Drucksache 18 / 19 993 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 13. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Juni 2019) zum Thema: Entwicklung und Prävention: Jugendgruppengewalt in Treptow-Köpenick (II) und Antwort vom 04. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juli 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 5 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/19 993 vom 13. Juni 2019 über Entwicklung und Prävention: Jugendgruppengewalt in Treptow-Köpenick (II) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Fälle von Jugendgruppengewalt hat es im Zeitraum von 2016 bis heute im Bezirk Treptow-Köpenick gegeben, welche Deliktarten wurden hierbei erfasst und an welchen Orten wurden diese Delikte vornehmlich begangen? (Aufstellung nach Jahren, Deliktarten und Orten erbeten) Zu 1.: In der nachfolgenden Tabelle sind die Strafanzeigen im Bezirk Treptow-Köpenick seit 2016 mit dem Fallmerkmal „Jugendgruppengewalt“ unterteilt in die Delikte aufgeführt. Jahr Delikt Anzahl Strafanzeigen 2016 Beleidigung auf sexueller Grundlage 2 Beleidigung, Verleumdung, Üble Nachrede 1 Fahrraddiebstahl 1 Hausfriedensbruch 9 Körperverletzung 16 Körperverletzung (gefährliche und schwere) auf Straßen, Wegen, Plätzen 9 Nötigung, Freiheitsberaubung, Bedrohung 4 Raub 7 Sachbeschädigung 28 Sachbeschädigung auf Straßen, Wegen, Plätzen 15 Straftaten gegen die öffentliche Ordnung 4 2016 Gesamt 96 2017 Beleidigung, Verleumdung, Üble Nachrede 2 Seite 2 von 5 Betrug 1 Diebstahl an/aus Kfz 1 Fahrraddiebstahl 2 Hausfriedensbruch 4 Körperverletzung 14 Körperverletzung (gefährliche und schwere) auf Straßen, Wegen, Plätzen 18 Ladendiebstahl 1 Nötigung, Freiheitsberaubung, Bedrohung 9 Raub 15 Sachbeschädigung 20 Sachbeschädigung auf Straßen, Wegen, Plätzen 22 Sonstiger BSD*) 3 Sonstiger EFD**) 2 Strafrechtliche Nebengesetze 1 Straftaten gegen die öffentliche Ordnung 2 2017 Gesamt 117 2018 Hausfriedensbruch 8 Körperverletzung 35 Körperverletzung (gefährliche und schwere) auf Straßen, Wegen, Plätzen 36 Nötigung, Freiheitsberaubung, Bedrohung 5 Raub 22 Sachbeschädigung 14 Sachbeschädigung auf Straßen, Wegen, Plätzen 42 Sachbeschädigung Feuer 1 Sonstiger BSD 1 Sonstiger EFD 1 Strafrechtliche Nebengesetze 1 Straftaten gegen die öffentliche Ordnung 8 Taschendiebstahl 1 Unterschlagung 2 Widerstand/Tätlicher Angriff 1 2018 Gesamt 178 2019 Beleidigung, Verleumdung, Üble Nachrede 1 Brandstiftung 1 Fahrraddiebstahl 1 Körperverletzung 13 Körperverletzung (gefährliche und schwere) auf Straßen, Wegen, Plätzen 15 Nötigung, Freiheitsberaubung, Bedrohung 3 Raub 16 Sachbeschädigung 11 Sachbeschädigung auf Straßen, Wegen, Plätzen 9 Seite 3 von 5 Sonstiger EFD 2 Strafrechtliche Nebengesetze 2 Straftaten gegen die öffentliche Ordnung 1 Straftaten i.Z.m. Btm/NpSG***) 1 Weitere Sexualdelikte 1 2019 Gesamt 77 Gesamt 2016- 2019 468 Quelle: DWH-Recherche, Stand: 25.06.2019 *)Besonders Schwerer Diebstahl **)Einfacher Diebstahl ***)Betäubungsmittelgesetz/Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz 2. Bei wie vielen der oben genannten Fälle konnten auf Strafanzeigen hin Täter ermittelt und Strafverfahren eingeleitet werden? (Aufstellung nach Jahren erbeten) Zu 2.: In der folgenden Tabelle sind die o.g. Strafanzeigen mit dem Fallmerkmal „Jugendgruppengewalt“ den Straftaten mit Tatverdächtigen für die angefragten Jahre gegenübergestellt. Jahr Anzahl Vorgänge davon Vorgänge mit Tatverdächtigen 2016 96 62 2017 117 90 2018 178 150 2019 77 61 Gesamt 468 363 Quelle: DWH-Recherche, Stand: 25.06.2019 3. Aus welchen Gründen kann der Senat keine Auskunft über Festnahmen und Verurteilungen in Fällen von Jugendgruppengewalt (siehe Drucksache 18/12046, Antwort zu Frage 2) geben? Zu 3.: Die Polizei Berlin führt nur eine allgemeine Statistik über Festnahmen, bei denen Personen in das Polizeigewahrsam eingebracht werden. Statistische Erhebungen über Verurteilungen nach dem Kriterium „Jugendgruppengewalt“ erfolgen weder bei der Polizei noch bei den Strafverfolgungsbehörden oder den Strafgerichten. 4. Welche Jugendgruppen sind in Treptow-Köpenick wiederholt durch Gewaltbereitschaft in Erscheinung getreten und wie können diese Jugendgruppen hinsichtlich Alter, Geschlecht, Gruppengröße, politischer Gesinnung spezifiziert werden? (Aufstellung erbeten) Zu 4.: Die Polizei Berlin hat Kenntnis von Jugendgruppen mit fluktuierender Zusammensetzung, deren verbindendes Element der Besuch derselben Schule, desselben Jugendclubs oder gleichgelagerte Freizeitinteressen und -aktivitäten sind. Selten wird die Benutzung eines Namens für eine temporäre Gruppierung festgestellt. Die Gruppen bestehen aus männlichen und weiblichen Personen mit stetig wechselnder Zusammensetzung sowie folgenden Merkmalen: vorwiegend im Alter von 13 bis 20 Jahren Kleinstgruppen von 3 bis zu Großgruppen mit mehreren Dutzend Personen Zusammentreffen zu unterschiedlichen, kaum zu prognostizierenden Tagen und Tageszeiten, öfter zum Wochenende und in den Abendstunden Seite 4 von 5 an verschiedenen jahreszeitlich und witterungsbedingt abhängigen Örtlichkeiten. Aus diesen Gruppen fallen vereinzelt Personen durch Destruktionsdelikte (z.B. Sachbeschädigungen, Haus- und Landfriedensbruch) oder unzulässigen Lärm - speziell nach dem Genuss von Alkohol - auf. Anhaltspunkte dafür, dass eine politische Orientierung als Motiv zum Zusammenschluss dient, liegen nicht vor. Im Übrigen werden politische Gesinnungen nicht erfasst. 5. Welche Rolle spielen Soziale Medien bei der Selbstorganisation dieser Jugendgruppen und ihrer Übergriffe und wie bewertet der Senat diesen Trend der Selbstorganisation bei Jugendgruppen und der Verbreitung von Inhalten über Soziale Netzwerke? (Aufstellung über genutzte Medienkanäle und Reichweite erbeten) Zu 5.: Soziale Medien wie Facebook, Instagram und WhatsApp sind bekanntermaßen die wesentlichen Kommunikations- und Organisationsmittel von Jugendgruppen. Die Reichweite hängt vom Nutzungsverhalten der jeweiligen Anwenderin bzw. des jeweiligen Anwenders ab und reicht von öffentlichen Beiträgen, welche potentiell jedem Nutzer sozialer Medien zugänglich sind, bis hin zu privaten Beiträgen, welche nur befreundeten Nutzerinnen und Nutzern oder Teilnehmerinnen und Teilnehmern einer geschlossenen Kommunikationsgruppe zugänglich sind. Eine Erfassung über genutzte Medienkanäle und Beiträge erfolgt nicht. 6. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um hier frühzeitig Informationen zu geplanten Aktionen dieser Jugendgruppen zu gewinnen? (Aufstellung erbeten) Zu 6.: Anlassbezogen werden Kanäle und Profile überprüft, sofern diese als polizeilich relevant eingestuft werden und öffentlich zugänglich sind. Eine dauerhafte Überwachung und Informationsgewinnung erfolgt nicht. Im Rahmen vorhandener personeller Möglichkeiten werden proaktiv Einsätze zur Bekämpfung der Jugendgruppengewalt durchgeführt. Eine Erfassung der anlassbezogenen Überwachung bzw. der Informationsgewinnung erfolgt nicht. 7. Gibt es grundsätzlich Strategien, um die Selbstorganisation gewaltbereiter Jugendgruppen über Soziale Netzwerke zu verhindern bzw. einzuschränken und wenn ja, welche kommen bei der Polizei Berlin bereits zum Einsatz? (Aufstellung erbeten) Zu 7.: Nein. 8. Welche Konsequenzen zieht die Polizei Berlin aus der geplanten Massenschlägerei vor dem „Forum Köpenick“ und der Prügelei im Bus der Linie 169 vom 22.03.2019? Zu 8.: Nach den hier vorliegenden Erkenntnissen waren die Vorkommnisse vom 22.03.2019 in Art und Qualität ein erstmals aufgetretenes Phänomen, das spontan entstanden ist. Derartige Lagen sind aus polizeilicher Sicht kaum vorhersehbar und somit auch nicht vorausplanbar, so dass lediglich nach Bekanntwerden relevanter Sachverhalte bzw. Vorankündigungen anlassbezogen eine polizeiliche Reaktion erfolgen kann. Seite 5 von 5 Die Ermittlungen zum o.g. Sachverhalt führten zur Identifizierung von Beteiligten der geplanten Auseinandersetzung. Es wurden sowohl repressive als auch präventive Maßnahmen getroffen. Das Forum Köpenick ist für Jugendliche als Einkaufszentrum mit guter Anbindung an den ÖPNV ein interessanter Treffpunkt und steht dementsprechend weiterhin im Fokus polizeilicher Maßnahmen. 9. Warum finden keine statistischen Erhebungen zu den Präventionsmaßnahmen der Operativen Gruppe Jugendgewalt (OGJ) statt (siehe Drucksache 18/12046, Antwort zu Frage 7)? Zu 9.: Präventionsmaßnahmen stellen bei der OGJ einen Teilbereich der dortigen polizeilichen Tätigkeiten dar und werden statistisch nicht erhoben, da die Trennung von repressiven und präventiven Elementen während der operativen Aufgabenerfüllung nicht zu realisieren ist. 10. Welche Konzepte zur Prävention gewaltbereiter Übergriffe von Jugendgruppen verfolgt die Polizei Berlin und welche konkreten Maßnahmen kommen bereits zum Einsatz bzw. sind zu welchem Zeitpunkt geplant? (Aufstellung erbeten) Zu 10.: Zur Verhinderung von Straftaten im Bereich der Jugendgruppengewalt ergreift die Polizei Berlin zielgerichtete Maßnahmen unter Einbeziehung präventiver und repressiver Ansätze. Hierzu werden Einsatzkonzeptionen entwickelt und angewandt. Im Rahmen dieser Einsatzkonzeptionen werden am Lagebild orientierte Schwerpunkteinsätze sowohl mit uniformierten als auch Polizeikräften in Zivil durchgeführt. Dabei werden relevante Personengruppen an bekannten Treffpunkten überprüft, Gefährderansprachen und normverdeutlichende Gespräche geführt sowie Platzverweise bei Vorliegen einer entsprechenden Gefahrenprognose ausgesprochen. Berlin, den 04. Juli 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport