Drucksache 18 / 20 013 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katalin Gennburg (LINKE) vom 21. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Juni 2019) zum Thema: Steuerparadiese für Immobilienhaie in Zossen und Co. und Antwort vom 08. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juli 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Finanzen Frau Abgeordnete Katalin Gennburg (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20013 vom 21.06.2019 über Steuerparadiese für Immobilienhaie in Zossen und Co. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Ist dem Senat bekannt, dass in vielen Berliner Umlandgemeinden in Brandenburg deutlich niedrigere Gewerbesteuersätze gelten als in Berlin? 2. In welchem Verhältnis bewegen sich diese Unterschiede, welche Gemeinde hat, bezogen auf den Berliner Wert, die niedrigste Gewerbesteuer? Zu 1 und 2.: In Berlin beträgt der Gewerbesteuerhebesatz seit 1999 unverändert 410 %. Ein Vergleich der Hebesätze ist ökonomisch nur zwischen vergleichbaren Wirtschaftsräumen sinnvoll. Insofern ist der angemessene Vergleichsmaßstab zu Berlin die anderer Metropolregionen. Der Hebesatz in Hamburg, München, Köln, Stuttgart, Frankfurt a.M., Hannover, Düsseldorf, Bremen, Leipzig und Dresden ist durchweg höher als in Berlin. Dies gilt gleichfalls für Großstädte im strukturschwachen Ruhrgebiet und in Ostdeutschland. Laut hiesigen Erkenntnissen ist der Hebesatz in Berlin der niedrigste aller Großstädte mit mehr als 500.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Ein Vergleich mit dem jeweiligen Umland ist nicht sachgerecht, da Metropole und Umlandgemeinden sich u.a. hinsichtlich Verfügbarkeit und Preis von Gewerbeflächen, dem Lohnniveau und dem Angebot zentralörtlicher Funktionen strukturell unterscheiden. Als Folge dieser Andersartigkeit übertreffen die Gewerbesteuerhebesätze der Metropolen strukturell die Werte in ihren Umlandgemeinden. Im Land Brandenburg verfügen große Städte über höhere Hebesätze (Potsdam und Brandenburg 455 % bzw. 450 %) oder über vergleichbare Hebesätze (Frankfurt a.d.O. und Cottbus jeweils 400 %). In den Umlandgemeinden teilen sich die Hebesätze in zwei große Gruppen auf – 350 % und 380 % sowie 300 % und 340 %. In den für die vorliegende Analyse erfassten Gemeinden existieren zwei Ausreißer nach unten: Schönefeld (240 %) und Zossen (200 %).“ 3. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat darüber vor, dass in Zossen Briefkastenfirmen für die Vermietung von Wohn- und Gewerbeimmobilien ansässig sind? 4. Um wie viele Firmen handelt es sich? 5. Wie viele Wohn- und Gewerbeimmobilien in Berlin werden von Zossener Briefkastenfirmen verwaltet (bitte Anzahl und Gesamtflächen angeben)? Zu 3. bis 5.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass in der Brandenburger Stadt Zossen Briefkastenfirmen ansässig sind, die Wohn- und Gewerbeimmobilien vermieten. Dort ansässige Firmen melden sich steuerlich im zuständigen Finanzamt des Landes Brandenburg an. Das bedeutet, dass dort die Einkünfte erklärt und besteuert werden. Dementsprechend liegen die steuerlich erheblichen Tatsachen nur im zuständigen Finanzamt vor. 6. Ist dem Senat bekannt, dass eine Zossener Briefkastenfirma derzeit die Kultureinrichtung „Meuterei “ in der Reichenberger Straße aus ihren Räumlichkeiten vertreibt? Zu 6.: Dem Senat ist aus den vorgenannten Gründen hierzu nichts bekannt. 7. Sind dem Senat weitere Kultureinrichtungen bekannt, die derzeit von Unternehmen, die nur über einen Briefkasten in Zossen oder anderen Brandenburger Gemeinden in der Metropolregion verfügen, verdrängt werden? Wenn ja: Welche? Zu 7.: Wie bereits zu den Fragen 3 bis 6 ausgeführt, liegen dem Senat keine Erkenntnisse über Tätigkeiten von Briefkastenfirmen in Zossen vor. 8. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat darüber vor, ob Zossener Briefkastenfirmen über die reine Gewerbesteuerersparnis hinaus in Firmengeflechte eingebunden sind, die die wahren Eigentümer von Immobilien verschleiern? 9. Welche Stelle im Land Berlin prüft diese Angelegenheiten und wie verschafft sich der Senat über das Agieren von Briefkastenfirmen und über verschleierte Firmengeflechte eine Übersicht? Zu 8. und 9: Die steuerliche Überprüfung von Unternehmen, die ihren Sitz in Brandburg haben, obliegt der Brandenburger Steuerverwaltung. 10. Liegen dem Senat Erkenntnisse darüber vor, ob von den in Zossen ansässigen Briefkastenfirmen Kraftfahrzeuge dort angemeldet wurden, die ausschließlich in Berlin genutzt werden und wenn ja, welche ? Besteht ein Zusammenhang dahingehend, dass in Zossen zwar die Gewerbesteuer niedriger ist, aber die Gemeinde durch die hohe Zahl dort gemeldeter Kfz einen höheren Anteil am Kfz-Steueraufkommen erhält und dadurch sozusagen für die niedrigeren Gewerbesteuereinnahmen entschädigt wird? Zu 10.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse darüber vor, ob von den in Zossen ansässige Briefkastenfirmen Kraftfahrzeuge dort angemeldet wurden, die ausschließlich in Berlin genutzt werden. Die Ertragskompetenz für die Kraftfahrzeugsteuer liegt nicht bei den Gemeinden, sondern nach Artikel 106 Abs. 1 Nr. 3 Grundgesetz beim Bund. Aus diesem Grunde besteht aus Sicht des Senats kein Zusammenhang zwischen niedrigen Gewerbesteuerhebesätzen und vermeintlich hohen Zulassungszahlen . 11. Liegen dem Senat Erkenntnisse über weitere Branchen, z.B. Chauffeursgewerbe, vor, die ihren Briefkasten in Brandenburg haben, ihre Dienstleistungen jedoch ausschließlich in Berlin erbringen? Zu 11.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse über Aktivitäten von Unternehmen vor, die in Brandenburg ansässig sind. 12. Mit welchem Ergebnis wurden die Erkenntnisse in den Gesprächen mit der Landesregierung von Brandenburg thematisiert? 13. Werden solche Fragen zukünftig (auch) in den Gesprächen mit der Landesregierung des Nachbarlandes thematisiert? Zu 12. und 13.: Zossener Briefkastenfirmen waren bislang nicht Gegenstand von Gesprächen der Landesregierungen. 14. Auf welche Weise beabsichtigt der Senat, die Nutzer*innen von Wohn- und Gewerbeimmobilien zu unterstützen, die durch steuervermeidende Briefkastenfirmen von Verdrängung bedroht werden? Zu 14.: In Berlin ansässige Unternehmen werden von der Berliner Steuerverwaltung unter Abwägung aller steuerlichen Risikogesichtspunkte im Rahmen des allgemeinen Besteuerungsverfahrens durch den Innendienst der Finanzämter, ggf. durch eine Außenprüfung oder steueraufsichtliche Maßnahmen (Aufdeckung unbekannter Steuerfälle ) überprüft. Die Berliner Steuerverwaltung geht grundsätzlich sämtlichen Hinweisen nach, die auf ein steuerliches Vergehen hinweisen. Sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, ist sie gem. § 152 Abs. 2 Strafprozessordnung verpflichtet , im Rahmen ihrer Zuständigkeit wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten . Berlin, den 08.07.2019 In Vertretung .......................................... Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen