Drucksache 18 / 19 924 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Evers (CDU) vom 12. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Juni 2019) zum Thema: Geldwäsche: Wie begründet ist das Notar-Bashing des Justizsenators? und Antwort vom 28. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Jul. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Stefan Evers (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/19924 vom 12. Juni 2019 über Geldwäsche: Wie begründet ist das Notar-Bashing des Justizsenators? -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wann, vor welchem Hintergrund und in welchem Zusammenhang hat der Justizsenator die Aussage getroffen, hinsichtlich von Verdachtsmeldungen durch Notare bei möglichen Geldwäschetatbeständen gebe es „noch reichlich Luft nach oben“? Zu 1.: Im Jahr 2017 erfolgten von insgesamt knapp 60.000 Meldungen über den Verdacht von Geldwäsche an die Financial Intelligence Unit (FIU) nur 5 von Notarinnen und Notare, obwohl jeder Immobilienerwerb der notariellen Beglaubigung bedarf und auch die Notarinnen und Notare zur Meldung verpflichtet sind. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 2. Treffen Medienberichte zu, wonach der Justizsenator plant, die Berliner Notare systematisch für ihre Meldepflichten in diesem Zusammenhang zu sensibilisieren und wenn ja, auf welche Weise? Zu 2.: Die Bundesnotarkammer hat ihre Anwendungsempfehlungen zum Geldwäschegesetz aus dem Jahr 2013 überarbeitet und eine aktualisierte Fassung (Stand: März 2018) erstellt. Die Hinweise sind unter https://www.bnotk.de/_downloads/Anwendungsempfehlungen/Anwendungsempfehlunge n_zum_Geldwaeschegesetz_BNotK.pdf abrufbar. Die Präsidentin des Landgerichts Berlin hat die Anwendungshinweise als zuständige Aufsichtsbehörde für die Notarinnen und Notare (mit Maßgaben und Anordnungen gem. § 51 Abs. 2 Satz 1, Abs. 8 Satz 2 Geldwäschegesetz (GwG)) genehmigt und den Notarinnen und Notaren des Landgerichtsbezirks mit Schreiben vom 3. September 2018 zur Kenntnis gegeben. Die Präsidentin des Landgerichts Berlin hat den Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung mit Schreiben vom 17. April 2019 darauf hingewiesen, dass ihr mit dem GwG in der Fassung vom 23. Juni 2017 weitergehende und teilweise gänzlich andere Prüfungs- und Aufsichtstätigkeiten als nach dem bisherigen Aufgabenkatalog der Bundes-Notar- Ordnung (BNotO) übertragen worden sind, die im Rahmen der bisherigen Revision nicht in befriedigender Weise wahrgenommen werden können. Die Anregung der Präsidentin des Landgerichts Berlin, im Bereich der Notarrevision/Notaraufsicht eine Arbeitseinheit 2 einzurichten, deren Aufgabe es ist, die Aufsichts- und Handlungspflichten aus dem GwG zu erfüllen, hat der Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung aufgegriffen und mitgeteilt, dass er für die Intensivierung der Bekämpfung der Geldwäsche eine aus drei Fachleuten aus der Landgerichtsverwaltung bestehende „Task Force“ bei der Notarrevision einrichten möchte. In diesem Zusammenhang hat er gegenüber der Presse geäußert, dass man die Notarinnen und Notare systematisch sensibilisieren werde, damit sie mögliche Geldwäsche-Fälle schneller melden (vgl. https://www.tagesspiegel.de/politik/berlin-plant-geldwaesche-task-force-notare-sollen-imkampf -gegen-clan-kriminelle-helfen/24365266.html). 3. Welche Anhaltspunkte hat der Senat dafür, dass die Notare in Berlin sich ihrer Pflichten nicht hinreichend bewusst sind? Zu 3.: Der Handlungsbedarf des Senats von Berlin ergibt sich aus der in der Antwort zu Frage 2. genannten Mitteilung der Präsidentin des Landgerichts Berlin vom 17. April 2019. 4. Ist dem Senat bewusst, dass Notare gemäß § 18 Bundesnotarordnung einer umfassenden Verschwiegenheitspflicht unterliegen? 5. Ist dem Senat bewusst, dass vor diesem Hintergrund das Geldwäschegesetz in § 43 Abs. 2 einen engen Ausnahmetatbestand für die o.g. Meldepflichten formuliert: „Abweichend von Absatz 1 sind Verpflichtete nach § 2 Absatz 1 Nummer 10 und 12 nicht zur Meldung verpflichtet, wenn sich der meldepflichtige Sachverhalt auf Informationen bezieht, die sie im Rahmen eines der Schweigepflicht unterliegenden Mandatsverhältnisses erhalten haben. Die Meldepflicht bleibt jedoch bestehen, wenn der Verpflichtete weiß, dass der Vertragspartner das Mandatsverhältnis für den Zweck der Geldwäsche, der Terrorismusfinanzierung oder einer anderen Straftat genutzt hat oder nutzt.“ und der Notar daher von der Schweigepflicht nur entbunden ist, wenn er positive Kenntnis von einem Missbrauch des Mandatsverhältnisses hat? 6. Ist dem Senat bewusst, dass in den Fällen, in denen ein Notar positive Kenntnis über eine der Beurkundung z.B. von Immobiliengeschäften vorgelagertem Straftat hat, er bereits nach § 14 Abs. 2 Bundesnotarordnung , § 4 Beurkundungsgesetz verpflichtet ist, seine Mitwirkung zu versagen? 7. Ist dem Senat bewusst, dass die Amtstätigkeit von Notaren sich insbesondere in Zusammenhang mit Immobiliengeschäften üblicherweise auf den Entwurf, die Beurkundung und anschließende grundbuchliche Abwicklung des Veräußerungsgeschäfts beschränkt und nur in seltenen Fällen Zahlungen über sein Notaranderkonto abgewickelt werden? Zu 4. - 7.: Die Praxis der sowie die Regelungen über die Amtstätigkeit der Notarinnen und der Notare sind dem Senat von Berlin bekannt. 8. Wie kommt der Senat zu der Auffassung, ein Notar könne aus dieser Amtstätigkeit heraus Erkenntnisse insbesondere zur Herkunft des Grundstücks oder des Geldes aus einer Vortat der Geldwäsche erlangen - insbesondere, da er gar nicht befugt wäre, hierzu Nachweise zu verlangen? Zu 8.: Die von der Bundesnotarkammer erstellten und von der Präsidentin des Landgerichts Berlin genehmigten Anwendungsempfehlungen zum GwG bieten praktisch handhabbare Vorschläge zur effektiven Umsetzung des GwG. Sie enthalten Erläuterungen zum Anwendungsbereich des GwG für Notarinnen und Notare, zur generellen Risikoanalyse und zu internen Sicherungsmaßnahmen, zu vorgangsspezifischen Maßnahmen der 3 Büroorganisation, zur Meldung von Verdachtsfällen, zur FIU sowie zu Fragen der geldwäscherechtlichen Aufsicht und der Ordnungswidrigkeitentatbestände. 9. Ist dem Senat bewusst, dass der Notar sich im Fall einer allein auf Verdachtsmomente gestützten Meldung strafbar und im Übrigen auch gem. § 823 Abs. 2 BGB zivilrechtlich haftbar machen kann? 10. Ist dem Senat bewusst, dass dieses Risiko auch nicht dadurch auszuräumen ist, dass der Notar um eine Entscheidung der Aufsichtsbehörde (hier: Präsidentin des Landgerichts) über eine Befreiung von der notariellen Verschwiegenheitsverpflichtung nachsucht, da diese ihrerseits einer uneingeschränkten Meldepflicht gem. § 44 Abs. 1 i.V.m. §§ 19, 50 Nr. 1 unterliegt und die Kontaktaufnahme zur Aufsichtsbehörde damit einer unmittelbaren Verdachtsmeldung an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen gleichkäme? Zu 9. - 10.: Die mit den Regelungen über die Amtstätigkeit der Notarinnen und Notare im Zusammenhang stehenden zivil- und strafrechtlichen Vorschriften sind dem Senat von Berlin bekannt. 11. Hält der Senat es vor diesem Hintergrund nicht für sinnvoller, anstelle einer ‚Sensibilisierung‘ von Notaren für den aus seiner Sicht korrekten Umgang mit Verdachtsmeldungen zunächst die rechtlichen Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass der Notar überhaupt die Möglichkeit hat, sich von der Aufsichtsbehörde von seiner Verschwiegenheitsverpflichtung befreien zu lassen, ohne sich dadurch womöglich gleichzeitig strafbar bzw. zivilrechtlich haftbar zu machen? Zu 11.: Die Ausgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen unterfällt der Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Hiervon zu trennen ist die dem Land Berlin obliegende Ausübung der Aufsicht über die Durchführung des GwG. 12. Welche Aktivitäten hat der Justizsenator in dieser Richtung bereits unternommen, ehe er durch seine öffentlichen Äußerungen den Eindruck erweckte, die Berliner Notare seien Teil eines Geldwäscheproblems ? Zu 12.: Die Aktivitäten und Beweggründe des Senators für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung ergeben sich aus der Antwort zu Frage 2. 4 13. Wie stellt der Senat im Übrigen sicher, dass die den Finanzämtern ohnehin von Notaren übermittelten Informationen konsequent daraufhin überprüft werden, ob Anhaltspunkte für einen Geldwäschetatbestand vorliegen? Zu 13.: Notarinnen und Notare sind gem. § 2 Abs. 1 Nr. 10 a) aa) GwG sind Verpflichtete im Sinne des GwG, soweit sie für ihre Mandantinnen und Mandanten an der Planung oder Durchführung bei einem Kauf und Verkauf von Immobilien oder Gewerbebetrieben mitwirken. Notarinnen und Notare haben also bereits im Rahmen des Geschäfts zu prüfen , ob Anhaltspunkte für einen Geldwäschetatbestand vorliegen. Vorgänge über Grundstückskäufe /-verkäufe gelangen daher geprüft zum zuständigen Finanzamt, das kein Verpflichteter im Sinne des GwG ist. Sollten dem Finanzamt jedoch im Rahmen der Bearbeitung des Steuerfalles Tatsachen bekannt werden, die darauf hindeuten, dass es sich bei Vermögenswerten, die mit einer Transaktion oder Geschäftsbeziehung im Zusammenhang stehen, um den Gegenstand einer Straftat nach § 261 StGB handelt, dann hat es diese nach § 31b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen mitzuteilen. Berlin, den 28. Juni 2019 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung