Drucksache 18 / 18 619 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Peter Trapp (CDU) vom 09. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. April 2019) zum Thema: Energieschuldenberatung durch die Verbraucherzentrale Berlin e.V. und Antwort vom 03. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Mai 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Herrn Abgeordneten Peter Trapp (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18619 vom 9. April 2019 über Energieschuldenberatung durch die Verbraucherzentrale Berlin e.V. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Zur Beantwortung der Fragen wurden die Vattenfall Europe Sales GmbH (Vattenfall) als Grundversorgerin für Strom, die GASAG AG (GASAG) als Grundversorgerin für Gas sowie die Stromnetz Berlin GmbH (Stromnetz Berlin) als zuständige Betreiberin des Berliner Verteilungsnetzes um Stellungnahme gebeten. 1. Wie viel Stromsperren wurden in Berlin im Jahr 2017, 2018 und im laufenden Jahr angedroht (erbitte nach Jahren gesonderte Darstellung)? Zu 1.: Vattenfall hat als Grundversorgerin für Strom im Stadtgebiet Berlin im Jahr 2017 insgesamt 131.178, im Jahr 2018 insgesamt 124.606 und im laufenden Jahr (bis einschließlich 31.03.2019) insgesamt 24.136 Sperrankündigungen versendet. Laut Vattenfall erfolgte eine konkrete Ankündigung der Unterbrechung der Stromversorgung drei Tage im Voraus gemäß § 19 Abs. 3 StromGVV (Stromgrundversorgungsverordnung ). Die Ankündigungen der Unterbrechung der Versorgung bezogen sich auf den Grundversorgungstarif. 2. Wie viel Stromsperren wurden in Berlin im Jahr 2017, 2018 und im laufenden Jahr durchgeführt (erbitte nach Jahren gesonderte Darstellung)? Zu 2.: Die Stromnetz Berlin hat im Jahr 2017 insgesamt 16.525, im Jahr 2018 insgesamt 18.877 und im laufenden Jahr (bis einschließlich 31.03.2019) insgesamt 4.933 Stromsperren durchgeführt. 2 3. Für jeweils wie viel Tage erfolgte in Berlin im Jahr 2017, 2018 und im laufenden Jahr die Stromsperre (erbitte gesonderte Darstellung nach Jahren sowie Angabe der geringsten und höchsten sowie der durchschnittlichen Sperrdauer)? Zu 3.: Bei der Stromnetz Berlin werden Durchschnittswerte zur Dauer von Stromsperren nicht statistisch erfasst. Auf Grundlage von Erfahrungswerten von Stromnetz Berlin dauert die Stromsperre in der Regel ein bis drei Tage. 4. Wie hoch waren in Berlin im Jahr 2017, 2018 und im laufenden Jahr durchschnittlich die Rückstände , auf die die Stromsperren gestützt wurden (erbitte nach Jahren gesonderte Darstellung)? Zu 4.: Da hier nicht alle Lieferanten in Berlin erfasst werden können, erfolgt hier eine Darstellung zu der Grundversorgerin für Strom. Der durchschnittliche Zahlungsrückstand von Kundinnen und Kunden von Vattenfall, bei dem eine Unterbrechung der Versorgung erfolgte, lag 2017 durchschnittlich bei 385,00 Euro, im Jahr 2018 deutlich über 300,00 EUR und im laufenden Jahr weiterhin über 300,00 EUR. 5. Wie viel Stromsperren erfolgten in Berlin im Jahr 2017, 2018 und im laufenden Jahr jeweils in den Monaten zwischen Oktober und März (erbitte nach Jahren gesonderte Darstellung)? Zu 5.: Nach Information der Stromnetz Berlin wurden im Zeitraum von Oktober 2017 bis März 2018 insgesamt 8.677 Stromsperren sowie im Zeitraum von Oktober 2018 bis März 2019 insgesamt 8.541 Stromsperren durchgeführt. 6. Wie viel Stromsperren konnten mit Hilfe der Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale Berlin e.V. durch welche Maßnahmen abgewendet werden? Zu 6.: Die zuständige Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung teilt Folgendes mit: Eine konkrete Anzahl der durch die Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale Berlin verhinderten oder wieder aufgehobenen Stromsperren lässt sich nicht mit absoluter Sicherheit abschließend ermitteln. Ziel der Beratung ist zuerst die Hilfe zur Selbsthilfe. Die betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher werden nach einer eingehenden Analyse des betreffenden Falls zunächst über ihre Rechte und die bestehende Rechtslage aufgeklärt. Danach werden Handlungsoptionen erörtert und die Verbraucherinnen und Verbraucher dazu in die Lage versetzt, ihre Interessen den Anbietern bzw. den Gläubigern gegenüber selbstständig zu vertreten. Im Normalfall unterstützen die Energieschuldenberaterinnen und -berater die Verbraucherinnen und Verbraucher beim nachfolgenden Schriftverkehr bzw. halten den Kontakt mit ihnen und bieten bei Bedarf weitere Beratungsgespräche oder andere Maßnahmen an. Es kommt allerdings auch zu Kontaktabbrüchen bzw. der Einstellung von Rückmeldungen durch die betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher. Das heißt, dass in diesen Fällen das Beratungsergebnis den Beraterinnen und Berater nicht immer bekannt wird und dementsprechend auch nicht dokumentiert werden kann. 3 Die Anzahl der erfassten Beratungsfälle, bei denen der Ausgang bekannt ist und bei denen der Vorgang nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnte – bei denen demnach eine Sperrung nicht abgewendet bzw. aufgehoben wurde – liegt bei unter zehn Prozent der Gesamtberatungszahlen. Die von der Verbraucherzentrale Berlin zur Abwendung von Sperrungen angewendeten Maßnahmen sind sehr unterschiedlich. Je nach individueller Situation des Betroffenen /Ratsuchenden wurden u. a.: • Zahlungsaufschübe vereinbart, um entweder dem Ratsuchenden eine Zahlung aus eigener Kraft zu ermöglichen oder um rechtliche Ansprüche gegenüber Sozialleistungsträgern durchzusetzen. • Ratenzahlungen vereinbart, die über die Vereinbarungen, die Ratsuchende eigenständig über das Kundencenter abschließen können, hinausgehen. Dies ist möglich , da die Verbraucherzentrale über konkrete Ansprechpartner bei den Grundversorgern verfügt. • Ratsuchende bei der Geltendmachung ihrer Ansprüche gegenüber Sozialleistungsträgern aktiv unterstützt. • Rechnungen geprüft hinsichtlich rechtlicher (Vertrag, Preise, Gebühren etc.) und inhaltlicher Aspekte (Zählerstände/Verbrauch). In Einzelfällen konnten dadurch Forderungen abgewehrt oder so reduziert werden, dass eine Zahlung durch den Ratsuchenden möglich war. • Ratsuchende über die Rechtmäßigkeit von Forderungen aufgeklärt – nach der Einsicht der Betroffenen folgt oft die Zahlung (oder Zahlungsvereinbarung). • Ratsuchende über die rechtlichen Möglichkeiten der Geltendmachung von Härtefallgründen aufgeklärt und Hilfe bei deren Durchsetzung geleistet. • Die außergerichtlichen Rechtsvertretungen für die jeweiligen Verbraucherinnen und Verbraucher zur Abklärung der vorgenannten Sachverhalte durch das Team der Energieschuldenberatung übernommen. • Ratsuchende in Einzelfällen an die Schlichtungsstelle zur Klärung aufwendiger /komplexer Problemlagen verwiesen. • Ratsuchende an die Energieberatung der Verbraucherzentrale oder den Energiesparcheck der Caritas verwiesen, um unerklärlich hohen/veränderten Verbräuchen auf den Grund zu gehen und diese zu beseitigen. 7. Wie viel Stromsperren (angedroht und/oder durchgeführt) konnten durch die Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale Berlin e.V. als rechtwidrig identifiziert werden? Zu 7.: Die zuständige Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung teilt Folgendes mit: Es konnte bisher keine durchgeführte Stromsperre, die im Rahmen der Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale Berlin e.V. bekannt wurde, als eindeutig rechtswidrig identifiziert werden. In einem Fall konnte eine bevorstehende unverhältnismäßige und deshalb unzulässige Stromsperre abgewendet werden, indem die Energieschuldenberatung den Versorger auf die Unverhältnismäßigkeit infolge eines Härtefalls hinwies. Im Rahmen der Beratung erfolgt stets die Prüfung der Rechtmäßigkeit der angekündigten /durchgeführten Sperre. Hierbei wird untersucht, ob die einzelnen Sperrvoraussetzungen von § 19 Abs. 2 und Abs. 3 StromGVV vorliegen. 4 8. Wie viel Gassperren wurden in Berlin im Jahr 2017, 2018 und im laufenden Jahr angedroht (erbitte nach Jahren gesonderte Darstellung)? Zu 8.: Nach Information der GASAG als Grundversorgerin für Gas erfolgten im Jahr 2017 insgesamt 111.595 Sperrandrohungen, von denen ca. 27.899 Haushalte betroffen waren. Im Jahr 2018 erfolgten insgesamt 97.675 Sperrandrohungen, von denen ca. 24.419 Haushalte betroffen waren. Die Anzahl der betroffenen Haushalte erfasst auch mehrfache Sperrandrohungen an den gleichen Haushalt. Umgerechnet auf die Anzahl der Sperrandrohungen wurde 2017 und 2018 einem Haushalt im Durchschnitt viermal eine Sperrung angedroht. Im Jahr 2019 (im Zeitraum von Januar bis März) erfolgten ca. 23.759 Sperrandrohungen , die ebenfalls mehrfache Sperrandrohungen an den gleichen Haushalt beinhalten . 9. Wie viel Gassperren wurden in Berlin im Jahr 2017, 2018 und im laufenden Jahr durchgeführt (erbitte nach Jahren gesonderte Darstellung)? Zu 9.: Nach Angaben der GASAG als Grundversorgerin für Gas wurden im Jahr 2017 insgesamt 2.483 Gassperren, im Jahr 2018 insgesamt 2.169 Gassperren und im Jahr 2019 (im Zeitraum von Januar bis März) insgesamt 474 Gassperren durchgeführt. 10. Für jeweils wie viel Tage erfolgte in Berlin im Jahr 2017, 2018 und im laufenden Jahr die Gassperre (erbitte gesonderte Darstellung nach Jahren sowie Angabe der geringsten und höchsten sowie der durchschnittlichen Sperrdauer)? Zu 10.: Die GASAG teilt mit, dass ihr als Grundversorgerin für Gas hierzu keine Informationen vorliegen, da von den von einer Sperrung betroffenen Kundinnen und Kunden häufig ein Lieferantenwechsel veranlasst worden ist. 11. Wie hoch waren in den Jahren 2017, 2018 und im laufenden Jahr durchschnittlich die Rückstände, auf die die Gassperren gestützt wurden (erbitte nach Jahren gesonderte Darstellung)? Zu 11.: Da nicht alle Lieferanten erfasst werden können, erfolgt hier eine Darstellung nach Angaben der GASAG als Grundversorgerin für Gas. Die durchschnittlichen Zahlungsrückstände lagen im Jahr 2017 bei 800,00 EUR, im Jahr 2018 bei 735,00 EUR und im Jahr 2019 (im Zeitraum von Januar bis April) bei 675,00 EUR. 12. Wie viel Gassperren erfolgten in Berlin im Jahr 2017, 2018 und im laufenden Jahr jeweils in den Monaten zwischen Oktober und März (erbitte nach Jahren gesonderte Darstellung)? Zu 12.: Nach Information der GASAG erfolgten im Zeitraum von Oktober 2017 bis März 2018 insgesamt 1.378 Gassperren sowie im Zeitraum von Oktober 2018 bis März 2019 insgesamt 850 Gassperren. 13. Wie viel Gassperren konnten mit Hilfe der Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale Berlin e.V. durch welche Maßnahmen abgewendet werden? Zu 13.: Die zuständige Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung teilt hierzu mit, dass eine konkrete Anzahl der durch die Energieschuldenbera- 5 tung der Verbraucherzentrale Berlin verhinderten oder wieder aufgehobenen Gassperren nicht mit absoluter Sicherheit abschließend ermittelt werden kann. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Ziffer 6 verwiesen. 14. Wie viel Gassperren (angedroht und/oder durchgeführt) konnten durch die Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale Berlin e.V. als rechtwidrig identifiziert werden? Zu 14.: Die zuständige Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung teilt hierzu mit, dass bisher keine durchgeführte Gassperre, die im Rahmen der Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale Berlin e.V. bekannt wurde, als eindeutig rechtswidrig identifiziert werden konnte. Im Rahmen der Beratung erfolgt stets die Prüfung der Rechtmäßigkeit der angekündigten /durchgeführten Sperre. Hierbei wird untersucht, ob die einzelnen Sperrvoraussetzungen von § 19 Abs. 2 und Abs. 3 GasGVV (Gasgrundversorgungsverordnung ) vorliegen. 15. Wie viel Mittel standen der Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale Berlin e.V. im Jahr 2018 zur Verfügung und wie verhält es sich für das Jahr 2019 und werden die Mittel jeweils für auskömmlich befunden? Zu 15.: Die zuständige Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung teilt mit, dass das Projekt „Energieschuldenberatung“ der Verbraucherzentrale Berlin mit einem jährlichen Betrag in Höhe von 161.000,00 EUR aus Berliner Landeshaushaltsmitteln im Jahr 2018 finanziert wurde und im Jahr 2019 finanziert wird. Die vereinbarte Förderungshöhe ist Ergebnis eines fachlichen und politischen Diskussionsprozesses gewesen, der nicht zuletzt die Auskömmlichkeit des Betrages thematisierte. 16. Beabsichtigt der Senat, die Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale Berlin e.V. in der Bevölkerung bekannter zu machen und wenn ja: wie? Zu 16.: Nach Angaben der zuständigen Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung verweist die Verbraucherzentrale auf ihrer Website gut erkennbar auf ihr kostenloses Energieschuldenberatungsangebot. Sie setzt derzeit zusätzlich insbesondere auf intensive Vernetzungsarbeit mit lokalen Akteuren (Quartiersmanagement , Kieztreffpunkte, bezirkliche Schuldenberatungen u. ä.) und punktuelle Öffentlichkeitsarbeit. 17. Mit welcher Anzahl an möglichen Ratsuchenden bei der Energieschuldenberatung durch die Verbraucherzentrale Berlin e.V. rechnet der Senat für das laufende Jahr sowie für die kommenden Jahre? Zu 17.: Die zuständige Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung teilt Folgendes mit: Seit Beginn der Beratungsarbeit Mitte April 2018 wurden bis zum 31.03.2019 insgesamt 395 Beratungsgespräche durchgeführt. Auf das Jahr 2018 entfallen davon 264 Beratungsgespräche. Dies ergibt einen Durchschnitt von 32 Beratungsgesprächen monatlich. In den ersten drei Monaten 2019 wurden 131 Beratungsgespräche geführt. Dies bedeutet im Mittel monatlich 44 Beratungsgespräche. 6 Bei gleichbleibenden oder sich verschlechternden (z. B. Abschwächung oder Umkehrung der wirtschaftlichen Entwicklung) Rahmenbedingungen ist von einer weiterhin steigenden Nachfrage nach Energieschuldenberatungen auszugehen. 18. Welche Pläne verfolgt der Senat hinsichtlich der Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale Berlin e.V. für die kommenden Haushaltsjahre? Zu 18.: Die zuständige Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung teilt mit, dass eine weitere Förderung des Projektes in den Haushaltsjahren 2020 und 2021 grundsätzlich befürwortet wird. Die Entscheidung über die Finanzierung obliegt dem Haushaltsgesetzgeber. Berlin, den 3.5.2019 In Vertretung Christian R i c k e r t s ........................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe