Drucksache 18 / 18 936 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marc Vallendar (AfD) vom 16. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Mai 2019) zum Thema: JVA Tegel – Brandschutz, Bleiverseuchung, Asbest und Gesundheitsschutz und Antwort vom 31. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Juni 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Marc Vallendar (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18936 vom 16. Mai 2019 über JVA Tegel - Brandschutz, Bleiverseuchung, Asbest und Gesundheitsschutz _____________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Abgeordneten: Im Februar 2018, am 22.02.2018, soll ein Hinweisprotokoll/Schreiben mit Mängelbeschreibungen und Sicherheitshinweisen an die Mitarbeiter der JVA Tegel verteilt worden sein. Unter Bezugnahme auf eine Hausinterne Begutachtung, welche im Dezember 2017 stattgefunden haben soll. 1. Wie lautet der Inhalt des Schreibens vom 22.02.2018, das an die Mitarbeiter der JVA Tegel ging? Zu 1.: Ein Schreiben an die Mitarbeitenden der Justizvollzugsanstalt (JVA) Tegel mit o. g. Datum hat es nicht gegeben. Gemeint ist hier vermutlich ein Schreiben mit dem Datum 22.02.2019. Wesentliche Inhalte dieses Schreibens waren Mitteilungen, dass aufgrund einer Beprobung der Wand-, Sockel- und Türanstriche in der Teilanstalt (TA) II im Dezember 2018 bleihaltige Stoffe in Altanstrichen gefunden worden seien. Darüber hinaus seien im Kellergeschoss asbesthaltige Rohrisolierungen festgestellt worden. Die im Dezember 2018 gewonnenen Erkenntnisse hätten zunächst einer gutachterlichen Bestätigung und Bewertung bedurft. Diese hätte ergeben, dass keine Gefährdung Dritter durch freiwerdende bleihaltige Stäube aus Beschichtungen bestünde. Bei Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen (z. B. Stemm-, Bohr-, Schleifarbeiten, etc.) seien entsprechende Schutzmaßnahmen zu beachten; das (Über-)Streichen von Wänden, Türen und Sockeln sei auch ohne Schutzmaßnahmen weiterhin möglich. Der betroffene Kellerbereich mit der asbesthaltigen Rohrisolierung sei bis zum Abschluss erforderlicher Sanierungsmaßnahmen gesperrt worden bzw. solle nur mit geeigneter Schutzausrüstung betreten werden. Im Rahmen der Fürsorge und des Gesundheitsschutzes werde dem eingesetzten Personal sowie den Gefangenen der TA II eine betriebsärztliche Untersuchung angeboten. 2 2. Wie ist der Sachstand bezüglich einer möglichen Asbestverseuchung in der JVA Tegel? Zu 2.: Eine Bewertung von schwachgebundenen Asbestprodukten gemäß Asbestrichtlinie ist Anfang der zweiten Jahreshälfte 2019 durch die BIM GmbH für alle Berliner Justizvollzugsliegenschaften und deren Gebäude vorgesehen. Sollten sich daraus zwingende Handlungsbedarfe ergeben, werden diese umgesetzt. 3. Wie ist der Sachstand bezüglich einer möglichen Bleiverseuchung in der Wandfarbe in der JVA Tegel? Zu 3.: Laut der Handlungsanweisung für Instandhaltungsmaßnahmen bei dem Umgang mit bleihaltigen Anstrichen gemäß den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 505 besteht zurzeit keine Gefährdung Dritter durch freiwerdende bleihaltige Stäube aus Beschichtungen . 4. Welche Maßnahmen, z. B. Gutachten etc., wurden bisher unternommen, um einer Asbest- oder Bleiverseuchung entgegen zu treten? Wie hoch ist das Gesundheitsrisiko für die Gefangenen oder die Vollzugsbeamten ? Zu 4.: Die Erstellung von z. B. Schadstoffgutachten erfolgt im Vorfeld der Umsetzung von Baumaßnahmen durch die BIM GmbH. Dabei werden die Bereiche untersucht, die in direktem örtlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme stehen. Im Dezember 2018 wurde die JVA Tegel von der BIM GmbH darüber informiert, dass im Rahmen der geplanten Brandschutzsanierung der TA II vorab ein Schadstoffgutachten beauftragt wurde. Bei den Voruntersuchungen wurden Schadstoffe in Farbbeschichtungen und Rohrisolierungen gefunden (hier: bleihaltige Farbe, asbesthaltige Rohrisolierung ). Entsprechende Schutzmaßnahmen unter Einhaltung der TRGS sind bei anstehenden Sanierungsmaßnahmen zu beachten. Im Rahmen der Fürsorge wurden „Eigenleistungen/Schönheitsreparaturen“ durch die Betriebe der JVA Tegel (Bauhof und Malerei) vorerst bis auf weiteres eingestellt. 5. Gibt es in den anderen Berliner JVA Asbest- oder Bleiverseuchungen? Bitte nach Möglichkeit tabellarisch nach JVA auflisten. Zu 5.: Aktuell sind der BIM GmbH keine konkreten Fundstellen für eine gesundheitsgefährdende Belastung durch asbest- und bleihaltige Produkte bekannt Derzeit wird das Vorhandensein von bleihaltigen Anstrichen in weiteren Justizvollzugsanstalten geklärt. Grundsätzlich ist hier eine Gefährdung außerhalb von Instandsetzungs- und Renovierungsarbeiten aber nach Kenntnis des Senats auszuschließen. 6. Wie viele Brände gab es seit 2015 bis heute in den Berliner JVA? Bitte nach JVA, Brandort, Ursache und Schadenshöhe auflisten. Zu 6.: Der nachfolgenden Tabelle sind die Brandereignisse seit 2015 in der jeweiligen Justizvollzugsanstalt (JVA) nebst den weiteren Angaben zu entnehmen. Sofern als Brandort nur eine Teilanstalt (TA) eingetragen ist, lässt sich eine nähere Eingrenzung nachträglich nicht mehr vornehmen. Wenn bei der Schadenshöhe keine Summe angegeben ist, konnte der Schaden entweder intern behoben werden, war unerheblich oder wurde nicht errechnet, zum Beispiel wegen fehlender Verantwortlichkeit der verursachenden Person. 3 JVA Datum des Brandes Brandort Ursache Schadenshöhe in Euro JVA Moabit 30.06.2015 TA I/Haftraum Brandstiftung 22,50 11.08.2015 TA I/Haftraum Fahrlässigkeit 78,36 29.03.2016 TA II/Haftraum Brandstiftung 455,25 04.04.2016 TA III/Haftraum Brandstiftung 6.639,49 16.04.2016 TA II/Haftraum Brandstiftung 5,69 29.07.2016 TA II/Haftraum Brandstiftung 37,38 13.10.2016 TA II/Haftraum defekter Tauchsieder 101,67 07.12.2016 TA II/Haftraum defekter Tauchsieder 91,50 10.12.2016 TA I/Haftraum Fahrlässigkeit 24.12.2016 TA II/Haftraum Brandstiftung 124,87 22.02.2017 TA II/Haftraum Brandstiftung 73,87 24.02.2017 TA I/Haftraum Fahrlässigkeit 14.03.2017 TA I/Haftraum Brandstiftung 327,22 19.02.2018 TA I/Haftraum Brandstiftung 105,54 27.03.2018 TA I/Haftraum brennender Mülleimer 02.04.2018 TA I/Haftraum Entzünden von Papier 07.04.2018 TA I/Haftraum Brandstiftung 15,94 25.04.2018 TA I/Haftraum Brandstiftung 105,54 18.06.2018 TA I/Haftraum Fahrlässigkeit 15,15 26.07.2018 TA I/Haftraum Entzünden von Papier 06.09.2018 TA I/Haftraum Brandstiftung 156,54 23.10.2018 TA II/Haftraum Fahrlässigkeit 73,87 07.01.2019 TA I/Haftraum brennender Mülleimer 05.02.2019 TA I/Haftraum Brandstiftung 10,00 30.04.2019 TA II/Haftraum Brandstiftung 276,22 JVA Tegel 13.05.2015 TA II Brandstiftung 15.02.2016 TA II Brandstiftung 27.08.2016 TA V vermutlich Brandstiftung 14.01.2017 Sozialtherapeutische Anstalt/Haftraum Fahrlässigkeit 6.688,72*) 07.02.2017 Tischlerei ungeklärt 4.574,00*) 25.10.2017 TA II/Haftraum Brandstiftung 15.755,18*) 03.02.2018 TA VI/Haftraum Brandstiftung 115.493,72*) 05.10.2018 TA II/Haftraum Brandstiftung 7.694,65*) 10.11.2018 TA II/Haftraum Brandstiftung 2.418,88*) 23.11.2018 TA II/Haftraum Brandstiftung 2.200,00*) 04.01.2019 TA V/Haftraum Brandstiftung 07.05.2019 TA II/besonders gesicherter Haftraum Brandstiftung 2.309,80*) 4 JVA Datum des Brandes Brandort Ursache Schadenshöhe in Euro JVA Plötzensee 22.12.2015 Haus A/Haftraum Brandstiftung 01.03.2016 Haus A/Haftraum Brandstiftung 20.06.2016 Haus F/Haftraum Brandstiftung 10.09.2017 Haus A/Haftraum Brandstiftung 25.09.2017 Haus A/Haftraum Brandstiftung 16.02.2018 Haus A/Haftraum Brandstiftung 04.04.2018 Justizvollzugskrankenhaus /Haftraum Brandstiftung 19.04.2018 Haus D/1. Obergeschoss unbekannt JVA Heidering 07.01.2015 TA II/Haftraum Brandstiftung 16.05.2015 TA III/Haftraum nicht ermittelbar 04.03.2017 TA III/Haftraum Brandstiftung 22.11.2017 TA III/Müllsortierraum Schwelbrand 08.- 09.06.2018 Außenanlagen (Grünflächen ) Brandstiftung JVA für Frauen Berlin 20.06.2016 Bereich Lichtenberg /Haftraum Brandstiftung 63,77 14.05.2017 Bereich Lichtenberg /Haftraum leicht entflammbares Medikament Jugendstrafanstalt Berlin 16.06.2016 Haus 9/Haftraum Brandstiftung 2.083,00 07.08.2017 Haus 8/Teeküche Unachtsamkeit *) Es handelt sich hierbei teilweise um Schätzungen. Insgesamt kam es in dem Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 16. Mai 2019 zu 54 Brandereignissen. 7. Wie ist der Sachstand beim Brandschutz in den Berliner JVA? Welche Sicherheitsmaßnahmen gibt es für die Gefangenen, die während eines Brandes in ihren Zellen eingeschlossen sind? Zu 7.: Neben dem baulichen Brandschutz, der im Zuständigkeitsbereich der BIM GmbH liegt, werden von den Justizvollzugsanstalten vielfältige Maßnahmen im Rahmen des organisatorischen Brandschutzes ergriffen. Hierzu zählen die Brandschutzbegehungen und insbesondere die Brandschutzunterweisungen des Personals. Durch die Brandschutzbeauftragten werden zudem regelmäßig größere Brandschutzübungen durchgeführt . Die jeweiligen Brandschutzkonzepte enthalten objektspezifische Ausarbeitungen zur Vorbeugung von Brandschutzrisiken und Definierung von Abläufen im Falle eines Brandes. Zudem gehören zur Haftraumausstattung unter anderem schwer entflammbare Matratzen und Leuchtmittel mit geringfügiger Wärmeentwicklung. Im Falle eines Brandes innerhalb des eigenen Haftraums können die betroffenen Gefangenen jederzeit über die Zellenrufanlage Kontakt zur Zentrale aufnehmen. Dann werden unverzüglich die notwendigen Maßnahmen eingeleitet. 8. Ist es zutreffend, dass die Türdichtungen der Zellen durchlässig sind, so dass Rauch in die Zellen während eines Brandes eindringen kann? Wenn ja, was wird unternommen um diesen Zustand zu beheben? Zu 8.: Dieser Umstand trifft aufgrund der historischen Bausubstanz nur für die Teilanstalt II in der JVA Tegel zu. Die BIM GmbH hat im März 2018 ein Architekturbüro mit der Planung einer Brandschutzsanierung für diese Teilanstalt beauftragt. Im Rahmen der anstehenden Sanierung ist die Nachrüstung einer 4-seitigen Türdichtung der Haftraumtüren zur Verbesserung der Rauchdichtigkeit vorgesehen. 5 9. Wie ist gewährleistet, dass bei einem Brand keine giftigen Dämpfe mit Blei- oder Asbestbestandteilen in die Atemluft innerhalb der JVA Tegel geraten? Zu 9.: Unabhängig von blei- und asbesthaltigen Bauprodukten ist bei Bränden stets mit dem Freiwerden von Schadstoffen und Atemgiften in den Rauchgasen auszugehen. Die Zusammensetzung und Konzentration dieser Stoffe wird durch das beteiligte Brandgut und die Brandbedingungen beeinflusst. Rauchgase werden je nach baulich-technischer Ausstattung durch Baukörperöffnungen, Entrauchungseinrichtungen oder aber Zwangsbelüftungsmaßnahmen der Feuerwehr abgeführt. Brandgeschädigte Räume bzw. Bereiche in den Justizvollzugsanstalten werden stets vor einer Weiternutzung gesperrt, begutachtet und einer fachkundigen Sanierung entsprechend gesetzlicher Vorgaben unterzogen . Berlin, den 31. Mai 2019 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung