Drucksache 18 / 18 978 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegner (CDU) vom 20. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Mai 2019) zum Thema: Der Senat agiert weiter chaotisch und kopflos bei der Umsetzung von Gesundheitszielen für Kinder (2)! und Antwort vom 11. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Juni 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Frau Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegner (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18978 vom 20. Mai 2019 über Der Senat agiert weiter chaotisch und kopflos bei der Umsetzung von Gesundheitszielen für Kinder (2)! ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Abgeordneten: Das Gesundheitsforum der Landesgesundheitskonferenz (LGK) vom 25.10.2018 zieht eine verheerende Bilanz hinsichtlich der Zielerreichung „gesund aufwachen“ in Berlin. Die wichtigsten Ziele werden nicht erreicht , die Prozesse und Entscheidungsstrukturen sind nicht nachvollziehbar und die Umsetzung ist weitestgehend eine „Black Box“. Die mangelnde Transparenz der Aktivitäten der Akteure der LGK sowie ihre freiwillige Selbstverpflichtung und mangelnde Zielgenauigkeit verhindern einen erfolgreichen koordinierenden Abstimmungsprozess . Ein „weiter so“ genügt nach Experteneinschätzung nicht. Und der Senat setzt unabhängig davon augenscheinlich auf die alten ausgetretenen Pfade der „Offenen Methode der Koordinierung“, die bislang nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht haben! 1. Welche Schlussfolgerungen zieht der Senat aus der oben genannten Bilanz des Gesundheitsforums? Zu 1.: Der Kindergesundheitszieleprozess „Gesund aufwachsen“ der Landesgesundheitskonferenz (LGK) Berlin befindet sich derzeit in Weiterentwicklung (vgl. auch Antwort des Senats auf die Antwort des Senats zu Frage Nr. 2. der Schriftlichen Anfrage Abgh.-Drs. 18/17827). Die Ergebnisse der gemeinsamen Bilanzierung aller an dem Zieleprozess beteiligten Akteure der LGK fließen in die weitere gemeinsame Arbeit ein und bilden die Grundlage der Weiterentwicklung des Zieleprozesses. Zudem wird auf die Antwort des Senats zu Frage Nr. 1 der Schriftlichen Anfrage Abgh.-Drs. 18/18691 verwiesen. Das Gesundheitsforum hat die Ergebnisse der Bilanzierung des Kindergesundheitszieleprozesses öffentlich diskutiert. Die von den Ergebnissen abgeleiteten Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen sind Beratungsgegenstand der LGK und werden fundiert in den Gremien analysiert. - 2 - 2 2. Welche Strategien werden verfolgt, um sozial benachteiligte Jugendliche besser zu erreichen? Zu 2.: Der bisherige von der LGK 2007 beschlossene Zieleprozess fokussierte ausschließlich auf die Gruppe der 0- bis 6-jährigen Kinder. Im Rahmen der Weiterentwicklung des Zielprozesses neben der thematischen Erweiterung auch eine Erweiterung auf andere Altersgruppen , hierunter explizit auch die Gruppe der Jugendlichen, geplant. Die Erreichung sozial benachteiligter Zielgruppen stellt in allen Altersgruppen eine ständige Herausforderung für Gesundheitsförderung und Prävention dar, derer sich die Mitglieder der LGK bewusst sind und stellen. Zudem wird auf die bereits in der Antwort des Senats Frage Nr. 1. der Schriftlichen Anfrage Abgh.-Drs. 18/17827 dargestellte sozialkompensatorische Tätigkeit des Öffentlichen Gesundheitsdienstes hingewiesen. Ungeachtet dessen, dass Jugendliche im Rahmen des bisherigen Prozesses (noch) keine Zielgruppe waren, wurden und werden Maßnahmen zur Erreichung dieser Altersgruppe ergriffen. Um ein gesundes Aufwachsen von Jugendlichen in schwieriger sozialer Lage zu verbessern, wird eine strategische Weiterentwicklung des Landesprogramms „Gute Gesunde Schule“ beraten, um Jugendliche über diskriminierungsfreie lebensweltorientiert Zugänge zu erreichen. Ein wesentliches Qualitätsmerkmal ist dabei der Einbezug der Bedarfe und Ressourcen der jungen Menschen. Zugleich wirkt sich die Stärkung der elterlichen Kompetenzen positiv auf die Erreichung von Jugendlichen aus und es können frühzeitiger bedarfsgerechte Angebote erstellt werden. Der Zugang zu Jugendlichen, die durch gesundheitsförderliche und präventive Maßnahmen schwer erreicht werden, ist auch Gegenstand der bezirklichen Strategien im Rahmen des Auf- und Ausbaus von integrierten Strategien für Gesundheitsförderung. Dabei werden alle 12 Berliner Bezirke durch die auch vom Land Berlin geförderte Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Berlin (KGC Berlin) unterstützt. Der Auf- und Ausbau der sog. Präventionsketten ist Teil der Umsetzungsstrategie der Zieleprozesse. 8 von 12 Berliner Bezirken legen in diesem Zusammenhang den Schwerpunkt auf das Thema „Gesund aufwachsen“. Als vom Land und den gesetzlichen Krankenkassen und Krankenkassenverbänden geförderte Struktur setzt die KGC Berlin damit zum Thema Gesund aufwachsen wichtige Impulse , um Angebote für Familien, Kinder und Jugendliche bedarfsgerecht und nachhaltig aufund auszubauen sowie Zugangswege niedrigschwellig zu gestalten. Dabei orientiert sich die KGC an den Kriterien guter Praxis in der soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung des Kooperationsverbundes gesundheitlicher Chancengleichheit und vermittelt diese an Träger von Lebenswelten. Sie bahnt im Rahmen ihrer Zusammenarbeit auf bezirklicher Ebene Kooperationen zwischen den bezirklichen Akteuren und potenziellen Förderprogrammen der Gesetzlichen Krankenversicherung und der Senatsverwaltungen an und unterstützt so die Bündelung von Ressourcen für Gesundheitsförderung und Prävention. Wichtig ist hierbei insbesondere eine gute Zusammenarbeit zwischen den Akteuren der Kinder- und Jugendhilfe, Schule und des Gesundheitswesens. 3. Welche Vorstellungen hat der Senat hinsichtlich einer größeren Verbindlichkeit bei der Umsetzung von Gesundheitszielen? - 3 - 3 Zu 3.: Nach § 5 Absatz 1 der Geschäftsordnung der LGK ist mit der Zustimmung zu einer Empfehlung eine Selbstverpflichtung derjenigen Mitglieder der LGK verbunden, die eine von der Umsetzung der Empfehlung betroffene Institution vertreten. Nach § 5 Absatz 2 der Geschäftsordnung verpflichten sie sich, im Rahmen ihrer Kompetenzen auf die Umsetzung der Empfehlung hinzuwirken und hierfür alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen. Eine Abweichung von diesem Prinzip der Selbstverpflichtung hin zu einer gesetzlich vorgesehenen Verpflichtung hält der Senat mit Blick auf die partizipatorische und diskursive Ausrichtung der LGK für kontraproduktiv und nicht mehrheitsfähig. Hinsichtlich des aktuellen Standes zur Zusammenarbeit zwischen LGK und dem gemeinsamen Abstimmungsgremium der LRV wird auf die Antwort des Senats zu Frage Nr. 6 der Schriftlichen Anfrage Abgh.-Drs. 18/18691 verwiesen. Die Aktivitäten der Mitglieder der Landesgesundheitskonferenz orientieren sich im Rahmen ihrer Selbstverpflichtung an den Berliner Gesundheitszielen. Die Landesrahmenvereinbarung zur Umsetzung der nationalen Präventionsstrategie gemäß § 20f SGB V im Land Berlin (LRV Berlin) ermöglicht nach § 4 Absatz 3 die Einbindung der Mitglieder der LGK in das gemeinsame Abstimmungsgremium der LRV. Des Weiteren werden in § 5 Absatz (a) und (b) LRV Berlin die Aufgaben des Abstimmungsgremiums der LRV festgelegt. Diese beinhalten Transparenz, Berichterstattung über die Aktivitäten Mitglieder des LRV- Abstimmungsgremiums sowie Priorisierung der Gesundheitsziele und Handlungsfelder der Nationalen Präventionsstrategie und des Berliner Gesundheitszieleprozesses. Auf dieser Grundlage soll die Koordination der bestehenden Maßnahmen zur Umsetzung der Gesundheitsziele der Mitglieder verbessert sowie durch neue Kooperationen die Umsetzungsorientierung im den Gesundheitszielen erhöht werden. 4. Seit Jahren beschäftigt sich der Senat mit der Interventionsberichterstattung im Zusammenhang mit der Umsetzung von Gesundheitszielen. Was wurde damit erreicht (außer der Schaffung hochwertiger Stellen durch den Landeshaushalt) und wo wurden die Ergebnisse veröffentlicht? Zu 4.: Die Interventionsberichterstattung (IBE) ist von Beginn an als eine LGK-interne Berichterstattung konzipiert worden, deren Ergebnisse den LGK-Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden. Sie richtet sich daher weder an die erweiterte (Fach)Öffentlichkeit noch ist sie als Recherchetool für präventive Angebote gedacht. Die Interventionsberichterstattung (IBE) ist eine sozialraumorientierte Berichterstattung mit dem Ziel, alle Interventionen der LGK-Mitglieder eines spezifischen Handlungsfeldes abzubilden , und liefert Informationen zur Ausgestaltung der erhobenen Angebote hinsichtlich Zielgruppe, Dauer sowie inhaltlichem Schwerpunkt. Die IBE bietet damit einen Rahmen für die Identifikation von Sozialräumen mit tiefer gehendem Analysebedarf sowie für die Initiierung von Kooperationen der LGK-Mitglieder. Die im Anschluss an die berlin-weite IBE erforderliche , vertiefte sozialräumliche Analyse, in welcher auch die Wirksamkeit der Angebote bezüglich der Zielgruppe reflektiert wird, erfolgt durch die Fachebene in den Bezirken. Die Ergebnisse der IBE sollen zudem bei der Bearbeitung konkreter Fragestellungen zu Interventionsbedarf aufgegriffen werden, um hier eine Steuerungswirkung entfalten zu können. - 4 - 4 Die IBE ist aufgrund ihres Umfangs sowohl für die LGK-Mitglieder als auch für die mit der Erhebung und Auswertung der Angebote beauftragte Fachstelle für Prävention und Gesundheitsförderung im Land Berlin ressourcenaufwändig und kann daher nur gezielt eingesetzt werden. Bisher wurde die IBE in den Handlungsfeldern Gesundheitsförderung in der Kita sowie Bewegungsförderung im Alter durchgeführt. In einer Zwischenbilanz in 2018, die ein Jahr nach der IBE Bewegung im Alter gezogen wurde, meldeten die LGK- Mitglieder insgesamt 59 praktische Schritte, die auf Basis des IBE-Berichtes eingeleitet wurden. Bei der überwiegenden Mehrheit der praktischen Schritte handelte es sich darum, die IBE-Ergebnisse in Gremien einzubringen bzw. im eigenen Haus zu analysieren, um ggf. Änderungen in der Angebotsstruktur zu erwirken oder Maßnahmen zu initiieren. 5. Zu wann ist eine Auflösung der Projektgruppe zur Neuordnung und Steuerung von Gremien in der SenGPG vorgesehen bzw. ist eine Verstetigung in der Aufbauorganisation der SenGPG und ggf. mit welchen Inhalten geplant? Zu 5.: Projektgruppen werden nach § 7 Absatz 4 der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Berliner Verwaltung, Allgemeiner Teil (GGO I) zeitlich befristet eingerichtet. Selbstverständlich wird die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung in Kürze eine dauerhafte Zuständigkeitsregelung treffen. Berlin, den 11. Juni 2019 In Vertretung Martin Matz Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung