Drucksache 18 / 18 956 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Franz Kerker und Tommy Tabor (AfD) vom 21. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Mai 2019) zum Thema: Schulische Qualitätsentwicklung: Ergebnisse und Kriterien der Schulinspektion und Antwort vom 01. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Jun. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Herrn Abgeordneten Franz Kerker und Herrn Abgeordneten Tommy Tabor (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18956 vom 21. Mai 2019 über Schulische Qualitätsentwicklung: Ergebnisse und Kriterien der Schulinspektion _____________________________________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1.) Welche Berliner Schulen erhielten bei der Schulinspektion negative Ergebnisse? (Bitte Schule und Jahr der Schulinspektion nennen) Wann erfolgte daraufhin eine zweite, zeitnahe Inspektion? Zu 1.: Wenn die Schulinspektion feststellt, dass bei einer Schule erheblicher Entwicklungsbedarf besteht, wird der Zeitraum bis zur Nachinspektion auf ca. zwei Jahre verkürzt. Entscheidungen darüber, ob an einer Schule erheblicher Entwicklungsbedarf vorliegt, werden insbesondere bei folgenden Problemlagen getroffen: 1. Schlechte Ergebnisse in Schulleistungsuntersuchungen bleiben ohne schulische Konsequenzen. 2. Es werden Mängel im Schul- bzw. Konflikt- und Beschwerdemanagement festgestellt. 3. Es gibt eine besondere, schulspezifische Problemlage, gegen die keine geeigneten Maßnahmen ergriffen werden. 4. Es gibt gravierende Mängel im Schulleitungshandeln. 5. Die Mittelwerte der Schule liegen im Unterrichtsprozess überwiegend unter den Mittelwerten der Schulart. 2 Zur Entscheidung kann es ausreichen, dass es nur in einem dieser fünf Punkte besondere Auffälligkeiten gibt, in der Regel sind es mehrere. Am Ende stellt sich immer die Frage, ob nach Einschätzung der Schulinspektion die Schule die aufgezeigten Defizite (oder Entwicklungsverzögerungen) ohne zusätzliche Unterstützung aufarbeiten kann und ob sie sechs Jahre allein weiterarbeiten kann. Die Entscheidung über den erheblichen Entwicklungsbedarf und die damit verbundene Verkürzung des Zeitraums bis zur nächsten Inspektion trifft die Leitung der Schulinspektion gemeinsam mit dem zuständigen Inspektionsteam nach ausführlicher Einzelfallberatung. In der ersten Runde der Schulinspektion (2005 bis 2011) wurde erheblicher Entwicklungsbedarf an 29 Schulen festgestellt: Oberstufenzentrum (B) 3 Grundschulen (G) 17 Kombinierte Haupt- und Realschule (H/R) 1 Realschule (R) 2 Gesamtschule (T) 1 Förderzentrum (S) 1 Gymnasium (Y) 4 Verteilung auf die Bezirke und Schularten: Bezirk B G H/R R T S Y Mitte 3 1 1 1 Friedrichshain-Kreuzberg 1 1 Pankow 2 1 Charlottenburg-Wilmersdorf 3 Spandau 3 Steglitz-Zehlendorf 1 Tempelhof-Schöneberg 1 Neukölln 1 1 Treptow-Köpenick 1 1 Marzahn-Hellersdorf 1 Lichtenberg 2 1 Reinickendorf 1 1 Summe 3 17 1 2 1 1 4 Die Nachinspektionen waren an 24 Schulen erfolgreich. Vier Schulen erhielten zweimal bzw. dreimal erheblichen Entwicklungsbedarf, die Nachinspektionen erfolgten teilweise in der zweiten Runde. Eine dieser vier Schulen war bereits in der ersten Runde bei der zweiten Nachinspektion erfolgreich. In der zweiten Runde (2011 bis 2017) wurde erheblicher Entwicklungsbedarf an 46 Schulen festgestellt: Oberstufenzentrum (B) 2 Grundschulen (G) 26 ISS (K) 15 (darunter 1 GemS) Förderzentrum (S) 2 Gymnasium (Y) 1 3 Verteilung auf die Bezirke und Schularten: Bezirk B G K S Y Mitte 2 3 Friedrichshain-Kreuzberg 1 1 Pankow 2 Charlottenburg-Wilmersdorf Spandau 1 2 1 1 Steglitz-Zehlendorf 2 2 Tempelhof-Schöneberg 6 Neukölln 1 3 Treptow-Köpenick 1 Marzahn-Hellersdorf 3 3 1 Lichtenberg 2 2 Reinickendorf 3 2 1 Summe 2 26 15 2 1 Nachinspektionen sind bisher an 43 dieser Schulen durchgeführt worden. Die übrigen Nachinspektionen erfolgen im Schuljahr 2019/2020. 2.) Welche Handlungsaufforderungen sind mit einer negativen Einschätzung der Schulinspektion verbunden? Zu 2.: Die Inspektionsberichte enden mit einem Fazit, in dem das Inspektionsteam Erwartungen formuliert, die im Rahmen der Nachinspektion überprüft werden. 3.) Welche negativen Konsequenzen drohen Schulen, die die von der Schulinspektion angemahnten Defizite nicht beheben und wie ist dies rechtlich geregelt? Die Ursachen für das Vorliegen erheblichen Entwicklungsbedarfs sind vielfältig und sehr individuell. Verallgemeinernd lässt sich festhalten, dass diese in den meisten Fällen auf Defizite im Schulleitungshandeln, Kommunikationsprobleme in den Kollegien der Schulen sowie Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Schulstrukturreform zurückzuführen sind. 4.) Prof. Dr. Kathrin Dedering schreibt: „Schulen, deren Ergebnisse eher schwach einzustufen sind, könnte man einen größeren Entwicklungsbedarf zuweisen. Dieser Logik folgend werden in einigen Bundesländern denn auch Schulen identifiziert, die eine vorab definierte Mindesnorm von Schulqualität nicht erreicht haben.“ (Pädagogik 1/16, 44-47, 45.) Welche Mindesnorm von Schulqualität gilt in Berlin und welche Mindesnorm von Schulqualität gilt in anderen Bundesländern? 4 Zu 4.: Der Handlungsrahmen Schulqualität in Berlin definiert Merkmale guter Schulen. Diese orientieren sich an den Standards, die von der Kultusministerkonferenz (KMK) vorgegeben sind. Das Instrumentarium der Schulinspektion basiert auf dem Handlungsrahmen. Eine Mindestnorm ist nicht ausgewiesen. In anderen Bundesländern existieren vergleichbare Qualitätsrahmen. 5.) Die Inspektion einer Schule umfasst folgende Qualitätsmerkmale: Verbindliche Merkmale für alle Schularten und Schulspezifische Merkmale als verpflichtende Bausteine. a.) An welchen Schulen wurde das verbindliche Merkmal „Unterricht, Lehr- und Lernprozesse“ als Teilkriterium der Schulinspektion nicht erfüllt? b.) An welchen Schulen wurde das verbindliche Merkmal „Unterrichtsentwicklung und schulinternes Curriculum“ als Teilkriterium der Schulinspektion nicht erfüllt? c.) An welchen Schulen wurde das verbindliche Merkmal „Schulleitungshandeln“ als Teilkriterium der Schulinspektion nicht erfüllt? d.) An welchen Schulen wurde das verbindliche Merkmal „Ergebnisse der Schule“ als Teilkriterium der Schulinspektion nicht erfüllt? e.) An welchen Schulen wurde das schulspezifische Merkmal „Berufs- und Studienorientierung“ als Teilkriterium der Schulinspektion nicht erfüllt? f.) An welchen Schulen wurde das bestehende schulspezifische Merkmal „Ganztagsangebot“ als Teilkriterium der Schulinspektion nicht erfüllt? g.) An welchen Schulen wurde das bestehende schulspezifische Merkmal „Lernfeldorientierung an beruflichen Schulen“ als Teilkriterium der Schulinspektion nicht erfüllt? h.) An welchen Schulen wurde das bestehende schulspezifische Merkmal „Besondere Sprachfördermaßnahmen“ als Teilkriterium der Schulinspektion nicht erfüllt? Zu 5.a.) bis 5.h.): Die Aufgabe der Berliner Schulinspektion als ein Instrument der externen Evaluation ist im § 9 des Berliner Schulgesetzes ausgeführt. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, bewertet die Schulinspektion sowohl die Gestaltung des Unterrichts als auch weitere Merkmale, die die Qualität einer Schule abbilden. Angestrebt wird die gezielte Unterstützung der Schulentwicklungsprozesse durch konkrete Hinweise auf Stärken und Entwicklungsbedarf. Inspektionsberichte dienen als Anstöße zu innerschulischen Diskussions- und Entwicklungsprozessen. Es geht bei der externen Evaluation von Schulqualität um das System Schule. Die Schule erhält eine Rückmeldung über die Ausprägung der einzelnen Qualitätsmerkmale. Dabei erfolgt die Bewertung auf der Basis von Indikatoren, die ebenfalls auf dem Handlungsrahmen Schulqualität basieren. Die Anzahl der Indikatoren pro Qualitätsmerkmal variiert. Eine Gewichtung und ein Zusammenführen dieser heterogenen Merkmale zu einer Gesamtbewertung einer Schule sind nicht zielführend und erfolgt daher nicht. Alle Indikatoren der betrachteten Qualitätsmerkmale werden in der Regel mithilfe unterschiedlicher Evaluationsinstrumente und -methoden überprüft. Am Ende der Inspektion legt das Inspektionsteam auf einer Viererskala für jeden Indikator einen Wert von „trifft zu“ bis „trifft nicht zu“ fest. Dabei werden bei Vorliegen mehrerer 5 Informationen zu einem Indikator keine schematischen Rechenoperationen im Sinne einer Mittelwertbildung durchgeführt, sondern die Einzelergebnisse gegeneinander abgewogen. Abschließend bewertet das Inspektionsteam die Ausprägung der einzelnen Qualitätsmerkmale nach der jeweils vorgegebenen Normierung, dokumentiert diese im Bewertungsbogen und fasst die Ergebnisse im Qualitätsprofil der Schule zusammen. Im Folgenden sind die Ergebnisse der ergänzenden Qualitätsmerkmale dargestellt. Diese werden je nach Schulart zusätzlich inspiziert. Bei 380 der insgesamt 690 inspizierten Schulen wurde beispielsweise das Qualitätsmerkmal „E.1 Förderung der Sprachkompetenz“ hinzugenommen, weil die Schulen zusätzliche personelle Mittel für die Sprachförder- und Sprachbildungsmaßnahmen erhalten. Insgesamt meldet die Schulinspektion den Schulen die Ausprägung einzelner Qualitätsmerkmale in vier Stufen von „A - stark ausgeprägt“ bis „D - schwach ausgeprägt“ zurück, keineswegs „nicht erfüllt“. Berlin, den 1. Juni 2019 In Vertretung Beate Stoffers Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie