Drucksache 18 / 19 043 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Taschner (GRÜNE) vom 27. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Mai 2019) zum Thema: Solarenergie zwischen Klima-, Denkmal- und Milieuschutz und Antwort vom 11. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Jun. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Herrn Abgeordneten Stefan Taschner (Grüne) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 19043 vom 27.05.2019 über Solarenergie zwischen Klima-, Denkmal- und Milieuschutz Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und bat daher die Bezirksämter um eine Stellungnahme, die in die Beantwortung eingeflossen ist. 1. Gebäude verändern sich hinsichtlich ihres Aussehens seit jeher. Ab wann und nach welchen Kriterien wird bei einem denkmalgeschützten Gebäude oder Ensemble die Installation von erneuerbaren Energieanlagen als eine Weiterentwicklung und damit genehmigungsfähige Veränderung angesehen ? Zu 1.: Die Grundsätze von Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit sind Teil des gesetzlichen Auftrags von Denkmalschutz und Denkmalpflege. Da natürliche Ressourcen endlich sind und ein verantwortlicher Umgang mit ihnen den kommenden Generationen geschuldet ist, unterstützen auch das Land Berlin und ihre Denkmalbehörden die Verwendung solarer Energien im Rahmen der sinnvollen Nutzung von Denkmälern, soweit dieses mit den landesgesetzlichen Bestimmungen zum Denkmalschutz vereinbar ist. Die denkmalrechtliche Prüfung im Genehmigungsverfahren geschieht im Einzelfall und zielt auf die Bewertung des Eingriffs auf Substanz und/oder Erscheinungsbild im konkreten Fall ab. Für die denkmalfachliche Bewertung sind besonders die Gründe der Unterschutzstellung heranzuziehen. Die Auswirkungen von Solaranlagen sind im Genehmigungsverfahren entsprechend dem Denkmalwert differenziert zu gewichten. Seite 2 von 4 2. Trifft es zu, dass als eine Voraussetzung für die Installation einer Solaranlage auf einem denkmalgeschützten Gebäudedach nicht nur die Nichteinsehbarkeit von der Straße, sondern auch von benachbarten Gebäuden gewährleistet sein muss? a) In welchen Fällen wurde dies dennoch genehmigt bzw. in welchen Fällen wurde die Genehmigung versagt. Bitte die letzten 5 Jahre auflisten. Zu 2.: Die denkmalrechtliche Prüfung im Genehmigungsverfahren geschieht im Einzelfall und zielt auf die Bewertung des Eingriffs auf Substanz und/oder Erscheinungsbild im konkreten Fall ab. Ihre Nichteinsehbarkeit vom öffentlich zugänglichen Raum aus wird die Genehmigungsfähigkeit erleichtern. Im Land Berlin sind in den vergangenen Jahren im Verhältnis zur geringen Anzahl von Anträgen diverse Denkmale mit Solaranlagen versehen worden. Zur Anzahl der statistisch erfassten Anträge und Genehmigungen siehe Antwort zu Frage 4. 3. Laut Berechnungen der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (htw) unterliegen 15 bis 20 Prozent der Berliner Dachflächen dem Denkmalschutz und kommen somit nur eingeschränkt oder gar nicht für die Gewinnung von erneuerbarer Energie in Frage. Wie bewertet der Senat die Festschreibung des Denkmals in Zeiten des Klimawandels? Ist das gängige Verfahren noch zeitgemäß? Zu 3.: Die Unterschutzstellung eines Denkmals führt nicht zwangsläufig zu dem Ergebnis, dass das Gebäude nicht oder nur eingeschränkt für die Gewinnung von erneuerbaren Energien zur Verfügung steht. Aktuell sind 11600 Objekte (507 Ensemble; 3998 Ensembleteile, 5818 Baudenkmale; 1277 Gesamtanlagen) – ohne Berücksichtigung von Garten- und Bodendenkmalen – als Denkmalpositionen in der Denkmalliste verzeichnet . Aufgrund der unterschiedlichen Größe der Dächer und der Mehrteiligkeit von Ensembles und Gesamtanlagen ist eine konkrete Aussage zur Ausnutzung von Dachflächen für Solaranlagen im Verhältnis zu allen Berliner Dachflächen nicht möglich . Der Landesdenkmalrat (LDR) als beratendes Gremium des zuständigen Senatsmitglieds hat sich im Jahr 2015 mit dem Thema Baukultur und Klimaschutz befasst. Im Sitzungsprotokoll vom 20.02.2015 heißt es dazu: „Über 9% der Berliner Gebäude […] stehen unter Denkmalschutz oder Genehmigungsvorbehalt.“ Das Gremium positionierte sich wie folgt: „Der LDR stellt klärend fest, dass sich Denkmalschutz und Energie - und Klimaschutz nicht ausschließen. In den meisten Fällen und in einem bestimmten Umfang sind Maßnahmen zum Klimaschutz durchaus mit dem Denkmalschutz verträglich. Es können indessen keine allgemein verbindlichen Regeln aufgestellt werden, sondern es muss objektweise geprüft werden, welche Maßnahmen mit dem Ziel der Erhaltung eines bestimmten Baudenkmals verträglich sind. Als Grundregel kann gelten, dass alle energetischen Verbesserungen möglich sind, die weder die Substanz noch die Erscheinung des Baudenkmals beeinträchtigen.“ In der nachfolgenden Sitzung am 24.04.2015 beschäftigte sich der LDR mit Photovoltaikanlagen auf Kirchendächern und positionierte sich wie folgt: „Der LDR erinnert daran, dass selbst gemäß dem Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) rund 25% der Dachflächen genügen, um die für eine klimaneutrale Stadt nötige elektrische Energie zu generieren.“ Die Denkmalpflege geht daher davon aus, dass die für die Aufnahme einer Solaranlage zur Verfügung stehenden Dachflächen von Denkmalen neben den ohnehin zur Seite 3 von 4 Verfügung stehenden Dachflächen von weit über 80% eine sinnvolle Bereicherung der klimapolitischen Ziele des Senats sein können und der Denkmalschutz für das Gesamtziel kein Hemmnis darstellt. Somit sind die Klimaziele und der Denkmalschutz miteinander vereinbar. 4. Wie viele Anträge auf Bau-Genehmigung für Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden gab es seit dem Jahr 2010 in Berlin? Bitte nach Bezirken auflisten und nach Bewilligungen sowie Ablehnungen aufschlüsseln. Zu 4.: Gemäß der geltenden Bauordnung Berlin sind Solaranlagen in, an und auf Dachund Außenwandflächen, ausgenommen bei Hochhäusern, sowie die damit verbundene Änderung der Nutzung, oder der äußeren Gestalt des Gebäudes bauordnungsrechtlich verfahrensfrei (vgl. § 61 Absatz 1 Nummer 3a Bauordnung Berlin). Insofern sind in dem genannten Zeitraum auch keine Bauanträge gestellt worden. Unterstellt, dass in Anbetracht der bauordnungsrechtlichen Verfahrensfreiheit nach denkmalrechtlichen Genehmigungsverfahren gefragt wird, gilt: Eine entsprechend detaillierte Erfassung derartiger Anträge findet in den Bezirksämtern - Charlottenburg-Wilmersdorf, - Lichtenberg, - Marzahn-Hellersdorf, - Mitte, - Pankow, - Reinickendorf, - Steglitz-Zehlendorf, - Tempelhof-Schöneberg und - Treptow-Köpenick nicht statt, womit keine statistische Auswertung möglich ist. Bezirk Anträge Bewilligungen Ablehnungen Charlottenburg-Wilmersdorf - - - Friedrichshain-Kreuzberg Lichtenberg - - - Marzahn-Hellersdorf - - - Mitte - - - Neukölln 3 2 - Pankow - - - Reinickendorf - - - Spandau 6 6 0 Steglitz-Zehlendorf - - - Tempelhof-Schöneberg - - - Treptow-Köpenick - - - Seite 4 von 4 5. Wie viele Anträge auf Bau-Genehmigung für Solaranlagen wurden berlinweit in Milieuschutzgebieten gestellt? Bitte nach Bezirken auflisten und nach Bewilligungen sowie Ablehnungen aufschlüsseln. Zu 5.: In Anbetracht der bauordnungsrechtlichen Verfahrensfreiheit (vgl. Antwort zu Frage 4.) wird davon ausgegangen, dass hier nach Anträgen gemäß § 172 Absätze 1 Satz 1 Nummer 2, 4 Baugesetzbuch) gefragt wird. Es wird darauf hingewiesen, dass es nicht in allen Berliner Bezirken Milieuschutzgebiete gibt bzw. keine statistische Erfassung erfolgt. Bezirk Anträge Bewilligungen Ablehnungen Charlottenburg-Wilmersdorf 0 - - Friedrichshain-Kreuzberg Lichtenberg 0 - - Marzahn-Hellersdorf - - - Mitte - - - Neukölln 0 - - Pankow 6 6 0 Reinickendorf 0 - - Spandau - - - Steglitz-Zehlendorf - - - Tempelhof-Schöneberg 0 - - Treptow-Köpenick 0 - - 6. Inwieweit kann das neugegründete Solarzentrum Hilfestellungen zu Solarenergie im Denkmalsowie Milieuschutz bieten? Zu 6.: Das am 8. Mai 2019 eröffnete SolarZentrum berät zu allen Fragen rund um das Thema Solarenergie. Zu den Aufgaben gehört auch, Hilfestellungen für die Nutzung der Solarenergie zu leisten, damit die vorhandenen Potenziale in Berlin gehoben werden. Das SolarZentrum wird sich Fragen in Bezug auf die Installation von Solaranlagen auf, an oder in der Umgebung von Denkmalen oder in Milieuschutzgebieten widmen. Die Expertinnen und Experten des SolarZentrums können u. a. zu technischen Lösungen informieren, vorbildliche Beispiele nennen als auch Kontakte zu anderen Akteuren mit Erfahrung beim Bau von Solaranlagen an Denkmalen oder in Milieuschutzgebieten , wie z. B. den Berliner Stadtwerken, der Architektenkammer oder der Handwerkskammer, herstellen. Berlin, den 11.06.2019 In Vertretung Gerry Woop Senatsverwaltung für Kultur und Europa