Drucksache 18 / 19 855 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 04. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Juni 2019) zum Thema: Barrierefreier Straßenraum und Antwort vom 25. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Juni 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/19855 vom 4. Juni 2019 über Barrierefreier Straßenraum Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Verwaltung: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Bezirksämter von Berlin um Stellungnahmen gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurden. Sie werden in der Antwort an den entsprechend gekennzeichneten Stellen wiedergegeben. Frage 1: Wie viele Überquerungsstellen sind in Berlin bereits komplett barrierefrei, d.h. sowohl abgesenkt als auch mit taktilen Platten versehen? Frage 3: Dies entspricht jeweils welchem Prozentsatz der Gesamtzahl an Überquerungsstellen in Berlin? Bitte jeweils nach Bezirken differenzieren. Antwort zu 1 und zu 3: Die Bezirksämter teilten mit, dass über die barrierefrei hergestellten Querungsstellen außerhalb von Lichtzeichenanlagen (LZA) keine gesonderten Statistiken geführt werden. Lediglich der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gab etwa 170 Überquerungsstellen (abgesenkt mit taktilen Platten) in Form von Gehwegvorstreckungen, Fußgängerüberwegen (Zebrastreifen) und baulich angelegten Mittelinseln an, welche zur sicheren Querung geschaffen wurden. Mitgezählt sind hierbei nicht die Bordabsenkungen und taktilen Platten an Knotenpunkten mit Lichtzeichenanlagen. 2 Das Einrichten von Querungshilfen erfolgt in der Regel auf Eigeninitiative des Straßenund Grünflächenamtes oder aufgrund von Bürgerhinweisen oder Hinweisen Dritter. Parallel dazu setzt das Straßen- und Grünflächenamt jährlich finanzielle Mittel aus dem sogenannten Bordabsenkungsprogramm der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz ein, um an entsprechenden Stellen eine Barrierefreiheit herzustellen. Statistisch erfasst werden jedoch Maßnahmen im Zusammenhang mit der Barrierefreiheit von Lichtzeichenanlagen (LZA). Die Daten, welche von der Verkehrslenkung Berlin (VLB) zur Verfügung gestellt wurden, können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Frage 2: Wie viele Überquerungsstellen sind nur abgesenkt bzw. nur mit taktilen Platten versehen? Antwort zu 2: Die (für den Bereich der LZA) vorhandenen Datenbanken differenzieren nicht in diese zwei Merkmale. Jedoch schreibt die Ausführungsvorschrift für die Anlage von Geh- und Radwegen seit 2013 vor, dass beim Einbau von Rillenplatten auch eine Bordabsenkung vorzusehen ist. Frage 4: Wie viele Überquerungsstellen kommen auf Basis der letzten drei Jahre im Zuge von Neu- und Umbau jeweils jährlich hinzu? Frage 8: Wie viele Ampeln kommen auf Basis der letzten drei Jahre im Zuge von Neu- und Umbau jeweils jährlich hinzu? Antwort zu 4 und zu 8: Es konnten jährlich 20-25 LZA mit Rillenplatten und/oder akustischen und/oder taktilen Elementen ausgestattet werden. Darüber hinaus werden durch die Fachbereiche Straßen der Straßen- und Grünflächenämter der Bezirke (SGA) im sog. „Bordabsenkungsprogramm“ jährlich Bordsteinabsenkungen baulich angelegt. Eine genaue Anzahl der umgesetzten Maßnahmen kann mangels statistischer Erfassung der Bezirke, wie bereits in der Antwort zu Frage 1 und 3 erwähnt, nicht genannt werden. Bezirk Lichtsignalanlagen komplett barrierefrei (Rillenplatten) % komplett barrierefrei Charlottenburg Wilmersdorf 284 125 44% Friedrichshain-Kreuzberg 163 78 48% Lichtenberg 112 86 77% Marzahn-Hellersdorf 104 69 66% Mitte 301 195 65% Neukölln 134 76 57% Pankow 150 119 79% Reinickendorf 135 49 36% Spandau 156 81 52% Steglitz-Zehlendorf 223 109 49% Tempelhof-Schöneberg 237 85 36% Treptow-Köpenick 126 96 76% 3 Frage 5: Wann werden nach Erwartung des Senats alle Überquerungsstellen im öffentlichen Berliner Straßenland umfassend barrierefrei sein? Frage 9: Wann werden nach Erwartung des Senats alle Ampeln im öffentlichen Berliner Straßenland umfassend barrierefrei sein? Antwort zu 5 und zu 9: Der Senat hat sich bereits 1998 verpflichtet, alle Neu- und Ersatzbauten von LZA barrierefrei auszustatten. Dazu gehört auch eine blindengerechte Ausstattung.Für den nachträglichen behindertengerechten Ausbau steht jährlich im Landeshaushalt ein Betrag von 1 Mio.€ zur Verfügung. Die Auswahl dieser Anlagen erfolgt ebenso wie die Planung von Neu- und Ersatzbauten als auch die nachträglich behindertengerechten Aufrüstungen im Rahmen der Abstimmungen mit dem Allgemeiner Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin (ABSV). Zu welchem Zeitpunkt die Nachrüstung aller LZA mit Blindenleitssytemen erreicht sein wird, kann aufgrund der zahlreichen beauftragten LZA-Maßnahmen (Maßnahmen im Rahmen der sowohl Neu- als auch Umbauten, Ersatzprogramme, der Unfallkommission, im Zuge von Straßenbaumaßahmen, der Beschleunigung des öffentlichen Personennahverkehrs, im Auftrag von Investoren usw.) und den dabei zu berücksichtigenden Variablen nicht benannt werden. Auch über den Zeitraum der umfassenden Barrierefreiheit aller Querungsstellen in Berlin kann keine Aussage getroffen werden. Die Bezirke entscheiden eigenständig über die bauliche Anlage der Querungseinrichtungen und setzen diese je nach vorhandenen Kapazitäten um. Frage 6: Wie viele Ampelanlagen sind in Berlin bereits barrierefrei für Blinde und Sehbehinderte, d.h. mit akustischen Signalen und Gelben Taster versehen? Frage 7: Welchem Prozentsatz an der Gesamtzahl an Ampeln in Berlin entspricht dies? Bitte jeweils nach Bezirken differenzieren. Antwort zu 6 und zu 7: Als Querungshilfe für Blinde und Sehbehinderte dienen neben den akustischen Signalen und gelben Tastern auch die Rillenplatten. Deshalb werden diese Maßnahmen üblicherweise in den Statistiken mit berücksichtigt. Als „BGA“ (Behindertengerechter Ausbau) wird dabei gewertet, wenn entweder Rillenplatten oder akustische oder taktile Signalgeber verbaut sind (oder alle drei Elemente). Die nachfolgende Grafik zeigt, einmal mit und einmal ohne Einbeziehung von Rillenplatten, eine entsprechende Übersicht. 4 Frage 10: Hält der Senat den aktuellen Sachstand und die Perspektiven im Sinne der Inklusion für befriedigend und denkt er, dass dies jeweils den Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention entspricht? Antwort zu 10: Für den barrierefreien Ausbau wird besonderer Wert auf die Einhaltung der Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention gelegt. So ist Berlin im Vergleich der Großstädte in Deutschland im bundesweiten Durchschnitt führend in der Ausstattung von LZA mit behindertengerechtem Ausbau (BGA). Grundsätzlich werden in Berlin alle Neu- und Ersatzbauten vollumfänglich behindertengerecht ausgestattet (Bordabsenkungen, taktile Platten, akustische und vibrierende Signalgeber). Auch bei der Steuerung der einzelnen ausgestatteten Lichtzeichenanlagen werden die Belange der behinderten Menschen berücksichtigt. Jährlich werden im regulären Bauprogramm 8 bis12 Anlagen geschaffen und zusätzlich 8 bis 12 Anlagen ertüchtigt. Im Rahmen des Doppelhaushaltsplans 2020/2021 sind wiederum zusätzliche Mittel für den behindertengerechten Ausbau von Bushaltestellen , LZA-Umrüstungen und Verbesserungen des Fußverkehrs (Bordabsenkungsprogramm „barrierefreie Räume“) vorgesehen. Eine reine Erhöhung der finanziellen Mittel würde nicht zu einer Beschleunigung der Nachrüstung führen. Aufgrund der begrenzten Kapazitäten bei den jeweiligen Planern und Ausführenden, dem relativ kleinen Markt bei diesen Leistungen sowie der derzeitigen Vielzahl der Bauvorhaben im Land Berlin ist ein ausgeprägtes Kapazitätsproblem zu beobachten. Der Berliner Senat unterstützt zusätzlich die Bezirke finanziell im Rahmen der Fußverkehrsstrategie für Berlin mit dem Programm für barrierefreie Räume („Bordabsenkungsprogramm“). Der Senat bewertet den aktuellen Sachstand und die Perspektiven im Sinne der Inklusion aufgrund der dargestellten Maßnahmen als durchaus befriedigend und den Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention entsprechend, insbesondere vor dem Hintergrund der noch geplanten Maßnahmen. Bezirk Lichtsignalanlagen BGA (Rillenplatten mit betrachtet) % BGA (Rillenplatten mit betrachtet) Charlottenburg Wilmersdorf 284 150 53% Friedrichshain-Kreuzberg 163 113 69% Lichtenberg 112 98 88% Marzahn-Hellersdorf 104 91 88% Mitte 301 227 75% Neukölln 134 101 75% Pankow 150 135 90% Reinickendorf 135 71 53% Spandau 156 109 70% Steglitz-Zehlendorf 223 137 61% Tempelhof-Schöneberg 237 114 48% Treptow-Köpenick 126 104 83% 5 Frage 11: Falls nein, was wird der Senat bis wann unternehmen, um Inklusion in Berlin real umzusetzen? Antwort zu 11: Entfällt. Berlin, den 25.06.2019 In Vertretung Ingmar Streese Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz