Drucksache 18 / 20 044 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Trefzer (AfD) vom 25. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Juni 2019) zum Thema: Plagiatsverdacht gegen Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Antwort vom 10. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Juli 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung - Herrn Abgeordneten Martin Trefzer (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20044 vom 25. Juni 2019 über Plagiatsverdacht gegen Bundesfamilienministerin Franziska Giffey ________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht ohne Einbeziehung der staatlichen Berliner Hochschulen beantworten kann. Die Freie Universität Berlin wurde daher um Stellungnahme gebeten. 1. a.) Welche Kommission prüft seit wann und in welcher personellen Besetzung die Dissertation von Franziska Giffey, die 2009 an der Freien Universität unter dem Titel „Europas Weg zum Bürger – Die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft“ eingereicht wurde? b) Bis wann ist mit einem Ergebnis der Prüfung zu rechnen? Zu 1. a) und b): Die Dissertation von Frau Dr. Giffey wird durch das von § 34 Abs. 8 BerlHG vorgesehene Gremium geprüft. Die Zusammensetzung entspricht einer Promotionskommission gemäß der aktuellen Promotionsordnung zum Dr. rer. pol.; dies sind vier Hochschullehrerinnen bzw. Hochschullehrer und eine promovierte akademische Mitarbeiterin bzw. promovierter akademischer Mitarbeiter. Das Gremium hat seine Arbeit mit der konstituierenden Sitzung am 09.04.2019 aufgenommen. Eine zeitliche Prognose für die abschließende Entscheidung der Freien Universität Berlin gemäß § 34 Abs. 7 und Abs. 8 BerlHG kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben werden . 2. a) Franziska Giffey argumentiert, dass sie eine amerikanische Zitierweise benutzt habe. Es gibt in den USA unterschiedliche Zitierweisen, z.B. den „Chicago-Style“ mit Fußnoten, die Zitierweise der American Psychological Association (APA), das Zitiersystem der Modern Language Association (MLA), bei dem Belege mit Klammern in den Text integriert werden? Welche Zitierweise hat Franziska Giffey nach Einschätzung der FU in ihrer Dissertation verwendet? b) In ihrer Dissertation gibt Franziska Giffey ihre Quellen im laufenden Text in Klammern mit Autorenname und Erscheinungsjahr an, allerdings ohne Seitenzahl. Entspricht dieses Vorgehen nach Auffassung der FU Berlin guter wissenschaftlicher Praxis im Fach Politikwissenschaft? Wenn nein: Warum nicht? Zu 2. a) und b): Die Überprüfung der Dissertation ist noch nicht abgeschlossen. Angaben zum laufenden Verfahren an der Freien Universität Berlin werden nicht gemacht. 3. Welche Vorgaben gibt es im Fachbereich Politikwissenschaft der FU Berlin zur Anwendung von Zitierregeln in Doktorarbeiten? Ist es Doktoranden im Fach Politikwissenschaft der FU Berlin freigestellt, welche Zitierweise sie in ihrer Arbeit benutzen? Welche Zitierweisen sind möglich? Sind die Regeln zwingend oder nur Empfehlungen? Zu 3.: Nach Aussage der Freien Universität Berlin gelten die allgemeinen Zitierregeln. Entscheidend ist nicht, welche Zitierweise genutzt wird, sondern, dass die Übernahme einer Fremdleistung nachprüfbar gemacht wird. Die Promovierenden müssen sich für eine der anerkannten Zitierweisen entscheiden und diese dann befolgen. 4. a) Welche Vorgaben gibt es auf gesamtuniversitärer Ebene der FU Berlin zur Anwendung von Zitierregeln in Doktorarbeiten? Welche Zitierweisen sind möglich? Sind diese Regeln nur zwingend oder nur Empfehlungen ? b) Können Doktoranden, ggf. in Absprache mit ihrem Betreuer, von diesen Vorgaben abweichen? Falls ja, aus welchem Grund und in welcher Weise ist das möglich? c) Welche amerikanischen Zitierregeln können an der FU Berlin in Doktorarbeiten von den Doktoranden benutzt werden, ggf. nach Absprache (etwa „Chicago-Style“ mit Fußnoten, Zitierweise der American Psychological Association (APA), oder das System der Modern Language Association (MLA)). Zu 4 a) bis c): Siehe Antwort zu Frage 3. 5. In welcher Form wurde an der FU Berlin im Fall Giffey die Einhaltung von Zitierregeln überprüft, bevor der Doktortitel verliehen wurde? Zu 5.: Angaben zum laufenden Verfahren an der Freien Universität Berlin werden nicht gemacht. 6. Auf Seite 3 der Arbeit von Frau Giffey wird die Erstgutachterin als „Prof. Dr. rer. Pol. Tanja Anita Börzel“ bezeichnet, obwohl sie am European University Institute in Florenz einen Ph. D. in Political und Social Sciences erworben hat – also kein Dr. rer. Pol. ist. Wieso hat die FU Berlin diesen Fehler vor Veröffentlichung der Arbeit auf dem universitätseigenen Server nicht korrigiert? (https://refubium.fuberlin .de/bitstream/handle/fub188/778/DissOnlineFranziskaGiffeyFeb2010.pdf?sequence=1&isAllowed=y) Zu 6.: Angaben zu laufenden Verfahren an der Freien Universität Berlin werden nicht gemacht. 7. Welche Maßnahmen hat der Fachbereich Politikwissenschaft der FU Berlin seit dem Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe im Fall Giffey ergriffen, um künftig Wissenschaftsbetrug und Plagiate in Dissertationen zu verhindern, zu entdecken und zu sanktionieren? Zu 7.: Laut Angaben der Freien Universität Berlin hat der Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften bereits seit zwei Jahren einen vom Fachbereichsrat eingesetzten Arbeitskreis zur Nachwuchsförderung. Aktuell beschäftigt sich dieser Arbeitskreis intensiv mit Fragen der Betreuung von Promovierenden, den damit verbundenen besonderen Herausforderungen und der Erarbeitung von Leitempfehlungen für gute Betreuung von Promovierenden. 8. Franziska Giffey argumentiert, sie habe auf Anweisung ihrer Betreuerin, Frau Prof. Börzel, diese Zitationsweise verwenden müssen. a) Ist diese Darstellung nach Auffassung von Frau Prof. Börzel zutreffend? b) Gibt Frau Prof. Börzel ihren Doktoranden und Doktorandinnen eine Zitationsweise vor oder spricht sie Empfehlungen aus? Wenn ja: welche? c) Welche Zitationsweise hat Frau Prof. Börzel ihren Doktoranden und Doktorandinnen zurzeit der Abfassung der Doktorarbeit von Franziska Giffey vorgegeben bzw. empfohlen? Zu 8. a) bis c): Angaben zum laufenden Verfahren an der Freien Universität Berlin werden nicht gemacht. 9. Ist nach Auffassung des Senats oder der FU Berlin eine schlechte oder mangelhafte Betreuung einer Doktorarbeit ein Grund, die Verleihung eines akademischen Titels auch dann aufrechtzuerhalten, wenn die vorgelegte Arbeit starke wissenschaftliche Mängel aufweist? Zu 9.: Die Gründe für einen möglichen Entzug eines von der Freien Universität Berlin verliehenen akademischen Grades ergeben sich abschließend aus § 34 Abs. 7 BerlHG. 10. Ist der Senat der Wissenschaftsplattform „VroniPlag Wiki“ dankbar für die ehrenamtlich geleistete Arbeit der Plagiatsanalyse im Fall von Frau Giffey, unabhängig von der nun stattfindenden Untersuchung an der FU Berlin? Bitte begründen Sie die Antwort. Zu 10.: Der Senat begrüßt alle Anstrengungen der Qualitätssicherung in der Wissenschaft. Berlin, den 10. Juli 2019 In Vertretung Steffen Krach Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung -