Drucksache 18 / 18 748 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans-Joachim Berg (AfD) vom 30. April 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mai 2019) zum Thema: Förderung einer lebendigen deutsch-jüdischen Kultur in Berlin und Antwort vom 21. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Mai 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 5 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Herrn Abgeordneten Dr. Hans-Joachim Berg (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 18748 vom 30.04.2019 über Förderung einer lebendigen deutsch-jüdischen Kultur in Berlin Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Abgeordneten: Bis 2016 war das Jüdische Theater Größenwahn/Bimah in der Meinekestraße das einzige jüdische Repertoiretheater in Deutschland mit einem 5-6-Tage Spielbetrieb in einem eigenen Haus mit einem festen Ensemble. Nach dem Tod des Intendanten Dan Lahav stand das Theater im Dezember 2016 vor dem Aus. Nunmehr ist das Deutsch-Jüdische Theater im Coupé-Theater beheimatet, muss sich die Spielstätte aber mit anderen Institutionen teilen. 1.) Welche Kenntnisse hat der Senat über die Geschichte und die Erfolge des oben genannten Deutsch-Jüdischen Theaters in Berlin? Zu 1.): Das Deutsch-Jüdische Theater Bimah gründete sich in Nachfolge des jüdischen Theaters Bamah. Das Theater Bimah wurde vom Land Berlin aufgrund parlamentarischer Initiative von 2012 bis 2014 institutionell gefördert. Im Jahr 2014 musste das Theater Insolvenz anmelden. 2.) Welche Kenntnisse hat der Senat über die derzeitige (finanzielle) Situation des Deutsch-Jüdischen Theaters in Berlin? Zu 2.): Die derzeitige finanzielle Situation des Theaters ist nicht bekannt. 3.a.) Würde der Senat den Fortbestand des Deutsch-Jüdischen Theaters begrüßen? Wenn ja: warum ? Wenn nein: warum nicht? Zu 3.a.: Im Hinblick auf eine kulturelle Vielfalt ist auch der Fortbestand des Deutsch- Jüdischen Theaters zu begrüßen. 3.b.) In welcher Form setzt sich der Senat für den Fortbestand des Deutsch-Jüdischen Theaters ein? Seite 2 von 5 Zu 3.b.).: Grundsätzlich wird die Theaterförderung des Senats auf der Grundlage einer Juryempfehlung vergeben. Im Sinne einer Gleichbehandlung aller Theater, die antragsberechtigt sind, muss sich auch das Deutsch-jüdische Theater diesem Vergabeverfahren stellen. 4.) In welcher Höhe erhielt das Deutsch-Jüdische Theater bis einschließlich 2016 und ab 2017 öffentliche Mittel? (Bitte jahresweise darstellen und nach Mitteln von EU, Bund, Land, Bezirk aufschlüsseln) Zu 4.): Der Trägerverein Jüdisches Theater Berlin–Bimah e.V. erhielt für den Spielbetrieb des Jüdischen Theaters in den Haushaltsjahren 2012 und 2013 eine institutionelle Zuwendung des Landes Berlin in Höhe von jeweils 100.000 Euro. In 2014 wurde eine Teilzuwendung Berlins in Höhe von 40.000 Euro bewilligt. Mit Beschluss vom 15. April 2014 eröffnete das Amtsgericht Charlottenburg ein Insolvenzverfahren gegen den Trägerverein des Jüdischen Theaters Berlin. In der Folge und aufgrund offener Forderungen des Landes Berlin wurde die Förderung eingestellt. Im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren des Jüdisches Theater Berlin-Bimah e.V. verstieß der Trägerverein gegen die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen Förderung (ANBest-I), die ihn verpflichteten, „… unverzüglich der Bewilligungsbehörde anzuzeigen, wenn ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet oder beantragt wird.“ Der Verein wurde aufgefordert, über die Verwendung der in 2014 bereits verausgabten Zuwendungsmittel einen Verwendungsnachweis gemäß ANBest-I vorzulegen. Dem kam der Verein jedoch nicht nach. Das Land Berlin war demnach zuwendungsrechtlich verpflichtet, Forderungen in Höhe der bereits bewilligten Zuwendungsmittel geltend zu machen. Die Forderungen Berlins wurden durch das für das Insolvenzverfahren zuständige Amtsgericht Charlottenburg in vollem Umfang anerkannt. 5.) Welche Finanzmittel sind in der Finanzplanung des Landes Berlin für das Deutsch-Jüdische Theater für 2020/21 vorgesehen? Zu 5.): Keine, da das Deutsch-Jüdische Theater sich auf die regulären Förderprogramme der Senatsverwaltung für Kultur und Europa bewerben kann. 6.) Wie beurteilt der Senat die kulturell-künstlerische Relevanz der bisherigen Arbeit des Deutsch- Jüdischen Theaters? Zu 6.): In der Beurteilung der kulturell-künstlerischen Relevanz lässt sich die Senatsverwaltung für Kultur und Europa von Expertinnen und Experten beraten, die sich in den oben genannten Förderprogrammen eine Meinung über die eingegangenen Anträge bilden. 7.) Das Deutsch-Jüdische Theater hat für seine Arbeit beim Senat mehrfach öffentliche Mittel beantragt . Aus welchen Gründen wurden die Anträge abschlägig beschieden? Zu 7.): Generell erfolgt keine Einzelfallbegründung für abgelehnte Anträge. Eine Nichtförderung spricht nicht grundsätzlich gegen die künstlerische Qualität. Aber aufgrund des offensichtlichen Missverhältnisses zwischen den Antragsvolumen und den tatsächlich Seite 3 von 5 zur Verfügung stehenden Mittel können leider nicht alle vorliegenden Anträge berücksichtigt werden. 8.) Aus welchen Förderprogrammen könnte das Deutsch-Jüdische Theater öffentliche Mittel erhalten? Zu 8.): Dem Deutsch-Jüdischen Theater stehen die Programme der Darstellenden Künste offen. Im Einzelnen sind das die einjährigen Förderprogramme wie die Einzelprojektförderung , die Förderung für Produktions-/Aufführungsorte, die mehrjährige Basisförderung sowie die Konzeptförderung. Darüber hinaus kann sich das Theater auch auf die spartenoffenen Förderprogramme, den Hauptstadtkulturfonds, die Wiederaufnahmeförderung und den Kofinanzierungsfonds bewerben. 9.a.) Wie viele Tage im Monat stehen dem Deutsch-Jüdischen Theater am jetzigen Standort für Aufführungen zur Verfügung? Zu 9.a.): Im Jahr 2018 hat das Deutsch-Jüdische Theater das Theater COUPÉ insgesamt an 99 Tagen für Aufführungen genutzt. 9.b.) Wie viele Tage im Monat stehen dem Deutsch-Jüdischen Theater am jetzigen Standort für Proben zur Verfügung? 9.b.): In 2018 haben insgesamt 84 Proben stattgefunden. Die monatliche Nutzung durch das Deutsch-Jüdische Theater beträgt im Durchschnitt 15,25 Tage. 9.c.) Von welchen Institutionen wird das Coupé-Theater außerdem genutzt und in welchem Umfang? 9.c.): Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin stellt das Theater COUPÉ Einzelkünstlerinnen und Einzelkünstlern, freien Gruppen sowie Kulturvereinen als Spiel- und Probenstätte zur Verfügung. In 2018 haben das Theater monatlich die KünstlerKolonie Berlin e.V. und das Präventionstheater der Berliner Polizei regelmäßig genutzt. Das freie Theater Scheselong, Einzelkünstlerinnen und Einzelkünstler und Gruppen nutzen das Theater unregelmäßig. Das Theater war an 268 Tagen des Jahres belegt. 9.d.) Können Senat oder Bezirke dem Deutsch-Jüdischen Theater ein eigenes Haus in Aussicht stellen ? 9.d.): Der Senat besitzt derzeit kein weiteres landeseigenes Objekt, dass ausschließlich einem Theater zur Verfügung gestellt werden kann. Das Bezirksamt Charlottenburg- Wilmersdorf von Berlin kann dem Deutsch-Jüdischen Theater keine alternative Spielstätte zur Verfügung stellen. 10.a.) Betrachtet der Senat eine lebendige deutsch-jüdische Kultur grundsätzlich als in besonderer Weise förderungswürdig? Zu 10.a.): Der Senat begrüßt eine lebendige jüdische Kultur in Berlin und setzt sich dafür in vielfacher Hinsicht ein. Seite 4 von 5 10.b.) Plant der Senat – unabhängig von der Förderung des Deutsch-Jüdischen Theaters – die Einrichtung eines eigenen Fördertopfs zur Förderung einer lebendigen deutsch-jüdischen Kultur in Berlin ? Wenn nein: Warum nicht? 10.b.) Gemäß Staatsvertrag über die Beziehungen des Landes Berlin zur Jüdischen Gemeinde zu Berlin vom 19. November 1993 ist eine umfangreiche Förderung der Jüdischen Gemeinde und ihrer kulturellen Arbeit vorgesehen und wird aus Mitteln von hierfür eingerichteten Fördertöpfen je nach Finanzierungsart und -form finanziert. 11.) Wie viele Mittel sind in der Finanzplanung des Landes Berlin zur Förderung einer lebendigen deutsch-jüdischen Kultur in Berlin für 2020/21 vorgesehen? Zu 11.): Im Doppelhaushalt 2020/21 sind für die Jüdische Gemeinde zu Berlin für Veranstaltungen Mittel i.H.v. 290.650 € und für die kulturelle Betreuung Mittel i.H.v. 72.860,00 € vorgesehen. 12.) Welche Förderinstrumente gibt es für lebendige deutsch-jüdische Kultur in Berlin? Zu 12.): Die Förderung richtet sich nach den Vorschriften der Landeshaushaltsordnung und seinen entsprechenden Förderinstrumenten (bspw. Zuwendungen/Zuschuss) und Staatsleistungen aufgrund des Staatsvertrages über die Beziehungen des Landes Berlin zur Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Konkret werden insofern die Jüdischen Kulturtage und die in Frage 13 benannten Zwecke gefördert. 13.) Welche Projekte, Gruppen und Institutionen deutsch-jüdischer Kultur in Berlin erhalten derzeit eine Förderung durch öffentliche Mittel? (Bitte um Auflistung der konkreten Zwecke und der Haushaltstitel ) Zu 13.): Folgende Projekte, Gruppen und Institutionen erhalten derzeit eine Förderung durch öffentliche Mittel: Titel 68303 Zuschüsse für Veranstaltungen; an die Jüdische Gemeinde zu Berlin 255.650 € Titel 68433 Zuschuss Personal-/Sachkosten an die Stiftung Neue Synagoge - Centrum Judaicum 770.000 € Titel 68441 Zuschuss für Ansprüche lt. Staatsvertrag an die Jüdische Gemeinde 12.011.000 € Titel 68444 Zuschüsse für kulturelle Betreuung an die Jüdische Gemeinde 72.860 € Titel 68444 Zuschüsse Seite 5 von 5 an die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit 96.000 € 14.) In welcher Höhe sind die bisherigen Jüdischen Kulturtage in Berlin gefördert worden? (Bitte jahresweise darstellen und Haushaltstitel benennen) Zu 14.): Die Jüdischen Kulturtage sind seit dem Jahr 2009 mit Mitteln (aus dem Titel 68303) in Höhe von 255.650,00 € jährlich gefördert worden. 15.) Nach 20 Jahren beschloss die Mitgliederversammlung des Jüdischen Kulturvereins Berlin e.V. (JKV) am 16. Dezember 2009 dessen Auflösung zum 31.12. 2009. Als einer der Hauptgründe wurde die seit Anbeginn verweigerte institutionelle Förderung durch den Berliner Senat genannt. Welche Kenntnisse hat der Senat über die Geschichte und das Wirken des Jüdischen Kulturvereins Berlin e.V.? Zu 15.): Über den Jüdischen Kulturverein Berlin e.V., seine Rolle und sein gesellschaftliches Wirken in Berlin in der Zeit von 1990 bis zu seiner Auflösung 2009 informieren nicht nur einige Websites (s. etwa den Wikipedia-Eintrag https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCdischer_Kulturverein_Berlin#cite_note-1), sondern auch das Buch „WIR – Der Jüdische Kulturverein e. V. 1989–2009“ aus dem Jahre 2009. 16.) In welcher Höhe erhielt der Jüdische Kulturverein Berlin e.V. in den letzten fünf Jahren seines Bestehens öffentliche Mittel? (Bitte jahresweise darstellen) Zu 16.): Eine institutionelle Förderung des Jüdischen Kulturvereins Berlin e.V. durch den Senat hat es nicht gegebenen, ein entsprechender Antrag lag für diese Zeit – soweit in den Unterlagen feststellbar – nicht vor. Berlin, den 21.05.2019 In Vertretung Dr. Torsten Wöhlert Senatsverwaltung für Kultur und Europa