Drucksache 18 / 19 005 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christian Buchholz (AfD) vom 22. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Mai 2019) zum Thema: Demonstrationen gegen Veranstaltungen demokratisch gewählter Parteien (Nachfrage) und Antwort vom 07. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Juni 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Christian Buchholz (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/19005 vom 22. Mai 2019 über Demonstrationen gegen Veranstaltungen demokratisch gewählter Parteien (Nachfrage) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Antwort auf die schriftliche Anfrage (Drs. 18/17395) vom 7. Januar 2019 zum Thema „Demonstrationen gegen Veranstaltungen demokratisch gewählter Parteien“ enthielt u.a. auch eine tabellarische Aufstellung zur Beantwortung der Fragen 1 bis 4. Die tabellarische Aufstellung enthält Angaben zu Datum, Veranstalter, Teilnehmerzahl und Thema der Versammlung. In der Spalte Veranstalter wurde in 9 Fällen „Privatperson“ angegeben. Warum hier teilweise der Oberbegriff „Privatperson“ gewählt wurde, kann aufgrund der fehlenden Begründung nicht beurteilt werden. Zu vermuten ist, dass dieser gewählt wurde, um personenbezogene Daten zu schützen. In diesem Fall hätte eine Begründung erfolgen sollen, die eine Abwägung (praktische Konkordanz) zwischen dem Frage- und Informationsrecht des Abgeordneten und dem Datenschutz Dritter erkennen ließe. Dies wurde vom Senat unterlassen . 1. Liegen dem Senat personenbezogene Daten in der Veranstaltungsdatenbank (VDB) oder in sonstigen Unterlagen der Verwaltung zu den Veranstaltern, die mit dem Begriff „Privatperson“ bezeichnet wurden, vor? Zu 1.: Ja. 2. Wenn ja, warum kam der Senat seiner Pflicht zur vollständigen und zutreffenden Antwort nicht nach bzw. warum wurde es unterlassen eine Begründung der Wahl des Begriffs „Privatperson“ anzuführen ? 3. Durch wen wurden die mit Drs. 18/17395 angefragten Versammlungen angemeldet? (Nennung von Name und Anschrift soweit diese Daten vorliegen) Zu 2. und 3.: Es trifft zu, dass die Angabe „Privatperson“ in der Beantwortung der Fragen 1 bis 4 der Schriftlichen Anfrage Drs. 18/17395 zum Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 33 der Verfassung von Berlin) derjenigen Anmelderinnen und Anmelder der erfragten Versammlungen verwendet wurde, die natürliche Personen sind. Zugleich erfolgte die Verwendung der Angabe „Privatperson“ aber auch zum Schutz des Grundrechts der Versammlungsfreiheit (Art. 26 der Verfassung von Berlin). Seite 2 von 2 Die nach Art. 45 Abs. 1 der Verfassung von Berlin insoweit gebotene Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die (innere) Versammlungsfreiheit der Versammlungsanmelderinnen und Versammlungsanmelder führt zu dem Ergebnis, dass eine Nennung von Namen und Anschrift dieser Personen im Rahmen der Beantwortung einer Schriftlichen Anfrage unterbleiben muss. Ausschlaggebend ist dabei Folgendes: Zwar ist die Anmeldung und Veranstaltung einer grundrechtlich geschützten Versammlung unter freiem Himmel auf eine Beteiligung am öffentlichen Meinungsaustausch gerichtet. Dennoch weist das Versammlungsrecht die Entscheidung über die Preisgabe der eigenen Identität gegenüber Dritten im Grundsatz der anmeldenden Person zu. Eine Identifizierung der Anmelderinnen und Anmelder einer bestimmten politisch ausgerichteten Versammlung durch ihre namentliche Nennung gegenüber Dritten wäre zudem regelmäßig mit einer Preisgabe politischer Grundeinstellungen dieser Personen verbunden. Es liegt auf der Hand, dass es sich bei diesen nicht öffentlich zugänglichen Informationen um höchst sensible personenbezogene Daten handelt, die in besonderem Maße verfassungsrechtlichem Schutz unterliegen. Dieser Schutz ist unionsrechtlich durch Art. 9 der Datenschutz-Grundverordnung verbürgt, da aus den genannten Daten politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen hervorgehen und sie somit besondere Kategorien personenbezogener Daten darstellen; dies fällt bei der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung besonders ins Gewicht. Weiter ist ausschlaggebend, dass bereits die Möglichkeit, die Identität der Anmelderinnen und Anmelder von Versammlungen könne Dritten gegenüber – selbst unter Geheimschutzbedingungen - offengelegt werden, eine abschreckende Wirkung auf potenzielle Anmelderinnen und Anmelder von Veranstaltungen haben und diese in ihrer Grundrechtsausübung beeinflussen oder sogar von ihr abhalten könnte. Eine Offenbarung von Name und Anschrift von Versammlungsanmeldenden durch den Senat würde daher eine – mitunter empfindliche – Einschränkung der verfassungsrechtlich geschützten inneren Versammlungsfreiheit bedeuten. Schließlich muss in der Abwägung zum Tragen kommen, dass im vorliegenden Fall nicht erkennbar ist, dass gerade eine namentliche und anschriftengenaue Identifizierung der Anmelderinnen und Anmelder der fragegegenständlichen Versammlungen für die Ausübung effektiver parlamentarischer Kontrolle der Exekutive nach Art. 45 Abs. 1 der Verfassung von Berlin unerlässlich ist. Angesichts dessen schießt die sensible Natur der erfragten Daten eine Preisgabe auch unter Geheimschutzvorkehrungen aus. Berlin, den 07. April 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport