Drucksache 18 / 19 009 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Bettina Jarasch und Katrin Schmidberger (GRÜNE) vom 20. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Mai 2019) zum Thema: Wohnraum für große Familien und Antwort vom 07. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Juni 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Frau Abgeordnete Bettina Jarrasch und Frau Abgeordnete Katrin Schmidberger (Grüne) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/19009 vom 20. Mai 2019 über Wohnraum für große Familien Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die landeseigenen Wohnungsunternehmen um Stellungnahme gebeten. Die Stellungnahmen wurden von den Wohnungsunternehmen in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt. Sie sind nachfolgend wiedergegeben. . Frage 1: Wie viele Wohneinheiten für Familien mit drei und mehr Kindern sind im Bestand der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften (bitte je Gesellschaft und Zimmeranzahl aufschlüsseln)? Antwort zu 1: Anzahl der Wohnungen der landeseigenen WBG bezüglich der Zimmergröße WBG/Zimmerwhg. 3- Zimmerwhg. 4- Zimmerwhg. 5- Zimmerwhg. 6- Zimmerwhg. ˃ 6- Zimmerwhg. Gesamt degewo 23.502 8.190* 31.692 GESOBAU AG** 6.000/9.500 Gewobag 5.041 535 75 21 5.672 HOWOGE*** 754 40 3 797 STADT UND LAND 17.636 5.832 599**** 24.067 WBM***** 3.954 351 52 15 4.372 2 * 8.190 Wohnungen verteilen sich auf 4- und mehr Zimmerwohnungen. ** Vom Wohnungsbestand der GESOBAU sind rund 6.000 Wohnungen für Familien mit 3 und mehr Kindern hinsichtlich Wohnungsmix (Anzahl Zimmer und qm ) geeignet. Geht man davon aus, dass auch eine alleinerziehende Person eine Familie mit 3 und mehr Kindern bilden kann, so sind rd. 9.500 Wohnungen in dem Bestand der GESOBAU AG geeignet. *** Für Großfamilien mit 3 und mehr Kindern geht die HOWOGE von einer Wohnungsgröße von 5 und mehr Räumen aus. **** 599 Wohnungen verteilen sich auf 5 und mehr Zimmerwohnungen. Bei der Anzahl der Wohnungen sind auch die Wohnungen in den MUF inbegriffen (rd. 35 Wohnungen). *****Die Anzahl der Wohnungen setzt sich aus den Bestandswohnungen des WBM Konzerns und Beteiligungsunternehmen der WBM und degewo zusammen. Frage 2: Wie viele dieser Wohneinheiten sind tatsächlich an Familien mit mehr und drei Kindern vermietet? Antwort zu 2: Zu dieser Frage liegen dem Senat keine Angaben vor. Bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften erfolgt aus datenschutzrechtlichen Gründen keine diesbezügliche Datenpflege. Frage 3: Wie viele Wohneinheiten für diese Zielgruppe befinden sich bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen in Bau oder in Planung (bitte aufschlüsseln nach Wohnungsgesellschaft, Wohneinheiten und voraussichtlichem Datum der Fertigstellung)? Antwort zu 3: In den Jahren 2019 bis 2022 werden bei der degewo rund 1.644 Wohnungen (1.045 Wohnungen als 3-Zimmerwohnungen und 599 Wohnungen als 4- und mehr- Zimmerwohnungen) errichtet werden, die sich für das Wohnen von Familien mit drei und mehr Kindern eignen. Insgesamt wird die GESOBAU AG bis 2022 voraussichtlich 1.722 Wohnungen (532 Wohnungen als 3-Zimmerwohnungen, 1.021 Wohnungen als 4-Zimmerwohnungen und 169 Wohnungen als 5-Zimmerwohnungen) bauen, die sich für das Wohnen von Großfamilien mit drei und mehr Kindern eignen. In Summe befinden sich bei der Gewobag bis 2026 rund 1.500 Wohnungen mit 4- oder 5- und mehr- Zimmern in Planung oder Bau. Das entspricht ca. 14% des Neubauvolumens der Gewobag. Bei der HOWOGE befinden sich bis 2022 rund 122 Wohnungen mit 5- und 6-Zimmern in Bau oder Planung. Bei der STADT UND LAND befinden sich bis 2021 voraussichtlich 1.042 Wohnungen (810 Wohnungen als 3-Zimmerwohnungen, 199 als 4-Zimmerwohnungen und 33 als 5- Zimmerwohnungen) im Bau. In der Planung befinden sich bis 2023 rund 651 Wohnungen (300 als 3-Zimmerwohnungen, 254 als 4-Zimmerwohnungen und 97 als 5 und mehr Zimmerwohnungen). Bei der WBM sollen bis 2021 rund 117 Wohnungen (107 als 4-Zimmerwohnungen und 10 als 5-Zimmerwohnungen) gebaut werden. In der Planung bis 2023 sind rund 130 Wohnun gen (121 Wohnungen als 4-Zimmerwohnungen, 1 Wohnung als 5-Zimmerwohnung und 8 Wohnungen als 6- und Mehr- Zimmerwohnungen). 3 Frage 4: Wie viele Wohneinheiten für große Familien sind in den Modularen Unterkünften für Geflüchtete (MUF), die die Wohnungsgesellschaften oder das LAF errichten, in Planung bzw. im Bau oder bereits bezogen? Antwort zu 4: Für Gemeinschaftsunterkünfte des Typs 2 und 3 einschließlich modularer Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF) sehen die baulichen Qualitätsanforderungen an die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften (Fassung vom 06.05.2019) vor, dass ein Wohnungsmix zu wählen ist, der auch einen Anteil größerer Wohnungen (4-5-Zimmerwohnungen) beinhaltet. Der konkrete Anteil derartiger Wohnungen ist allerdings von der jeweiligen Unterkunft abhängig, etwa von der Anzahl der Geschosse. Daher kann keine Quantifizierung in Bezug auf künftige derartige Unterkünfte erfolgen. Allerdings verfolgt das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) das Ziel, in der Abstimmung mit den für die Errichtung zuständigen Wohnungsunternehmen einen möglichst hohen Anteil von familiengerechten Wohneinheiten zu realisieren. Frage 5: Sieht der Senat Regelungsbedarf in der Kooperationsvereinbarung mit den landeseigenen Wohnungsunternehmen, um mehr Wohnraum für Familien mit drei und mehr Kindern bereitzustellen? Antwort zu 5: Die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Senat und den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften vom April 2017 wird vom Gedanken der Versorgung der Berlinerinnen und Berliner sowie dem Erhalt einer sozialen Mischung getragen. Das beinhaltet auch die Versorgung von Familien mit Wohnraum. Die landeseigenen WBG haben sich zudem zum Bau von Modularen Unterkünften für Geflüchtete verpflichtet. In diesem Rahmen soll das Ziel verfolgt werden, dass ein möglichst hoher Anteil von großen Wohnungen realisiert wird, die sich für das Wohnen von Familien mit drei und mehr Kindern eignen. Frage 6: Wie viele Familien mit drei und mehr Kindern sind derzeit in ASOG-Unterkünften bzw. auf Kosten der Jobcenter oder sozialen Wohnhilfen der Bezirke untergebracht? Antwort zu 6: Entsprechende Daten wurden von 11 Bezirken per Stichtag 31.12.2018 geliefert. In der Auswertung dieser Daten ergibt sich, dass es sich bei ca. 11,8 % der Haushalte, das entspricht rd. 2.370 - um Haushalte mit 3 oder mehr Kindern handelt. Frage 7: Welche Möglichkeiten sieht der Senat, um Wohnraum für von Wohnungslosigkeit bedrohte große Familien gezielt anzumieten mit dem Ziel, diese Familien in Wohnungen statt in ASOG-Unterkünften unterzubringen? 4 Frage 8: Welches Einsparungspotential würde sich nach Einschätzung des Senats daraus ergeben, wenn Land oder Bezirke selbst anstelle der bisherigen Unterbringungspraxis Wohnungen für ASOG-Unterbringung großer Familien anmieten würden? Antwort zu 7 und 8: Die zuständige Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales steht der Idee, eine dezentrale Unterbringung von wohnungslosen Familien durch die Anmietung von Wohraum durch die Bezirke zu ermöglichen, positiv gegenüber und prüft daher dieses Anliegen. Dazu gehört u.a. die Vereinbarkeit mit dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz sowie dem Haushaltsrecht. Die wohnungslosen Familien könnten begleitend durch Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter betreut werden. Die Unterbringung im vom Bezirk angemieteten Wohnraum könnte als Brücke zum Finden einer eigenen Wohnung dienen. Die Gewährung von Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach §§ 67 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) käme für die betroffenen Familien in Betracht. Die Mieten für entsprechende Wohnungen müssten grundsätzlich den Bruttokaltmietrichtwerten der AV Wohnen entsprechen, sofern die Haushalte im Transferleistungsbezug sind. Darüber hinaus lässt die AV Wohnen Zuschläge über den Bruttokaltmietrichtwerten bei Vorliegen bestimmter Härte- und Sonderfallkonstellationen zu. Schließlich erlaubt die AV Wohnen in Einzelfall bereits auch eine Anmietung von Wohnraum oberhalb der Richtwerte, sofern damit ein erhebliches Kostenersparnis für das Land einhergeht (siehe dazu Beantwortung zu Frage 9). Diese kann u.a. darin liegen, dass eine kostenintensive gewerbliche Unterbringung vermieden oder beendet wird. Eine etwaige Kostenersparnis, die mit der Anmietung von Wohnraum durch die Bezirke für die Unterbringung von wohnungslosen Familien einhergeht, kann bislang noch nicht belastbar beziffert werden. Sofern gleichwohl von einem täglichen Kostensatz von 30 Euro je unterzubringender Person ausgegangen würde, ergäben sich bei einer vierköpfigen Familie Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von derzeit ca. 3.600 Euro für die Unterbringung in einer der derzeit vorhandenen Wohnungsloseneinrichtungen nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG). Frage 9: Welche Härtefallregelungen können von Obdachlosigkeit bedrohte große Familien in Anspruch nehmen, wenn Wohnungsangebote die vorgesehenen Richtwerte in der AV Wohnen überschreiten? a) Trifft es zu, dass der Richtwert um bis zu 40% überschritten werden darf, wenn die betroffene Familie akut von Obdachlosigkeit bedroht ist, die Wohnung aus dem sozialen Wohnungsbau kommt und es sich um einen Härtefall handelt? Falls nein, unter welchen Bedingungen würden große Familien von diesen Ausnahmeregelungen Gebrauch machen können? b) Sieht der Senat Regelungsbedarf in der AV Wohnen, um sicherzustellen, dass große Familien von ASOG- Unterbringung in Wohnungen umziehen können, wenn damit eine erhebliche Kostenersparnis für das Land verbunden ist? Falls ja, wie müsste eine solche Neuregelung ausgestaltet sein? Falls nein, warum nicht und welche anderen Lösungen schlägt der Senat vor? Antwort zu 9 a) und b): Die tatsächlichen Aufwendungen bei der Neuanmietung von Wohnraum für von Wohnungslosigkeit bedrohte Familien, die die Richtwerte um bis zu 20 vom Hundert überschreiten, gelten nach Nummer 3.4 der AV Wohnen als angemessen, wenn die 5 Unterbringung in kostenintensiveren gewerblichen oder kommunalen Einrichtungen beendet oder verhindert werden kann. Bei Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus (1. Förderweg) ist gem. Nummer 3.2 Abs. 3 der AV Wohnen eine Überschreitung der Richtwerte um bis zu 10 Prozent zulässig. Zusätzlich kann bei Vorliegen einer besonderen Härte i. S. d. Nummer 3.5.1 z.B. bei Alleinerziehenden, bei wesentlichen sozialen Bezügen (zum Beispiel Schulweg von Kindern, Betreuungseinrichtungen, Kindertagesstätten, Schulen mit eigenständigem Profil und besonderer inhaltlicher Ausrichtung des Unterrichts, Pflege naher Angehöriger), bei Schwangeren oder bei eigener Pflegebedürftigkeit, Erkrankung oder Behinderung der Richtwert um weitere 10 Prozent überschritten werden. Es trifft also zu, dass eine von Wohnungslosigkeit bedrohte Familie bei Neuanmietung einer Wohnung des sozialen Wohnungsbau (1. Förderweg) und bei Vorliegen eines Härtefalles die Richtwerte um 40 Prozent überschreiten kann. Eine Angemessenheitsprüfung im Rahmen des besonderen Einzelfalles ist gem. Nummer 3.1 Abs. 2 der AV Wohnen bereits möglich. Gerade wenn damit ein erhebliches Kostenersparnis für das Land einhergeht, ist die individuelle Angemessenheitsprüfung angeraten. Über dies sieht die für Soziales zuständige Senatsverwaltung die Notwendigkeit einer Konkretisierung dieser Einzelfallentscheidungen in der AV Wohnen. Berlin, den 7. Juni 2019 In Vertretung S. Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen