Drucksache 18 / 18 594 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dennis Buchner und Tino Schopf (SPD) vom 11. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. April 2019) zum Thema: Blankenburger Süden IV - Verkehr und Antwort vom 26. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Apr. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Dennis Buchner (SPD) und Herrn Abgeordneten Tino Schopf (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18594 vom 11. April 2019 über Blankenburger Süden IV - Verkehr Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wann ist mit der Veröffentlichung einer seit mindestens Sommer 2016 angekündigten großräumigen Verkehrsuntersuchung für den Nordosten Berlins zu rechnen? Antwort zu 1: Die „Verkehrliche Untersuchung zum Straßennetz im Nordost-Raum Berlins in Folge der neuen städtebaulichen Entwicklungen“ befindet sich im Abschluss. Die Kernerkenntnisse wurden für die Bürgerinformationsveranstaltung am 03.03.2018 aufbereitet und online gestellt (https://www.berlin.de/senuvk/verkehr/download/blankenburgersueden/Auftaktarena- 03.03.2018/Praesentation_Auftaktarena.pdf). Die abschließende Dokumentation der Ergebnisse erfolgt im zweiten Quartal 2019 über den Internetauftritt der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. Frage 2: Was ist der Kern dieser Verkehrsuntersuchung, welche Ergebnisse liegen bereits vor, was wird aktuell noch untersucht und was verzögert die Veröffentlichung? Antwort zu 2: Die Aufgabenstellung der Untersuchung bestand darin, die Auswirkungen der absehbaren Entwicklungen/Wohnungsbaupotenziale auf das bestehende sowie das gegenwärtig geplante übergeordnete Straßennetz zu ermitteln und zu prüfen, ob und welche zusätzlichen Maßnahmen über den Flächennutzungsplan bzw. angedachte Planungen 2 hinaus ggf. erforderlich werden könnten. Der Fokus war die strategische Entwicklung und Gestaltung des übergeordneten Straßennetzes von Berlin im Nord-Ost-Raum (NOR). Um die heutigen infrastrukturellen Defizite zukünftig reduzieren und die neuen Wohnungsbaustandorte anbinden / erschließen zu können, wurden insbesondere im Umfeld neuer Wohnungsbaustandorte und Potenzialflächen 16 Planfälle, d.h. Kombinationen möglicher Straßennetzergänzungen, untersucht und bewertet. Auch sinnvolle Zwischenzustände (verkehrswirksame Abschnittsbildungen) bzw. stufenweise Entwicklungen in Abhängigkeit von Standorten wurden betrachtet. Gemeinsam bei allen untersuchten Planfällen war die Berücksichtigung von Maßnahmen wie z.B. der Ortsumgehung (OU) B 2 Malchow oder OU B 158 Ahrensfelde, die im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans enthalten sind. Alle Planfälle wurden nach einem einheitlichen Verfahren (Nutzwertanalyse) bewertet. Es wurden vier Wirkungsbereiche betrachtet (Verkehrswirksamkeit, Raumordnung, Städtebau und Umweltverträglichkeit). Im Ergebnis wurden die Sinnhaftigkeit, der Verkehrserfolg und die Wirkung der Maßnahmen beurteilt. Die Trassen zeigen in Abhängigkeit der Kombinationen (Planfälle) und gewählten Abschnitte unterschiedliche verkehrliche Wirkungen im Raum / in ihrem Umfeld. Generell wurden die untersuchten Trassen im NOR bestätigt. Gleichzeitig sind aktuell keine weiteren, insbesondere über den FNP hinaus gehenden Trassen erkennbar. Mit dieser Untersuchung wurde eine wichtige Grundlage für die Entscheidungen über anschließende verkehrliche Untersuchungen geschaffen. Es wurden Korridore für die einzelnen Maßnahmen ermittelt. Es erfolgten keine Festlegungen, wo die einzelnen Trassen konkret verlaufen können. Das ist durch Machbarkeitsuntersuchungen mit Variantenvergleich zu bestimmen. Die Bearbeitung erfolgt dabei nach Maßgabe der Personalsituation. Frage 3: Wie ist zu erklären, dass trotz einer bislang nicht vorliegenden großräumigen Verkehrsuntersuchung bereits kleinteilige Entscheidungen, in diesem Fall für eine Tramlinie, getroffen werden? Antwort zu 3: Im zweiten Halbjahr 2016 wurden nahezu zeitgleich zwei Untersuchungen durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz beauftragt: die großräumige Betrachtung des Straßennetzes in der NOR-Untersuchung und die „Untersuchung zur ÖPNV-Anbindung und -Erschließung des Wohnungsbaustandortes Blankenburger Pflasterweg.“ Die Untersuchungen hatten unterschiedliche Inhalte und Blicktiefen: einerseits Straße (Maßstab 1:20.000) und andererseits Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) (Maßstab 1:1.000). Entscheidungen sind noch nicht getroffen und würden zu Infrastrukturergänzungen mit einem Senatsbeschluss herbeigeführt. Aufgrund der heute bereits erkennbaren infrastrukturellen Defizite in den Ortsteilen Blankenburg und Heinersdorf war klar, dass ein neuer Wohnungsbaustandort mit einer Dimension von mindestens 5.000 Wohneinheiten die Anbindung/Erschließung durch ein 3 leistungsfähiges Massenverkehrsmittel erfordert. Das Ergebnis der systematisch durchgeführten Bewertung im Rahmen der Untersuchungen zur ÖPNV-Anbindung (hier: Verkehrsmittelvergleich) zeigt, dass unter den vorliegenden und zu beachtenden räumlichen, organisatorischen und budgetären Rahmenbedingungen die Straßenbahn das geeignetste Verkehrsmittel des innerstädtischen Berliner Nahverkehrs für die Anbindung und Erschließung des Wohnbaustandorts Blankenburger Süden ist (Verlängerung der Linie M 2 bis zum S-Bahnhof Blankenburg). Sie zeichnet sich durch ein ausgewogen gutes Bewertungsergebnis in allen Kriterienbereichen aus. Über die gesamte Prozesskette wurde konsequent sichergestellt, dass sowohl die Untersuchung für den Bereich Straße als auch die für die Straßenbahn eng verzahnt erarbeitet wurden. Zudem ist das Land Berlin als Auftraggeber der Untersuchungen dafür verantwortlich, dass Eingangsparameter und Ergebnisse konsistent verwendet werden. Frage 4: Wie viele Lenkungsrunden gibt es zwischen Stadtentwicklungs- und Verkehrsverwaltung? Wo und wie werden die Ergebnisse dieser Runden dokumentiert? Wer sitzt in den Lenkungsrunden und in welchem Rhythmus wird gearbeitet? Welche Ergebnisse liegen vor? Antwort zu 4: Die Lenkungsrunden dienen dem gegenseitigen Informationsaustausch wie auch einer verbesserten Koordinierung der drei Häuser Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen (SenStadtWohn), Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) und Bezirksamt (BA) Pankow von Berlin bezüglich des gemeinsamen Stadtentwicklungsprojektes „Stadt behutsam weiterbauen im Blankenburger Süden“. Darüber hinaus sollen im Bedarfsfall erforderliche Senatsentscheidungen in der Lenkungsrunde vorbesprochen werden. Seit April 2018 gab es bereits fünf Lenkungsrunden zum Blankenburger Süden, die sechste ist für Mai 2019 geplant. Dabei erfolgt die „Große Lenkungsrunde Blankenburger Süden“ unter Teilnahme der beiden Senatorinnen und des Bezirksbürgermeisters sowie der Staatssekretäre und des Baustadtrates, wie auch der Geschäftsstelle und weiterer Vertreter der Arbeitsebene alle sechs Monate. Dazwischen trifft sich zusätzlich die „Kleine Lenkungsrunde Blankenburger Süden“ (Staatssekretäre, Baustadtrat, Geschäftsstelle, weitere Vertretende / Bearbeitende), so dass ca. alle drei Monate / 1x im Quartal eine Lenkungsrunde zustande kommt. Zu den Lenkungsrunden werden ggf. Gäste zu bestimmten Projekten / Themen geladen, z.B. Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Berliner Wasserbetriebe (BWB), Dienstleister. Die Lenkungsrunden finden unter Federführung von SenStadtWohn statt. Es erfolgen interne Protokolle und Ergebnisdokumentationen. Es handelt sich um verwaltungsinterne Lenkungsrunden im Zusammenhang eines noch nicht abgeschlossenen Projektes. Unabhängig vom verwaltungsinternen Charakter der Lenkungsrunden lässt sich feststellen, dass bisher vornehmlich Informationen ausgetauscht und weitere Vorgehensweisen diskutiert wurden. Es wurden noch keine Festlegungen zu kritischen Eckpunkten getroffen, z.B. Trassenverläufe, Standort Straßenbahndepot, Gebäudehöhen. Die Bürgerbeteiligung und die beauftragten Untersuchungen sollen die Grundlage für die demnächst zu treffenden Entscheidungen bilden. 4 Frage 5: Vor dem Hintergrund einer im Nordost-Raum weiter stark wachsenden Bevölkerung: Wie beurteilt der Senat den Vorschlag, die Lücke im S-Bahn-Verkehr zwischen Wartenberg und Hohenschönhausen zu schließen und im Bereich der Sellheimbrücke einen weiteren S-Bahnhof zu schaffen? Antwort zu 5: Zwischen den Bahnhöfen Wartenberg und Hohenschönhausen verkehrt seit 1985 eine S- Bahnlinie (S75). Es gibt eine langfristige Planung des Landes Berlin für eine Nahverkehrstangente entlang des Berliner Eisenbahnaußenringes. Für diese Nahverkehrstangente sieht der Flächennutzungsplan für Berlin zwischen dem S-Bahnhof Wartenberg und dem Karower Kreuz zwei weitere Bahnhofsstandorte vor, für welche Flächenfreihaltungen erfolgen. Ein möglicher Bahnhofsstandort ist an der Sellheimbrücke. Im Zuge der aktuell geplanten Erneuerung der Eisenbahnüberführung ist ein Bahnhof Sellheimbrücke berücksichtigt. Weitergehende Aussagen sind erst im Zuge von weiteren Betrachtungen zur Nahverkehrstangente möglich, die u.a. auch Betrachtungen zu den bestmöglichen Verkehrsnachfragepunkten oder zu einem Systementscheid S-Bahn/Regionalverkehr sowie zur Wirtschaftlichkeit beinhalten. Frage 6: Wie beurteilt der Senat die Kritik an der derzeit vorgesehen Tram-Variante, dass diese die verkehrliche Situation nur für einen kleinen Teil der (künftigen) Blankenburger Bevölkerung verbessert, die bisherigen Siedlungsgebiete (Dorfkern, nördlich und südlich des Dorfangers sowie den Bereich um die Treseburger Straße) aber nicht einschließt? Antwort zu 6: Ziel der Untersuchung war die Bestimmung der am besten geeigneten Trassenvariante zur ÖPNV-Anbindung und -Erschließung des Wohnbaustandorts Blankenburger Süden. Im Rahmen einer sogenannten Grundlagenermittlung wurden mehrere Varianten der Trassenführung nach einer berlinweit einheitlichen Methodik geprüft und bewertet. Dabei wurden unterschiedliche Perspektiven berücksichtigt (Fahrgäste, Betrieb (BVG), Kommune, Allgemeinheit inklusive Umwelt). Die aus der Untersuchung hervorgegangene planerisch zu bevorzugende Variante ist Grundlage für einen zukünftigen politischen Beschluss zur Einleitung der weiteren Planungsschritte, in denen die Planung vertieft wird (Vorplanung, Entwurfsplanung, etc.). Eine erste Etappe einer Straßenbahn wäre von Süden in das Gebiet des Blankenburger Pflasterwegs hinein, die Weiterführung hinge u.a. auch von der weiteren Ausgestaltung des Gesamtvorhabens Blankenburger Süden ab. Diesbezüglich kann etwaigen politischen Entscheidungen nicht vorgegriffen werden. Die SenUVK hatte den Auftrag, zu prüfen, ob es Möglichkeiten einer Durchbindung bis zum S-Bahnhof Blankenburg gäbe und was das hieße. Die Straßenbahnlinie M2 wird nach dem bisherigen Planungsstand nicht über den S-Bahnhof Blankenburg hinaus verlängert. Die durch Einfamilienhausbebauung geprägten nördlicheren Flächen stehen der nachzuweisenden Wirtschaftlichkeit einer Straßenbahnverlängerung entgegen. 5 Frage 7: In den nächsten Jahren werden auch in Karow/Buch noch Tausende weitere Wohneinheiten entstehen. Wie sollen diese im Nahverkehr erschlossen werden? Antwort zu 7: Der aktuelle Berliner Nahverkehrsplan sieht deutliche Erweiterungen der Platzkapazitäten und des Angebotes im S-Bahn-Verkehr auf dem nördlichen Abschnitt der Linie S2 vor. Für neue Wohnungsbaustandorte in Karow und Buch, die nicht im direkten Einzugsbereich des S-Bahn-Verkehrs liegen, ist eine Erschließung im öffentlichen Personennahverkehr durch Buslinienverkehre vorgesehen, die wiederum eine direkte Anbindung an die Schienenverkehrsangebote ermöglichen. Hierfür werden - entsprechend des weiteren Planungs- und Realisierungsfortschritts der Wohnbauvorhaben - schrittweise Anpassungen und Erweiterungen im Buslinienverkehr geplant. Frage 8: Wie geht die Senatsverwaltung mit dem Beschluss der BVV Pankow um, die sich den Bau eines Regionalbahnhalts Buch wünscht statt eines Turmbahnhofs in Karow? Frage 9: Welche Argumente sprechen aus Sicht des Senats für den Halt in Buch, welche für den Turmbahnhof Karow? Was spricht aus Sicht des Senats für Karow? Antwort zu 8 und 9: Die Fragen 8 und 9 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Mit der S-Bahn-Anbindung besteht eine schnelle Schienenverkehrsverbindung von Buch ins Berliner Zentrum und über den Regionalbahnhof in Bernau auch ins Berliner Umland. Mit der Einrichtung eines Regionalverkehrshalts in Buch wären aufgrund der Nähe zum bestehenden Regionalbahnhof Bernau (und zum geplanten Turmbahnhof Karower Kreuz) unwirtschaftlich kurze Halteabstände für die durchfahrenden Fahrgäste verbunden. Auch die städtebaulichen Gegebenheiten im Umfeld des Bahnhofs Buch würden eine stärkere Anziehung aus dem Umland, die eine gestiegene Belastung von parkenden Kfz aus dem Umland nach sich ziehen würde, nicht zulassen. Aus diesen Gründen kann die Errichtung eines Regionalbahnhofs in Buch aus Sicht des Senats nicht befürwortet werden. Der geplante Turmbahnhof Karower Kreuz als neuer S-Bahn- und Regionalverkehrshalt hat durch die Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsangebote entlang der Stettiner Bahn und des Berliner Außenringes (drei Züge je Stunde entlang der Stettiner Bahn sowie zwei Züge je Stunde auf dem Berliner Außenring) eine deutlich stärkere verkehrliche Wirkung als ein Regionalbahnhof Buch (zwei Züge je Stunde). Mit der S-Bahn wird der Turmbahnhof Karower Kreuz von Buch aus in vier Minuten zu erreichen sein und attraktive Umsteigemöglichkeiten zu den Regionalzügen in alle Richtungen ermöglichen. 6 Frage 10: Wie beurteilt der Senat die Ablehnung einer „Tangentialen Verbindung Nord“ durch Blankenburg durch die BVV Pankow sowie in den Programmen der den Senat tragenden Parteien SPD, Linke und Grüne? Antwort zu 10: Dem Senat ist bekannt, dass die im FNP dargestellte „Tangentiale Verbindung Nord“ umstritten ist. Auf der anderen Seite sind die Siedlungsräume der Ortsteile Blankenburg und Heinersdorf heute bereits durch verkehrsinfrastrukturelle Defizite geprägt, deshalb wird die Frage der verkehrlichen Erschließung bei den anstehenden Verdichtungen und Wohnungsbauvorhaben auch in allen Veranstaltungen vor Ort thematisiert. Eine Wohnungsbauentwicklung im Blankenburger Süden erfordert allerdings mindestens für die Ver- und Entsorgung und für Rettungsdienste (etc.) eine innere Erschließung und einen äußeren Anschluss an die bestehende, heute defizitäre Straßeninfrastruktur. Die Ausprägung in Ost-West-Richtung mit einem Anschluss an die OU B 2 Malchow im Osten und der Pasewalker Straße wird derzeit in der Machbarkeitsuntersuchung zur Verkehrserschließung Blankenburg betrachtet. Dabei werden gleichwertig auch die Ertüchtigung der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur untersucht und die daraus resultierenden Konsequenzen aufgezeigt. Berlin, den 26.04.2019 In Vertretung Ingmar Streese Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz