Drucksache 18 / 19 029 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Nicola Böcker-Giannini, Thomas Isenberg und Tino Schopf (SPD) vom 27. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Mai 2019) zum Thema: Krank durch die U-Bahn? Hygienestandards und –zustand in den ÖPNV und Antwort vom 11. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Jun. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Frau Abgeordnete Nicola Böcker-Giannini (SPD), Herrn Abgeordneten Thomas Isenberg (SPD) und Herrn Abgeordneten Tino Schopf (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/19029 vom 27. Mai 2019 über Krank durch die U-Bahn? Hygienestandards und –zustand in den ÖPNV ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Abgeordneten: Nach einigen Berichten über häufigere Ansteckungen durch Tröpfchen-, Schmier- oder Kontaktinfektionen in den öffentlichen Verkehrsmitteln in Berlin, fragen wir den Senat: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er hat daher die Berliner Verkehrsbetriebe um Stellungnahme gebeten. Die Beantwortung der Fragen 4 bis 8 und 12 beruht auf den übergebenen Stellungnahmen. 1.) Gibt es Erkenntnisse des Senats über gesundheitliche Gefahren, die den Nutzer*innen des ÖPNV in Berlin durch mangelnde Hygiene drohen? Zu 1.: Dem Senat ist bekannt, dass es aerogen übertragbare Krankheiten (z. B. Influenza, Masern ) gibt, mit denen eine Ansteckung im ÖPNV - so wie an allen anderen Orten auch - möglich ist. Das Risiko einer Erkrankung durch diese oder andere Übertragungsweise, wie Tröpfchen, Kontakt- oder Schmierinfektion, ist abhängig vom individuellen Verhalten der Fahrgäste. 2.) Führt der Senat oder führen die Bezirks-Gesundheitsämter eine Statistik über die Anzahl der Erkrankungen mit Tröpfchen, Kontakt- oder Schmierinfektionen in den Jahren 2012 bis heute? 3.) Wenn ja, ist hier eine signifikante Veränderung festzustellen? 2 Zu 2. und 3.: Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) sieht für die Meldung von meldepflichtigen übertragbaren Krankheiten sowie entsprechenden Erregernachweisen ein konkretes Verfahren vor: die Meldung muss entsprechend § 9 Absatz 3 IfSG unverzüglich erfolgen und spätestens 24 Stunden nach erlangter Kenntnis dem zuständigen Gesundheitsamt vorliegen. Die Berliner Gesundheitsämter leiten die Meldungen anonymisiert an das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin (LAGeSo) weiter. Im LAGeSo werden die Meldungen zusammengefasst , ausgewertet und an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt. Eine umfangreiche Berichterstattung zu meldepflichtigen Erkrankungen nach dem IfSG wird auf der Internetseite des LAGeSo (https://www.berlin.de/lageso/gesundheit/infektionsepidemiologieinfektionsschutz /berichterstattung/ ) veröffentlicht. Eine Klassifizierung nach der Art des Übertragungsweges („Tröpfchen-, Kontakt- oder Schmierinfektionen“) erfolgt dabei nicht. Deshalb sind beide Fragen zu verneinen. 4.) Haben die BVG oder die S-Bahn Berlin besondere oder zumindest nachprüfbare Hygienemaßnahmen ergriffen, die sich nach den neuesten Erkenntnissen (z.B. des RKI) richten? 5.) Wenn ja, welche sind das? 6.) Ist dem Senat bekannt, wie oft Desinfektionsmaßnahmen in Bussen, Bahnen und anderen Verkehrsmitteln der öffentlichen Hand durchgeführt werden? 7.) Ist dem Senat bekannt, welche genauen Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt werden ? 8.) Ist dem Senat bekannt, in welchen Intervallen diese Maßnahmen durchgeführt werden oder gibt es diesbezüglich Vorschriften? Zu 4. bis 8.: Die BVG sowie die von ihr beauftragten Reinigungsunternehmen beschäftigen keine expliziten Desinfektoren bzw. Hygieniker für die Ausführung von Reinigungsarbeiten. Generell finden selbstverständlich in regelmäßigen Abständen Reinigungen der Fahrzeuge und Bahnhöfe statt. Desinfektionsmaßnahmen werden vom RKI nicht für den üblichen Umgang empfohlen. Insbesondere von allgemeinen Desinfektionen wird abgeraten. Das RKI empfiehlt als suffiziente Maßnahme gegen die üblichen Keime wie Bakterien und Viren ein regelmäßiges Händewaschen. Sollten jedoch spezifische Viren auftreten, werden Maßnahmen eingeleitet, die in einem Influenza-Pandemieplan der BVG festgelegt sind. Hierfür bilden die nationale Empfehlungen , das Katastrophenschutzgesetz sowie das Infektionsschutzgesetz die Grundlage. 9.) Hält der Senat die Hygienemaßnahmen der Betreiber des ÖPNV in Berlin für ausreichend zur Eindämmung von Gefahren, die der menschlichen Gesundheit durch Tröpfchen-, Kontakt- und Schmierinfektionen in öffentlichen Verkehrsmitteln drohen? 10.) Plant der Senat eine Evaluation der ergriffenen Maßnahmen? 11.) Plant der Senat eine Verbesserung der hygienischen Zustände? 3 Zu 9. bis 11.: Die Reinigung und Desinfektion in Verkehrsmitteln liegen in der Verantwortung der jeweiligen Unternehmen. Wie aus den vorangegangenen Antworten hervorgeht, sind die Berliner Verkehrsbetriebe auch auf außergewöhnliche Situationen, wie z.B. eine Influenza- Pandemie, vorbereitet. Transportmittel gehören zum öffentlichen Raum, in dem üblicherweise Personen aufeinandertreffen und somit das Risiko einer Übertragung von Krankheitserregern nicht auszuschließen ist. Das persönliche Verhalten kann maßgeblich einer Ansteckung vorbeugen. Die wichtigsten persönlichen Maßnahmen sind gründliches Händewaschen und das Vermeiden der Berührung des Gesichts mit den Händen. 12.) Wieviel Prozent der Beschäftigten, insbesondere der Fahrer*innen, Kontrolleur*innen und des Aufsichts- /Servicepersonals in a) Bussen b) Straßenbahnen c) U-Bahnen d) S-Bahnen sind gegen die jeweiligen in den Impfempfehlungen der ständigen Impfkommission des Bundes aufgeführten Krankheiten gemäß den dortigen Impfempfehlungen geimpft? Zu 12.: Hiervon hat der Senat keine Kenntnis. Allerdings bietet die BVG allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen eine jährliche Grippeschutzimpfung an. Es wird dazu keine Statistik erhoben . 13.) Sind dem Senat Studien bekannt, die in den Berliner Verkehrsmitteln, vergleichbar der Hongkonger Metro Studie (Universität Hongkong: https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(18)31051-9) die Keimbelastung analysieren? 14.) Wenn ja, wer hat diese in Auftrag gegeben und zu welchem Ergebnis kamen die Studien? Zu 13. und 14.: Die Ärzte Zeitung online berichtet am 12.05.2017 von einer Studie, die das Reinigungsunternehmen Zipjet veranlasste. Es wurden Abstriche von Sitzbänken in Taxis, Bahnen und Bussen in Berlin, London und Paris genommen. Dabei erwiesen sich die Berliner Busse von allen untersuchten Transportmitteln als das sauberste. Das RKI hat in seinem Epidemiologischen Bulletin 17/2015 von einer Untersuchung berichtet, die der Frage nachging, ob ähnlich wie in Portugal auch in deutschen öffentlichen Verkehrsmitteln antibiotikaresistente Keime (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus, MRSA) vorkommen würden. Bei der Untersuchung wurden insgesamt 370 Untersuchungen in Bussen und Bahnen der Essener Verkehrs AG durchgeführt. Dabei konnten an keiner Stelle MRSA nachgewiesen werden. Berlin, den 12. Juni 2019 In Vertretung Martin Matz Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung