Drucksache 18 / 18 675 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 17. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. April 2019) zum Thema: Die barrierefreie Arztpraxis – Realität oder Zukunftsmusik? und Antwort vom 10. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Mai 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18675 vom 17. April 2019 über Die barrierefreie Arztpraxis – Realität oder Zukunftsmusik ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Hausarzt- und Facharztpraxen gibt es in Berlin? Bitte aufgeteilt nach Hausarzt- und Facharztpraxen (mit Benennung der jeweiligen Fachrichtung) und jeweiligem Bezirk. 2. Wie viele der Berliner Hausarztpraxen und Facharztpraxen verfügen über einen oder mehrere ausgewiesene Parkplätze für Schwerbehinderte? Bitte aufgeteilt nach Hausarztpraxis und Facharztpraxis (mit Benennung der jeweiligen Fachrichtung), Anzahl der jeweiligen Parkplätze und jeweiligem Bezirk. 3. Wie viele der Berliner Hausarztpraxen und Facharztpraxen haben einen barrierefreien Zugang? Bitte aufgeteilt nach Hausarztpraxis und Facharztpraxis (mit Benennung der jeweiligen Fachrichtung) und jeweiligem Bezirk. 4. Verfügen all diese Praxen über einen barrierefreien Sanitärbereich, der gut gekennzeichnet und schnell zu finden ist und über ausreichend Bewegungsfreiheit verfügt Zu 1., 2., 3. und 4.: Die Anzahl der insgesamt 7.055 Hausarzt- und Facharztpraxen in Berlin sowie ihre Aufteilung mit Benennung der jeweiligen Fachrichtung und des jeweiligen Bezirkes ist der anliegend beigefügten Aufstellung der Kassenärztlichen Vereinigung zu entnehmen. Derzeit liegen weder der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung noch bei der Kassenärztlichen Vereinigung Berlins aktuelle und belastbare Daten zur Barrierefreiheit von Arztpraxen vor. Zum Aspekt der Rollstuhlgerechtigkeit gibt es aus verschiedenen Quellen gesicherte Informationen (z. B. Selbstauskunft der Vertragsärzte, Selbsthilfeorganisationen etc.). In Berlin waren ohne Zahnarztpraxen 2016 insgesamt 1.564 Arztpraxen uneingeschränkt rollstuhlgerecht (neuere Daten liegen nicht vor). - 2 - 2 Damit sind etwa 22 % der Praxen rollstuhlgerecht. Zu weiteren Aspekten der Barrierefreiheit liegen dagegen kaum Informationen vor. Eine wesentliche Problemstellung besteht diesbezüglich darin, dass der Begriff der Barrierefreiheit für Arztpraxen bislang nicht bundesweit einheitlich definiert wurde. So bezieht sich der Begriff Barrierefreiheit meist lediglich auf das Kriterium des Rollstuhlzugangs. Je nach Beeinträchtigung des Patienten (Hör-, Seh- oder Gehbehinderung, aber auch kognitive Einschränkungen) sind die Anforderungen höchst unterschiedlich. 5. Findet eine regelmäßige Überprüfung und Begehung von Arztpraxen in Berlin statt, die für die Sicherstellung der Barrierefreiheit in den jeweiligen Praxen sorgt? Wenn nein, warum wird diese nicht durchgeführt, wenn ja, wie oft wird diese durchgeführt und auf welcher Basis wird die Überprüfung durch wen durchgeführt ? Zu 5.: Eine Sicherstellung der Barrierefreiheit für Arztpraxen und Medizinische Versorgungszentren ist sozialversicherungsgesetzlich nicht vorgesehen. Demzufolge findet insoweit auch keine Überprüfung durch die für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zuständige Kassenärztliche Vereinigung statt. Eine derartige anlassbezogene Überprüfung kommt auch nach Inkrafttreten des Terminservice- und Versorgungsgesetzes bis auf weiteres nur bezogen auf die Richtigkeit der zur Barrierefreiheit zu machenden Angaben in Betracht. Arztpraxen und Medizinische Versorgungszentren sind öffentlich zugänglich und gemäß § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 Bauordnung für Berlin (BauO Bln) in baulicher Hinsicht in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei zu gestalten. Die BauO Bln greift jedoch nur bei Neubau und wesentlichen Änderungen von baulichen Anlagen. Wenn nicht barrierefreie Arztpraxen beispielsweise aus Altersgründen an neue Betreibende abgegeben werden, greift die BauO Bln nicht, da in der Regel weder Neubau, wesentliche Änderung, noch Nutzungsänderung vorliegen. Daraus resultiert ein hoher Anteil an nicht barrierefreien Arztpraxen. 6. Was wurde seitens des Senats getan, um eine Barrierefreiheit in allen Berliner Arztpraxen zu erreichen und welche Partner gibt es dabei? Zu 6.: Das Gemeinsame Landesgremium nach § 90a SGB V beschloss bereits 2015, eine Arbeitsgruppe zur Barrierefreiheit in Berliner Arztpraxen und Krankenhäusern bestehend aus Vertretern der Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen, der KV Berlin, der Ärztekammer Berlin, der Berliner Krankenhausgesellschaft und der Psychotherapeutenkammer Berlin sowie der Patientenvertretung einzurichten. Die Arbeitsgruppe Barrierefreiheit des Gemeinsamen Landesgremiums nach § 90a SGB V in Berlin plante im Jahr 2018 mit Unterstützung der Kassenärztlichen Vereinigung, der Ärztekammer und der Psychotherapeutenkammer eine umfassende Befragung zur Barrierefreiheit der Berliner Arztpraxen. Der konsentierte Fragebogen basierte auf dem Kriteriumskatalog der vom Senat geförderten Initiative „Mobidat“ und berücksichtigte insgesamt 19 Kriterien zur Barrierefreiheit einer Praxis hinsichtlich der vier Behinderungsarten Sehen- Hören-Bewegung-Kognition. - 3 - 3 Die geplante einmalige Befragung der Arztpraxen durch die AG Barrierefreiheit des gemeinsamen Landesgremiums wurde schließlich ausgesetzt, da mit dem in Kürze zu erwartenden Inkrafttreten des Terminservice- und Versorgungsgesetzes des Bundes die Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichtet werden, zukünftig kontinuierlich über die Barrierefreiheit der Praxen ihrer Mitglieder im Internet zu informieren. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin wird noch im Mai 2019 mit der Erhebung des Zustands der Barrierefreiheit bei vertragsärztlichen Praxen begonnen. Spätestens im dritten Quartal soll eine entsprechende Online-Abfrage auf Basis eines umfangreichen Datensatzes gewährleistet sein. Die Psychotherapeutenkammer erklärte im Rahmen des gemeinsamen Landesgremiums zudem ihre Bereitschaft, sich der Onlineplattform anzuschließen und eine entsprechende Umfrage unter ihren Mitgliedern zu finanzieren. Die Initiative „Mobidat“ bot zudem an, Praxen auf deren Wunsch hinsichtlich der Barrierefreiheit zu besuchen und zu beraten. Die komplette Barrierefreiheit aller Berliner Arztpraxen ist angesichts des Umstandes, dass hierfür keine hinreichend bestimmte sozialgesetzliche Verpflichtung besteht, schwer zu erreichen. 7. Hält der Senat das Angebot an barrierefreien Praxen in allen Fachrichtungen für ausreichend? Zu 7.: Derzeit wird der IST-Zustand der Barrierefreiheit von Praxen durch die Kassenärztliche Vereinigung im Wege einer Befragung ermittelt (siehe Antwort des Senats zu Frage 6.). Erst nach Vorliegen der Ergebnisse kann beurteilt werden, ob das Angebot des an barrierefreien Praxen in allen Fachrichtungen ausreichend ist. 8. Wenn nein, wie wird er dieses Angebot gewährleisten? Zu 8.: Es wird auf die Antwort des Senats zu Frage 7. verwiesen. In Abhängigkeit von den Ergebnissen der Befragung wird das Gemeinsame Landesgremium nach § 90a SGB V unter Leitung der Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung über etwaig erforderliche Schritte beraten. Berlin, den 10. Mai 2019 In Vertretung Martin Matz Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Honorargruppe Charlottenburg - Wilmersdorf Friedrichshain - Kreuzberg Lichtenberg Marzahn- Hellersdorf Mitte Neukölln Pankow Reinickendorf Spandau Steglitz- Zehlendorf Tempelhof- Schöneberg Treptow- Köpenick Allgemeinmediziner/Praktiker/Hausärztlicher Internist 198 130 110 119 165 137 191 111 104 151 179 107 FÄ für Anästhesiologie 15 6 5 7 13 1 10 7 9 20 7 5 FÄ für Augenheilkunde 36 14 17 14 21 14 23 15 13 20 21 14 FÄ für Chirurgie 21 9 8 10 18 7 20 6 5 13 14 8 FÄ für Dermatologie 23 9 8 9 21 5 17 7 11 17 14 11 FÄ für Gynäkologie 64 34 32 24 47 37 44 27 23 42 44 26 FÄ für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde 35 14 13 10 13 13 15 11 11 27 16 11 FÄ für Humangenetik 3 0 1 0 6 0 1 1 0 0 0 0 FÄ für Kinder- und Jugendpsychiatrie 10 8 4 2 7 3 8 1 3 9 3 3 FÄ für Laboratoriumsmedizin oder Mikrobiologie 8 0 0 0 10 0 6 2 1 4 2 FÄ für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie 17 3 2 2 9 2 6 3 3 8 3 2 FÄ für Neurochirurgie 8 2 2 5 3 1 4 2 2 1 1 3 FÄ für Nuklearmedizin 3 2 0 2 3 1 6 1 1 3 1 1 FÄ für Orthopädie 35 15 17 17 23 17 22 16 10 30 22 18 FÄ für Phoniatrie und Pädaudiologie 1 0 0 0 1 1 2 0 0 1 0 0 FÄ für Urologie 17 9 8 8 14 7 9 8 7 10 12 8 FÄ Internist 34 17 32 19 39 20 39 16 15 21 19 16 Ausschließlich psychotherapeutisch tätige Fachärzte 40 16 5 2 26 8 26 8 9 37 44 9 Ausschließlich psychotherapeutisch tätige Hausärzte 6 1 0 0 2 0 0 0 1 7 3 0 FÄ Nervenh./Nervenärzte od. FÄ Neuro. u. Psych./FÄ Neuro. 35 17 15 11 20 12 18 14 8 21 28 9 FÄ Physiotherapie od. FÄ Physikal. u. Rehabil. Medizin 7 6 4 5 7 3 7 5 2 7 1 4 FÄ Psychiatrie od. FÄ Psychiatrie u. Psychotherapie 11 10 6 4 16 6 10 5 8 9 8 5 FÄ Radio., FÄ Radio. Diag. od. Diag. Radio. 9 4 9 5 16 4 10 4 5 8 9 5 Facharzt für Pathologie 5 1 2 1 2 1 3 0 1 6 3 0 Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie 62 10 1 1 29 4 14 12 4 36 37 8 Facharzt für Strahlentherapie 3 3 0 1 3 1 1 0 1 2 1 0 Kinderarzt 25 18 20 18 26 19 29 15 12 24 22 17 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut 35 24 17 20 20 34 34 22 20 30 47 11 Psychologischer Psychotherapeut 336 114 99 55 147 151 157 70 54 179 255 72 Reproduktionsmediziner 6 1 0 1 4 0 0 1 0 1 2 1 Zuordnung nach Bestriebsstättennummer (BSNR) | KTFG = Kostenträgerfachgruppe | HG = Honorargruppe Die Mehrfachnennung einer Praxis ist möglich, wenn unterschiedliche Fachrichtungen in einer Praxis niedergelassen sind Nebenbetriebsstätten wurden nicht mitgezählt Quelle: KV Berlin Spezialabfrage Stand 01.04.2019 30.04.2019: Rücksprache mit Elner, KV Berlin: Keine Infos zur Barrierefreiheit, erst nach Aufnahme, 3. Quartal möglich Bezirke Anlage 1: Aufstellung Haus- und Facharztpraxen in Berliner Bezirken