Drucksache 18 / 19 911 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katalin Gennburg und Tobias Schulze (LINKE) vom 13. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Juni 2019) zum Thema: Pässe von Amazon & Co.? Wie steht der Berliner Senat zu GovTech?! und Antwort vom 28. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Jul. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete Katalin Gennburg und Herrn Abgeordneten Tobias Schulze (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/19 911 vom 13. Juni 2019 über Pässe von Amazon & Co.? Wie steht der Berliner Senat zu GovTech?! ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Was versteht der Berliner Senat unter GovTech-Anwendungen? Zu 1.: „GovTech-Anwendungen“ ist kein eingeführter und allgemeingebräuchlicher Fachbegriff und findet daher in der Berliner Verwaltung keine Verwendung. Für die Umsetzung des E-Government Gesetztes (EGovG Bln) werden Fachbegriffe mit der IKT- Architektur gem. § 21 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 EGovG Bln durch die IKT-Staatssekretärin festgesetzt, die sich aus dem E-Government Gesetz Berlin ergeben. 2. Sind diese Anwendungen kommerzieller Anbieter für öffentliche Dienste aus Senatssicht Teil einer Smart City? Zu 2.: Diese (Amazon-GovTech-) Anwendungen sind aus Senatssicht aktuell kein Teil der Smart City Berlin im Sinne der definierten Strategien. Grundsätzlich gilt aber: Ohne Angebote bzw. Nutzung kommerzieller angebotener Anwendungen wäre die Umsetzung des E-Government Gesetzes nicht denkbar. Hierbei wird jeweils ein Vergabeverfahren durchgeführt, sodass die am Besten auf die Anforderungen passende Anwendung beschafft werden kann. E-Government-Angebote sind immer auch Teil des Smart City-Leitbildes. 3. Wurden oder werden solche Anwendungen in Berlin zur Umsetzung gebracht? Wenn ja, welche und wann? Zu 3.: In Berlin werden neben Standard-Software und Software-Optionen im Kontext IKT- Arbeitsplatz, IKT-Basisdienste (für E-Government und Infrastruktur), Ergänzungskanälen für E-Government auch IT-Fachverfahren in die Umsetzung gebracht, nachdem diese wie unter 2.) beschrieben über ein Vergabeverfahren beschafft wurden. Seite 2 von 3 4. Gab oder gibt es Pilotprojekte zur Erprobung solcher Anwendungen in Berlin? Wenn ja, wo und wann und durch wen beauftragt? Zu 4.: Für die unter 3.) genannten Anwendungen werden in Berlin neben Workshops und Gremienarbeit auch Pilotprojekte in Zusammenarbeit mit dem IT- Dienstleistungszentrum Berlin und Behördenvertretern der Berliner Verwaltung durchgeführt. 5. Welche privaten Anbieter vermitteln diese GovTech Dienste bzw. welche Tech-Firmen stehen hinter diesen? Zu 5.: Keine, siehe 1.) Entsprechende Anbieter werden über ein Vergabeverfahren im Einzelfall ausgewählt. Hierbei werden neben den funktionalen und nicht-funktionalen Anforderungen auch Kriterien der Wirtschaftlichkeit, Sicherheit, Barrierefreiheit etc. betrachtet. 6. Ist dem Senat bekannt, dass insbesondere Amazon weltweit solche standardisierten Angebote für die Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen anbietet und damit zum privaten Anbieter hoheitlicher Aufgaben wird? Zu 6.: Der Senat beobachtet im Rahmen der übergreifenden IKT-Strategie neue Entwicklungen am Markt sowie den Stand der Technik. Die Angebote der Fa. Amazon sind dem Senat bekannt. 7. Wie steht der Senat zu Angeboten von Amazon, mit bspw. dem als Überwachungsinstrument kritisierten Alexa Sprachassistenten hoheitliche Aufgaben wie die Erneuerung des Führerschein durchführen zu lassen? Zu 7.: Bei jeder Beschaffung von Anwendungen werden im Rahmen des Vergabeverfahrens auch Anforderungen an die IKT-Sicherheit sowie die Informationssicherheit und zum Schutz personenbezogener Daten gestellt. Eine Anwendung eines bestimmten Anbieters, der die erhobenen Kriterien nicht erfüllt, wird dementsprechend nicht zum Einsatz kommen. Aus Sicht der landesweiten Steuerung der IKT-Sicherheit wurde Alexa als Cloudbasierter Dienst nicht betrachtet, weil die Nutzung dieses Dienstes nicht konform zur übergreifenden „Private First“-Cloud-Strategie des Landes Berlin ist (vgl. IKT- Architektur). Demnach ist das Hosting von IT-Fachverfahren oder die Nutzung von externen Cloud-Diensten bei der IKT-Steuerung genehmigungspflichtig. Entsprechende Genehmigungen für Produkte der Fa. Amazon wurden bisher weder eingereicht noch genehmigt. Eine Nutzung im Kontext von IT-Fachverfahren kann ausgeschlossen werden, weil für IT-Fachverfahren mit hohem Schutzbedarf aktuell keine Maßnahmen umsetzbar sind, die die Tragbarkeit der Risiken ermöglichen. 8. Ist dem Senat bekannt, dass bspw. in Las Vegas und Mississippi derlei GovTech Angebote realisiert werden? Seite 3 von 3 Zu 8.: Ja. 9. Welche Anbieter von GovTech-Anwendungen sind dem Senat bekannt (bitte einzeln auflisten) und wann haben sich Vertreter dieser Firmen an den Senat und die IBB gewandt, um für ihre Produkte zu werben oder um Unterstützung zu bitten? Zu 9.: Eine einheitliche Definition von „Gov-Tech-Anwendungen“ ist dem Senat nicht bekannt . Die Wortkombination wird in der Berliner Verwaltung nicht allgemein verwendet bzw. verstanden. Folglich ist eine entsprechende Auflistung nicht möglich (siehe auch Antwort zu 1.). 10. Wie steht der Senat zu den Plänen der Innenministerkonferenz, dass Daten, die bei der Nutzung von Technologieassistenten wie Alexa gesammelt werden, künftig als Beweismittel vor Gericht verwendet werden sollen? Zu 10.: Der von der Innenministerkonferenz gefasste Beschluss sieht eine derartige Ausdehnung rechtlicher Kompetenzen nicht vor. Inhaltlich wurde die Weiterentwicklung der technischen Fähigkeiten zur Erkennung, Sicherung und Auswertung von digitalen Spuren thematisiert, um mit der fortschreitenden Digitalisierung Schritt halten zu können und technisches Fachwissen auszubauen. Im Ergebnis stellte die Innenministerkonferenz fest, dass die Sicherheitsbehörden auch mit zunehmender Digitalisierung in der Lage sein müssen, digitale Spuren zu erkennen, zu sichern und auszuwerten . Dabei geht es nicht um die Schaffung neuer Eingriffsbefugnisse, beispielsweise zum Auslesen von sogenannten Smart-Home-Geräten, sondern lediglich um Dateninhalte, die aufgrund der heutigen rechtlichen Grundlagen erhoben werden und im Rahmen der geltenden Strafprozessordnung gesichert werden können. Zudem sieht der Beschluss vorerst lediglich einen Auftrag an die Fachgremien vor, um den grundsätzlichen Bedarf und die dazu erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen zu prüfen. Eine Entscheidung über konkrete Handlungsempfehlungen stand und steht derzeit nicht zur Debatte. Berlin, den 28. Juni 2019 In Vertretung Aleksander Dzembritzki Senatsverwaltung für Inneres und Sport