Drucksache 18 / 18 730 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jeannette Auricht (AfD) vom 30. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. April 2019) zum Thema: Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Marzahn-Hellersdorf und Antwort vom 16. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Mai 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Jeannette Auricht (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18730 vom 30. April 2019 über Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Marzahn-Hellersdorf ______________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden im Schuljahr 2018/2019 an öffentlichen Schulen in Marzahn-Hellersdorf unterrichtet? 3. An welchen öffentlichen Schulen in Marzahn-Hellersdorf, die keinen sonderpädagogischen Förderschwerpunkt haben, werden wie viele Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf inklusiv unterrichtet? Zu 1. und 3.: Im Schuljahr 2018/19 - Stichtag 14.09.2018 - wurden im Bezirk Marzahn-Hellersdorf an öffentlichen Schulen 2.059 Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet. (1.492 Schülerinnen und Schüler in der Integration und 567 Schülerinnen und Schüler an Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt) 2. Wie viele davon besuchen Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt in diesem Bezirk? (Bitte nach Schüleranzahl und Schulen auflisten.) Zu 2.: BSN Schulname Schülerinnen und Schüler 10S04 Schule am Pappelhof 137 10S07 Schule am Rosenhain 237 2 10S08 Schule am Mummelsoll 135 Zusammen 509 4. An welchen öffentlichen Schulen im Bezirk Marzahn-Hellersdorf sind im Schuljahr 2018/2019 keine Sonderpädagogen angestellt? 11. Wie schätzt der Senat den Bedarf an Lehrern mit sonderpädagogischer Ausbildung in Marzahn- Hellersdorf ein? 12. Was unternimmt der Senat, um den derzeitigen und absehbaren Bedarf an sonderpädagogischen Fachkräften in Marzahn-Hellersdorf sicherzustellen? Zu 4., 11. und 12.: Es gibt in Marzahn-Hellersdorf sowohl Grundschulen, Integrierte Sekundarschulen als auch Gymnasien, die über Lehrkräfte mit sonderpädagogischer Qualifikation verfügen. Eine numerische Darstellung ist aus systematischen Gründen der Lehrkräfteausbildung schwierig und wird nicht entsprechend erfasst. Sonderpädagogische Qualifikationen können aufgrund der in Deutschland nicht einheitlichen Lehrkräfteausbildungen unterschiedlich bezeichnet und statistisch differenziert erfasst werden, v.a. auch durch die verschiedenen sonderpädagogischen Fachrichtungen, die teilweise auch Fächer genannt werden. Hinzu kommen für Berlin noch Lehrkräfte mit sonderpädagogischer Qualifikation, die eine Ausbildung in der Deutschen Demokratischen Republik erhielten und für die gar keine Fachrichtungen oder Fächer benannt wurden. Der Begriff der Sonderpädagogin oder des Sonderpädagogen ist daher stets ein umgangssprachlicher, der diese Differenzierungen unberücksichtigt lässt. Unabhängig von der jeweiligen anlassbezogenen Darstellung der Verteilung von Lehrkräften mit sonderpädagogischer Qualifikation lässt sich jedoch sicher feststellen, dass die Ausstattung der Berliner Schulen mit Lehrkräften mit sonderpädagogischer Qualifikation nicht dem tatsächlichen Bedarf entspricht. Im Bezirk Marzahn-Hellersdorf ist insbesondere an Grundschulen der Bedarf an Lehrkräften mit sonderpädagogischer Qualifikation überdurchschnittlich hoch. Aus diesem Grund sind die Studienplätze für die sonderpädagogischen Förderschwerpunkte erheblich erweitert worden. Des Weiteren sind die Weiterbildungsmöglichkeiten, z.B. in Form von Ergänzungsstudiengängen, vergrößert worden. Der Bedarf an sonderpädagogisch ausgebildeten Lehrkräften wird sichergestellt durch: - Einstellungsgarantien für Lehrkräfte mit sonderpädagogischer Fakulta und entsprechende Angebote auch für Marzahn-Hellersdorf, - Vermittlung von Schulen für die 2. Phase der Lehrkräftebildung (zentrale Steuerung durch die Senatsverwaltung für Bildung), - Bereitstellung von Plätzen für die berufsbegleitenden Studien Sonderpädagogik im Quereinstieg, - Berufsbegleitende Weiterbildung in verschiedenen sonderpädagogischen Fachrichtungen (zentrale Steuerung durch die Senatsverwaltung für Bildung). 5. Wie hoch ist die maximale Anzahl von Schülern pro Klasse, wenn ein oder mehrere Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf am Regelunterricht teilnehmen? 3 Zu 5.: Gemäß § 19 der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung dürfen in eine neu eingerichtete Klasse (in der Schulanfangsphase) höchstens drei Kinder mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf aufgenommen werden. Klassen ab der Jahrgangsstufe 3 dürfen bis zu fünf Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf besuchen. Im gemeinsamen Unterricht der Sekundarstufe I dürfen gemäß § 20 Absatz 1 der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung höchstens vier Kinder mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf aufgenommen werden. 6. Wie sind die Klassengrößen in den bezirklichen Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt geregelt? Zu 6.: Die Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt nehmen im Benehmen mit dem Schulträger entsprechend Schülerinnen und Schüler auf. Dabei werden in Absprache mit dem Schulträger die Entscheidungen nach pädagogischen Gesichtspunkten, aber auch nach den räumlichen und sächlichen Voraussetzungen getroffen. Es gibt keine Vorgabe bezüglich einer Mindest- bzw. Höchstfrequenz, sondern eine Zumessung nach Stundentafel für alle Schülerinnen und Schüler an Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt in den Verwaltungsvorschriften für die Zumessung von Lehrkräften an öffentlichen Berliner Schulen ab Schuljahr 2018/19; Verwaltungsvorschrift Schule Nr. 10/2018. Die üblichen Klassenfrequenzen unterscheiden sich zu dem auch nach den sonderpädagogischen Förderschwerpunkten. 7. Wird nach Einschätzung des Senats stets dem Elternwunsch nach Wahl der Schulart bei festgestelltem sonderpädagogischem Förderbedarf entsprochen? Zu 7.: Dem Elternwunsch wird in der Regel entsprochen. Eine Ausnahme bildet der sonderpädagogische Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung. Hier übersteigt die Nachfrage nach Schulplätzen insbesondere an den Schulen mit dem sonderpädagogischem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung die vorhandene Anzahl der Schulplätze. Es erfolgt in den nächsten Jahren ein Ausbau der Schulplätze insbesondere an diesen Förderschulen. 8. Wie schätzt der Senat den jeweils erreichten Bildungserfolg der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an den Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt im Vergleich zu Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen in Marzahn-Hellersdorf ein? 9. Wie schätzt der Senat die Auswirkungen der Anwesenheit von Schülern mit unterschiedlichem Förderbedarf im Regelunterricht einer Klasse ein: a) auf die Schüler mit Förderbedarf? b) auf die Schüler ohne Förderbedarf? 4 Zu 8. und 9.: Es werden keine regionsspezifischen Erhebungen vorgenommen. Insbesondere bei einer zieldifferenten Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit schweren Behinderungen und/oder mit dem sonderpädagogischem Förderbedarf Geistige Entwicklung ist das Bildungsziel bzw. der Bildungserfolg sehr individuell und nicht vergleichbar. Der gemeinsame Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf führt zu einer erhöhten sozialen Kompetenz und einer höheren Akzeptanz von Verschiedenheit aller beteiligten Schülerinnen und Schüler. Auf die fachlichen Leistungen der Schülerinnen und Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf wirkt sich das gemeinsame Lernen nicht negativ aus. Es zeigen sich Vorteile der Lern- und Leistungsentwicklung für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf durch den gemeinsamen Unterricht. Diese Aussagen lassen sich durch eine Vielzahl von nationalen und internationalen wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigen. 10. Inwieweit hält es der Senat für gesichert, dass stundenweise Unterstützung des Lehrers durch Sonderpädagogen die für den Förderbedarf verantwortlichen Defizite vollumfänglich ausgleichen kann? 13. Ab wann soll den Planungen des Senats zufolge die sonderpädagogische Betreuung in den inklusiven Regelschulen auf die gesamte Unterrichtszeit ausgedehnt (nicht nur eine bestimmte Wochenstundenzahl), also zeitlich auf das Niveau gebracht werden, das auch den Schülern in Förderschulen zur Verfügung steht? Zu 10. und 13.: In der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung wird geregelt, dass die sonderpädagogische Förderung für Schülerinnen und Schüler sowie Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf das Recht auf eine ihrer persönlichen Begabung und ihrem persönlichen Leistungsvermögen entsprechende schulische Bildung und Erziehung verwirklicht. Sie soll den Betroffenen ein möglichst hohes Maß an schulischer und beruflicher Eingliederung, gesellschaftlicher Teilhabe und selbständiger Lebensgestaltung ermöglichen. Ein „vollumfänglicher Ausgleich von Defiziten“ im Sinne der Fragestellung ist nicht das Ziel sonderpädagogischer Förderung. Zudem wird auf die Antwort zur schriftlichen Anfrage Nr. 18/18106 vom 26. Februar 2019 verwiesen, welche die Zumessung und schulische Nutzung sonderpädagogischer Ressourcen beschreibt. 14. Wann will der Senat für die sonderpädagogische Betreuung in Doppelbesetzung oder Dreifachbesetzung sorgen, wie das auch an Schulen mit sonderpädagogischem Förderbedarf üblich ist? Zu 14.: Eine Einbeziehung von pädagogischen Unterrichtshilfen oder Betreuerinnen und Betreuern im Rahmen des Unterrichts erfolgt nur an den Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung und in besonderen Klassen für Autismus. In den bereits bestehenden bzw. noch einzurichtenden 5 inklusiven Schwerpunktschulen für diese Förderschwerpunkte erfolgt eine identische Zumessung. 15. Sind die in Marzahn-Hellersdorf eingesetzten Regelschullehrer durch ihre Ausbildung in die Lage versetzt, mit Schülern mit Förderbedarf, vor allem mit verhaltensauffälligen Schülern, angemessen umzugehen? Zu 15: Grundsätzlich werden Lehrkräfte im Rahmen ihrer Ausbildung in die Lage versetzt, sich die Entwicklungsverläufe und -möglichkeiten von Kindern und Jugendlichen zu vergegenwärtigen. Viele Schulen in Marzahn-Hellersdorf haben schulinterne Strukturen entwickelt, um sich im Team über herausfordernde Situationen zu beraten. Den Lehrkräften und dem pädagogischem Personal steht das Schulpsychologische und Inklusionspädagogische Beratungs- und Unterstützungszentrum (SIBUZ) in Marzahn-Hellersdorf in Bezug auf Beratung und Unterstützung zur Verfügung. In Marzahn-Hellersdorf haben sich zudem weitere Strukturen etabliert, die eine kontinuierliche Beratungsmöglichkeit zwischen Schulen und SIBUZ ermöglichen. 16. Mit welchen Maßnahmen will der Senat dafür Sorge tragen, dass der Bildungserfolg sowohl in den Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt als auch in den Regelschulen mit Inklusionsunterricht im Bezirk Marzahn-Hellersdorf wesentlich verbessert wird? Zu 16: In dem Qualitätspaket „Schule zusammen weiterentwickeln“ werden 39 Punkte formuliert, die dazu beitragen, die Schulen weiter zu entwickeln und den Lernerfolg sowie die Lernergebnisse zu steigern. Die insgesamt 39 Maßnahmen zur Steigerung der Schulqualität umfassen verschiedene Handlungsfelder: - Stärkung des pädagogischen Personals, - Stärkung der Sprachbildung Deutsch und mathematischer Kompetenz, - Optimierung der Lehr- und Lernprozesse sowie - verbindliche Fortbildungs- und Selbstevaluationsverpflichtungen. (vgl. auch https://www.berlin.de/sen/bildung/unterricht/schulqualitaet/massnahmen/) Berlin, den 16. Mai 2019 In Vertretung Beate Stoffers Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie