Drucksache 18 / 19 850 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Niklas Schrader (LINKE) vom 06. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Juni 2019) zum Thema: Extrem rechte Äußerungen durch Berliner Polizeischüler bei Basketballspiel und Antwort vom 26. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Jul. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Niklas Schrader (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/19850 vom 6. Juni 2019 über Extrem rechte Äußerungen durch Berliner Polizeischüler bei Basketballspiel ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse hat der Senat über den in Presseberichten beschriebenen Vorfall, bei dem mindestens drei Polizeischüler während eines Basketballspiels von Alba Berlin in der Mercedes- Benz-Arena am 27. April 2018 durch so genannte „Affenlaute“ gegenüber einem schwarzen Spieler und „Sieg-Heil“-Rufe aufgefallen sind und angezeigt wurden? Zu 1.: Im Rahmen der ersten Ermittlungen zum Vorfall vom 27. April 2018 wurde zunächst bekannt, dass zwei Anwärter für den mittleren Dienst der Schutzpolizei in der Mercedes-Benz-Arena anlässlich einer Basketballbegegnung durch eine Zeugin dabei beobachtet worden sind, dass einer der Anwärter mehrfach das Wort „Sieg“ und ein weiterer anschließend das Wort „Heil“ gerufen haben soll. Die weiteren Ermittlungen führten zur Identifizierung einer weiteren Nachwuchskraft, die sich zunächst im Zeugenstatus befand. Die Beamten wurden vom AG Tiergarten wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a Strafgesetzbuch) erstinstanzlich zu Geldstrafen verurteilt. Gegen alle Urteile wurden Rechtsmittel eingelegt. 2. Trifft es zu, dass auf zwei Mobiltelefonen der betreffenden Personen Inhalte mit rechtem Gedankengut gefunden wurden und wenn ja, um welche Inhalte handelte es sich? Waren diese strafbar? Zu 2.: Eine Beantwortung dieser Frage kann im Hinblick auf das noch nicht abgeschlossene Strafverfahren nicht erfolgen. 3. Trifft es zu, dass einer der drei Polizeischüler noch während des laufenden Verfahrens zum Polizeimeister auf Probe ernannt wurde und wenn ja, hat dies auch nach der Verurteilung weiterhin Bestand? Seite 2 von 3 Zu 3.: Mit dem Ende der Ausbildungszeit ist unaufschiebbar zu entscheiden, ob ein Beamtenverhältnis auf Widerruf enden oder eine Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Probe erfolgen soll. Da die Ausbildungszeit aller drei Beamten während der noch laufenden Strafverfahren endete, hatte die Polizei schon vor dem rechtskräftigen Abschluss der Strafverfahren eine Entscheidung zu treffen. Sie hat dabei jeden Vorgang einer individuellen Betrachtung und Würdigung unter Berücksichtigung aller zu beachtenden Umstände, insbesondere auch der bisher gezeigten dienstlichen Leistungen der Beamten sowie ihres bisherigen dienstlichen und außerdienstlichen Verhaltens, unterzogen und ist zum Ergebnis gekommen, allen Beamten eine weitere Bewährungszeit im Rahmen eines Beamtenverhältnisses auf Probe einzuräumen. In Abhängigkeit vom Einzelfall wurden zudem weitere dienstrechtliche Maßnahmen auferlegt. Der rechtskräftige Abschluss der Strafverfahren führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit der dienstrechtlichen Entscheidungen. 4. Was sind mögliche Ausschlusskriterien für eine Beförderung bzw. eine Übernahme in den Polizeidienst? Bitte einzeln aufschlüsseln. Zu 4.: Sowohl eine Beförderung als auch eine Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Probe stellen eine Ernennung gemäß § 8 BeamtStG dar. Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen (§ 9 BeamtStG). Für einen zeitlich begrenzten Zeitraum liegen folgende gesetzliche „Ausschlusskriterien“ für Beförderungen vor: für die Dauer der Umsetzung der Disziplinarmaßnahme einer Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 Abs. 4 Disziplinargesetz (DiszG)) sowie für die Dauer von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Verhängung der Disziplinarmaßnahme einer Zurückstufung einer Dienstkraft in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt (§ 9 Abs. 3 DiszG). In beiden Fällen kann der Zeitraum im Rahmen der Entscheidung verkürzt werden, sofern dies im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens angezeigt ist. Darüber hinaus begründet insbesondere die Feststellung der fehlenden persönlichen (charakterlichen) Eignung im Beamtenverhältnis auf Widerruf im Ergebnis einer dienstrechtlichen Prüfung eine Entlassung oder Nichtberufung beziehungsweise bei mangelnder Bewährung in der Probezeit oder Begehung einer Handlung, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte, gegebenenfalls eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. 5. Welche Gründe rechtfertigten die Übernahme in den Polizeidienst trotz rassistischer Äußerungen und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen? Zu 5.: Die Übernahme einer Anwärterin oder eines Anwärters in ein Beamtenverhältnis auf Probe bei der Polizei Berlin erfolgt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Für die jeweilige Person muss die Erwartung bestehen, dass sie alle dienstlichen und außerdienstlichen Pflichten aus dem Beamtenverhältnis erfüllen wird, sich insbesondere durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennt und für deren Erhalt eintritt (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG). Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte für Zweifel an der Einhaltung dieser Pflicht, können diese der Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Probe entgegenstehen. Seite 3 von 3 Die Polizei Berlin nimmt dabei jeden Hinweis für solche Zweifel sehr ernst und bezieht ihn in den Gesamtabwägungsprozess im Rahmen der von ihr für jede Anwärterin und jeden Anwärter vor einer Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe zu treffenden individuellen Eignungsprognoseentscheidung ein. Die Entscheidung kann die Auferlegung weiterer dienstrechtlicher Maßnahmen beinhalten, erforderlichenfalls auch für die gesamte Dauer der Probezeit. 6. Wie viele Disziplinarverfahren wurden im Zusammenhang mit diesem Vorfall eingeleitet? Mit welchem jeweiligen Ergebnis bzw. Verfahrensstand? Zu 6.: In Zusammenhang mit dem Vorfall in der Mercedes-Benz-Arena wurden drei Disziplinarverfahren eingeleitet, die gemäß § 22 Abs. 1 DiszG ausgesetzt worden sind und nach Maßgabe des § 22 Abs. 2 DiszG spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluss des jeweiligen Strafverfahrens fortgesetzt werden. 7. Hat der Senat Kenntnisse, ob die drei Polizeischüler bereits in der Vergangenheit wegen der Verletzung von Polizeidienstvorschriften in einem rechten Kontext aufgefallen sind? Wenn ja, um welche Vorfälle handelte es sich konkret und welche Konsequenzen wurden daraus gezogen? Zu 7.: Nein. 8. Welche Kenntnisse hat der Senat, ob gegen die betroffenen Polizeianwärter ein auf Dauer angelegtes Hallenverbot ausgesprochen wurde? Zu 8.: Dazu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. Berlin, den 26. Juni 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport