Drucksache 18 / 18 775 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Herbert Mohr (AfD) vom 06. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Mai 2019) zum Thema: Pauschale Beihilfe für Beamte des Landes Berlin – Teil II und Antwort vom 23. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Mai 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Herbert Mohr (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18 775 vom 06. Mai 2019 über Pauschale Beihilfe für Beamte des Landes Berlin – Teil II ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Mit welcher Begründung wurde die Entschließung des Berliner Senats, die Bundesregierung aufzufordern, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem Beamte einen u. a. freiwilligen, bezahlbaren Zugang zur GKV erhalten (Bundesrat, Drucksache 236/17), im Bundesrat nicht angenommen? Zu 1.: Die Forderung eines Zugangs der Beamtinnen und Beamten zur GKV hat die Mehrheit der Länder abgelehnt. Eine Begründung wurde nicht vorgetragen. 2. In dem Entschließungsantrag (Bundesrat, Drucksache 236/17) begründet der Berliner Senat: „Bei der Schaffung eines echten Wahlrechts für Beamte handelt es sich vor allem um eine Frage der Gerechtigkeit. De facto gilt für Beamte aus finanziellen Gründen eine Versicherungspflicht in der PKV, da die GKV für sie finanziell unattraktiv ist. Damit werden sie nicht nur diskriminiert, sondern auch einem System ausgesetzt, dessen Behandlungen oftmals über das medizinisch Notwendige hinausgehen.“ 2.1. Inwiefern kann davon ausgegangen werden, dass in der PKV versicherte Beamte einer Diskriminierung ausgesetzt sind, wenn für sie die GKV „finanziell unattraktiv ist“? 2.2. Stimmt das, dass aktuell Beamte, die einen Zuschuss zu den Beiträgen zur GKV erhalten, zusätzlich einen ergänzenden Fürsorge- bzw. Beihilfeanspruch haben? 2.3. Inwiefern wird die pauschale Beihilfe aktuell auch bei – in der Regel über das medizinisch Notwendige hinausgehenden – Leistungsansprüchen gewährt, beispielsweise für Chefarztbehandlungen oder bei Ansprüchen auf Einzelzimmerunterbringung im Rahmen von stationären Krankenhausbehandlungen ? 2.4. Inwiefern kann davon ausgegangen werden, dass Leistungen nicht Bestandteil des GKV- Leistungskataloges sind, (zukünftig) von der pauschalen Beihilfe ausgeschlossen werden? - 2 - 2 2.5. Inwiefern erstreckt sich der Gerechtigkeitsanspruch auch auf andere Sozialversicherungsbereiche , beispielsweise auf die vergleichsweise sehr unterschiedlich ausfallenden Renten- und Pensionsansprüche ? 2.6. Inwiefern kann eine durch die ggf. Gewährleistung des Familienzuschlages doppelte Alimentierung und Ungleichheit zwischen privatversicherten und in der GKV versicherte Beamte ausgeschlossen werden? Zu 2.: 2.1. Soweit Beamtinnen und Beamte sich in der GKV versichern würden, hätten sie die Beitragsanteile sowohl des Arbeitnehmers als auch Arbeitgebers zu tragen. 2.2. Die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), denen ein Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag gewährt wird, werden grundsätzlich auf die von der GKV erbrachten Sach- und Dienstleistungen, sowie auf die in der GKV geltenden Festbeträge verwiesen, vgl. § 8 Absatz 4 der Landesbeihilfeverordnung (LBhVO). Es verbleibt nur ein sehr schmales Feld der individuellen Beihilfe. Beamtinnen und Beamte erhalten keinen Beitragszuschuss gemäß § 257 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V). Auch die GKV-Versicherten ohne Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag werden grundsätzlich auf die erbrachten Sach- und Dienstleistungen nach § 2 Absatz 2 SGB V verwiesen (vgl. § 8 Absatz 4 LBhVO). Ein ergänzender (schmaler) Beihilfeanspruch besteht dann nur für die Leistungen, die von der GKV nicht gewährt wurden aber grundsätzlich beihilfefähig sind. 2.3. Gegenwärtig wird eine Pauschale Beihilfe nach den beihilferechtlichen Regelungen des Landes Berlin nicht gewährt. Gemäß § 76 Absatz 2 Landesbeamtengesetz (LBG) sind grundsätzlich nur notwendige und der Höhe nach angemessene Aufwendungen beihilfefähig . Gemäß § 76 Absatz 4 LBG sind Aufwendungen für bei stationärer Krankenhausbehandlung erbrachte Wahlleistungen (Chefarztbehandlung, Zweibettzimmerzuschlag) nicht beihilfefähig. Eine Ausnahme gilt gemäß § 108 LBG für am 1. April 1998 vorhandene Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger, Schwerbehinderte und Personen, die das 55. Lebensjahr vollendet haben. Für diesen Personenkreis bleiben Aufwendungen für Wahlleistungen bei stationärer Behandlung beihilfefähig. 2.4. Die pauschale Beihilfe soll nach derzeitigem Stand in Anlehnung an die Hamburger Regelung (vgl. § 80 Absatz 11 Hamburgisches Beamtengesetz) unter den Voraussetzungen gewährt werden, dass eine Versicherung in der GKV oder mindestens in entsprechendem Umfang in einer privaten Krankenversicherung (PKV) besteht und der Verzicht auf die individuelle Beihilfe erklärt wird. Die Pauschale soll in Höhe der Hälfte des nachgewiesenen Krankenversicherungsbeitrags, bei privater Krankenversicherung höchstens nach dem hälftigen Beitrag einer Krankenversicherung im Basistarif gewährt werden. Beim Basistarif sind Vertragsleistungen in Art, Umfang und Höhe jeweils mit den Leistungen der GKV vergleichbar (vgl. § 152 Absatz 1 Satz 1 Versicherungsaufsichtsgesetz). Es ist nicht geplant, die pauschale Beihilfe zu Leistungen zu gewähren, die nicht Bestandteil des GKV- Leistungskatalogs sind. Zudem ist die pauschale Beihilfe mit einem Verzicht auf die individuelle Beihilfe verbunden. 2.5. Rentenversicherung und Beamtenversorgung sind zwei unterschiedliche Alterssicherungssysteme , die nicht miteinander verglichen werden können. Die gesetzliche Rente erfüllt die Funktion einer Regelsicherung (erste Säule der Altersvorsorge) und wird oftmals von einer betrieblichen Altersversorgung ergänzt (zweite Säule). Ehemalige Tarifbeschäf- - 3 - 3 tigte des Landes Berlin erhalten neben ihrer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Die Beamtenversorgung hingegen deckt sowohl die erste als auch die zweite Säule der Altersvorsorge ab (Regel- und Zusatzsicherung) und ist daher höher als die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. 2.6. Der Familienzuschlag i.S.d. §§ 39 ff. Bundesbesoldungsgesetz in der Überleitungsfassung für Berlin nach Artikel III § 1 Nummer 3 des Gesetzes vom 21. Juni 2011 (BBesG BE, GVBl. S. 266), das zuletzt durch Gesetz vom 18. Dezember 2018 (GVBl. S. 709) geändert worden ist, ist Bestandteil der Besoldung bzw. Versorgung gemäß § 75 Absatz 1 LBG i.V.m. § 1 Absatz 2 BBesG BE. Dagegen stellt die Beihilfe gemäß § 76 Absatz 1 LBG eine ergänzende Fürsorgeleistung in Gestalt einer sonstigen Geldleistung nach § 75 Absatz 2 LBG dar. Der Familienzuschlag als familienbezogene Komponente der Besoldung soll die gesteigerten Belastungen nach Maßgabe des Familienverhältnisses des anspruchsberechtigten Beamten/ der anspruchsberechtigten Beamtin ausgleichen. Folglich ist der Familienzuschlag unabhängig von der Frage der Ausgestaltung der Beihilfe zu betrachten . Eine Gefahr einer doppelten Alimentierung aufgrund dessen kann daher ausgeschlossen werden. 3. In der Bundesratssitzung am 31.03.2017 betonte die Gesundheitssenatorin Frau Kolat: „Es ist nicht gerecht , dass rund 4 Millionen Beamtinnen und Beamte und Pensionärinnen und Pensionäre kein echtes Wahlrecht zwischen der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung haben.“ 3.1. Inwiefern kann die für Beamte und Pensionäre geforderte Gerechtigkeit auch für Angestellte gewährleistet werden, wenn diesen der Zugang zur PKV erst nach Überschreitung der Versicherungspflichtgrenze gewährt wird und ihnen somit bis dahin nicht die gleichen Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung stehen, sich entweder privat oder gesetzlich zu versichern? Zu 3.1.: 3.1. Die Regelungen von Einkommensgrenzen für die Wahl zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung dienen dem Schutz der nicht beamteten Pflichtversicherten vor finanziellen Risiken, die durch Krankheit entstehen können. Der Senat befürwortet es, den Beamten die Einstiegsmöglichkeiten in die GKV zu erleichtern. Berlin, den 23.05.2019 In Vertretung Martin Matz Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung