Drucksache 18 / 20 020 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Michail Nelken (LINKE) vom 21. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Juni 2019) zum Thema: Abriss und Neubau des Jahn-Stadions im Schnellverfahren und Antwort vom 05. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Juli 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Dr. Michail Nelken (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20 020 vom 21.06.2019 über Abriss und Neubau des Jahn-Stadions im Schnellverfahren ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welchen Konkretisierungsgrad und welche finanzielle Untersetzung hat die Planung des Senats, das große Stadion im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark im Jahre 2020 abzureißen und in den Jahren 2021 bis 2023 versetzt ein neues Leichtathletik-Stadion für 20.000 Zuschauer zu errichten? Zu 1.: Die finanzielle Untersetzung bildet sich durch Aufnahme in die Investitionsplanung 2019 – 2023 ab und umfasst: 1. Bauabschnitt: Abriss Altstadion mit 4,5 Mio. € in 2020 und 9,0 Mio. € in 2021 2. Bauabschnitt: Neubau ab 2022 mit 121 Mio. € 2. Ist es zutreffend, dass der Senat meint, dass eine solche neue Großsportanlage ohne einen Bebauungsplan nach § 34 BauGB genehmigt werden könnte? Wie sollen die damit verbundenen vielfältigen Belastungen, städtebaulichen und Interessenkonflikte sowie die damit verbundenen bodenrechtlichen Spannungen bearbeitet werden? Zu 2.: Der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark liegt in einem Gebiet, für das es weder einen festgesetzten noch im Verfahren befindlichen Bebauungsplan gibt. Wegen der Lage innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist daher § 34 BauGB für die Beurteilung von Vorhaben maßgeblich (unbeplanter Innenbereich). Das Sportareal entwickelt aufgrund seiner Weitläufigkeit (rund 22 Hektar) einen eigenen Gebietscharakter. Seite 2 von 4 Der Ersatzneubau für das Stadion entspricht mit einer Kapazität von 20.000 Zuschauerplätzen dem städtebaulichen Rahmen der heutigen Bebauung und fügt sich demzufolge grundsätzlich in die Eigenart der näheren Umgebung gemäß § 34 BauGB ein. Weiterhin sind die Wahrung des nachbarlichen Rücksichtnahmegebots und die Sicherung einer ausreichenden Erschließung Teil des Prüfprogramms im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren. Für den Betrieb der Sportstätte existiert eine kürzlich bis zum 30.06.2020 verlängerte Betriebsgenehmigung. Ein Weiterbetrieb des Stadions darüber hinaus, ohne eine deutliche Verbesserung der maroden Situation, ist nicht möglich und somit ist Handlungsbedarf geboten. Das Vorhaben, ein neues Stadion als Ersatzbau zu errichten, beschränkt sich auf den Abriss und den Neubau des Stadions in den vorhandenen Dimensionen, wie der Zuschauerzahl von 20.000. Städtebaulich wird eingeschätzt, dass es keine Konflikte geben kann, da die bestehenden Parameter des Stadions auch beim Neubau grundsätzlich eingehalten werden. Der Senat geht davon aus, dass eine deutliche Verbesserung in städtebaulichem Kontext und somit für die direkte Anwohnerschaft entsteht, u.a. bei Lichtemissionen. Neue Stadien beleuchten die Sportflächen üblicherweise nur noch über LED-Leuchten, die im Innern der Stadien verbaut werden und nicht nach außen in die Umgebung abstrahlen, wie die Flutlichter auf hohen Masten. 3. Wie werden die Wechselwirkungen von Stadionneubau mit den weiteren geplanten Neubauvorhaben im Jahn-Sportpark (mehrgeschossige Sporthallen, Büronutzung, neue Tennisanlage etc.) planungsrechtlich und hinsichtlich der tatsächlichen Auswirkung auf die umgebenden Wohngebiete bewältigt? Zu 3.: Für die künftige planungsrechtliche Betrachtung des Gesamtareals Friedrich-Ludwig- Jahn-Sportpark ist der Fokus gegenüber dem reinen Stadionersatzbau zu erweitern. Dabei werden die erfragten Wechselwirkungen mit den entsprechenden Interessengruppen Gegenstand der Betrachtung sein. Die anzuwendenden Beteiligungsformate werden zu einem späteren Zeitpunkt zur Anwendung kommen und auch ein bedarfsgerechtes Stakeholdermanagement wird Teil des Prozesses für das Gesamtareal sein. Die qualifizierte Entwicklung des Gesamtareals erfordert die Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens inklusive der darin vorgesehenen Beteiligungsverfahren. 4. Wie sind Abriss und Neubau des Stadions und der Neubau des Sportparks planerisch und hinsichtlich der tatsächlichen Wechselwirkung mit dem Neubau des Mauerparks/West (B-Plan 3- 64), mit der Sanierung des bestehenden Mauerparkareals und der Fortentwicklung angrenzender öffentlicher Grünanlagen abgestimmt? Wer zeichnet verantwortlich für diese integrierte Planung hinsichtlich Ablauf der Bauarbeiten und zukünftiger Nutzungen? Zu 4.: Die baulichen Maßnahmen zur Erweiterung des Mauerparks unter Federführung der Grün Berlin GmbH sind bereits weit fortgeschritten. Nach gegenwärtigem Stand soll eine erste Teileröffnung im September 2019 erfolgen; die endgültige Fertigstellung ist für den Sommer 2020 geplant. Die Erweiterungsflächen sind durch die Flächen des bestehenden Mauerparks von den Sportparkflächen getrennt. Unmittelbare Seite 3 von 4 Wechselwirkungen zwischen der Parkerweiterung und dem Neubau von Stadion und Sportpark sind nicht erkennbar. Es ist beabsichtigt, die Mauerpark-Erweiterungsflächen im B-Plan 3-64 als öffentliche Parkanlage festzusetzen. Räumlich konkretisiert werden darin die Flächen für die künftige Nutzung durch den bestehenden Trödelmarkt, das Gebäude der Park- und Marktverwaltung, das Parkkulturzentrum (ehemalige Kartoffelhalle) sowie der Bereich, in dem öffentliche Kinderspielplätze zulässig sein sollen. Eine weitere Einteilung der Parkflächen wird der B-Plan nicht vornehmen. Falls sich für die Erweiterungsflächen zu einem späteren Zeitpunkt Anpassungserfordernisse im Hinblick auf die Sportparkplanungen ergeben sollten – etwa in Form einer angepassten Wegeführung – so ist davon auszugehen, dass diese im Rahmen der geplanten Festsetzung einer öffentlichen Parkanlage jederzeit möglich sind, ohne dass es einer Änderung des B- Plans 3-64 bedürfte. Belange des Stadionersatzbaus werden in enger Abstimmung zwischen der Senatsverwaltung für Inneres und Sport sowie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und unter Einbeziehung der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz im iterativen Prozess vor der Baumaßnahme erörtert, fachlich diskutiert und dann planerisch und baulich umgesetzt. Dabei werden auch die Aspekte berücksichtigt, die sich aus der direkten Angrenzung des Mauerparks an das Stadiongelände ergeben. Das betrifft vorrangig bauliche Maßnahmen, wie Höhenunterschiede im Geländeniveau, denkmalrechtliche Auflagen und Gestaltung der direkten Grundstücksgrenze. Die Verzahnung und koordinierte Umsetzung der hier erfragten Aspekte wird in einer AG Planungskoordination zwischen allen Beteiligten abgestimmt. 5. Welche Gründe bewogen den Senat, in die beiden Beteiligungsverfahren zum B-Plan 3-64 und zum Umbau des Mauerparks (Bestand) den Neubau des großen Stadions und des Jahnsportparks sowie deren Auswirkungen nicht einzubeziehen? Zu 5.: Der Ersatzbau des Stadions dient unter anderem dazu, künftig ein Stadion mit einer Betriebsgenehmigung zu haben, welches im Grunde keine zusätzliche Beeinflussung seiner Umgebung mit sich bringt. Nutzergruppen und –zeiten sowie übliche Routinen, wie bei Fußballspielen und Leichtathletikwettbewerben werden keine neuen veränderten Auswirkungen in der Wechselwirkung in die Nachbarschaft und zum Mauerpark mit sich bringen. Wesentliche, inhaltliche Zusammenhänge oder Wechselwirkungen zwischen den weit fortgeschrittenen Planungen und Maßnahmen zur Erweiterung des Mauerparks und den erst ab 2020 beginnenden Abrissmaßnahmen im Bereich des Sportparks sind nicht zu erkennen. Zum Zeitpunkt des letzten Beteiligungsverfahrens im Rahmen des B-Planverfahrens 3-64 (erneute Behördenbeteiligung, 06-07/2017) standen der Abriss und der Neubau des Stadions/Sportparks noch nicht fest. Die nun geplante Maßnahme wird Eingang in die Begründung/Abwägung zum B-Plan 3-64 finden 6. Warum meint der Senat, dass die Probleme des Besucherverkehrs und der Lärmemission von Mauerpark, Stadion und Sportpark getrennt und nacheinander bearbeitet werden könnten? Seite 4 von 4 Zu 6.: Der Senat ist nicht der Meinung, dass Belange des Besucherverkehrs und Lärmemissionen getrennt und nacheinander bearbeitet werden sollen und hat in der Praxis auch entsprechend anders gehandelt. Bereits benannt wurde die AG Planungskoordination für den Mauerpark. Hier wurden auch Aspekte des Besucherverkehrs und von Emissionen erörtert. Zudem gab es eine Machbarkeitsstudie unter Federführung der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. Bereits im iterativen Prozess der Einbeziehung verschiedenster Akteure zum Stadionersatzbau im Jahnsportpark wurden und werden aktuell noch bis August potentielle Probleme aus diesen Bereichen diskutiert und fließen in die künftige Wettbewerbsausschreibung und das zu erstellende Lastenheft ein. Um deutlich zu machen, wie vielfältig, verzahnt und umfangreich derartige Themen auch schon im Vorfeld des Stadionersatzbaus berücksichtigt werden, teilt der Senat hier eine Auswahl der am iterativen Prozess Beteiligten mit: Berliner und Bundespolizei, Feuerwehr, Bezirksämter Pankow und Mitte, Sportverbände, Interessenvertretungen u.a. für Menschen mit Behinderungen, Betreiber der angrenzenden Max-Schmeling- Halle, Sportveranstalter u.a.m. 7. Wie plant der Senat, die Bürgerbeteiligung für den Neubau des Stadions und des Sportparks mit der schon heute sehr konfliktgeladenen Anwohnerbeteiligung in Sachen Mauerpark-Gestaltung und -Nutzung zusammenzuführen? Zu 7.: Der Fokus des Senats liegt im aktuellen Prozess auf der Durchführung des iterativen Prozesses zum Stadionersatzbau im Jahnsportpark. Bereits im Herbst 2019 sollen erste Anwohnerinformationen erfolgen. Mit Beginn eines B-Planverfahrens zum Sportparkareal werden entsprechende Beteiligungsformate realisiert. Berlin, den 05. Juli 2019 In Vertretung Aleksander Dzembritzki Senatsverwaltung für Inneres und Sport