Drucksache 18 / 19 838 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Benedikt Lux (GRÜNE) vom 05. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Juni 2019) zum Thema: Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Polizei und Antwort vom 17. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Juni 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Benedikt Lux (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/19838 vom 5. Juni 2019 über Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Polizei ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Vollzugsbeamt*innen der Polizei Berlin haben in den letzten zehn Jahren pro Jahr: a) Elternzeit ohne Anwesenheit in Anspruch genommen (m/w) und wie lange pro Jahr im Durchschnitt ? b) Teilzeit in Elternzeit wahrgenommen und mit welchen Arbeitsanteilen (Rundung auf unter 50%, bis 75%, unter 100% möglich)? c) familienpolitische Teilzeit wahrgenommen und mit welchen Arbeitsanteilen (Rundung auf unter 50%, bis 75%, unter 100% möglich)? Zu 1.a): Eine differenzierte Auswertung der Gestaltung von Abwesenheitszeiten (und damit auch der Elternzeit) - insbesondere im Hinblick auf die Länge der jeweiligen Zeiträume - ist mittels der Integrierten Personalverwaltung (IPV) nicht möglich. Für die Personalplanungen sowie die laufende Stellen- und Personalwirtschaft werden lediglich die Dienstkräfte, die voraussichtlich 12 Monate oder länger Elternzeit in Anspruch nehmen, gesondert erfasst. Für die Zeit von 2009 bis 2018 (die Auswertung erfolgt auf der Basis der im System IPV zum Stichtag 31. Dezember eines jeden Jahres hinterlegten Daten und spiegelt den Datenbestand zu diesem Stichtag wider, für 2019 wird daher erst zum Beginn des nächsten Jahres eine aussagekräftige Übersicht vorliegen ) ergibt sich damit folgendes Bild: Seite 2 von 4 Jahr Anzahl Dienstkräfte in Elternzeit ohne Anwesenheit m w gesamt 2018 8 140 148 2017 16 146 162 2016 9 129 138 2015 11 147 158 2014 19 151 170 2013 22 144 166 2012 18 157 175 2011 24 159 183 2010 18 171 189 2009 24 174 198 Zu 1. b und c) Da im IPV-System keine sachlichen Gründe für die Gewährung bzw. Inanspruchnahme von Teilzeit hinterlegt sind, ist eine Auswertung nach „Teilzeit in Elternzeit“ und „Teilzeit aus familienpolitischen Gründen“ nicht möglich. 2. Inwieweit werden die anteilmäßigen Arbeitszeitreduktionen durch personalplanerische Maßnahmen seitens des Senats insoweit ausgeglichen, als dass ein in der Summe erhöhter Bedarf an tatsächlichem Personal („Köpfen“) daraus resultiert, um die Abwesenheitszeiten auszugleichen? Zu 2.: Die Personalbedarfsplanung der Polizei Berlin richtet sich im Vollzugsbereich nach Personalzahlen in Vollzeitäquivalent. Dafür werden entsprechend der Vorgaben des § 49 der Landeshaushaltsordnung (LHO) und der diesbezüglichen Ausführungsvorschriften die durch zeitweise Arbeitszeitreduktionen ungenutzten Stellenanteile personalwirtschaftlich genutzt. Immanent ist hierbei, dass die Anzahl des tatsächlichen Personals („Köpfe“) die Stellenzahl deutlich übersteigt. 3. Wie ist seitens des Senats sichergestellt, dass die familienpolitischen Bedürfnisse der Polizeibeamt *innen insbesondere auf planbare Feierabendzeiten im Hinblick auf insbesondere Kinderund /oder Angehörigenbetreuung gewährleistet ist? Wie wird gleichzeitig sichergestellt, dass diese Bedürfnisse nicht zu Lasten der von familienpolitischen Zwängen weniger oder nicht betroffenen Polizeibeamt*innen gehen? Zu 3.: Bei der Planung des Personaleinsatzes werden individuelle Belange der Dienstkräfte , zu denen insbesondere Kinder- und Angehörigenbetreuung zählen, in Abwägung mit den dienstlichen Erfordernissen weitestgehend berücksichtigt. Die dem Polizeivollzugsdienst immanente eingeschränkte Vorhersehbarkeit polizeilicher Lagen schränkt die Sicherstellung planbarer Feierabendzeiten jedoch erheblich ein. Die Berücksichtigung der Bedürfnisse der Dienstkräfte hinsichtlich planbarer Feierabendzeiten - insbesondere im Zusammenhang mit Kinder- oder Angehörigenbetreuung - geht zwangsläufig zu Lasten der übrigen Dienstkräfte. Es wird jedoch auf eine möglichst ausgewogene Belastung aller Dienstkräfte hingewirkt. Seite 3 von 4 4. Welchen Investitionsbedarf sieht der Senat aufgrund der kürzlich zwischen Polizei und Gesamtpersonalrat der Polizei geschlossenen Dienstvereinbarung zu Telearbeit und mobilem Arbeiten? Wie sollen die tatsächlichen Voraussetzungen insbesondere im Hinblick auf die erforderliche technische Ausstattung geschaffen werden? Zu 4.: Die technischen Voraussetzungen zur Umsetzung der Dienstvereinbarung zu Telearbeit und mobilem Arbeiten sind - wie in der Dienstvereinbarung beschrieben - bereits in begrenztem Umfang vorhanden. Die technische Ausstattung reicht jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht aus, um den tatsächlichen Bedarf für Telearbeit und mobiles Arbeiten zu decken. Erst wenn der Gesamtbedarf an Telearbeitsplätzen bzw. mobilem Arbeiten bekannt ist, können belastbare Aussagen zum Investitions-bedarf für die Beschaffung von mobilen Endgeräten und die erforderliche Er-tüchtigung der zentralen Infrastruktur gemacht werden. Es ist in jedem Falle eine Ertüchtigung der zentralen Infrastruktur erforderlich, um den Zugang der mobilen Arbeitsplätze sowie eine Netzsegmentierung entsprechend der Vorgaben und Empfehlungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) für die Gestaltung eines Netzwerkes aufzubauen, in welches verstärkt auch mobile Arbeitsplätze eingebunden werden können. Hierfür werden für 2019 250.000,- € und für 2020 und 2021 jeweils 300.000,- € benötigt. Darüber hinaus wären bei geschätzten 3000 Nutzenden im derzeit vorhandenen Verfahren jährliche Kosten von 45.000,- € für die Zwei-Faktor-Authentifizierung sowie 48.000,- € für die Erweiterung der Bandbreite zum Internet zu veranschlagen. Für die Beschaffung der mobilen Endgeräte (Notebook, Dockingstation, Monitor) werden nach jetzigem Planungsstand mit einer sowohl teilweise personenbezogenen Ausstattung als auch Poolbildung (nicht mehr als 20 % der geschätzten Nutzenden zeitgleich) für zunächst insgesamt 800 Endgeräte 240.000,- € für 2019 und jeweils 360.000,- € in 2020 und in 2021 angesetzt. Daraus ergäbe sich für die Annahme der Ausstattung von 200 personenbezogenen und 600 gepoolten Geräten insgesamt ein Investitionsvolumen von 2.016.000,00 € (für 2019 510.000,00 €, für 2020 753.000,00 € und für 2021 753.000,00 €). Die ggf. erforderliche Büroausstattung für alternierende Telearbeitsplätze ist hierbei noch nicht enthalten und muss entsprechend der individuellen Antragsstellungen gesondert erhoben werden. Die Schaffung der Voraussetzungen soll in Abhängigkeit des tatsächlichen Bedarfs und der Verfügbarkeit von Investitionsmitteln schrittweise umgesetzt werden. 5. Wie hat sich die noch auf Grundlage der ehemaligen Dienstvereinbarung Telearbeit geregelten Inanspruchnahme von Telearbeit in der Bußgeldstelle der Polizei vor dem Hintergrund der Vereinbarkeit von Beruf und Familie auf die Arbeitszeitanteile der Mitarbeiter*innen dort ausgewirkt? Zu 5.: Insgesamt ist feststellbar, dass Telearbeit insbesondere bei der Bußgeldstelle ein anerkanntes Instrument des Personaleinsatzes und bei den Dienstkräften eine beliebte Form der Arbeitszeitgestaltung ist. Derzeit verrichten bei der Bußgeldstelle 63 Dienstkräfte regelmäßig Telearbeit. Von diesen 63 Dienstkräften waren ursprünglich 14 Dienstkräfte in Teilzeit beschäftigt. Zwischenzeitlich haben vier der 14 Teilzeitbeschäftigten ihre Arbeitszeit erhöht, weitere vier Dienstkräfte haben ihre Teilzeit beenden und befinden sich nunmehr in Vollbeschäftigung. Obwohl nicht valide bewertet werden kann, ob die Arbeitszeiterhöhungen durch die Telearbeit erst ermöglicht werden konnten, ist ein Zusammenhang anzunehmen. Seite 4 von 4 6. Sie steht der Senat zu einer Ausweitung der flexiblen Arbeitszeiten bei der Polizei über den aktuellen Zeitkorridor hinaus bei Freiwilligkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ggf. Verzicht auf Zulagen (i.d.R. wochentags 06:00 – 19:30 Uhr)? Zu 6.: Die Rahmenanwesenheitszeiten in den flexiblen Arbeitszeitmodellen der Polizei Berlin bieten den Dienstkräften unter Berücksichtigung der dienstlichen Obliegenheiten weitgehenden Raum, den Beruf mit privaten Belangen zu vereinbaren. Dem im Zusammenhang mit den andauernden hohen Temperaturen des letzten Jahres vielfach geäußerten Wunsch einer Ausweitung der Rahmenanwesenheitszeiten beabsichtigt die Polizeibehörde mit einer Dienstvereinbarung mit dem Gesamtpersonalrat entgegen zu kommen. Mit dieser Dienstvereinbarung soll die Rahmenanwesenheitszeit bei extremen Wetterlagen auf Entscheidung der Behördenleitung auf den Zeitraum von 04:00 bis 22:00 Uhr ausgeweitet werden können. Zusätzliche Kosten durch Zahlung von Zulagen für Beamtinnen und Beamte werden hierdurch nicht entstehen. 7. Wie steht der Senat zu einer stundenweise Ausübung der Dienstzeit mittels mobilen Arbeitens auch im Hinblick auf die vorangestellte Frage? Zu 7.: Bei der Polizei gelten für die Dienstkräfte während des mobilen Arbeitens sowie für Telearbeit am häuslichen Arbeitsplatz dieselben Rahmenanwesenheitszeiten wie in der Dienststelle. Eine Ausweitung der Rahmenanwesenheitszeit bei extremen Wetterlagen würde dann auch für das mobile Arbeiten gelten. Innerhalb der Rahmenanwesenheitszeit kann der Dienst stundenweise verrichtet werden. Berlin, den 17. Juni 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport