Drucksache 18 / 18 631 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Franz Kerker (AfD) vom 15. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. April 2019) zum Thema: „Völkermord“? und Antwort vom 07. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Mai 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 2 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Herrn Abgeordneten Franz Kerker (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 18631 vom 15.04.2019 über „Völkermord“? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Abgeordneten: Am 11.04.2019 führte die Fraktion der Grünen im AGH in den Räumlichkeiten der TAZ eine Auftaktveranstaltung zur "postnationalen Erinnerungskultur in Berlin" durch. Hierbei erwähnte Daniel Wesener als Moderator der Diskussion sinngemäß, der kürzlich dem AGH vorgelegte Antrag [Drucksache 18/1788] sei auf Anraten der Rechtsabteilung eines der beiden Koalitionspartner abgeschwächt worden ; diese habe darauf verwiesen, dass bereits der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages die Niederschlagung des Hereroaufstandes nicht als „Völkermord“ gewertet habe. 1. Wie bewertet der Senat das Gutachten den Bundestages WD 2 -3000 - 112/16 und welche Schlüsse zieht er daraus? Zu 1.: Gegenstand des Gutachtens WD 2 – 3000 – 112/16 des Bundestages sind die völkerrechtlichen Implikationen und haftungsrechtlichen Konsequenzen der historischen Ereignisse der Niederschlagung des Aufstandes der namibischen Volksgruppen Herero und Nama in den Jahren 1904-1908. Unter Hinzuziehung historischer Rechtsquellen wird untersucht, ob mit der Niederschlagung der Aufstände nach historischer Rechtslage geltendes Völkervertrags- oder Völkergewohnheitsrecht verletzt wurde bzw. sich hieraus Ansprüche zugunsten der Herero und Nama begründen. Seite 2 von 2 Historiker sind sich in weit überwiegender Auffassung darüber einig, dass die historischen Ereignisse aus heutiger Sicht als erster Völkermord des 20. Jahrhunderts zu werten sind. Der Senat teilt diese Auffassung. Die 1. Kultur-Ministerkonferenz am 13. März 2019 hat den Entwurf der Erste(n) Eckpunkte zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten der Staatsministerin des Bundes für Kultur und Medien, der Staatsministerin im Auswärtigen Amt für internationale Kulturpolitik, der Kulturministerinnen und Kulturminister der Länder und der kommunalen Spitzenverbände beschlossen und ist sich darin einig, dass sie sich der historischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem deutschen Kolonialismus und der Verantwortung stellt, die sich aus von kolonialem Denken geprägten Handlungen ergeben hat. Darüber hinaus hat das Land Berlin gemeinsam mit den Ländern Hamburg, Thüringen , Brandenburg und Bremen in einer ergänzenden Protokollerklärung zu den Ersten Eckpunkten den Kolonialismus als „ein auf Vorstellungen kultureller und biologischer Ungleichwertigkeit basierendes System von Herrschafts-, Gewalt- und Ausbeutungsverhältnissen (…)“ anerkannt. Unabhängig von einer juristischen Einschätzung der Ereignisse anhand historischer Rechtsquellen hält der Senat die systematische Aufarbeitung der Unrechtskontexte aus politisch-moralischer Verantwortung für selbstverständlich und zwingend notwendig . Er wird sich hierfür auch weiterhin auf bundespolitischer Ebene einsetzen. Berlin, den 07.05.2019 In Vertretung Dr. Torsten Wöhlert Senatsverwaltung für Kultur und Europa