Drucksache 18 / 19 068 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Bettina Jarasch (GRÜNE) vom 29. Mai 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Mai 2019) zum Thema: Für die Ewigkeit: Pflege der jüdischen Friedhöfe in Berlin und Antwort vom 11. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Jun. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Frau Abgeordnete Bettina Jarasch (Grüne) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 19068 vom 29.05.2019 Für die Ewigkeit: Pflege der jüdischen Friedhöfe in Berlin Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Abgeordneten: In Berlin gibt es fünf Jüdische Friedhöfe. Vier davon sind in der Zuständigkeit der Jüdischen Gemeinde zu Berlin – in der Großen Hamburger Straße, in der Heerstraße, in der Schönhauser Allee und in der Herbert-Baum-Straße (Weißensee). Der fünfte ist der Friedhof der Israelitischen Synagogen- Gemeinde Adass Jisroel in der Wittlicher Straße (Weißensee). Im Epl. 08 des Haushaltsplans von Berlin für die Jahre 2018/2019 sind die Zuwendungen des Landes Berlin zweckgebunden zur Unterstützung der Erhaltung der Jüdischen Friedhöfe mit 348.000 € eingestellt. Diese Förderung wird ergänzt um eine Förderung aus Bundesmitteln in derselben Höhe, zweckgebunden für die Erhaltung und Pflege jüdischer Friedhöfe. 1. Wie verteilen sich die Zuwendungen zur Erhaltung jüdischer Friedhöfe auf die fünf Friedhof- Standorte und damit auf die Jüdische Gemeinde und die Israelitische Synagogen-Gemeinde Adass Jisroel? Falls es Unterschiede gibt, wie sind diese begründet? Zu 1.: In Art. 9 (3) des Staatsvertrages zwischen dem Land Berlin und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin heißt es: „Das Land Berlin gewährt der Jüdischen Gemeinde Zuwendungen für diejenigen gemeindeeigenen Friedhöfe oder Teile von ihnen, die nach den gemeindlichen Vorschriften nicht wiederbelegt werden können.“ Demnach fördert das Land die Erhaltung der sogenannten verwaisten jüdischen Friedhöfe, solche Friedhöfe, die keine Eigentümer mehr haben und nicht mehr belegt werden. Aus diesem Grunde werden der aktuelle Friedhof in der Heerstraße und die genutzten Teile des Friedhofs Weißensee der Jüdischen Gemeinde nicht gefördert. Der verwaiste Friedhof der Israelitischen Synagogengemeinde Adass Jisroel wird nicht mehr gefördert, da die ordentliche Bewirtschaftung der Mittel nicht sichergestellt werden kann. Zudem hat die Gemeinde 2017 eine etwa 7000 m² große pietätsunbe- Seite 2 von 3 fangene Fläche ihres Friedhofs in Weißensee zum Zwecke der Veräußerung entwidmet und verkauft. Die Aufteilung der Mittel für einzelne Friedhöfe erfolgt jährlich wie dargestellt anhand ihrer Fläche (Land und Bund geben jeweils die Hälfte1): Friedhof Weißensee (nicht mehr genutzter Teil) Land/Bund: 585.200 € Friedhof Schönhauser Allee Land/Bund: 64.651 € Friedhof Große Hamburger Straße Land/Bund: 13.742 €. Weitere Zuwendungen erhalten die Friedhofsträger aus zweckgebundenen Zuweisungen des Bundes auf der Grundlage des Bundesgesetzes über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft (Gräbergesetz) vom 1. Juli 1965 in der Fassung vom 16. Januar 2012. Allen Friedhofsträgern werden Mittel pro Grab auf der Basis eines einheitlichen Pflegesatzes zugewiesen. Hier werden auch der Gemeinde Adass Jisroel für ihre auf dem Gemeindefriedhof befindlichen eingerichteten Opfergräber jährlich durch die für das Friedhofswesen zuständige Verwaltung Mittel für die Pflege derselben überwiesen. Die Gemeinde hat diese Mittel in den vergangenen Jahren stets unverbraucht an das Land zurücküberwiesen. 2. Die institutionelle Förderung der Synagogengemeinde Adass Jisroel wurde laut EP 08 bis zu einer Neuordnung der Gemeindestrukturen eingestellt. Abhängig von der Antwort auf Frage 1: Leitet der Senat aus dieser Tatsache ab, dass die Synagogengemeinde auch keine Mittel zur Pflege des Friedhofs in Weißensee bekommt? Wenn ja, wie plant der Senat, dann seiner Verantwortung für die Erhaltung jüdischer Friedhöfe in Berlin gerecht zu werden? Zu 2.: Der Senat hat zuletzt 2017 mit der Gemeinde um eine Wiederaufnahme der Förderung des Friedhofs verhandelt, bis der Verkauf eines Teils des Friedhofs zu gewerblichen Zwecken von dritter Seite bekannt wurde. Auf das Angebot im Oktober 2017, dass eine dritte Institution oder Person des Vertrauens die Friedhofspflege übernehmen könne, reagierte die Gemeinde nicht. 3. Abhängig von der Antwort auf Frage 1: Sind mit der Synagogengemeinde konkrete Auflagen vereinbart worden, deren Erfüllung zu einer Wiederaufnahme der Förderung der Friedhofspflege führen? Wenn ja, welche und wie steht es um die Erfüllung dieser Auflagen? Wenn nein, weshalb nicht? Zu 3.: Es muss die ordentliche Geschäftsführung sichergestellt werden. Dies kann etwa durch die Übernahme der Pflege des Friedhofs durch einen Dritten oder eine dritte Institution geschehen. 4. Die Totenruhe ist im jüdischen Glauben ewig, jüdische Friedhöfe daher für die Ewigkeit angelegt. Damit ist der Aufwand für die Pflege und den Erhalt eines jüdischen Friedhofs unabhängig von der Größe der Gemeinde hoch, bzw. der Aufwand wird für die Gemeinde sogar umso schwieriger zu leisten, je kleiner die Gemeinde ist. 4. a) Gibt es bei den jüdischen Friedhöfen aufgrund dieser Tatsache einen kritischen zusätzlichen Flächenbedarf oder sind die aktuell zur Verfügung stehenden Bestattungsflächen ausreichend? 1Aufgrund der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern sowie den Vertretern der Jüdinnen und Juden in Deutschland vom 21. Juni 1957 werden die Kosten jeweils zur Hälfte vom Bund und dem Land Berlin übernommen. Seite 3 von 3 Zu 4.a): Die Verwaltung, Organisation und Belegungsplanung eines Friedhofs obliegen dem jeweiligen Friedhofsträger. Ein konkreter zusätzlicher Flächenbedarf für die jüdischen Friedhöfe ist dem Senat aktuell nicht bekannt. Es ist auch davon auszugehen , dass die der Israelitischen Synagogen-Gemeinde Adass Jisroel zur Verfügung stehende Bestattungsfläche ausreichend ist. 4.b) Inwieweit fließt diese Besonderheit in die Berechnung der finanziellen Zuwendungen mit ein – gibt es einen einkalkulierten regelmäßigen Aufwuchs, zumindest für die Friedhöfe, auf denen aktuell noch bestattet wird? 4.c) Welche Lösungsvorschläge hat der Senat, um die Pflege aller jüdischen Friedhöfe unabhängig von der Größe der zuständigen Gemeinde zu gewährleisten? Zu 4.b) und 4.c): Aufgrund der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern sowie den Vertretern der Jüdinnen und Juden in Deutschland vom 21. Juni 1957 werden die Kosten zur Sicherung und Betreuung der Friedhöfe der ehemaligen jüdischen Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland jeweils zur Hälfte vom Bund und dem Land Berlin übernommen. Der Zuschuss bemisst sich nach der Quadratmeterfläche – pro qm erhält der Friedhofsträger 1,54 €. Nach Kenntnis des Senats ist die Bezuschussung für den Erhalt und die Sicherung von jüdischen Friedhöfen derzeit ausreichend. Berlin, den 11.06.2019 In Vertretung Gerry Woop Senatsverwaltung für Kultur und Europa