Drucksache 18 / 19 943 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Michail Nelken (LINKE) vom 17. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Juni 2019) zum Thema: Mit möblierten Wohnungen Städtebau- und Mietpreisrecht aushebeln und Antwort vom 04. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Juli 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Dr. Michail Nelken (Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/19943 vom 17. Juni 2019 über Mit möblierten Wohnungen Städtebau- und Mietpreisrecht aushebeln Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: In welcher Art und Weise beobachtet und registriert der Senat die Ausbreitung der Vermietung möblierter Wohnungen? Antwort zu 1: Insoweit keine Zweckentfremdung von Wohnraum vorliegt, ist die Vermietung einer möblierten Wohnung nicht anzeige- bzw. genehmigungspflichtig. Im Rahmen der Erhebungen zum Berliner Mietspiegel 2019 wurde auch der Tatbestand der vermieterseitigen Möblierung der Wohnung bei den Mieterinnen und Mietern abgefragt. Unter einem Prozent der Mieterinnen und Mieter gaben an, dass ihnen die Wohnung möbliert vermietet wurde. Bei den in diesem Segment stichprobenweise durchgeführten Interviews bei den Mieterinnen und Mietern stellte sich heraus, dass lediglich in einem Drittel tatsächlich eine von der Vermieterseite erfolgte Möblierung vorlag, hierbei wurde das vermieterseitige Stellen einer Einbauküche nicht als Möblierung der Wohnung gewertet. Einschränkend muss allerdings betont werden, dass sich Mieterinnen und Mieter von zeitlich befristet angemieteten möblierten Wohnungen vermutlich selten bei solchen freiwilligen Erhebungen beteiligen werden. Frage 2: Welche Erkenntnisse hat der Senat aus der eigenen Beobachtung oder durch Dritte (BBU, IBB u.a.) hinsichtlich der Ausbreitung der Angebote, der lokalen Verteilung und der Entwicklung der Mietpreise der möblierten Wohnungen? Antwort zu 2: Zu beobachten ist, dass aufgrund des Bestehens des Zweckentfremdungsverbots von Wohnraum die Vermietung der Wohnungen als Ferienwohnung zurückgedrängt werden 2 konnte. Zur Fortführung der Geschäftsmodelle werden diese möblierten Wohnungen augenscheinlich zur längerfristigen Vermietung angeboten, um nicht mehr unter das Zweckentfremdungsverbot von Wohnraum zu fallen. Diese Angebote von möblierten Bestandswohnungen konzentrieren sich meist in nachgefragten Gebieten der Stadt. Der Trend geht zu professionellen Angeboten hochpreisig möblierter Wohnungen auf Zeit. Neben der Zunahme der Angebote im Altbaubestand Berlins werden auch zunehmend neue Angebote errichtet. Es entstehen Apartmenthäuser mit Zusatzangeboten, wie kostenloses WLAN, Lounges usw., die nicht selten für die Zielgruppe der finanzstärkeren Studentinnen und Studenten gedacht sind. Auch werden neue Angebote für Wohngemeinschaften oder das Modell des Co-Livings errichtet. Frage 3: Sieht der Senat angesichts sehr hoher Mietpreise von mehr als 20 und 30 €/m2 in diesem Geschäftsmodell ein Unterlaufen der rechtlicher Vorschriften für Wohnungsmieten? Gilt für die Vermietung von möblierten Wohnungen die Mietpreisbremse? Antwort zu 3: § 549 Absatz 2 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nimmt Wohnraum, der nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist, von den Regelungen zur Mietpreisbremse und anderen mieterschützenden Vorschriften aus. Nach der Rechtsprechung ist eine Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch nur mit dem Ziel, den Mieterschutz zu umgehen, unzulässig. Bei den hier in Rede stehenden Vermietungen möblierter Wohnungen auf Zeit im Altbaubestand ist die Absicht der Umgehung der Mietpreisbremse und anderer mieterschützender Vorschriften anzunehmen. Die Anwendung der Mietpreisbremse in Bezug auf die Miete ohne Möblierungszuschlag ist daher regelmäßig anzunehmen. Frage 4: Sieht der Senat neben dem privatrechtlichen Vorgehen der Mieter gegen solch überhöhte Mieten Möglichkeiten für eine Intervention der kommunalen Behörden? Antwort zu 4: Regelmäßig wird der Möblierungszuschlag die hohe monatliche Gesamtzahlung bewirken, die Mietpreisbremse gilt dagegen nur für die eigentliche Miete. Ansatzpunkte, dass die Bezirksämter erfolgreich gegen hohe Forderungen bei der Vermietung von möblierten Wohnungen vorgehen, sind daher nicht erkennbar. Frage 5: Ist eine ausschließlich befristete Vermietung der möblierten Wohnungen mit dem Mietrecht und den städtebaulichen Vorschriften zum Schutz der Wohnnutzung vereinbar? Antwort zu 5: Die Wohnnutzung ist bei längerfristigen Mietverträgen für möblierte Wohnungen grundsätzlich gegeben. Die Vermietung einer möblierten Wohnung, die nicht unter die Ausnahme des § 549 Absatz 2 Nr. 1 BGB fällt, muss allerdings die Voraussetzungen für Zeitmietverträge gemäß § 575 BGB erfüllen und deshalb ein Befristungsgrund innewohnt (z.B. bei späterem Eigenbedarf oder Modernisierung). Das wird regelmäßig nicht der Fall sein und die Mieterinnen und Mieter solcher Wohnungen könnten gegebenenfalls einen unbefristeten Mietvertrag auf zivilrechtlichem Wege durchsetzen. 3 Frage 6: Sind Mietpreise, Befristung der Mietverträge auf maximal ein Jahr, Möblierung und Inklusive- Dienstleistungen (wie Reinigung, Handtuch- und Bettwäscheservice u.a.m.) für den Senat Indizien dafür, dass es sich hierbei nicht um eine Wohnungsnutzung, sondern um eine Spezialform des Beherbergungsbetriebes handelt? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 6: Nein, da bei der längerfristigen Dauer der Mietverträge grundsätzlich von einer Wohnnutzung auszugehen ist. Frage 7: Was unternimmt das Land Berlin (Senat und Bezirke) zur Eindämmung dieser Art der „Umnutzung“ von Mietwohnungen? Antwort zu 7: Insoweit im konkreten Einzelfall eine Zweckentfremdung von Wohnraum vorliegt, werden die Bezirksämter bei Kenntnis von Amtswegen den Sachverhalt verfolgen und ahnden. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen hat mit allen Bezirksämtern ein „Bündnis für Wohnungsneubau und Mieterberatungen Berlin 2018 bis 2021“ geschlossen, welches unter anderem einen Auf- bzw. Ausbau der bezirklichen Mieterberatungen vorsieht. Die Mieterinnen und Mieter haben damit eine gute Möglichkeit, sich zu ihren weiteren Handlungsoptionen beraten zu lassen, um ihre berechtigten zivilrechtlichen Rechtsansprüche durchzusetzen. Frage 8: Hält der Senat Gesetzesänderung im Landes- oder Bundesrecht für erforderlich, um dieser die Wohnraumversorgung breiter Bevölkerungskreise gefährdenden Entwicklung entgegenwirken zu können? Wenn ja, beabsichtigt der Senat diesbezüglich aktiv zu werden? Antwort zu 8: Ja, der Gesetzesantrag des Landes Berlin mit einem Mietrechtsmodernisierungsgesetz (Bundesratsdrucksache 300/18) beinhaltete bereits Verbesserungen, damit die Einhaltung der Mietpreisbremse besser durch die Mieterinnen und Mieter kontrolliert werden kann. Der Möblierungszuschlag sollte der Höhe nach angemessen beschränkt werden. Mehrheiten für den Berliner Gesetzesantrag konnten im Bundesrat nicht erreicht werden. Mit der vom Senat vorgesehenen Einführung eines Berliner Mietendeckels soll auch der Anteil für die Miete bei möblierten Wohnungen beschränkt werden. Berlin, den 04.Juli 2019 In Vertretung Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen