Drucksache 18 / 19 961 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 13. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Juni 2019) zum Thema: Internationale Beziehungen des Landes Berlin II und Antwort vom 05. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Juli 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/19 961 vom 13. Juni 2019 über Internationale Beziehungen des Landes Berlin II ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Senatskanzlei hat auf meine oben genannte Anfrage erklärt, keine Zuständigkeit des Regierenden Bürgermeisters als Disziplinarvorgesetzten für Twitter-Äußerungen der Staatssekretärin für Internationales erkennen zu können, da diese „sich privat äußere“. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 18.06.15 - 2 C 9.14 – noch einmal klargestellt, dass der Beamte auch im privaten Bereich grundsätzlich verpflichtet ist, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 34 Satz 3 BeamtStG sowie § 19 Satz 3 LBG BB a.F.; hierzu BVerwG, Urteil vom 28.07.11 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 21). Das Vertrauen der Bürger, dass der Beamte dem Auftrag gerecht wird, als Repräsentant des demokratischen Rechtsstaates eine unabhängige, unparteiliche und gesetzestreue Verwaltung zu sichern, darf der Beamte auch durch sein außerdienstliches Verhalten nicht beeinträchtigen (BVerwG, Urteil vom 30.08.00 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <26>). Es ist daher wie bei jedem anderen Beamten auch selbstverständlich auch eine als „privat“ bezeichnete , öffentliche Äußerung einer Staatssekretärin gegenüber rund 48.000 „Followern“ auf Twitter vom Dienstherrn zu beachten, so dass die Zuständigkeit der Senatskanzlei bzw. des Regierenden Bürgermeisters als Disziplinarvorgesetzter gegeben ist und ich insoweit in Erfüllung einer etwaigen Konfrontationsobliegenheit noch einmal ausdrücklich um konkrete inhaltliche Beantwortung der einzelnen Fragen bitte. 1. Am 10.04.2019 schrieb die Staatssekretärin öffentlich im Nachrichtendienst Twitter unter Bezugnahme auf die Gratulation des Kanzlers der Republik Österreich Sebastian Kurz an den israelischen Staatspräsidenten Benjamin Netanjahu: „Dear Prime Minster, I also wanted to ask when you will actually start with the annexation of settlements in the West Bank? Yours faithfully , @sebastiankurz“. a) Welche Zuständigkeit für die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten – offenbar in Abweichung von Art. 32 Abs. 1 GG -hat die Staatssekretärin konkret? b) Welches Interesse hatte oder hat der Senat im vorliegenden Fall an einer inneren Angelegenheit des Staates Israel? c) Soweit es sich nach Auffassung des Senats nicht um eine innere Angelegenheit Israels handeln sollte, zu welchem Staat gehört das als „West Bank“ bezeichnete Gebiet nach Auffassung des Senats? Zu 1. a) bis c): Staatssekretärin Chebli ist zuständig für den Bereich Internationales und Protokoll. In Ihrem Zuständigkeitsbereich liegt die Förderung und Pflege der Beziehungen zu den 17 Städtepartnerschaften und 2 Städten mit besonderem Interesse für Berlin. Dazu gehört die Stadt Tel Aviv. Der Senat betreibt keine eigenständige Außenpolitik. Für Fragen zur Westbank und zum Nahostkonflikt ist das Auswärtige Amt zuständig . 2. 2. Am 11.04.2019 schrieb die Staatssekretärin öffentlich im Nachrichtendienst Twitter unter Bezugnahme auf die gescheiterte Mondlandung einer israelischen Non-Profit-Organisation: „To the moon and beyond? Nein. Weder Frieden noch Mond. #Israeltothemoon #SpaceIL #Beresheet“. a) Welchen Zusammenhang sieht der Senat zwischen einer geplanten Mondlandung einer israelischen Privatinitiative und „Frieden“? b) Welcher „Frieden“ zwischen welchen Beteiligten ist mit dem Tweet der Staatssekretärin für Internationales gemeint? c) Verschiedentlich wurde der Beitrag dahingehend interpretiert, dass die Staatsekretärin Israel weder eine erfolgreiche Mondlandung noch Frieden gönne, somit der einzigen Demokratie im Nahen Osten Krieg wünsche. Inwieweit ist es im Interesse des Landes Berlin, sich mit einer derartig (fehl)interpretierbaren Äußerung der Staatssekretärin nicht klar für das Existenzrecht Israels auszusprechen? Zu 2.: Die Staatssekretärin Chebli nutzt den Nachrichtendienst Twitter privat, deshalb kann die Senatskanzlei zu den Fragen - sofern sie sich auf Twitter-Äußerungen beziehen - keine Zuständigkeit erkennen. 3. Am 12.06.2019 schrieb die Staatssekretärin auf Twitter: “ Starker Bericht über die Reise der Schülerinnen und Schüler aus der Rütli Schule nach Israel und Palästina. Ich durfte sie begleiten . Der Senat will diese Reisen künftig stärker fördern.“ a) Soweit der Senat zu 4 a) meiner Anfrage 18/18616 mitgeteilt hat, das Grundgesetz zu beachten und keine eigene Außenpolitik zu betreiben: was meint die Staatssekretärin für Internationales des Landes Berlin mit „Palästina“? b) Ist dem Senat bekannt, dass ein Staat „Palästina“ zwar von Nordkorea, dem Iran und Kuba – die alle Israel nicht als Staat anerkennen - nicht aber von der Bundesrepublik Deutschland anerkannt ist? c) Erkennt der Senat einen Widerspruch zwischen der deutschen Außenpolitik und den öffentlichen Äußerungen der Staatssekretärin, sie sei mit Schülern nach „Israel und Palästina “ gereist? d) Gibt es nach Auffassung des Senats – in Abweichung von der Position der Bundesregierung – einen Staat „Palästina“? Zu 3. a) bis d): Die Staatssekretärin Chebli nutzt den Nachrichtendienst Twitter privat, deshalb kann die Senatskanzlei zu den Fragen - sofern sie sich auf Twitter-Äußerungen beziehen - keine Zuständigkeit erkennen. In außenpolitischen Fragestellungen hat der Senat keine Zuständigkeit. 4. “ Um welche Reisen geht es konkret in oben genanntem Tweet? Welche Reisen will der Senat in welchem finanziellen Umfang ab wann fördern? . Zu 4.: Zur Frage, welche Reisen der Senat fördern will, plant der Senat, dem Thema diversitätsbewusster und demokratiefördernder Bildungsarbeit in Zusammen- 3 hang mit dem Jugend- und Schüleraustausch mit Israel mehr Raum zu geben. Es soll um die Frage gehen, wie – vor dem Hintergrund der aktuellen Antisemitismusproblematik an Schulen und unter Jugendlichen – gezielter auch auf solche Jugendliche zugegangen werden kann, die bisher keine Bezüge zu Israel haben. Dazu sind Schülerreisen in den Jahren 2020 und 2021 nach Israel geplant. Berlin, den 05. Juli 2019 Der Regierende Bürgermeister In Vertretung Christian Gaebler Chef der Senatskanzlei