Drucksache 18 / 20 012 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katalin Gennburg (LINKE) vom 21. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Juni 2019) zum Thema: Mietentreiber Tiefgaragen? und Antwort vom 08. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juli 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Frau Abgeordnete Katalin Gennburg (Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20012 vom 21.06.2019 über Mietentreiber Tiefgaragen? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die landeseigenen Wohnungsunternehmen um Stellungnahme gebeten. Die Stellungnahmen wurden von den Wohnungsunternehmen in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt. Sie sind nachfolgend wiedergegeben. Frage 1: In einem Gutachten zum Thema Baukosten in Hamburg (https://www.hamburg.de/contentblob/9773386/4d60113359dc73d6fd10ef128636ce89/data/d-gutachten.pdf) wurde im Jahr 2017 festgestellt, dass dort der Bau von Tiefgaragen bei Neubauprojekten die Baukosten im Median um 218 Euro oder ca. 10 % pro Quadratmeter Wohnfläche steigert, in vielen Fällen sogar deutlich stärker. Kann der Senat diese Größenordnung für Berlin bestätigen? Falls nein: Wann werden entsprechende Untersuchungen für Berlin vorliegen? Frage 3: Wie stark steigt der Baupreis pro Quadratmeter Wohnfläche dadurch an? Antwort zu 1 und 3: Der Endbericht einer wissenschaftlichen Vergleichsstudie von Neubaukosten der landeseigenen Wohnungsunternehmen Berlins (LWU) sowie weiterer Wohnungsunternehmen, welche 2018 im Auftrag der Wohnraumversorgung Berlin – Anstalt öffentlichen Rechts vom BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. erstellt wurde, weist für die ausgewerteten Projekte der städtischen Wohnungsbaugesellschaften einen durchschnittlichen Baupreis von 150 €/m² Wohnfläche aus. Die Kostenspanne für die Herstellung pro Stellplatz steht grundsätzlich in Abhängigkeit projektspezifischer Anforderungen (Ausbaustufe, Nutzungsklasse etc.) 2 sowie Beschaffenheit des Grundstückes (Wasserhaltung, Leitungsumverlegungen etc.). Der Kennwert „Baupreis pro Quadratmeter Wohnfläche“ steht dabei nicht nur in Abhängigkeit zum Stellplatzschlüssel und technischem/ baulichem Mehraufwand, sondern wird durch Flächeneffizienz (u.a. Geschossanzahl, Wohnfläche des Gebäudes) gleichermaßen beeinflusst. Tiefgaragen werden im Neubau nach Möglichkeit vermieden und resultieren regelmäßig aus entsprechenden Festlegungen in Bebauungsplänen oder Abstimmungen mit den Stadtplanungsämtern. Frage 2: Werden derzeit bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen Neubauprojekte mit Tiefgaragen geplant, wenn ja, wo und wie viele? Antwort zu 2: In den derzeit geplanten Neubauprojekten der GESOBAU und STADT UND LAND sind keine Tiefgaragen vorgesehen. Degewo weist bei acht Neubauprojekten die Errichtung von Stellplätzen in Tiefgaragen aus: Lage Anzahl der Stellplätze Lankwitz 59 Gropiusstadt 42 Charlottenburg 33 Altglienicke 135 Falkensee 70 Grünau 96 Kreuzberg 16 Die Gewobag weist bei drei Neubauprojekten die Errichtung von Stellplätzen in Tiefgaragen aus: Lage Anzahl der Stellplätze Spandau 98 Tempelhof-Schöneberg I 83 Tempelhof-Schöneberg II 81 Die WBM weist bei sechs Neubauprojekten die Errichtung von Stellplätzen in Tiefgaragen aus: Lage Anzahl der Stellplätze Friedrichshain-Kreuzberg I 375 Friedrichshain-Kreuzberg II 48 Mitte 444 Moabit 10 Spandau I 80 Spandau II 113 3 Die HOWOGE weist bei 17 Neubauprojekten die Errichtung von Stellplätzen in Tiefgaragen aus: Lage Anzahl der Stellplätze Friedrichshain-Kreuzberg I 21 Friedrichshain-Kreuzberg II 36 Friedrichshain-Kreuzberg III 27 Lichtenberg I 44 Lichtenberg II 35 Lichtenberg III 36 Lichtenberg IV 154 Lichtenberg V 156 Lichtenberg VI 74 Lichtenberg VII 145 Lichtenberg VIII 27 Lichtenberg IX 74 Marzahn-Hellersdorf 38 Pankow 21 Tempelhof-Schöneberg 87 Treptow-Köpenick I 156 Treptow-Köpenick II 160 Frage 4: Zu welchen Miethöhen werden bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen Tiefgaragenstellplätze vermietet; sind die Einnahmen kostendeckend? Frage 5: Wie errechnen sich Miethöhen und Aufwendungen für einen Tiefgaragenstellplatz und steht dies in einem angemessenen Verhältnis zu den für das Gesamtwohnbauprojekt höheren Erstellungs- und Unterhaltungskosten? (Bitte anhand eines oder zweier konkreter Rechenbeispiele erläutern und für alle Neubauten seit 2010 mit Kosten, Kostensteigerungen, Stellplatzschlüssel, Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche und Miete für Tiefgaragenstellplatz tabellarisch darstellen.) Antwort zu 4 und 5: Die Mieten für die Tiefgaragenstellplätze der städtischen Wohnungsbaugesellschaften werden im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung so kalkuliert, dass sich die Investition in eine Tiefgarage selbst trägt. Gegebenenfalls erfolgt eine Anpassung der Mieten an die Marktlage. Die laufenden Aufwendungen sind durch die Stellplatzmieten gedeckt. Konkrete Rechenbeispiele und eine Auflistung aller Neubauten seit 2010 mit den geforderten Angaben liegen dem Senat nicht vor. Frage 6: Wie hoch ist die Auslastung der Tiefgaragen (bitte die prozentuale Auslastung nach Bezirken und Gesellschaften aufschlüsseln)? 4 Antwort zu 6: Die folgende Übersicht zeigt die Auslastung der bereits fertig gestellten Tiefgaragenstellplätze bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften aufgegliedert nach den Berliner Bezirken: Auslastung in % Bezirk degewo GESOBAU Gewobag HOWOGE STADT UND LAND WBM Charlottenburg- Wilmersdorf 92 97 99 Friedrichshain- Kreuzberg 100 91 86 94 Lichtenberg 93 88 Marzahn- Hellersdorf 100 98 Mitte 88 94 40 57 Neukölln 96 92 Pankow 95 90 100 Reinickendorf 97 77 Spandau 79 82 Steglitz- Zehlendorf 93 Tempelhof- Schöneberg 91 83 Treptow- Köpenick 81 94 90 87 Bei der Gewobag befinden sich viele der Tiefgaragenstellplätze in Mitte in einem Neubauquartier, welches sich derzeit in der Erstvermietung befindet. Die Tiefgaragenstellplätze der WBM in Spandau befinden sich derzeit in der Erstvermietung, daher ist nach Abschluss der Erstvermietung mit einer höheren Vermietungsquote zu rechnen. Frage 7: Welche Informationen liegen dem Senat zu Mietpreisen und Auslastung von Tiefgaragen in Wohngebäuden vor, die sich nicht im landeseigenen Eigentum befinden? Antwort zu 7: Dazu liegen dem Senat keine Informationen vor. Frage 8: Teilt der Senat die Auffassung, dass Tiefgaragenstellplätze kostendeckend vermietet werden sollten, da das Parken auf Straßenland nichts oder nahezu nichts kostet? Frage 9: Teilt der Senat die Auffassung, dass Tiefgaragenstellplätze nicht durch gesteigerte Wohnraummieten quersubventioniert werden sollten? 5 Antwort zu 8 und 9: Ja. Frage 10: Wie wird für Mieterinnen und Mieter und für die Öffentlichkeit volle Kostentransparenz bezüglich der Kosten der Errichtung und Unterhaltung von Tiefgaragen und der etwaigen Quersubventionierung durch Wohnungsmieten hergestellt? Antwort zu 10: Die unternehmensinternen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen von Neubauprojekten werden nicht veröffentlicht. Frage 11: Wie verhalten sich die Genehmigung und der Bau von Tiefgaragen zur im Mobilitätsgesetz und im Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK 2030) beschlossenen Absicht Berlins, den Motorisierten Individualverkehr (MIV) deutlich zu reduzieren? Frage 12: In welchen Fällen wird der Bau von Tiefgaragen unter Wohngebäuden im Bebauungsplan bereits heute schon ausgeschlossen? Frage 13: Plant der Senat, den Bau von Tiefgaragen in Bebauungsplänen mit Wohnbaufläche künftig einzuschränken oder zu versagen? Antwort zu 11, 12 und 13: Tiefgaragen werden von den städtischen Wohnungsbaugesellschaften nur geplant, wenn diese im Bebauungsplan explizit gefordert oder wirtschaftlich sinnvoll sind. Der Senat befürwortet in Neubauquartieren der städtischen Wohnungsbaugesellschaften gemäß der Studie „Quartiersgaragen in Berlin – Studie zum Umgang mit ruhendem Verkehr in den neuen Stadtquartieren“ die Planungsausrichtung auf alternative Verkehrskonzepte und zentrale Quartiersgaragen. Regelungen zu Tiefgaragen erfolgen in Bebauungsplänen, sofern dies im Rahmen der Abwägung aus städtebaulichen Gründen geboten ist. Eine pauschale Regelung, Tiefgaragen generell unter Wohngebäuden auszuschließen, ist mit dem Abwägungsgebot nicht vereinbar, das immer eine Berücksichtigung der konkreten Planungssituation erfordert. Die Frage der Zulässigkeit und Anordnung von Tiefgaragen ist vor allem abhängig vom jeweiligen städtebaulichen Konzept. Im Sinne der Aufenthaltsqualität des oberirdischen Raumes sollte eine Reduktion bzw. Konzentration privater Stellplätze erfolgen. In den neuen Stadtquartieren wird das Ziel verfolgt, private Pkws vorrangig in zentralen Quartiersgaragen unterzubringen. Darüber hinaus kann aus städtebaulichen Gründen die Anzahl der zulässigen Stellplätze begrenzt werden. Dies erfordert jeweils eine Einzelentscheidung. Dem Senat liegt nur das Beispiel des Bebauungsplanes Breite Straße in Berlin-Mitte vor, in dem in Teilflächen der Bau von Tiefgaragen ausgeschlossen wurde. Ursächlich hierfür sind archäologische Funde, welche als Ausstellungsflächen in den Neubau integriert werden sollen. 6 Frage 14: Plant der Senat, künftig in städtebaulichen Verträgen bzw. Kooperationsvereinbarungen festzuschreiben, dass der Bau und Unterhalt von Tiefgaragenstellplätzen nicht durch Wohnraummieten quersubventioniert werden darf? Falls ja: wie und bis wann? Falls nein: Warum nicht? Antwort zu 14: Regelungen zur Bewirtschaftung können in städtebaulichen Verträgen nicht getroffen werden, hierfür enthält § 11 BauGB keine Ermächtigungsgrundlage. Berlin, den 08.07.2019 In Vertretung Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen