Drucksache 18 / 19 010 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Benedikt Lux (GRÜNE) vom 23. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Mai 2019) zum Thema: Maßnahmen des Katastrophenschutzes zur Bekämpfung des Klimawandels in Berlin und Antwort vom 13. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Juni 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Benedikt Lux (Bündnis90/Die Grünen) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/19010 vom 23.05.2019 über Maßnahmen des Katastrophenschutzes zur Bekämpfung des Klimawandels in Berlin Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie bewertet der Senat die Dürre- und Waldbrandgefahr für das Jahr 2019 in Berlin? Welche Gebiete werden ggf. besonders betroffen sein? (Bitte auflisten.) Antwort zu 1: Nachdem im April und Mai 2019 erneut deutlich weniger Niederschläge fielen als im langjährigen Mittel, ist die Wasserversorgung der Waldvegetation aktuell bereits sehr angespannt. Ob und in welchem Umfang auch 2019 in den Berliner Wäldern Dürreschäden drohen, hängt von der Niederschlagsentwicklung in den kommenden Sommermonaten ab und kann daher heute noch nicht abgeschätzt werden. Der Dürresommer 2018 hat allerdings in vielen Waldgebieten zu Vitalitätseinbußen der Bäume geführt, sodass für das laufende Jahr mit einer geringeren Toleranz und Kompensationsfähigkeit der Vegetation zu rechnen ist. Besonders betroffen von erneuten Dürreperioden wären vor allem anspruchsvollere Laubbaumarten und junge Bäume (aller Baumarten) aus Pflanzung oder natürlicher Aussaat. Die Waldbrandgefahr ist in Folge der geringen Niederschläge in allen Berliner Wäldern in den Frühjahrsmonaten 2019 überwiegend hoch gewesen. Ein besonders großes Risiko besteht vor allem in jüngeren und mittelalten kieferndominierten Wäldern, in Wäldern mit vertrockneter Bodenvegetation oder Reisigmaterial und in Wäldern an Straßen, Gewässerufern und anderen Erholungsschwerpunkten, da häufig fahrlässiges Verhalten von Menschen die Ursache von Waldbränden ist. Auch hier hängt die weitere Entwicklung der Gefährdungslage vom weiteren Witterungsverlauf ab. 2 Frage 2: Welche Maßnahmen wurden in den letzten 5 Jahren zur Vorbeugung und Bekämpfung des Klimawandels getroffen? (Bitte einzeln auflisten.) Antwort zu 2: Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels sind begrifflich festgelegt als Maßnahmen des Klimaschutzes. Sie umfassen als so genannte Mitigationsmaßnahmen alle Aktivitäten, die auf eine Verminderung von Treibhausgasemissionen und somit auf eine Dämpfung des durch selbige maßgeblich angetriebenen Klimawandels ausgerichtet sind. Für Berlin sind die Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels wie auch Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels im Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) zusammengefasst, welches das Berliner Abgeordnetenhaus am 25. Januar 2018 beschlossen hat. Über den Stand der Umsetzung wurde dem Abgeordnetenhaus zuletzt im Februar 2019 Bericht erstattet. Insofern wird hier auf die Drucksache 18/1710 vom 26.02.2019 verwiesen. Über das BEK hinaus sind hier im Zusammenhang mit der Beantwortung zu Frage 1 die Maßnahmen des seit 2012 laufenden Waldumbauprogramms hervorzuheben. So weisen Mischwälder nicht nur eine höhere Resilienz gegenüber den für Berlin erwarteten klimatischen Veränderungen sondern auch eine geringere Anfälligkeit gegenüber Waldbränden auf. Maßnahmen des Katastrophenschutzes sind per se keine Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels. Sie sind auch keine Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels, sondern dienen ausschließlich dem Schutz von Leben, Gesundheit oder Umwelt während eines Katastrophenereignisses bzw. in dessen Vorfeld. Der Senat hat in den zurückliegenden fünf Jahren im Zusammenhang mit dem Klimawandel keine derartigen Maßnahmen ergriffen. Frage 3: Welche Konsequenzen hat der Senat aus der Dürre des letzten Sommers gezogen? Frage 8: Sind Maßnahmen zur Bewässerung der Bäume und sonstigen Pflanzen für 2019 geplant? Antwort zu 3 und 8: Die Erfahrungen des Hitzesommers 2018 werden derzeit noch ausgewertet, um zukünftig besser auf derartige Wetterlagen vorbereitet zu sein. Für die Wälder gilt es, weiterhin die Entwicklung vitaler und vielfältiger Mischwälder zu fördern. Die dürrebedingten Verluste in den vergangenen Jahren gepflanzter Bäume müssen durch Nachpflanzung im Herbst 2019 ausgeglichen werden. Zur Waldbrandvorsorge wird verstärkt in Unterhaltung und Pflege der Waldwege investiert und Aufklärungs- und Informationsarbeit geleistet. Für die Pflege und Unterhaltung der Bäume und sonstiger Pflanzen auf öffentlichen Flächen sind grundsätzlich die Bezirke / Straßen- und Grünflächenämter zuständig. Wie schon im Jahr 2018 werden den Bezirken auch in 2019 für zusätzliche Wässerungen Mittel in Höhe von insgesamt 1 Mio. Euro von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zur auftragsweisen Bewirtschaftung übertragen. Damit können 3 beispielsweise Sommerdienstaufträge zur Bewässerung des Stadtgrüns an die Berliner Stadtreinigung (BSR), Garten- und Landschaftsbauunternehmen als auch andere Akteure vergeben werden. Ferner wurden für 2019 den Bezirken weitere Sondermittel für Maßnahmen zur nachhaltigen Stärkung des Berliner Baumbestandes für Pflegemaßnahmen, Nachpflanzungen von Bäumen sowie Sanierungen von Baumstandorten in Höhe von insgesamt 5 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Die Erkenntnisse aus der Dürre im Sommer 2018 fließen aktuell in Planungsprozesse der Bezirke für Grünflächen ein. So werden beispielsweise bei der Sanierung von Grünanlagen Hydranten zur regelmäßigen Wässerung vorgesehen, bezirkliche Investitionen in Bewässerungsfahrzeuge getätigt und im Fall von Nach- oder Ersatzpflanzungen klimaangepasste Pflanzensorten verwendet. Weiterhin fließen verschiedene Optionen der Straßenbaum- und Grünflächenbewässerung im Zuge der Klimaanpassung in die Charta für das Berliner Stadtgrün ein, welche aktuell durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz erarbeitet wird. Hier werden verschiedene Möglichkeiten abgesteckt durch innovative Lösungen die Regenwasserbewirtschaftung zur Bewässerung von z.B. Stadtbäumen zu nutzen. Frage 4: Welche Maßnahmen plant der Senat 2019 ggf. zum Einsatz kommen zu lassen (§ 4 Absatz 1 Katastrophenschutzgesetz Berlin)? Welche Behörden werden ggf. an den Maßnahmen beteiligt sein und auf welche privaten Hilfsorganisationen im Sinne von § 12 Absatz 2 Katastrophenschutzgesetz Berlin wird man zurückgreifen? Wie ist die Zusammenarbeit organisiert? Antwort zu 4: Der Senat geht nach bisherigem Stand der Kenntnisse in den Fachverwaltungen über die Auswirkungen des Klimawandels in Berlin nicht davon aus, dass Maßnahmen im Sinne des Katastrophenschutzgesetztes ergriffen werden müssen. Frage 5: Gibt es einen Einsatzplan gemäß § 4 Absatz 1 Nr. 3 Katastrophenschutzgesetz Berlin? Antwort zu 5: Es gibt keinen auf das gesamte Stadtgebiet oder die Verwaltung Berlins als Gesamtheit bezogenen Einsatzplan im Sinne des § 4 Absatz 1 Nr. 3 des Berliner Katastrophenschutzgesetzes. Vielmehr ist es Aufgabe der Katastrophenschutzbehörden - dies sind die für Ordnungsaufgaben zuständigen Ordnungsbehörden, nachgeordneten Ordnungsbehörden und Sonderbehörden sowie die Polizei des Landes - nach pflichtgemäßem Ermessen Katastrophenschutzpläne sowie erforderlichenfalls ereignisbezogene und objektbezogene Einsatzpläne zu erstellen und fortzuschreiben. Hierbei verfolgen die Behörden unterschiedliche Ansätze. Aufgrund der Vielzahl von im Sinne des Katastrophenschutzgesetztes zuständigen Katastrophenschutzbehörden wird für die Beantwortung der Frage auf folgende Beispiele Bezug genommen: Während beispielsweise für die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie ein solcher Einsatzplan besteht, gibt es einen eigenen Katastrophenschutzplan oder Einsatzplan für die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung 4 und ihren Geschäftsbereich nicht. So richten sich das Oberverwaltungsgericht Berlin- Brandenburg sowie das Verwaltungsgericht Berlin hinsichtlich der Koordinierung der justizfachlichen Notstandsplanung und der Angelegenheiten der administrativen Notstandsplanung nach der Richtlinie für das Melde- und Lagewesen in einer Krise und im Verteidigungsfall (Melderichtlinie - MeldRL) des Bundesministeriums des Innern. Die Justizvollzugsanstalten des geschlossenen Vollzuges wiederum haben Alarmpläne erlassen, die auch Regelungen für Katastrophenfälle beinhalten. In der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe steht im Zuge der Neufassung der Zivilen Alarmplanung sowie nach Novellierung relevanter Notfallgesetzgebung derzeit an, Katastrophenschutzpläne sowie ereignisbezogene und objektbezogene Einsatzpläne zu erstellen und zu überarbeiten. Frage 6: Für welche Betriebe gibt es externe Notfallpläne? Antwort zu 6: Einen Notfallplan gemäß Katastrophenschutzgesetz Berlin gibt es zur Sicherung kritischer Infrastrukturen für die Berliner Wasserbetriebe. Über externe Notfallpläne weiterer Betriebe lagen für die Beantwortung der Frage keine Informationen vor. Frage 7: Gibt es einen Arbeitsstab im Senat, der sich mit den fortwährenden Klimaveränderungen und deren Konsequenzen in Berlin beschäftigt? Wenn ja, welche Maßnahmen sind für die nächsten Jahre zur Bekämpfung des Klimawandels in den nächsten Jahren geplant? Antwort zu 7: Die Zuständigkeit für die Koordinierung der Klimaanpassung liegt bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. Zuständige Fachbehörde ist das Referat Klimaschutz und Klimaanpassung. Die Behörde setzt u. a. die mit § 12 Abs. 1 des Berliner Energiewendegesetzes vom 22.03.2016 gesetzte Verpflichtung um, auf der Grundlage eines aktuell zu haltenden Kenntnisstandes über den Klimawandel und der Abschätzung seiner konkreten Auswirkungen auf das Land Berlin für das Berliner Energieund Klimaschutzprogramm Strategien und Maßnahmen zu entwickeln, die darauf abzielen, die Anpassungsfähigkeit natürlicher, gesellschaftlicher und ökonomischer Systeme zu verbessern und die Funktion der städtischen Infrastrukturen sowie die urbane Lebensqualität zu erhalten. Die Behörde ist mithin zuständig für die Umsetzung des ebenfalls mit o. g. Gesetz vorgeschriebenen Monitorings des Klimawandels und seiner Auswirkungen. Zur Durchführung dieser Aufgaben steht die Behörde in ständigem Austausch mit anderen Fachbehörden. In Bezug auf die in den nächsten Jahren vorgesehenen Maßnahmen wird auf die Beantwortung zu Frage 2 verwiesen. Mit dem vom Senat am 28. August 2018 beschlossenen Umsetzungskonzept zum Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm - BEK 2030 für den Umsetzungszeitraum 2017 bis 2021 wird ein breites Spektrum von Maßnahmen sowohl für den Bereich der Mitigation als auch der Adaptation verfolgt. Für den Bereich der Bekämpfung des Klimawandels seien hier als strategische Schwerpunkte 5 beispielhaft Maßnahmen zum Ausbau der Erneuerbaren Energien und der energetischen Gebäudesanierung genannt. Im Bereich der Klimaanpassung umfasst das Maßnahmenspektrum bspw. den weiteren Ausbau des Trinkbrunnennetzes, den naturnahen Waldumbau sowie die Entwicklung Blau-Grüner-Infrastrukturen im gesamten Stadtgebiet. Als ein vorrangiges Ziel verfolgt der Senat die Verringerung insbesondere der an die Mischkanalisation angeschlossenen Niederschlagsabflussflächen. Zu diesem Zweck strebt der Senat ein flächendeckendes dezentrales Regenwassermanagement an, das nicht zuletzt einen zweiten wichtigen Handlungsstrang – Kühlung und Verschattung von Aufenthaltsflächen in der Stadt - unterstützt. Frage 9: Wie oft musste man in den letzten 5 Jahren auf private Hilfsorganisationen im Sinne von § 12 Absatz 2 Katastrophenschutzgesetz zurückgreifen? Was waren die Gründe dafür? Frage 10: Welche privaten Hilfsorganisationen haben welche Einsätze in den letzten 5 Jahren geleistet? (Bitte auflisten.) Frage 11: Wie viele Zuwendungen haben die privaten Hilfsorganisationen in den letzten 5 Jahren dafür aus dem Haushalt erhalten? (Bitte nach den einzelnen Hilfsorganisationen aufschlüsseln.) Frage 12: Wie oft mussten Polizei und Feuerwehr in den letzten 5 Jahren Hilfe beim Katastrophenschutz im Sinne von § 16 Abs. 1 Katastrophenschutzgesetz Berlin leisten? Antwort zu 9 bis 12: Gemäß § 2 des Katastrophenschutzgesetzes Berlin in der aktuell gültigen Fassung sind Katastrophen im Sinne dieses Gesetzes Großschadensereignisse, die zu einer gegenwärtigen Gefahr für das Leben oder die Gesundheit einer Vielzahl von Menschen, für die Umwelt oder für sonstige bedeutsame Rechtsgüter führen und die von den für die Gefahrenabwehr zuständigen Behörden mit eigenen Kräften und Mitteln nicht angemessen bewältigt werden können. Das Land Berlin hatte bislang keine Katastrophenlagen im Sinne des Katastrophenschutzgesetzes zu bewältigen. Daher mussten weder die anerkannten privaten Hilfsorganisationen, noch die Polizei Berlin, die Berliner Feuerwehr oder Kräfte und Einrichtungen des Bundes, der Länder sowie der Kreise und Gemeinden anderer Länder Einsätze auf Basis des Katastrophenschutzgesetzes Berlin leisten. Insofern haben die privaten Hilfsorganisationen - ungeachtet der Zuwendungen, die sie grundsätzlich vom Land Berlin für den Katastrophenschutz erhalten - mangels entsprechender Einsätze im Sinne des Katastrophenschutzgesetzes Berlin dafür keine Zuwendungen aus dem Haushalt erhalten. 6 Frage 13: Ist der Ankauf eines Lösch-Hubschraubers ggf. gemeinsam mit Brandenburg geplant? Wenn nein, warum nicht? Welche Einsatzfahrzeuge werden für die Bekämpfung eines Waldbrandes zusätzlich benötigt? Antwort zu 13: Die Beschaffung eines Löschhubschraubers ist derzeit nicht geplant. Die Bundespolizei und die Bundeswehr verfügen über geeignete Fluggeräte, die im Rahmen der Amtshilfe angefordert werden können. Ein Einsatz von fliegenden Einsatzmitteln zur Waldbrandbekämpfung war in Berlin bisher nicht nötig; der Schwerpunkt der Einsatztaktik der Berliner Feuerwehr basiert daher auf dem Einsatz bodengebundener Einheiten. Grundsätzlich reichen die vorhandenen Mittel aus, um eine effektive Waldbrandbekämpfung im Land Berlin durchzuführen. Ungeachtet dessen sind mit der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2020/2021 weitere Verbesserungen bei der Ausstattung der Berliner Feuerwehr vorgesehen. Der Abschluss des Haushaltsaufstellungsverfahrens bleibt abzuwarten. Berlin, den 13.06.2019 In Vertretung Stefan Tidow Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz