Drucksache 18 / 20 039 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Roman Simon (CDU) vom 24. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Juni 2019) zum Thema: Warum gehen die Ausgaben des Landes Berlin für kostenlose Verhütungsmittel zurück? Sind die Anerkennungsvoraussetzungen für alle Berliner Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen tatsächlich erfüllt? und Antwort vom 09. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Jul. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Roman Simon (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20039 vom 24. Juni 2019 über Warum gehen die Ausgaben des Landes Berlin für kostenlose Verhütungsmittel zurück? Sind die Anerkennungsvoraussetzungen für alle Berliner Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen tatsächlich erfüllt? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Warum wurden die Ausgaben des Landes Berlin für kostenlose Verhütungsmittel – wie in der Antwort auf die Frage 20 in der Drucksache 18/18 623 dargestellt – von 2.939.759 Euro im Jahr 2010 auf 1.138.935 Euro im Jahr 2018 reduziert? Zu 1.: Die in der Tabelle zu Frage 20. der Antwort des Senats auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/18623 angegebenen Ausgaben des Landes Berlin für kostenlose Verhütungsmittel stellen die Ist-Ausgaben für die tatsächliche Inanspruchnahme kostenloser Verhütungsmittel dar. Eine Reduzierung der freiwilligen Leistungen des Landes Berlin ist damit nicht verbunden . Zu den Gründen, weshalb die Inanspruchnahme kostenloser Verhütungsmittel rückläufig ist, können keine Angaben gemacht werden. 2. Wie hat sich das Verhältnis der Ausgaben für kostenlose Verhütungsmittel zu der Berliner Bevölkerungszahl seit 2010 entwickelt? Zu 2.: Einer Inverhältnissetzung der Ausgaben für kostenlose Verhütungsmittel zur Bevölkerungsentwicklung ungeachtet der Anzahl anspruchsberechtigter Personen kommt keine belastbare Aussagekraft zu. - 2 - 2 3. Was gedenkt der Senat dafür zu tun, dass mehr Anspruchsberechtigte das Angebot kostenloser Verhütungsmittel in Anspruch nehmen? Zu 3.: Aktivitäten des Senats, die auf eine höhere Inanspruchnahme von kostenlosen Verhütungsmitteln zielen, sind nicht bekannt. 4. Wie viele Schwangerschaftskonfliktberatungen haben die in der Antwort 1 in der Drucksache 18/18 623 erwähnten 62 Ärztinnen und Ärzte jeweils seit dem Jahr 2013 jährlich durchgeführt? Zu 4.: Die Anzahl der als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle anerkannten Ärztinnen und Ärzte variiert im Zeitverlauf seit 2013. Durch die beratenden Ärztinnen und Ärzte wurden von 2013 bis zum aktuell statistisch ausgewerteten Jahr 2017 folgende Anzahlen von Schwangerschaftskonfliktberatungen durchgeführt: Jahr Beratungen 2013 2.578 2014 2.596 2015 2.640 2016 2.151 2017 2.025 5. Wann haben sich die 62 als Beratungsstelle anerkannten Ärztinnen und Ärzte jeweils zuletzt und durch welchen Träger von Fortbildungsveranstaltungen fortgebildet? Zu 5.: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind 61 Ärztinnen und Ärzte als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle anerkannt. Aus den jährlich nach § 10 Abs. 1 Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) und § 9 Abs. 2 Schwangerenberatungsstellengesetz (SchwBG) vorzulegenden Sachberichten der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen kann entnommen werden , wann sich die anerkannten Ärztinnen und Ärzte letztmalig zum Thema der Schwangerschaftskonfliktberatung gemäß § 4 Abs. 5 SchwBG fortgebildet haben. Jahr der letzten Fortbildung Anzahl der als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle anerkannten Ärztinnen und Ärzte 2018 23 2017 10 2016 11 2015 11 2014 2 Vor 2014 2 Bei zwei der 61 Ärztinnen und Ärzte liegen keine Angaben zu Fortbildungen vor. Es findet aktuell eine Überprüfung der Anerkennung statt. - 3 - 3 6. Wie viele Stunden sind für eine vom Senat anerkannte Fortbildung vorgesehen, auf welche in der Antwort 2 in der Drucksache 18/18 623 verwiesen wird? In welcher Regelmäßigkeit müssen diese Fortbildungen wiederholt werden, um den Anerkennungsvoraussetzungen zu genügen? Zu 6.: Die Anerkennung von Ärztinnen und Ärzte als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle setzt gemäß § 4 Abs. 4 SchwBG die Teilnahme an einer anerkannten Informations- und Fortbildungsveranstaltung zu Inhalt, Form und Durchführung der Schwangerschaftskonfliktberatung voraus. Bei der von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung anerkannten Fortbildung des Evangelischen Zentralinstituts für Familienberatung in Berlin (EZI) zur Schwangerschaftskonfliktberatung handelt es sich um eine mehrteilige Fortbildung für Beratende aus psychosozialen und medizinischen Berufen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des § 219 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) und des SchKG. Die Fortbildung umfasst insgesamt 40 Stunden. Umfang und Inhalt von Fortbildungen anderer Anbieter müssen gleichwertig sein, um von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung anerkannt zu werden. Die oben genannte Fortbildung zu Inhalt, Form und Durchführung der Schwangerschaftskonfliktberatung nach § 4 Abs. 4 SchwBG wird als Gesamt- bzw. Grundfortbildung nur einmal absolviert. In der Folge nehmen die Ärztinnen und Ärzte dann an einzelnen Aufbaukursen , Modulen sowie ergänzenden bzw. weiterführenden Fortbildungen unterschiedlicher Träger teil. Sowohl § 4 Abs. 4 als auch Abs. 5 SchwBG treffen keine Aussage dazu, in welchen zeitlichen Abständen Fortbildungsveranstaltungen von den Ärztinnen und Ärzten zu besuchen sind. 7. Wo werden die Inhalte der Fortbildungsveranstaltungen je Träger veröffentlicht? Zu 7.: Für die Bekanntmachung der Fortbildungsinhalte sind die Träger von Fortbildungsveranstaltungen selbst verantwortlich. In Berlin bietet das Evangelische Zentralinstitut für Familienberatung Berlin eine Fortbildung in Schwangerschaftskonfliktberatung an und informiert dazu auf seinen Internetseiten. 8. Mit welcher inhaltlichen Begründung rechtfertigt der Senat, dass die Vorgabe in § 9 Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) „Anzahl nach ausreichendes Personal“ nur für Beratungsstellen eines Trägers, nicht aber für Ärztinnen und Ärzte gilt? Zu 8.: Der Bundesgesetzgeber eröffnet in § 8 Satz 3 SchKG ausdrücklich die Möglichkeit, Ärztinnen und Ärzte als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle anzuerkennen. Folglich geht er davon aus, dass auch als Beratungsstelle anerkannte Ärztinnen und Ärzte die Gewähr für eine fachgerechte Schwangerschaftskonfliktberatung nach § 5 SchKG bieten und zur Durchführung der Schwangerschaftskonfliktberatung nach § 6 SchKG in der Lage sind. Konkretisierend verlangt § 9 Nr. 1 SchKG u.a. hinreichend persönlich und fachlich qualifiziertes und der Zahl nach ausreichendes Personal für die Anerkennung als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle . Das SchKG trifft keine Aussage darüber, wieviel Personal eine Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle explizit vorzuhalten hat. - 4 - 4 Lediglich für Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen des Landes oder in freier Trägerschaft gibt § 4 Abs. 3 SchwBG vor, dass eine Beratungsstelle über mindestens eine beim Träger mit der vollen wöchentlichen Arbeitszeit angestellte Fachkraft oder zwei mit mindestens der Hälfte der vollen wöchentlichen Arbeitszeit angestellte Fachkräfte verfügen muss. Diese Regelung bezieht sich ausdrücklich nicht auf die als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle anerkannten Ärztinnen und Ärzte. 9. Wie stellt der Senat sicher, dass die Ärztinnen und Ärzte adäquate psychosoziale Kompetenzen, rechtliche Kenntnisse sowie Kenntnisse des Hilfesystems erlangen, die dem Ausbildungsniveau von Fachkräften mit einem Examen oder Diplom in Psychologie, Sozialpädagogik und Sozialarbeit entsprechen? Ist der Senat ggf. der Ansicht, dass die als Beratungsstelle anerkannten Ärztinnen und Ärzte für die Konfliktberatungen keine vergleichbaren fachlichen Qualifikationen (nach § 9 SchKG) im Sinne von psychosozialen Kompetenzen sowie juristischen und weiteren Fachkenntnissen benötigen, wie sie Schwangerschaftskonfliktberaterinnen und -berater von Trägern vorweisen müssen? Wenn ja, bitte begründen . Zu 9.: Die Anerkennung von Ärztinnen und Ärzten als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle setzt nach § 4 Abs. 4 Satz 1 SchwBG die Approbation oder Erlaubnis zur Berufsausübung sowie eine abgeschlossene Weiterbildung in der Regel auf den Gebieten der Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Allgemeinmedizin, Inneren Medizin oder Psychiatrie voraus. Diesen Fachrichtungen ist gemeinsam, dass u.a. Grundlage der Weiterbildung der Erwerb von Kenntnissen und Erfahrungen auf psychosomatischem und psychosozialem Gebiet ist. Die Anerkennung erfordert gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 SchwBG zudem die Teilnahme an einer Informations- und Fortbildungsveranstaltung zu Inhalt, Form und Durchführung der Schwangerschaftskonfliktberatung. Darüber hinaus sind auch die als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle anerkannten Ärztinnen und Ärzte nach § 4 Abs. 5 SchwBG verpflichtet , sich Kenntnisse in der Konfliktberatung und über die zur Verfügung stehenden öffentlichen und privaten Hilfen für Schwangere, Mütter und Kinder anzueignen und diese den Entwicklungen auf diesem Gebiet anzupassen. Die Kenntnisse sind durch die regelmäßige Teilnahme an geeigneten Fortbildungsveranstaltungen zu aktualisieren und zu erweitern. Eine Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle wird nach § 9 SchKG anerkannt, wenn sie die Gewähr für eine fachgerechte Schwangerschaftskonfliktberatung nach § 5 SchKG bietet und zur Durchführung der Schwangerschaftskonfliktberatung nach § 6 SchKG in der Lage ist. Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 SchKG hat die Beratung je nach Sachlage erforderliche medizinische, soziale und juristische Information zu umfassen. Um dies zu gewährleisten, können im Einvernehmen mit der Schwangeren nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 SchKG andere, insbesondere ärztliche, fachärztliche, psychologische, sozialpädagogisch, sozialarbeiterisch oder juristisch ausgebildete Fachkräfte hinzugezogen werden. Folglich ist für die Anerkennung als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle ausreichend, wenn nach § 9 Nr. 2 SchKG sichergestellt werden kann, dass zur Durchführung der Beratung erforderlichenfalls kurzfristig eine ärztlich, fachärztlich, psychologisch, sozialpädagogisch, sozialarbeiterisch oder juristisch ausgebildete Fachkraft hinzugezogen werden kann. Jeder Konfliktfall stellt sich anders dar und erfordert andere fachliche Kenntnisse. Eine Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle kann nicht für jeden Konfliktfall die erforderlichen Kenntnisse vorhalten. - 5 - 5 Wichtig ist es daher, dass eine Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle eine entsprechende Fachkraft hinzuziehen oder die Schwangere weitervermitteln kann. Dies setzt die nach § 4 Abs. 5 SchwBG erforderlichen Kenntnisse über die zur Verfügung stehenden öffentlichen und privaten Hilfen voraus. 10. Welche der 62 Ärztinnen und Ärzte, die als Beratungsstelle anerkannt sind, sind in ihrer Funktion als Beraterinnen und Berater in Vollzeit entsprechend § 4 Abs. 3 SchBG tätig? Zu 10.: In Berlin sind keine Ärztinnen oder Ärzte in Vollzeit als Beraterinnen und Berater in der Schwangerschaftskonfliktberatung tätig. 11. Welche der 62 Ärztinnen und Ärzte, die als Beratungsstelle anerkannt sind, veröffentlichen nach § 4 Abs. 7 SchBG ihre regelmäßigen Sprechstunden und Spätsprechstunden als Beratungsstelle und wo? Ist aus Sicht des Senats der Vorschrift des § 4 Abs. 7 SchBG bei Ärztinnen und Ärzten genüge getan, wenn sie lediglich die Sprechzeiten der Arztpraxis veröffentlichen und wenn ja, warum? Zu 11.: Der Großteil der Ärztinnen und Ärzte, die als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle anerkannt sind, veröffentlicht die Sprechzeiten der jeweiligen Arztpraxis auf der Seite der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin mit Ausnahme von Frau Dr. med. Claudia Benecke, Frau Sylvia Zuckschwerdt, Herr Dr. med. Horst Basler, Herr Dr. med. Ulrich J. Koch, Herr Dr. Siegbert Heck, Frau Johanna Gebauer, welche die Öffnungszeiten jeweils auf der eigenen Homepage oder anderen Ärztesuchseiten im Internet veröffentlichen. Aus Sicht des Senats ist der Vorschrift des § 4 Abs. 7 SchwBG bei Ärztinnen und Ärzten damit genüge getan. Die normalen Sprechzeiten der Arztpraxen sind mit denen für die Schwangerschaftskonfliktberatung identisch. In dieser Zeit können Patientinnen mit ihren Anliegen, auch solchen zur Schwangerschaftskonfliktberatung, bei der jeweiligen Ärztin/ dem jeweiligen Arzt vorstellig werden. 12. Falls aus Sicht des Senats nicht alle Anerkennungsbedingungen des § 9 SchKG und des § 4 SchBG für die Anerkennung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 SchBG von Ärztinnen und Ärzte als Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen notwendig sind, bitte beantworten: Was rechtfertigt aus Sicht des Senats inhaltlich die im Vergleich zu Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen von Trägern abgesenkten Anerkennungsvoraussetzungen für Ärztinnen und Ärzte? Zu 12.: Die Anerkennung von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen richtet sich sowohl bei Einrichtungen des Landes oder freier Träger als auch bei Ärztinnen oder Ärzten nach § 9 SchKG und § 4 SchwBG. Eine Differenzierung erfolgt nur dahingehend, dass sich § 4 Abs. 3 SchwBG auf die Einrichtungen des Landes und der freien Träger bezieht und § 4 Abs. 4 SchwBG auf die Ärztinnen und Ärzte. 13. Beabsichtigt der Senat, das Berliner Schwangerenberatungsstellengesetz zu reformieren und mögliche Inkonsistenzen zu beseitigen? - 6 - 6 Zu 13.: Der Senat beabsichtigt das Berliner Schwangerenberatungsstellengesetz zu novellieren und wird im Zuge dessen möglicherweise bestehende Inkonsistenzen beseitigen. 14. Welche Erkenntnisse hat der Senat, wie die Beratungsleistungen durch die Ärztinnen und Ärzte finanziert werden, wenn diese laut Antwort auf Frage 5 in der Drucksache 18/18 623 keine Finanzierung durch den Senat erhalten? Zu 14.: Der Senat geht davon aus, dass die Ärztinnen und Ärzte ihre in Zusammenhang mit der gynäkologischen Untersuchung erfolgenden Beratungsleistungen gemäß dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) mit der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. bei Privatversicherten nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mit den Betroffenen abrechnen. Nähere Erkenntnisse liegen dem Senat hierzu nicht vor. 15. Die Voraussetzung der Förderung von Konfliktberatungsstellen durch das Land Berlin nach §§ 8 und 9 SchKG und § 219 StGB ist, dass die Beratung dem Schutz des ungeborenen Lebens zu dienen hat. In den Informationsbroschüren der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle BALANCE „Informationen zum Ablauf des operativen Schwangerschaftsabbruchs“ und „Informationen zum Ablauf des Schwangerschaftsabbruchs mit Medikamenten“ wird jedoch an keiner Stelle der Embryo erwähnt und nicht als Grundrechtsträger erkennbar gemacht, sondern von „Gewebe“ oder „Schwangerschaftsgewebe“ gesprochen . Gleiches gilt für die Broschüre von pro familia „Schwangerschaftsabbruch – Fakten und Hintergründe “ sowie die Informationen auf der Homepage von pro familia, auf die die Berliner Beratungsstelle des Trägers verweist (https://www.profamilia.de/themen/schwangerschaftsabbruch.html vom 14.6.2019). Wie kommt der Senat zur Annahme, dass Beratungsstellen, die in ihren Informationsbroschüren das Menschsein des Ungeborenen unerwähnt lassen, indem sie die Worte „Kind“, „Embryo“, „Mensch“ „Ungeborenes “ oder „ungeborenes Leben“ u. Ä. vermeiden und stattdessen von „Gewebe“, „Schwangerschaftsgewebe “ oder „Fruchtblase“ sprechen, ausgewogen, objektiv und entsprechend ihres Auftrags beraten? Worauf begründet der Senat seine Annahme, dass diese Beratungsstellen Beratungen anbieten , die dem Schutz des ungeborenen Lebens entsprechend der Vorgabe des § 219 StGB dienen? 16. Warum sieht der Senat die Anerkennungsvoraussetzungen für pro familia und BALANCE als gegeben an, wenn die entscheidenden Publikationen der Beratungsstellenträger zum Schwangerschaftsabbruch nicht thematisieren, dass es sich –nach dem Bundesverfassungsgericht – bei dem Embryo um ungeborenes menschliches Leben handelt? Zu 15. und 16.: Die Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle BALANCE gibt keine Informationsbroschüren zu den Themen des operativen oder medikamentösen Schwangerschaftsabbruchs heraus. Die Informationsbroschüre „Schwangerschaftsabbruch – Fakten und Hintergründe“ wurde vom Bundesverband pro familia erstellt und von Mitteln des Bundesministeriums für Familien , Senioren, Frauen und Jugend bzw. der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung finanziert. Das Gleiche gilt für die Website. Dem Senat sind keine Anhaltspunkte dafür bekannt, dass die Beratungen der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle pro familia nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 219 Abs. 1 StGB und §§ 5, 6 SchKG entsprechen oder die Anerkennungsvoraussetzungen der §§ 8, 9 SchKG nicht mehr gegeben sind. - 7 - 7 Der Gesetzgeber bezieht sich in § 219 Abs. 1 StGB und §§ 5, 6 SchKG auf Inhalt und Durchführung der Beratung. Eine Beratung über die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs , insbesondere welche Ärztin oder welcher Arzt dazu bereit ist, welche Methoden zur Verfügung stehen und wie der Abbruch und die Nachsorge versichert sind, steht nicht im Widerspruch zu einer ergebnisoffenen Beratung und ist daher nicht ausgeschlossen (Eschelbach, in: v. Heintschel-Heinegg, BeckOK StGB, 42. Auflage, 2019, Rn. 7 zu § 219; Eser/Weißer, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch Kommentar, 30. Auflage, 2019, Rn. 11 zu § 219). Es wird keine Aussage über die inhaltliche Ausgestaltung oder die Verwendung entsprechender Termini in zusätzlich zum Beratungsgespräch zur Verfügung gestellten Informationsbroschüren der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen getroffen . 17. Wie viel Zeit nehmen sich Beraterinnen und Berater durchschnittlich für einen Schwangerenkonfliktberatungsfall ? Zu 17.: Hierzu liegen dem Senat keine Statistiken vor. Erfasst wird die Anzahl der Beratungen, differenziert nach den verschiedenen Beratungsangeboten. Die Dauer einer Beratung kann sehr variieren. Die Beraterinnen und Berater nehmen sich die Zeit, die notwendig ist, um die Beratung in der erforderlichen Qualität durchzuführen. Häufig sind mehrere Gespräche notwendig. Der zeitliche Aufwand einer Beratung kann zum Beispiel dann deutlich höher sein, wenn mehrere soziale Belastungsfaktoren vorhanden sind oder Sprachmittler zum Einsatz kommen oder weitere Angehörige mit beraten werden. 18. Wie erklärt der Senat die in der Drucksache 18/18 623 dargestellte deutlich erhöhte Fallzahl an Schwangerschaftskonfliktberatungsfällen pro Vollzeit-Beratungskraft bei BALANCE und bei pro familia gegenüber anderen Trägern? Zu 18.: Bei den Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen BALANCE und pro familia handelt es sich um zwei in der Bevölkerung sehr bekannte Einrichtungen. Die beiden Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen bieten ein sehr niederschwelliges Angebot. So führt pro familia Beratungen nicht nur nach Termin durch, sondern bietet auch offene Sprechstunden ohne Voranmeldung an. Bei jeder offenen Sprechstunde besteht die Möglichkeit der Beratung durch ärztliche und psychologische Fachkräfte sowie Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Dieses Angebot bietet mit Ausnahme der Zentren für sexuelle Gesundheit und Familienplanung keine andere Beratungsstelle in Berlin. Zusätzlich sind sie telefonisch gut erreichbar. BALANCE führt Beratungen von 8 bis 20 Uhr abends durch und ist telefonisch gut erreichbar. Darüber hinaus liegen beide Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen an zentralen Orten in Berlin und sind mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. Diese besonders gute Verfügbarkeit der beiden Beratungsstellen führt dazu, dass gerade Frauen, die sehr zeitnah einen Termin benötigen - wie im Falle des Schwangerschaftskonflikts gegeben – diese Beratungsstellen dann häufiger aufsuchen. Sie werden in den offenen Sprechstunden bei pro familia beispielsweise immer am gleichen Tag beraten. Das führt dazu, dass diese beiden Beratungsstellen einen vergleichsweise hohen Anteil an dieser Art der Beratung aufweisen. - 8 - 8 Dafür werden andere Beratungsinhalte vergleichsweise seltener durchgeführt, beispielsweise bei pro familia die Bearbeitung von Stiftungsanträgen oder bei BALANCE die Beratungen zur Vertraulichen Geburt. Insgesamt weichen beide Beratungsstellen hinsichtlich der Gesamtzahl der pro VZÄ-Beratungsfachkraft durchgeführten Beratungen nicht wesentlich vom Durchschnitt ab: So führte pro familia im Jahr 2017 (letzte Auswertung) neun Prozent weniger Beratungen durch als andere Beratungsstellen und BALANCE durchschnittlich 16 Prozent mehr. Diese Abweichungen sind normal und bei allen Beratungsstellen in Berlin zu finden. 19. In der Antwort zu 8 der Drucksache 18/18 623 führt der Senat aus, dass das Familienplanungszentrum BALANCE, welches auch Schwangerschaftsabbrüche anbietet, und die Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle BALANCE in räumlicher Nähe untergebracht sind. Laut dem funktionalen Organigramm des Berliner Familienplanungszentrum BALANCE, Stand 11/2017, sind dem Bereich "Medizin" sowohl die Schwangerschaftskonfliktberatung als auch der Schwangerschaftsabbruch untergeordnet. Zudem unterstehen laut dem strukturellen Organigramm des Berliner Familienplanungszentrum BALANCE, Stand 11/2017, alle Bereiche, mithin auch Schwangerschaftskonfliktberatung und Schwangerschaftsabbruch, derselben Geschäftsführung und demselben Vorstand. https://www.fpz-berlin.de/Der-Verein- 884764.html. Ist hierbei aus Sicht des Senats gewährleistet, dass die Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle BALANCE mit keiner Einrichtung, in der Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden, derart organisatorisch oder durch wirtschaftliche Interessen verbunden ist, dass hiernach ein materielles Interesse der Beratungseinrichtung an der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen nicht auszuschließen ist (§ 9 SchKG)? 20. Wie weit ist die in der Antwort zu 9 der Drucksache 18/18 623 erwähnte Überprüfung der organisatorischen und finanziellen Verbindungen Familienplanungszentrum BALANCE und die Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle BALANCE durch die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung fortgeschritten, und was sind die Ergebnisse? Welche Konsequenz zieht der Senat aus diesen? Zu 19. und 20.: Eine eventuelle Verbundenheit der organisatorischen und wirtschaftlichen Interessen der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle BALANCE und des Familienplanungszentrums BALANCE, aufgrund der räumlichen Nähe, wird derzeit geprüft. Die Prüfung wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Jedoch handelt es sich bei der Schwangerschaftsberatung in dem erwähnten, funktionalen Organigramm des Familienplanungszentrums BALANCE nicht um Schwangerschaftskonfliktberatung im Sinne von § 5 SchKG sondern um Beratung im Sinne von § 2 SchKG. Dem Bereich Medizin des Familienplanungszentrums BALANCE sind damit keineswegs Schwangerschaftskonfliktberatung und Schwangerschaftsabbrüche untergeordnet. Schwangerschaftskonfliktberatung wie auch Schwangerschaftsabbrüche unterstehen somit nicht derselben Geschäftsführung und demselben Vorstand wie das Familienplanungszentrum BALANCE. 21. Sind im Familienplanungszentrum BALANCE Ärztinnen und Ärzte tätig, die sowohl Schwangerschaftsabbrüche als auch Schwangerschaftskonfliktberatung durchführen oder durchgeführt haben? Zu 21.: Im Familienplanungszentrum BALANCE sind keine Ärztinnen und Ärzte tätig, die sowohl Schwangerschaftsabbrüche als auch Schwangerschaftskonfliktberatung durchführen oder durchgeführt haben. - 9 - 9 22. Das Familienplanungszentrum BALANCE führt auf seiner Internetseite aus: "Die medizinische Leitung des Zentrums ist Mitglied in der Internationalen Vereinigung von Fachkräften und Verbänden zu Schwangerschaftsabbruch und Kontrazeption (F.I.A.P.A.C.).", https://www.fpz-berlin.de/Der-Verein- 884764.html. Das Familienplanungszentrum BALANCE nennt und verlinkt auf seiner Internetseite www.fpz-berlin.de in der Rubrik "unsere Partner" als einen von insgesamt sechs Partnern die Organisation "FIAPAC International Federation of Professional Abortion and Contraception Associates". Der Link führt zu www.fiapac.org/de/p/home/. Dort beschreibt FIAPAC die "Partnerschaft" ("partnership") zwischen FIAPAC und dem Pharmaunternehmen Exelgyn (Hersteller der sog. "Abtreibungspille" Mifegyne ), in deren Rahmen Exelgyn finanzielle Mittel für Projekte zur medikamentösen Abtreibung zur Verfügung stellt. Wie bewertet der Senat die Verbindung der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle BALANCE mit dem Familienplanungszentrums BALANCE und seiner Verbindung zur Organisation FIAPAC und deren "Partnerschaft" mit dem Pharmaunternehmen Exelgyn? Zu 22.: Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat die Überprüfung der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle BALANCE durch die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung keine Anhaltspunkte ergeben, dass diese mit dem Familienplanungszentrum BALANCE, einer Einrichtung, in der Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, derart organisatorisch oder durch wirtschaftliche Interessen verbunden ist, dass ein materielles Interesse der Beratungsstelle an der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen nicht ausgeschlossen werden kann. Die Verbindung der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle BALANCE und des Familienplanungszentrums BALANCE, die sich nach bisherigem Kenntnisstand allein auf die gemeinsame räumliche Unterbringung bezieht, steht daher mit den Vorgaben des SchKG und des SchwBG im Einklang. Weitergehende Verbindungen des Familienplanungszentrums BALANCE mit anderen Organisationen und Einrichtungen obliegen nicht der Bewertung des Senats. Berlin, den 9. Juli 2019 In Vertretung Martin Matz Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung