Drucksache 18 / 18 609 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 10. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. April 2019) zum Thema: Sonder- und Wegerechte nach §§ 35, 38 StVO in Berlin II und Antwort vom 24. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. April 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18609 vom 10. April 2019 über Sonder- und Wegerechte nach §§ 35. 38 StVO in Berlin II ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Auf meine Anfrage 18/18153 hat der Senat geantwortet, die Anzahl der Sonderrechtsfahrten werde bei a) Feuerwehr, b) Notfallrettung und c) Krankentransporten „nicht gesondert statistisch erfasst “, der Senat schätze allerdings, dass 95 % der Einsätze zu a) und b) unter Inanspruchnahme dieser Rechte erfolge. Was ist mit „nicht gesondert statistisch erfasst“ gemeint? Werden diese Daten in der Leitstelle oder dem jeweiligen Fahrzeug erfasst? Falls ja, in wie vielen Einzelfällen - oder bei wie vielen Einsätzen - sind jeweils in den Jahren 2015 bis 2018 in Berlin bei den berechtigten Gruppen zu a) bis c) die Sonderrechte nach § 38 StVO in Anspruch genommen worden? Zu 1.: Mit der Aussage, dass eine gesonderte statistische Erfassung von Sonderrechtsfahren im Bereich Feuerwehr, Krankentransport oder Notfallrettung nicht stattfinde, hat der Senat gemeint, dass die Anzahl der Fahrten von Rettungsmitteln des Notfallrettungsdienstes oder des Krankentransportes bzw. Fahrzeugen der Berliner Feuerwehr unter Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten systemseitig nicht ausgewertet werden kann, da die Daten in der Leitstelle der Berliner Feuerwehr oder auf den Einsatzfahrzeugen nicht gesondert erfasst werden. Sofern in der Antwort zu der Anfrage 18/18153 die Annahme geäußert wurde, dass 95 % der Einsätze der Berliner Feuerwehr und des Rettungsdienstes unter Inanspruchnahme des Wegevorrechtes nach § 38 StVO erfolgen, liegen dieser Annahme die Einsatz- und Alarmierungsstatistiken zu Grunde, die in den Jahresberichten der Berliner Feuerwehr veröffentlicht sind. 2. Falls diese nicht erfasst werden, wie überprüft die Aufsichtsbehörde, ob die Eingriffsschwelle des § 38 StVO, also die Notwendigkeit der Geltendmachung, „um Menschenleben zu retten“ oder „schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden“ vorliegt bzw. bei einer Fahrt vorgelegen hat? Seite 2 von 3 Zu 2.: Die Entscheidung über die Inanspruchnahme des Wegevorrechtes nach § 38 StVO ist einer Überprüfung im Nachhinein zugänglich, die eine Einzelfallbeurteilung erfordert. Anlassbezogen, z.B. nach einem Verkehrsunfall, kann eine solche Überprüfung auf der Grundlage der einsatzrelevanten Daten durchgeführt werden. Dies erfolgt beispielsweise in Haftungsfällen, Ordnungswidrigkeitenverfahren oder in Strafverfahren durch die Ermittlungsbehörden. Ob die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten im Einzelfall vorgelegen haben, ist zudem auch gerichtlich nachprüfbar. 3. Sind diese Daten im Sinne der Frage zu 1) in der Vergangenheit, ab dem Jahr 2000 je in Berlin erfasst worden? Falls ja, in welchem Zeitraum und wie viele jährliche Fahrten waren es in dem Zeitraum? Zu 3.: Nein, diese Daten sind nicht erfasst worden. 4. Wie ist der Begriff „schwere gesundheitliche Schäden“ im o.g. Sinne für die (Leitstelle der) Berliner Feuerwehr definiert? Zu 4.: Wie bereits in der Antwort zu der Anfrage 18/18153 ausgeführt, handelt es sich bei dem Begriff um einen sogenannten unbestimmten Rechtsbegriff. Eine bindende Definition fester Schwellenwerte existiert nicht. Die Subsumtion erfolgt im Wege einer Einzelfallentscheidung unter Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegenden Informationen sowie der Gesamtumstände. Insoweit gilt der allgemeine Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bzw. das Übermaßverbot. 5. Auf welcher Grundlage (Dienstanweisung o.ä.) ist die Beschickung von Einsatzfahrten im Sinne der Frage zu 1) bei der Berliner Feuerwehr geregelt? Wann und durch wen wurde diese wie oft seit dem Jahr 2009 geändert? Bitte aktuelle Regelungen und etwaige vorherige Regelungen im Wortlaut wiedergeben. 6. Welche Bedeutung hat dabei die aktuelle Alarm- und Ausrückeordnung (AAO)? Regelt diese die Beschickung mit Sonderrechten für RTW? Wenn ja, wie genau (Wortlaut)? Zu 5. und 6.: Grundsätzlich regelt bei der Berliner Feuerwehr die so genannte Alarm- und Ausrückeordnung (AAO), welche Stichworte mit Sonderrechten beschickt werden und welche nicht. Die AAO wird jeweils als Geschäftsanweisung nach einem hausinternen Mitzeichnungsverfahren aller zu beteiligenden Fachbereiche von der Behördenleitung in Kraft gesetzt. Die letzte Geschäftsanweisung AAO stammt aus dem Jahr 2017. Um die Integrität des Entscheidungsverfahrens zur Alarmierung zu gewährleisten und Missbrauch zu verhindern, ist die AAO nicht öffentlich. 7. Ist in der AAO oder an anderer Stelle bei der Feuerwehr Berlin auch eine Regelung betreffend die Beschickung mit Sonderrechten für Notfalltransporte (NT) oder dringliche Notfalltransporte (NT-D) getroffen? Wie lautet diese? Wie unterscheiden sich NT und NTD hinsichtlich Sonder- und Wegerechten ? Zu 7.: Sonderrechte nach § 35 StVO sind sowohl bei der Notfallrettung wie auch dem Notfalltransport erforderlich und gerechtfertigt. Die Inanspruchnahme des Wegerechts nach § 38 StVO ist gegenwärtig sowohl beim Notfalltransport (NT) wie auch beim Notfalltransport dringlich (NT D) vorgesehen. Seite 3 von 3 8. Wie viele a) Notfalltransporte und wie viele b) dringliche Notfalltransporte (ggf. unter geänderten Begriffen) hat die Berliner Feuerwehr in den Jahren 2012 bis 2018 jeweils jährlich durchgeführt? Wie sind diese Begriffe jeweils definiert? Zu 8.: Die Alarmierungsstichworte „Notfalltransport“ und „Notfalltransport dringlich“ wurden erst im April 2017 eingeführt. Die Anzahl der Notfalltransporte kann aus den Jahresberichten 2017 (33.093) und 2018 (38.437) entnommen werden. Da der Notfalltransport dringlich der gleichen planerischen Hilfsfrist wie der Notfall unterliegt, wird dieser dort nicht gesondert aufgeführt. Die Anzahl der Notfalltransporte dringlich belief sich im Jahr 2017 (ab April) auf 38.504 und im Jahr 2018 auf 52.798 Einsätze. Der Begriff Notfalltransport ist in § 2 Absatz 2a des Gesetzes über den Rettungsdienst für das Land Berlin (RDG) definiert. Die Unterscheidung zwischen Notfalltransport und Notfalltransport dringlich leitet sich aus dem durch das Notrufgespräch generierten Ergebniscode der standardisierten Notrufabfrage ab. 9. Entstehen unterschiedliche abrechungsfähige Gebühren für Transporte mit und ohne Inanspruchnahme von Sondern- und Wegerechten oder NT vs. NTD? Wie hoch sind diese Gebühren jeweils ? Zu 9.: Die Abrechnung von Einsätzen der Berliner Feuerwehr erfolgt auf der Grundlage der Gebührenordnung für die Benutzung von Einrichtungen der Berliner Feuerwehr und die kostenersatzpflichtige Alarmierung/Inanspruchnahme von Einrichtungen der Berliner Feuerwehr (Feuerwehrbenutzungsgebührenordnung – Fw BenGebO) vom 13. April 1995, zuletzt geändert durch Verordnung vom 29.01.2019 (GVBl. S. 345). Nach Tarifstelle B 1.1 beläuft sich die Gebühr für den Einsatz eines Rettungswagens zum Transport und zur Behandlung von Notfallpatientinnen und -patienten sowie zur Behandlung von Notfallpatientinnen und -patienten ohne Transport je Person auf 299,11 EUR. Das Alarmierungsstichwort oder die Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten für den Transport spielen hierbei keine Rolle. Berlin, den 24. April 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport