Drucksache 18 / 19 950 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegner (CDU) vom 14. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Juni 2019) zum Thema: Gewinnung neuer Zielgruppen für das bürgerschaftliche Engagement und Antwort vom 04. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Jul. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Der Regierende Bürgermeister von Berlin - Senatskanzlei – Frau Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegner (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 19 950 vom 14. Juni 2019 über Gewinnung neuer Zielgruppen für das bürgerschaftliche Engagement ___________________________________________________________________ 1. Am 26. Juni 2017 verkündete Frau Staatssekretärin Chebli im Ausschuss für Bürgerschaftliches Engagement und Partizipation, dass sie sich dafür einsetzen werde, diejenigen in die Engagement Landschaft einzubinden, die sich bisher nicht angesprochen fühlen. Welche Erkenntnisse hat der Senat darüber, welche Zielgruppen das sind und warum diese dem Ehrenamt fernbleiben? Zu 1. und 2.: In der wissenschaftlichen Literatur ist es weitgehend allgemeiner Konsens, dass insbesondere geringes Einkommen, niedrige formale Bildungsabschlüsse, kulturelle Differenz zum vorherrschenden Mainstream sowie besondere Teilhabebedürfnisse wie etwa Sprachbarrieren, körperliche oder psychische Beeinträchtigungen die Engagement- und Beteiligungswahrscheinlichkeit verringern. Aktuelle Erkenntnisse auch für Berlin erwartet der Senat aus dem alle fünf Jahre durchgeführten Deutschen Freiwilligensurvey, der 2019 erneut erhoben wird. 2. Ist für diese Zielgruppen ein Konzept erstellt worden, wie, in welcher Form und wofür diese angesprochen und geworben werden sollen? Wenn ja, mit welchem Erfolg wurde das Konzept umgesetzt? Wenn nein, warum gibt es ein solches Konzept nicht? Zu 2.: Im Rahmen des seit Mitte 2019 von der Senatskanzlei geförderten Projekts „Gemeinsam für Berlin – Bürgerschaftliche Mitverantwortung für die Zukunft der Stadt“ der Stiftung Zukunft Berlin wird die Beteiligung bisher häufig unterrepräsentierter Gruppen adressiert. Ein Teilergebnis des Projekts wird die nähere Beschreibung dieser Gruppen und die weitere Analyse der Gründe für ihre 2 Nicht-Beteiligung sein. Ziel des Projektes ist es, geeignete Formate zu finden, um Menschen für Engagement und Beteiligung zu gewinnen, die bisher in der Stadtgesellschaft wenig Gehör finden. Die Frage der Einbindung sogenannter „engagementferner Gruppen“ wird darüber hinaus im Rahmen der Erarbeitung einer Engagementstrategie für Berlin ab Herbst 2019 eine zentrale Rolle spielen. 3. In welcher Form hat der Senat vor diesem Hintergrund gemeinsam mit Vereinen, Projekten und Freiwilligenagenturen zusammengearbeitet, um die Gewinnung neuer Zielgruppen für das Berliner Ehrenamt voranzutreiben? Welche Ergebnisse konnten erzielt werden? 7. In welchen öffentlichen Einrichtungen wurde für die Gewinnung neuer Ehrenamtler mit welchen Formaten geworben, bspw. in Sozialämtern und Jobcentern? Zu 3. und 7.: Der Senat nutzt die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Ansprache und der Werbung für das bürgerschaftliche Engagement, sei es bei Anerkennungsveranstaltungen wie Preisverleihungen oder dem Aktionstag „Berlin sagt Danke“, bei Informationsveranstaltungen wie Freiwilligenbörse und Stiftungstag, oder bei kulturellen und sportlichen Veranstaltungen. Die Mitglieder des Senats und der Berliner Bezirksämter werben in ihren jeweiligen Tätigkeitsbereichen bei den Bürgern und Bürgerinnen für Beteiligung und eine aktive Mitgestaltung ihrer Stadt. Die Senatskanzlei fördert gemeinsam mit den Bezirken seit 2018 bezirkliche Freiwilligenagenturen und ermöglicht damit eine flächendeckende Infrastruktur der Engagementförderung. Gegenstand der Förderung ist unter anderem „die zielgruppenspezifische und niedrigschwellige Ansprache von Berlin- und bezirksweit unterdurchschnittlich repräsentierten Gruppen in Engagement und Freiwilligenarbeit“ (vgl. Verwaltungsvorschriften über die Gewährung von Zuwendungen zur Unterstützung bezirklicher Freiwilligenagenturen). Darüber hinaus unterstützt die Senatskanzlei die Freiwilligenagenturen mit der Förderung einer überbezirklichen Begleitung und Weiterentwicklung der bezirklichen Freiwilligenagenturen. Mit dem Infrastrukturförderprogramm Stadtteilzentren (IFP STZ) der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales werden unter anderem Strukturen der Willkommenskultur für alle Neu-Berliner und -Berlinerinnen im Bereich der Nachbarschaftsarbeit gefördert. Schwerpunkte der Willkommenskultur-Projekte sind Vernetzung in der Nachbarschaft, Begegnungen ermöglichen und Informationsweitergabe. Zudem erhielten 15 Träger finanzielle Unterstützung, um Projekte der Lebendigen Nachbarschaft (LeNa) umzusetzen. Die Projekte sollen dazu beigetragen, dass geflüchtete Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund und am Engagement interessierte Menschen durch Partizipation und Teilhabe in Nachbarschaften integriert werden. Ein Schwerpunkt der LeNa-Projekte ist es, neue Ehrenamtliche zu akquirieren. In 2018 konnten 70 neue Ehrenamtliche gewonnen werden (Stand 24.06.2019). Im Rahmen des Integrationsfonds der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales werden darüber hinaus das Empowerment und die Professionalisierung von Ehrenamtsinitiativen und Migrantenselbstorganisationen gestärkt. Die von den Hilfsorganisationen getragene Arbeitsgemeinschaft „PROTECT – im Notfall für Berlin“ in der auch die Senatsverwaltung für Inneres vertreten ist, richtet 3 sich gezielt an Menschen mit Migrationshintergrund mit dem Ziel, sie zu Trainerinnen und Trainern in der Notfallvorsorge auszubilden und für die ehrenamtliche Tätigkeit zu gewinnen. In einer Informationsbroschüre der Senatsinnenverwaltung zum Thema Katastrophenschutz, die auch in leichter Sprache verfügbar ist, wird außerdem auf das Ehrenamt im Katastrophenschutz hingewiesen. Zielgruppe ist die gesamte Berliner Bevölkerung. 4. In welchen Engagement-Bereichen konnten in diesem Zusammenhang erhebliche Zuwächse erzielt werden und in welchen Feldern stagnierte oder sank die Zahl der Engagierten? Zu 4.: Dazu liegen für Berlin keine statistischen Erhebungen vor. 5. Inwieweit wurde deshalb die Gewinnung neuer Zielgruppen in die öffentliche Werbung für ehrenamtliche Tätigkeiten im Land Berlin durch den Senat aufgenommen? Welche Ergebnisse konnten mit dieser Werbung erzielt werden? 6. In welcher Art und Weise wurden zielgruppenspezifische Anwerbeversuche unternommen, bspw. durch mehrsprachige Informationsbroschüren oder Radiosendungen? Zu 5. und 6.: Die Gewinnung neuer Zielgruppen, insbesondere der oben genannten, bisher schwerer zu erreichenden Gruppen, ist mit öffentlicher Werbung allein nicht zu bewerkstelligen. Im Vordergrund der Arbeit des Senats stehen daher die unter 1-3 genannten Maßnahmen der Engagementförderung. Zu den Werbemaßnahmen gehört dabei häufig die direkte oder aufsuchende Ansprache. Darüber hinaus unterstützt der Senat Kommunikationsmaßnahmen im Rahmen der bestehenden Förderungen. Die Gewinnung neuer Zielgruppen im Katastrophenschutz obliegt zum Beispiel den mitwirkenden Hilfsorganisationen (Arbeiter Samariter Bund, Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, Deutsches Rotes Kreuz, Die Johanniter, Malteser Hilfsdienst) und dem Technischen Hilfswerk selbst. Die Senatsverwaltung für Inneres unterstützt hier, indem sie auf öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen, z.B. einem Tag der offenen Tür bei Feuerwehr und Polizei, für die Übernahme eines Ehrenamtes im Katastrophenschutz mittels Informationsbroschüren (ggf. auch in anderen Sprachen) wirbt. Im Rahmen einer vom Gesetzgeber geförderten Kampagne wird darüber hinaus in Kürze aktiv für das Ehrenamt in der Freiwilligen Feuerwehr geworben. 8. Inwiefern wurden Vereine und Organisationen durch den Senat finanziell unterstützt, eigene Werbekampagnen für die Gewinnung neuer Mitglieder durchzuführen, wie beispielsweise die Berliner Feuerwehr? Welchen Erfolg hatten solche Kampagnen? Die ehrenamtliche Arbeit der Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren hat in der Berliner Feuerwehr einen besonderen Stellenwert. Zur gezielten Nachwuchsgewinnung für dieses wichtige Ehrenamt, hat der Gesetzgeber im laufenden Doppelhaushalt 200.000 EUR zur Verfügung gestellt, um eine an modernen Medien ausgerichtete Imagekampagne durchzuführen. Die Kampagne befindet sich derzeit in der Umsetzung. Nachdem im vergangenen Jahr die Analyse der Zielgruppen durchgeführt und eine Mediastrategie entwickelt wurde, wird in diesem Jahr die Produktion eines Imagefilmes sowie die Veröffentlichung der Publikationen (Internetseite, Social Media, Flyer) erfolgen. 4 Die im Katastrophenschutz mitwirkenden Hilfsorganisationen und das Technische Hilfswerk (THW) werden bei Werbekampagnen zur Gewinnung neuer Mitglieder finanziell nicht unterstützt. Die Kosten des Helfendentages, auf dem die Hilfsorganisationen auch für die Gewinnung neuer Mitglieder werben können, trägt die Innenverwaltung. 9. Welche Maßnahmen sind weiterhin senatsseitig geplant, um noch Unentschlossene für ein Ehrenamt zu gewinnen? Sind im Haushaltstitel 20/21 dafür finanzielle Mittel vorgesehen? Zu 9.: Die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements ist Querschnittsaufgabe, die in allen Politikfeldern als politische Gestaltungsaufgabe mitgedacht wird und Bestandteil von zahlreichen Projekten und Programmen des Senats und der Bezirke. Geplant ist die Fortführung der unter 1.-8. genannten Aktivitäten und Maßnahmen im Rahmen des Doppelhaushaltes 2018/19. Berlin, den 04.07.2019 Der Regierende Bürgermeister In Vertretung Christian Gaebler Chef der Senatskanzlei