 bis 3 wurden der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin und der Vorstand der Ärztekammer Berlin mit einbezogen, da dem Senat hierzu weder konkrete Zahlen vorliegen, noch von ihm statistisch erfasst werden. 1. Liegen dem Senat aussagekräftige Zahlen zum Thema Gewalt gegen Ärzte bzw. Ärztinnen und medizinisches Personal vor? Falls ja, wie erfolgt die statistische Erfassung der Daten? Zu 1.: Übergriffe physischer und psychischer Gewalt auf medizinisches Personal in Arztpraxen werden bisher weder von der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin, noch von der Ärztekammer Berlin systematisch erfasst. Es liegen demnach keine aussagekräftigen Zahlen vor. Entsprechende Probleme werden bisher nur in Einzelfällen an die genannten Körperschaften herangetragen, so dass eine statistische Erfassung nicht angezeigt ist. 2. Gibt es in Berlin eine spezielle Meldestelle zur Meldung bzw. Erfassung der Gewalttaten an medizinischem Personal (analog beispielweise zur Hessischen Landesärztekammer , die durch einen Meldebogen, aggressives Verhalten gegen Ärztinnen und Ärzte erfasst)? Zu 2.: Eine zentrale Meldestelle für solche Fälle ist im Land Berlin nicht eingerichtet. Betroffene Ärztinnen und Ärzte können sich jedoch an die Ärztekammer Berlin wenden. - 2 - 2 3. Wie viele Fälle von physischer und psychischer Gewalt gegen Ärzte und medizinisches Personal im niedergelassenen Bereich gab es seit 2015 in Berlin? (Wenn möglich, bitte nach Jahren aufschlüsseln.) Zu 3.: Belastbare und aussagekräftige statistische Angaben zu Art und Häufigkeit gewalttätiger Übergriffe existieren nicht. Der Ärztekammer werden nach eigener Schätzung seit 2015 pro Jahr etwa zwei Fälle bekannt. Insgesamt lässt sich aber feststellen, dass medizinisches Personal immer wieder über übergriffiges Verhalten von Patientinnen und Patienten und/oder deren Angehörige berichtet. Bei besonders übergriffigen Situationen kann es auch vorkommen, dass die Polizei gerufen werden muss. Im Regelfall gelingt es den Arztpraxen , selbst für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Um auf entsprechende Situationen vorbereitet zu sein, nehmen einige Praxen das Angebot war, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schulen. So hat zum Beispiel die Kassenärztliche Vereinigung Berlin in ihr Seminarprogramm eine Veranstaltung zur verhaltensorientierten Gewaltprävention aufgenommen . 4. Wie viele Fälle von physischer und psychischer Gewalt gegen Ärzte und medizinisches Personal im Krankenhausbereich gab es seit 2015 in Berlin? (Wenn möglich, bitte nach Jahren aufschlüsseln.) Zu 4.: Weder bei den Strafverfolgungsbehörden noch bei den Strafgerichten findet eine gesonderte statistische Erfassung von Straftaten/Delikten an Krankenhauspersonal statt, so dass die gefragte Zahl nicht mitgeteilt werden kann. Eine Sonderrolle in der Berliner Krankenhauslandschaft nimmt das Krankenhaus des Maßregelvollzugs ein. Bezogen auf beide Standorte des KMV hat es insgesamt folgende tätliche Übergriffe von Patientinnen und Patienten gegeben: Jahr tätliche Übergriffe auf Mitarbeitende tätliche Übergriffe auf Patientinnen/Patienten Bedrohung/Beleidigung 2013 5 5 statistisch nicht erfasst 2014 5 9 20 2015 4 15 54 2016 10 20 74 2017 12 18 116 2018 (30.06.) 8 8 86 Zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben kann es im KMV als letzte Maßnahme auch erforderlich sein, besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 72 PsychKG gegenüber den Patientinnen oder Patienten vorzunehmen und unmittelbaren Zwang nach § 80 PsychKG auszuüben. Die dann im Zuge dessen mögliche Gegenwehr der Patienten wird (intern) statistisch auch als Gewalt gegen Mitarbeiter/innen erfasst. Beleidigungen werden (intern) statistisch nur erfasst, wenn diese als Bedrohung aufgefasst werden können. In Abhängigkeit von Deliktfähigkeit der Patienten sowie von Intensität und Inhalt der Gewalt werden dann gegebenenfalls Strafanzeigen gestellt. Die Schwere der Übergriffe hatte Sachbeschädigungen bis Körperverletzungen, die zum Teil zu Dienstausfall der/des betroffenen Mitarbeiterin / Mitarbeiters führten, zur Folge. Im KMV liegen die Ursachen für Straftaten gegen das Personal vornehmlich in der nicht freiwilligen Unterbringung der psychisch- und abhängigkeitskranken Patientinnen und Pa- - 3 - 3 tienten in Verbindung mit den behandlungsbegleitenden Sicherungsmaßnahmen gem. §§ 69 ff. PsychKG (Maß der Freiheitseinschränkungen). Darüber hinaus ist ein Anstieg der Dissozialität der Patientinnen und Patienten des KMV festzustellen. 5. Wie viele Fälle von physischer Gewalt gegen Ärzte bzw. Angehörige von Gesundheitsberufen im Notfallund Rettungsdienst gab es in Berlin seit 2015? (Wenn möglich, bitte nach Jahren aufschlüsseln.) Zu 5.: Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) enthält im Zusammenhang mit medizinischem Personal nur Angaben zu Rettungskräften, welche während der Ausübung ihres Dienstes Opfer einer Straftat gegen die Freiheit oder körperliche Unversehrtheit wurden. Die Auswertungen beziehen sich auf Personen, nicht auf Fälle. Zu anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen erfolgt durch die Polizei Berlin keine statistische Erhebung. Anzahl der Personen, welche bei Dienstausübung Opfer einer Straftat gegen die Freiheit oder körperliche Unversehrtheit wurden Jahr Rettungsdienste davon: Feuerwehr Sonstige Rettungsdienste 2015 174 76 98 2016 218 95 123 2017 235 98 137 2018 242 101 141 Quelle: PKS Berlin 6. Was ist in diesem Zusammenhang unter den Begriffen „physische Gewalt“ und „psychische Gewalt“ zu verstehen bzw. welche Definition liegt den jeweiligen Begriffen und sowie den hier relevanten Daten zugrunde ? Zu 6.: In der PKS erfolgt weder eine Unterscheidung noch eine Definition der Begriffe im Sinne der Fragestellung. Auswertungen zu Gewalt gegen bestimmte Personengruppen erfolgen zu bundeseinheitlich festgelegten Delikten (sog. „Opferdelikten“). Im Kern handelt es sich um Delikte gegen die Freiheit und körperliche Unversehrtheit wie beispielsweise Tötungsdelikte , Sexualdelikte, Raub, Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung, Stalking, Freiheitsberaubung , Menschenhandel und im Zusammenhang mit Vollstreckungsbeamten auch Widerstand und tätlicher Angriff. Eine Beleidigung dagegen gehört nicht zu den „Opferdelikten “. 7. In wie vielen Fällen zu 3 und zu 4 wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet? Wie viele davon sind abgeschlossen und mit welchem Ergebnis? Zu 7.: Auf die gestellten Strafanzeigen wurde seitens der Staatsanwaltschaft in keinem Fall ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. 8. Wurden seitens des Senats seit 2015 zusätzliche Präventions- oder sonstige Maßnahmen zum Thema Gewalt gegen medizinisches Personal etabliert? - 4 - 4 Zu 8.: Das Thema Gewalt gegen Einsatzkräfte und der Umgang mit entsprechenden Situationen werden bei der Berliner Feuerwehr im Rahmen der Aus- und Fortbildung thematisiert. Das auf der Internetseite der Polizei Berlin dargestellte Seminarangebot der Zentralstelle für Prävention beim Landeskriminalamt zum Thema „Umgang mit gewaltbereiten Klienten, Kunden und anderen Personen“ ist für die Information und Weiterbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und medizinischem Personal in Behörden oder (unter Umständen) in sozialen Einrichtungen mit Büroarbeitsplatz-Strukturen konzipiert. Spezifische Maßnahmen für die Sicherheit ihres Personals ergreifen die Krankenhäuser situationsbezogen selbst. Auf Senatsebene wird das Thema jedoch weiterhin in den regelmäßigen Gesprächen und Gremien mit den Krankenhäusern besprochen. 9. Besteht nach Auffassung des Senats weiterer Handlungsbedarf, um gegen aggressives Verhalten und Gewalt gegenüber medizinischem Personal vorzugehen? Zu 9.: Von Seiten der Polizei Berlin wird derzeit kein weiterer Handlungsbedarf für eigene Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung von Gewalt gegenüber medizinischem Personal gesehen. Berlin, den 30. April 2019 In Vertretung Barbara König Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung