Drucksache 18 / 20 080 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Maik Penn (CDU) vom 27. Juni 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Juni 2019) zum Thema: Entlastungsbetrag gemäß § 45 b SGB XI – Anspruch aller Pflegebedürftigen auf zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen und Antwort vom 12. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Juli 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Maik Penn (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20080 vom 27.06.2019 über Entlastungsbetrag gemäß § 45 b SGB XI – Anspruch aller Pflegebedürftigen auf zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat den Entlastungsbetrag gemäß § 45 b SGB XI grundsätzlich? Zu 1.: Der Entlastungsbetrag nach § 45 b SGB XI wird vom Senat grundsätzlich positiv bewertet. Er ermöglicht Pflegebedürftigen in der häuslichen Pflege, Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen zu können. Dies gilt auch für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 mit geringem Pflegebedarf. Mit dem Entlastungsbetrag kann der Grundsatz „ambulant vor stationär “ gestärkt werden, indem häusliche Pflegesettings unterstützt werden. Die pflegeergänzenden Leistungen tragen dazu bei, dass Pflegebedürftige ihren Alltag besser bewältigen und soziale Kontakte aufrechterhalten können. 2. Wie viele Personen im Land Berlin haben aktuell Anspruch auf diesen Betrag und wie hat sich die Zahl der Anspruchsberechtigten seit 2016 entwickelt? Bitte jährlich auflisten. Zu 2.: Alle Pflegebedürftigen mit einem Pflegerad von 1 bis 5 in der eigenen Häuslichkeit haben Anspruch auf die Inanspruchnahme des Entlastungsbetrages nach § 45 b SGB XI. In 2017 lebten insgesamt 106.434 Pflegebedürftige in der eigenen Häuslichkeit. Die Pflegestatistik wird alle 2 Jahre erhoben, daher liegen für 2016 und 2018 keine Vergleichszahlen vor. Ein Vergleich mit der Statistik 2015 ist nicht zielführend, da sich der Empfängerkreis durch die Pflegestärkungsgesetze verändert hat. - 2 - 2 3. Wie viele Personen im Land Berlin beziehen aktuell diese Leistung und wie hat sich die Zahl der tatsächlichen Bezieher seit 2016 entwickelt? Bitte jährlich auflisten. Zu 3.: Dem Senat liegen hierzu keine Angaben vor. Es werden durch die Pflegekassen keine statistischen Erhebungen zur Nutzung des Entlastungsbetrages im Land Berlin durchgeführt . 4. Wie viele Personen ohne Anspruch haben in Berlin die Leistung seit 2016 beantragt? Bitte jährlich auflisten. Zu 4.: Dem Senat liegen hierzu keine Angaben vor. 5. Mit der Novellierung der Verordnung zur Anerkennung und Förderung von Angeboten zur Unterstützung im Alltag (Pflegeunterstützungsverordnung) hat der Senat seit 2017 die Möglichkeit eröffnet, den Entlastungsbetrag auch für „haushaltsnahe Dienstleistungen“ einzusetzen (vgl. Drs. 18/15624). Um welche handelt es sich hier genau und welche weiteren Verwendungsmöglichkeiten für den Entlastungsbetrag haben die Bezieher? Zu 5.: Haushaltsnahe Dienstleistungen im Sinne der Pflegeunterstützungsverordnung umfassen insbesondere die alltäglichen Reinigungsleistungen in der Wohnung des Pflegebedürftigen. Darunter fallen auch bspw. die Wäschepflege, die Erledigung des Wocheneinkaufs oder ein Mobilitätshilfedienst zum Arzt oder anderen Terminen. Hierbei muss der Bezug zum konkreten Pflegealltag gegeben sein. Dies ist beispielsweise nicht der Fall, wenn es um die Erbringung reiner hauswirtschaftlicher Dienstleistungen wie z.B. die Übernahme von Gartenarbeiten geht. Die Angebote zur Unterstützung im Alltag beinhalten darüber hinaus eine die vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten stärkende oder stabilisierende Alltagsbegleitung durch ehrenamtliche Besuchsdienste sowie eine außerhäusliche Betreuung in Gruppen insbesondere für Demenzkranke. Der Entlastungsbetrag kann gem. § 45 b Absatz 1 SGB XI eingesetzt werden für: - Leistungen der Tages- und Nachtpflege - Leistungen der Kurzzeitpflege - Leistungen der ambulanen Dienste im Sinne des § 36 SGB XI, in den Pflegegraden 2 bis 5 jedoch nicht für Leistungen im Bereich der Selbstversorgung - landesrechtlich anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne des § 45 a SGB XI. 6. Wer kontrolliert die Verwendung des Entlastungsbetrags? Zu 6.: Die Kontrolle über den Anspruch auf den Entlastungsbetrag sowie über dessen Verwendung obliegt den Pflegekassen. Der Entlastungsbetrag ist als Erstattungsleistung - 3 - 3 ausgestaltet, wobei eine Abtretungserklärung an die ambulanten Pflegedienste oder die Angebote zur Unterstützung im Alltag möglich ist. 7. In Drs. 18/15624 gibt der Senat ebenfalls an, dass „insbesondere Menschen mit Pflegegrad 1 und Anspruch auf Entlastungsleistungen häufiger keine Pflegedienste finden, die für diese kleinen Aufträge (haushaltsnahe Dienstleis-tungen) zur Verfügung stehen. Hier versucht die Senatsverwaltung, durch Stärkung der Angebote zur Unterstützung im Alltag Abhilfe zu schaffen […]“ (S. 2). a) Inwiefern gibt es diesbezüglich nach wie vor einen Versorgungsengpass? b) Inwiefern hat der Senat durch Stärkung der Angebote zur Unterstützung im Alltag seitdem Abhilfe geschaffen ? c) Wie viele Angebote gibt es aktuell und wie hat sich diese Zahl seit 2016 jährlich entwickelt? Zu 7.: a) Es besteht nach wie vor eine hohe Nachfrage von Pflegebedürftigen nach haushaltsnahen Dienstleistungen, die nicht immer gedeckt werden kann. Die Angebote zur Unterstützung im Alltag stellen hierbei eine Ergänzung im ambulanten Pflegesetting dar, die keine flächendeckende Bedarfsdeckung bieten können. b) Es erfolgt eine kontinuierliche Beratung von Dienstleistungsfirmen hinsichtlich einer Antragsstellung auf Anerkennung als Angebot zur Unterstützung im Alltag. c) Entwicklung der Angebote zur Unterstützung im Alltag: Angebote zur Unterstützung im Alltag (AUA) 2016 2017 2018 2019 Zahl der anerkannten Anbieter 134 141 151 161* Zahl der haushaltsnahen Dienstleistungsangebote 4 12 27 35* *Stand 04.07.2019 8. Das Land Berlin fördert die Angebote des Entlastungsbeitrags im aktuellen Doppelhaushalt mit jeweils 1.679.000 Euro jährlich. Inwiefern wurden diese Mittel bisher abgerufen? Zu 8.: Die Haushaltsmittel aus Kapitel 0930 Titel 68406 in Höhe von 1.679.000 € stehen zur Förderung von Projekten nach § 45 c und § 45 d SGB XI zur Verfügung. Gefördert werden daraus die 12 Kontaktstellen Pflegeengagement i.H.v. 612.000 € und 39 Angebote zur Unterstützung im Alltag. Im Jahr 2018 wurden insgesamt 1.680.653,30 € aus dem Kapitel 0930 Titel 68406 ausgezahlt. Für die Förderung von Angeboten zur Unterstützung im Alltag, in denen der Entlastungsbetrag eingesetzt werden kann, wurden im Jahr 2018 1.067.000 € verausgabt. Für 2019 wurden von den bisher bewilligten Zuwendungen an die Angebote zur Unterstützung im Alltag zum Stichtag 30.06.2019 663.895 € abgerufen. Für die Kontaktstellen Pflegeengagement sind bisher 306.000 € ausgezahlt worden. Es ist davon auszugehen, dass die zur Verfügung stehenden Mittel auch in 2019 vollständig ausgeschöpft werden. - 4 - 4 9. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, dass der Entlastungsbetrag in Zukunft von mehr Leistungsberechtigten beansprucht werden kann und welche Herausforderungen sind damit verbunden? Zu 9.: Jeder in der Häuslichkeit lebende Pflegebedürftige hat einen gesetzlichen Anspruch auf den Entlastungsbetrag und kann diesen für den individuell benötigten Bedarf in der Tagesund Kurzzeitpflege, bei den ambulanten Pflegediensten oder den anerkannten Angeboten zur Unterstützung im Alltag einsetzen. Die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten reicht von den ehrenamtlich getragenen Besuchs - und Begleitdiensten sowie den Gruppenangeboten für demenzkranke Senioren über die Betreuung von pflegebedürftigen Kindern und Jugendlichen bis hin zu den haushaltsnahen Dienstleistungen durch gewerbliche Anbieter oder der Versorgungspflege durch ambulante Pflegedienste beim Pflegegrad 1. Dafür ist es von besonderer Bedeutung stabile Pflegestrukturen zu schaffen und die Vielfalt der jeweiligen Angebote zu stärken, damit eine breite Palette an Einsatzmöglichkeiten für die unterschiedlichsten Bedarfslagen angeboten werden kann. 10. Inwiefern wird das Land Berlin darauf Einfluss nehmen und gibt es ggf. bereits konkrete Pläne für Maßnahmen? Falls ja, welche? Falls nein, warum nicht? Zu 10.: Neben den Maßnahmen zur Fachkräftesicherung zur Erhaltung der stabilen Pflegestrukturen und dem Ausbau der Beratungsstrukturen der Pflegestützpunkte, die über die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten des Entlastungsbetrages informieren, besteht eine weitere Maßnahme in der Aufstockung der Förderung der Kontaktstellen Pflegeengagement, die wohnortnahe Selbsthilfe- und Ehrenamtsstrukturen für Pflegebedürftige und deren Angehörige schaffen sowie den Ausbau der Nachbarschaftshilfe unterstützen. Berlin, den 12. Juli 2019 In Vertretung Barbara König Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung