Drucksache 18 / 20 106 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Roman Simon (CDU) vom 01. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Juli 2019) zum Thema: Was tut Rot-rot-grün zur Prävention und zur Bekämpfung von sexuellen Kindesmissbrauch? und Antwort vom 22. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Juli 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Herrn Abgeordneten Roman Simon (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20106 vom 1. Juli 2019 über Was tut Rot-rot-grün zur Prävention und zur Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch ? ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie wird eine ressortübergreifende Bestands- und Defizitanalyse zu Prävention und Intervention bei sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sowie kurz- und langfristiger Hilfe für Betroffene umgesetzt? Welche (Berichts-, Analyse-) Grundlagen, die herangezogen werden sollten, gibt es dafür? 2. Wie wird sichergestellt, dass ein ressortübergreifender Maßnahmenplan gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen nach der Analyse mit passenden und angemessenen Umsetzungsinstrumenten/- strukturen versehen wird? Zu 1. und 2.: Im Juni 2012 wurde auf Beschluss der Landeskommission Berlin gegen Gewalt ein ressort- und institutionsübergreifendes Netzwerk eingerichtet und mit dem Auftrag versehen, eine Bestandsanalyse über die vorhandenen Präventions-, Interventions- und Versorgungsangebot im Bereich sexualisierte Gewalt in Berlin sowie eine Bedarfsanalyse und eine Maßnahmenplanung zur Realisierung der ermittelten Bedarfe zu erstellen. Im Ergebnis der fachlichen Empfehlungen der am Netzwerk beteiligten Akteurinnen und Akteuren wurde die „Integrierte Maßnahmenplanung gegen sexuelle Gewalt des Berliner Netzwerks gegen sexuelle Gewalt“ (IMP) erstellt. Die IMP enthält Maßnahmen zur frühzeitigen Erkennung von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen und zur Verbesserung der Versorgung von Betroffenen. Die Federführung zur Koordinierung des Umsetzungsprozesses der IMP wurde der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung übertragen. Für die Darstellung der eingeleiteten Umsetzungsschritte vgl. Schriftliche Anfrage Drucksache 18/19 888. 3. Werden von sexuellem Kindesmissbrauch Betroffene in die Erarbeitung politischer Strategien zur Verbesserung des Kinderschutzes einbezogen? 2 Zu 3.: In die Erarbeitung des IMP waren die Interessenvertretungen von Betroffenen sexualisierter Gewalt in der Kindheit (u.a. Vertreterinnen und Vertreter der Träger Wildwasser e.V. und Tauwetter e.V.) einbezogen und haben u.a. die (Co-)Leitung von zwei Arbeitsgruppen übernommen. 4. Welche konkreten Pläne gibt es, um die Zusammenarbeit der Akteure im Kinderschutz vor Ort zu verbessern? Gibt es gute Beispiele gelingender Kooperation? Welche Rahmenbedingungen sind jeweils hilfreich oder auch hinderlich? Zu 4.: Berlin hat mit der Umsetzung des im Februar 2007 vom Senat beschlossenen „Konzept für ein Netzwerk Kinderschutz“ (MzK Drs. 16/0285) und des Berliner Gesetz zum Schutz und Wohl des Kindes (Berliner Kinderschutzgesetz) vielfältige Maßnahmen zur Verbesserung des Kinderschutzes im Bereich der Prävention und Intervention und Versorgung ergriffen sowie verbindliche Strukturen in der Zusammenarbeit im „Netzwerk Kinderschutz“ aufgebaut. Das Problemfeld des sexuellen Kindesmissbrauchs ist Bestandteil des Kinderschutzes und entsprechend in der Senatskonzeption „Netzwerk Kinderschutz“ verankert. Ziel des „Netzwerk Kinderschutz“ ist die ressortübergreifende Kooperation und Zusammenarbeit im Kinderschutz und die Erhöhung von Sensibilität und Professionalität auch in Bereichen die außerhalb der Jugendhilfe liegen. Hierzu zählen insbesondere die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Gesundheitsfachkräften (u.a. mit Kliniken und niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten), die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule im Kinderschutz, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung von Schutzkonzepten in Schulen, die Zusammenarbeit bei Fällen von Menschenhandel zum Nachteil von Minderjährigen (z.B. Zwang zur Prostitution) mit der Polizei und Justiz sowie die gesamtstädtischen Angebote von Beratung und Therapie für minderjährige Opfer von sexueller Gewalt. Darüber hinaus sind in den Bezirken vielfältige regionale „Netzwerke Kinderschutz“ und „Netzwerke Frühe Hilfen“ entstanden, die auf regionaler Ebene die Zusammenarbeit im Kinderschutz weiterentwickeln und qualifizieren. Ein Beispiel für gelingende Kooperation sind die Einrichtung von Kinderschutzambulanzen (KSA) an fünf Berliner Kliniken und deren Zusammenarbeit mit der Gewaltschutzambulanz an der Charité. Hierbei handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung sowie der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung. Verdachtsfälle, u.a. auf sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, können durch die Jugendämter und die Kinder- und Jugendgesundheitsdienste der Bezirke an die KSA überwiesen werden. Die KSA verfügen über den Zugriff auf ein fächerübergreifendes Konsiliarsystem (Kinderheilkunde, Kinderchirurgie und –neurologie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Radiologie u.a) zur Erstellung interdisziplinärer fachlicher Einschätzungen einer möglichen Kindeswohlgefährdung. Für mögliche Strafverfahren, insbesondere bei Vedacht auf sexuellen Missbrauch, kann zudem eine fachgerechte Erstbefragung durch eine (Aussage-) Psychologin oder einen (Aussage-) Psychologen zur Bereitstellung gerichtsverwertbarer Dokumentationen durchgeführt werden. Hilfreiche Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit der Akteure im Kinderschutz vor Ort sind verlässliche Ansprechpartner und überschaubare Strukturen. 3 5. Wie sollen die bezirklichen Jugendämter gestärkt werden, um im Bereich der sexuellen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche mehr Handlungssicherheit zu gewinnen? Zu 5.: Mit dem Jugend-Rundschreiben Nr. 2/2009 über Handlungsempfehlungen bei sexueller Gewalt gegen Mädchen und Jungen in Berlin verfügen die bezirklichen Jugendämter über ein konkretes Verfahren zur Risikoeinschätzung. Zur Herstellung von Handlungssicherheit können bei einem begründeten Verdacht auf sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche von den Jugendämtern die Kinderschutzambulanzen oder die fachliche Beratung durch die vom Land Berlin finanzierten Fachberatungsstellen (z.B. bei den auf sexuelle Gewalt spezialisierten Fachberatungsstellen wie das „Kinderschutzzentrum“ und die Beratungsstelle „Kind im Zentrum“) herangezogen werden. Darüber hinaus werden durchgängig entsprechende Fortbildungen durch das Sozialpädagogischen Fortbildungsinstituts Berlin-Brandenburg (SFBB) angeboten. 6. Welche Angebote zur Qualifizierung gibt es in Berlin für die mit dem Kinderschutz befassten Berufsgruppen? 7. Welche Schritte werden unternommen, um das komplexe Themenfeld des sexuellen Kindesmissbrauchs stärker in der Aus- und Fortbildung von pädagogischen und medizinischen Fachkräften sowie bei Polizei und Justiz zu verankern? Zu 6. und 7.: Das SFBB richtet sein Qualifizierungsangebot an Fachkräfte der Berliner und Brandenburger Jugendämter, der Träger der freien Jugendhilfe, der Erziehungs- und Familienberatungsstellen , der Kinder- und Jugendgesundheitsdienste sowie an Amtsvormünderinnen und Amtsvormünder. Das Thema Kinderschutz und sexualisierte Gewalt ist als Querschnittsthema angelegt und findet sich zielgruppenbezogen in unterschiedlichen Qualifizierungsformaten. Das SFBB hat ein vielfältiges Angebot an ein- und mehrtägigen Seminaren, regelmäßig stattfindenden Tagungen und Fachgesprächen. Im Jahr 2019 sind es beispielsweise rund 50 verschiedene Veranstaltungen ausschließlich zum Kinderschutz. Nachfolgend sind exemplarisch einige Fachseminare aufgeführt: Handlungsempfehlungen für einen professionellen Umgang mit sexuellem Missbrauch Uneindeutige Verdachtsfälle in der pädagogischen Praxis-Risiko der sexuellen Übergriffe in Einrichtungen der Jugendhilfe Nein heißt Nein – sexualisierte Gewalt unter Jugendlichen Kinder in unsicheren Lebenslagen: (Drohende) Kindeswohlgefährdung erkennen und handeln im Fachbereich Jugend(sozial)arbeit. Fallverstehen und Risikoeinschätzung bei Kindeswohlgefährdung Qualitätssicherung Kinderschutz – Standards der Falleinschätzung, Fallmanagement, Auftragsklärung Basiswissen Kinderschutz Darüber hinaus werden im SFBB seit mehreren Jahren berufserfahrene Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Psychologinnen und Psychologen zu „insoweit erfahrenen Fachkräften im Kinderschutz“ gemäß § 8a SGB VIII ausgebildet. Das Themenfeld des sexuellen Missbrauchs wird hier explizit in einem eigenen Modul geschult. 4 Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie hat gemeinsam mit dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten seit dem Jahr 2018 ein Mobiles Schulungsteam Kinderschutz für Berliner Unterkünften für Geflüchtete, Asylbegehrende sowie andere vom Land Berlin zugewiesener Personen eingerichtet. Das Mobile Schulungsteam Kinderschutz schult alle hauptamtlich tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Einrichtungen (Leitungskräfte, Sozialdienste und technische Kräfte/Wachschutzkräfte) zu den Grundlagen zum Kinderschutz, zu den Strukturen und Bausteinen des Netzwerkes Kinderschutz und zum Berlineinheitlichen Verfahren zum Umgang mit Kinderschutzfällen. Für Fachkräfte an Berliner Schulen führt die Regionale Fortbildung Berlin verschiedene Veranstaltungen zur Sensibilisierung für das Thema sexualisierte Gewalt sowie zur Erkennung , Prävention und Intervention durch. Sie beziehen sich auf sexualisierte Gewalt sowohl durch Erwachsene als auch unter Schülerinnen und Schülern und richten sich an Schulleitungen, Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher sowie weiteres pädagogisches Personal. Die Schulen werden dabei u.a. bei der Erstellung schulinterner Schutzkonzepte unterstützt. Fortbildungsveranstaltungen werden auch in Kooperation mit verschiedenen Anbietern, beispielsweise mit Grenzläufer e. V., Innocence in Danger und den Jugendämtern durchgeführt. Spezielle Angebote thematisieren sexualisierte Online-Gewalt wie Sexting und Aspekte des Cybermobbings. Schulische Krisenteams und Kontaktlehrkräfte für schulische Prävention werden regelmäßig ebenfalls zu diesem Thema fortgebildet. Innerhalb von Polizei und Justiz werden sowohl in der für die Verfolgung von Sexualdelikten zuständigen Abteilung 284 der Staatsanwaltschaft Berlin als auch der Abteilung 13 des Landeskriminalamts des Polizeipräsidenten in Berlin (LKA 13) vielfältige Fortbildungsangebote genutzt. Im für Sexualstraftaten zuständigen Dezernat LKA 13 des Landeskriminalamt (LKA) werden die Dienstkräfte u.a. zum Themenfeld des sexuellen Kindesmissbrauchs durch regelmäßige Inhouse-Fortbildungen geschult. Für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte werden jährlich insbesondere an der Justizakademie in Königs Wusterhausen sowie an der Deutschen Richterakademie zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen angeboten. Dies reicht von Fortbildungen zum Umgang mit und den Rechten von Opfern sexualisierter Gewalt, über Fortbildungen zu rechtlichen Regelungen wie den Sexualstraftatbeständen bis zur Berücksichtigung in familiengerichtlichen Verfahren. An der Justizakademie, an der Deutschen Richterakademie sowie an Berliner Gerichten und der Staatsanwaltschaft wurden allein im Jahr 2018 und 2019 21 Fortbildungen mit Schnittstellen zum Thema sexuelle Gewalt angeboten. Weitere Veranstaltungen an der Justizakademie sind in Planung. Darüber hinaus wurde bei der Staatsanwaltschaft Berlin eine Inhouse-Fortbildung für alle Dezernentinnen und Dezernenten durchgeführt, in deren Rahmen das Projekt „Kein Täter werden“ der Charité Berlin vorgestellt wurde. Für den medizinischen Bereich werden insbesondere durch die Psychotherapeutenkammer (PTK) Berlin und die Ärztekammer Berlin (ebenfalls in verschiedenen Formaten) Ausund Fortbildungen für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, Ärztinnen und Ärzte und andere medizinische Fachkräfte angeboten. Die Psychotherapeutenkammer (PTK) Berlin bietet regelmäßige Veranstaltungen zum Kinderschutz für alle Mitglieder an. Außerdem hat die PTK Berlin einen eigenen 5 Kinderschutzbeauftragten, der von den Mitgliedern zu Themen des Kinderschutzes angesprochen werden kann. In die Ausbildung von Psychologischen Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen ist das Thema des sexuellen Kindesmissbrauchs in die Ausbildungsgänge aufgenommen worden. Die Ärztekammer Berlin hat eine Vorschrift zur Mitwirkung der Ärztinnen und Ärzte beim Kinderschutz in ihre Berufsordnung übernommen. Die Regelung ist seit Anfang 2019 in Kraft. Zudem hat die Ärztekammer Berlin als erste Landesärztekammer Deutschlands einen jährlichen Festbetrag in ihrem Haushalt für die ärztliche Fortbildung zum Themenkomplex Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Erwachsene vorgesehen und im Rahmen der interdisziplinären Zusammenarbeit im Mai 2019 die „Erklärung zur Zusammenarbeit am Runden Tisch Berlin – Gesundheitsversorgung bei häuslicher und sexualisierter Gewalt“ mit unterzeichnet. Die Ärztekammer Berlin bietet diverse Fortbildungsformate zum Thema „Umgang mit Gewaltopfern /Häusliche und sexualisierte Gewalt“. Dazu gehören Fortbildungsveranstaltungen in Zusammenarbeit mit dem Berliner Notdienst Kinderschutz, die jährlichen Fachtagungen zu den Kinderschutzambulanzen und die Aufnahme des Themas in Zusatzweiterbildungen. Die Kammermitglieder werden durch die Ärztekammer Berlin regelmäßig auf das erforderliche Vorgehen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung und auf den Leitfaden zum Vorgehen bei Kindesmisshandlung und –vernachlässigung hingewiesen (https://www.aerztekammerberlin .de/10arzt/30_Berufsrecht/10_Gesetzesaenderungen/58_Kinderschutzgesetz.html http://www.kindesmisshandlung.de/mediapool/32/328527/data/DGKiM-DAKJ_KSG- Leitfaden_1.61-23.12.2016.pdf) 8. Wie soll die Attraktivität und Wertschätzung von Berufen und Tätigkeiten im Feld des Kinderschutzes gesteigert werden? Zu 8.: Der Senat mißt der Arbeit der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in den Jugendämtern und anderen Bereichen eine hohe Bedeutung bei, da diese täglich eine hohe Verantwortung bei der Wahrnehmung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdungen im Spannungsfeld von Prävention und Intervention, übernehmen. Deshalb wurden beispielsweise in den bezirklichen Jugendämtern seit dem 01.01.2015 insgesamt 180 zusätzliche Personalstellen geschaffen. Ein weiterer Schwerpunkt bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Kinderschutz ist die Besetzung von vakanten Sozialarbeiterstellen z.B. in den Regionalen Sozialpädagogischen Diensten der Jugendämter und den Kinder- und Jugendgesundheitsdiensten . Die Verantwortung liegt dabei in den Bezirken. Gemeinsam mit den Bezirken konnten eine Reihe von Maßnahmen entwickelt werden, die eine stärkere Fachkräftegewinnung für die Jugendämter ermöglichen. Hierzu gehört u.a. die Etablierung dualer und berufsbegleitender Studiengänge mit Praxisanteilen. 6 Nach der Tarifeinigung in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Länder vom 2. März 2019 konnten sich die Tarifvertragsparteien auf eine grundsätzlich bessere Eingruppierung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst vom 1. Januar 2020 an verständigen . So wird z.B. das Bezahlungsniveau von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern , im Regionalen Sozialpädagogischen Dienst (RSD) der Jugendämter deutlich angehoben . 9. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Umsetzung der Mitteilung in Strafsachen (MiStra) künftig besser zu gewährleisten? Zu 9.: Die Umsetzung der MiStra wird im Bereich der Mitteilungen zum Schutz von Minderjährigen bei der Staatsanwaltschaft Berlin insbesondere durch eine eigene Verwaltungsvorschrift (sogenannte Generalienverfügung) gewährleistet, die durch eine Arbeitsgruppe aus Angehörigen der Strafverfolgungsbehörden, der Jugendämter und der betroffenen Senatsverwaltungen erarbeitet worden ist. Sie enthält neben Kontaktdaten von Zuständigen aus den Senatsverwaltungen und Familiengerichten eine Übersicht über verschiedene Fallkonstellationen und die jeweils einschlägigen Benachrichtigungspflichten, nebst Adressaten . Die Einhaltung der Erfordernisse der MiStra ist zudem Gegenstand regelmäßiger Mitteilungen innerhalb der Staatsanwaltschaft Berlin. In den Familiengerichten werden die Familienrichterinnen und -richter regelmäßig dafür sensibilisiert, die nach Nr. 31 MiStra mitteilende Behörde auch über das eingeleitete Prüfverfahren nach § 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu informieren. Ein Verfahren gem. § 1666 BGB wird zur Prüfung der Erforderlichkeit familiengerichtlicher Maßnahmen nach Eingang der entsprechenden Mitteilung regelmäßig eröffnet. Der Leitfaden nebst Verfahrenshinweisen „Mitteilungen nach MiStra zum Schutz von Minderjährigen “ findet in der strafgerichtlichen Praxis im Rahmen der richterlichen Unabhängigkeit regelmäßig Anwendung. 10. Welche Vereinbarung gibt es zwischen dem LKA und den zuständigen Schulbehörden für das Vorgehen bei Schulfahndungen? Zu 10.: Die vom Bundeskriminalamt (BKA) initiierten bundesweiten „Schulfahndungen“ nach Opfern des dokumentierten sexuellen Missbrauchs werden für Berlin vom LKA 131 in Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (SenBildJug- Fam) seit dem Jahr 2014 umgesetzt. Ziel dieser Fahndungen ist es, allen Lehrkräften Portraitbilder der Opfer vorzulegen, um diese zu identifizieren und so sexuelle Missbräuche zu beenden und zu verfolgen. Dazu werden Fahndungsunterlagen zur Verfügung gestellt, die im Interesse des Opferschutzes neutrale Aufnahmen der betroffenen Kinder sowie ein Schreiben des LKA mit den erforderlichen Schritten und Maßnahmen enthalten. Im Falle anstehender Schulfahndungen unterstützt die SenBildJugFam das Fahndungsanliegen des LKA regelmäßig durch ein Staatssekretärsschreiben an die Schulen und die Übergabe aktueller Schullisten. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport, die Polizei Berlin und die SenBildJugFam arbeiten seit geraumer Zeit an der Digitalisierung der Fahndungsmaßnahmen. Der Testlauf des Systems „Zentrale –Schul-Verwaltungsumgebung“ (ZSVU) startete am 9. Januar 2019 mit ca. 390 von 752 Schulen, die an das System bereits angeschlossen sind. Zum Stand 28. Juni 2019 waren 500 Schulen angeschlossen. Bis 2020 sollen alle öffentlichen Schulen angeschlossen sein. Grundsätzlich sollen auch die privaten Schulen in die ZSVU eingebunden werden. 7 11. Wie wird die Empfehlung der Unabhängigen Aufarbeitungskommission beim Unabhängigen Beauftragten für sexuellen Kindesmissbrauch für örtlich und sachlich konzentrierte Kompetenzzentren bei Staatsanwaltschaften und Gerichten, für eine bessere Berücksichtigung der Belange von Betroffenen, bewertet? Gibt es gute Beispiele bzw. entsprechende konkrete Pläne in Berlin? Zu 11.: Die Empfehlung des Unabhängigen Beauftragten für sexuellen Kindesmissbrauch zu „Schwerpunktgerichten“, also die Einführung von örtlich und sachlich konzentrierten Kompetenzzentren für Jugendschutzverfahren, ist für Berlin bereits umgesetzt. Sowohl das LKA 13 als auch die Abteilung 284 der Staatsanwaltschaft Berlin arbeiten örtlich und fachlich konzentriert. Die Erfahrungen insoweit sind sehr positiv. Die Zuständigkeit der Gerichte für Jugendschutzverfahren richtet sich nach §§ 26, 74b des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG). Das Amtsgericht Tiergarten entspricht mit seiner Eigenschaft als zentrales Strafgericht mit einer hohen Spezialisierung des Fachbereichs IV (Jugend) den Forderungen nach Konzentration und besonderer Kompetenz bereits jetzt. Am Landgericht Berlin werden Jugendschutzsachen von Jugendstrafkammern bearbeitet, die über besondere Sachkunde und Erfahrung insbesondere hinsichtlich der Vernehmung jugendlicher Zeugen verfügen. 12. Wie wird der Stand der Einführung von Konzepten für Schutz und Hilfe bei sexueller Gewalt in Einrichtungen und Organisationen, in denen Kinder und Jugendliche sind, bewertet? 13.Welche Maßnahmen sollen ergriffen werden, um den Wissensstand, die Motivation und die Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Schutzkonzepten in Schulen, in Kitas, in der Jugend-, Behinderten- und Gesundheitshilfe sowie in Freizeiteinrichtungen und Sportvereinen weiter zu verbessern? Gibt es gute Beispiele ? Welche Rahmenbedingungen werden als förderlich und hinderlich bewertet? Zu 12. und 13.: Im Rahmen der Erteilung von Betriebserlaubnissen in der Jugendhilfe gemäß § 45 Sozialgesetzbuch - Achtes Buch (SGB VIII) müssen alle Träger die Einrichtungen für teilstationäre und stationäre Angebote der Jugendhilfe sowie für Tageseinrichtungen für Kinder anbieten, Schutzkonzepte vorlegen, so dass grundsätzlich alle Einrichtungen über Schutzkonzepte verfügen. Die Schutzkonzepte müssen konkrete Verantwortlichkeiten , Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, unterstützende Personen und Institutionen sowie entsprechende Informationsketten enthalten. Ebenso ist im Rahmen von präventiver Arbeit die regelmäßige Thematisierung im laufenden Betrieb festzuschreiben. Schulen entscheiden im Kontext ihrer Eigenverantwortung, wann sie mit der Erarbeitung eines Schutzkonzeptes beginnen und ob und in welcher Form sie Unterstützung dabei benötigen. Der Verein Strohhalm e.V. betreut seit 2018 beispielsweise vier Grundschulen, um ein schulspezifisches Schutzkonzept zu entwickeln. In die Erarbeitung eines Schutzkonzeptes sind alle an Schule Beteiligten involviert und werden entsprechend bedarfsgerecht weitergebildet. Auch andere Träger bieten entsprechende Angebote an. Der Träger Wildwasser e.V. hat z.B. eine Fortbildungsreihe „Was muss geschehen, damit nichts geschieht “ im Rahmen der Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ entwickelt. Das Fortbildungsangebot richtet sich an alle Akteure in der Schule mit dem Ziel, Schulen über Schutzkonzepte und ihre Notwendigkeit zu informieren und für die Entwicklung eines Schutzkonzeptes zu gewinnen. Dieses Angebot haben bereits einige Schulen genutzt. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie befindet sich hierzu auch im regelmäßigen Austausch mit dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs und den anderen Bundesländern. Gemeinsam wird nach Möglichkeiten gesucht, den Wissensstand des pädagogischen Personals an der Schule zu erhöhen. Dadurch konnten bestehende Fortbildungsportale empfohlen werden, mit dem Ziel, Lehrkräfte zu befähigen, ihre Rolle im Kinderschutz anzunehmen und auszufüllen, ohne zur Expertin oder zum Experten werden zu müssen. 8 Ein Beispiel gelingender Motivation zur Entwicklung von Schutzkonzepten sind die Aufführungen von „Trau Dich!“, einem Präventionstheaterstück gegen sexuellen Missbrauch. Das Theaterstück ist mit Fortbildungsveranstaltungen für alle Lehrkräfte, die die Veranstaltungen mit ihren Schülerinnen und Schülern besuchen, verbunden. Zusätzlich werden Elternabende durchgeführt, um auch die Eltern für das wichtige Thema sexueller Kindesmissbrauch zu sensibilisieren. Ein bezirkliches Beispiel für die Erarbeitung von Schutzkonzepten ist die Pankower Handlungsempfehlung zur Etablierung von institutionellen Schutzkonzepten „Pankow – ein sicherer Ort für Kinder und Jugendliche“ (https://www.berlin.de/jugendamtpankow /gremien/netzwerk-kinderschutz/). Im Sportbereich haben der Landessportbund Berlin e.V. und die Sportjugend Berlin e.V. eine eigene Kinderschutzbeauftragte benannt. Diese bietet Beratung und Vermittlung sowie sachdienliche Informationen als Hilfen für Sportvereine, Kinder, Jugendliche und Eltern an. Landessportbund und Sportjugend bieten auch selbst Schulungen und Workshops für ehren- und hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sport an und beteiligen sich an überregionalen Foren und Konferenzen zum Thema. Zudem haben nach § 8 b SGB VIII alle Personen, die beruflich in Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen stehen, einen Beratungsanspruch zu Fragen des Kinderschutzes. Der Beratungsanspruch wird durch die im Land Berlin finanzierten Fachberatungsstellen und die Jugendämter gewährleistet. 14. Wie ist die Situation der auf Kindesmissbrauch spezialisierten Fachberatungsstellen im Land? Gibt es ein ausreichendes Beratungsangebot (Erreichbarkeit, personelle Verfügbarkeit) für Mädchen und Jungen/Frauen und Männer, für Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen, für Menschen mit und ohne Migrationshintergrund? Zu 14.: Im Fall von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche stellt der schnelle, niedrigschwellige und unbürokratische Zugang zu Beratungsangeboten eine große Hilfe und Unterstützung für Betroffene dar. Dieser wird von spezialisierten Fachberatungsstellen in freier Trägerschaft, die sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend als erkennbaren Schwerpunkt aufweisen, geleistet. Das Angebot an spezialisierten Fachberatungsstellen mit dem Schwerpunkt zu sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend in Berlin umfasst die nachfolgend aufgeführten Projekte: Kinderschutz-Zentrum Berlin e.V. mit zwei Beratungsstellen für telefonische Beratung , Krisenintervention, Familienberatung, Therapien für Kinder und Jugendliche sowie Eltern-Kind-Gruppen Projekt Kinderschutz online – internetgestützte Hilfen für Kinder und Jugendliche, das in Kooperation des Kinderschutz-Zentrum e.V. mit dem Träger jungundjetzt e.V. durchgeführt wird. Das Projekt ist ein Angebot, das die Kommunikationsgewohnheiten der Kinder und Jugendlichen aufgreift, ihrem Beratungsanspruch gemäß § 8 Absatz 3 Sozialgesetzbuch (SGB VIII) im besonderen Maße gerecht wird und sie bei der Bewältigung von Problemen und Sorgen, auch zu den Themen sexuelle Grenzüberschreitung oder sexualisierte Gewalt, unterstützt. Deutscher Kinderschutzbund – Landesverband Berlin e.V. - Beratungsstelle für Familien und ihre Kinder zu Maßnahmen der Prävention und Hilfen bei Gewalt in der Familie. Kind im Zentrum des Trägers EJF gAG mit zwei Beratungsstellen für sexuell missbrauchte Kinder und ihre Familien sowie andere Bezugspersonen. 9 Wildwasser e.V. mit zwei Beratungsstellen für Mädchen und einer Kriseneinrichtung . Das Angebot beinhaltet Beratung und Unterstützung in Krisensituationen. Es wendet sich an sexuell missbrauchte Mädchen, deren Mütter und sie unterstützende Personen sowie von sexueller Gewalt bedrohte weibliche Jugendliche und Heranwachsende . Das Beratungsangebot richtet sich auch an weibliche Jugendliche und Heranwachsende, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Gewalt erfahren haben sowie an Inter*- und Trans* Personen. Strohhalm e.V. mit einer Beratungsstelle zur Durchführung eines Präventionsprogramms in Schulen und Kindertagesbetreuungseinrichtungen. Das Angebot richtet sich an Mädchen und Jungen, ihre Eltern sowie pädagogische Fachkräfte in Kitas und Schulen. HILFE-FÜR-JUNGS e.V. mit dem Projekt „subway“ für Jungs, die sich prostituieren und dem Projekt „berliner jungs“ zur Prävention von sexueller Gewalt an Jungen mit dem Schwerpunkt der außerfamiliären Gewalt. Der Träger unterstützt Jungen und junge Männer, die von sexueller Ausbeutung und Gewalt betroffen oder bedroht sind. Zielgruppe sind insbesondere Jungen mit Migrationshintergrund. Die Anlaufstelle von „subway“ wird auch von Trans* - Personen genutzt. Die hier benannten Fachberatungsstellen arbeiten durchgängig überbezirklich. Die Standorte der Beratungsstellen sind auf verschiedene Bezirke verteilt. Darüber hinaus gibt es in Berlin insgesamt 27 Erziehungs- und Familienberatungsstellen. Jeder Bezirk hält je eine Beratungsstelle des öffentlichen und eines freien Trägers mit bis zu 3 Standorten je Beratungsstelle vor (vgl. https://www.efb-berlin.de/). In jeder Erziehungs - und Familienberatungsstelle der freien Träger ist seit 2016 zusätzlich eine halbe Stelle für die Arbeit mit Flüchtlingsfamilien geschaffen worden. Dabei arbeiten Fachkräfte aus verschiedenen Fachrichtungen (Psychologie, Sozialarbeit, Pädagogik) und mit unterschiedlichen Migrationshintergründen in multiprofessionellen Teams zusammen. 15. Welche Erkenntnisse zum Thema sozialer Entschädigung bei sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche liegen im Land vor? Werden Verbesserungen als erforderlich erachtet, wenn ja welche? Welche neuen Regelungsbedarfe werden gesehen? Werden Kompetenzzentren sowohl bei den zuständigen Verwaltungsbehörden als auch bei der Sozialgerichtsbarkeit eingerichtet? Werden die Mitarbeitenden in den Behörden und die Sozialrichterinnen und -richter geschult, traumasensibel mit den Antragstellerinnen und Antragstellern umzugehen? 16. Gibt es Vereinbarungen zwischen den für die soziale Entschädigung zuständigen Behörden und spezialisierten Fachberatungsstellen über die psychosoziale Begleitung und Beratung der Antragstellerinnen und Antragsteller? 17. Welche Initiativen hat das Land ergriffen, um ergänzende Hilfen für Betroffene sexualisierter Gewalt zu ermöglichen, die nicht über das Soziale Entschädigungsrecht Hilfen erhalten können (EHS für Betroffene von Missbrauch in Institutionen in Länderverantwortung)? Zu 15. bis 17.: Grundsätzlich können Opfer von Gewalt Anträge auf Entschädigung über das Opferentschädigungsgesetz (OEG) stellen. Zudem ist das Land Berlin dem Fonds Sexueller Missbrauch – Hilfeleistungen aus dem Ergänzenden Hilfesystem für den institutionellen Bereich beigetreten. Damit besteht für Betroffene die Möglichkeit, einen Antrag auf Hilfeleistungen an das Ergänzende Hilfesystem zu stellen. Das Ergänzende Hilfesystem bei sexuellem Missbrauch in Institutionen des Landes hat die Aufgabe, die sozialrechtlichen Versorgungssysteme der Bundesländer zu ergänzen, wenn die bestehenden Missbrauchsfolgen sexualisierter Gewalt fortdauern. 10 Die aktuellen Erkenntnisse zur notwendigen Weiterentwicklung sozialer Entschädigung bei sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche betreffen u.a. den sensiblen Umgang mit Betroffenen, das Bereitstellen niedrigschwelliger Angebote für psychotherapeutische Erstinterventinen /Soforthilfen, psychische Erkrankungen und deren Auswirkungen nach sexuellen Gewalttaten die Notwendigkeit von Unterstützungsangeboten zur Realisierung von Ansprüchen auf Entschädigung aber auch auf andere Sozialleistungen. Diese Erkenntnisse, die sich u.a. aus den Empfehlungen des Runden Tisches „Sexueller Missbrauch" ergeben, sind im aktuellen Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts – SGB XIV – berücksichtigt worden, der in der vergangenen Woche vom Bundeskabinett beschlossen und an den Bundestag weitergeleitet wurde. Der Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens bleibt abzuwarten. Bereits jetzt wird im Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), als der für die Bearbeitung der Anträge nach dem Opferentschädigungsgesetz zuständigen Stelle, ein Fallmanagement erprobt. Die Mitarbeitenden des LAGeSo wurden im vergangenen Jahr zum Umgang mit traumatisierten Personen geschult. Eine weitere Schulung ist in diesem Jahr geplant. Es besteht eine gute und kontinuierliche Zusammenarbeit mit Opferhilfeeinrichtungen, wie WEISSER RING, Opferhilfe e.V., Wildwasser e.V., LARA, und Tauwetter e.V., einschließlich der dort angesiedelten und vom Land Berlin finanzierten Beratungsstellen zum Fonds sexueller Missbrauch. Die Beratungsstellen zum Fonds sexueller Missbrauch sind mit der psychosozialen Beratung und Begleitung der Antragstellerinnen und Antragsteller beauftragt. 18. Wie ist die (Erst)Versorgungslage von Betroffenen sexuellen Kindesmissbrauchs durch Traumaambulanzen ? Gibt es auch ein spezifisches Angebot für Kinder und Jugendliche? Zu 18.: Für Kinder und Jugendliche gibt es bereits seit 2012 als spezifisches Angebot die Möglichkeit, in einer Traumaambulanz im Rahmen des Opferentschädigungsgesetzes schnelle psychotherapeutische Hilfe zu erhalten. Dieses Angebot kann selbstverständlich auch von Betroffenen von sexuellem Missbrauch genutzt werden. Die Traumaambulanz für Kinder und Jugendliche befindet sich an der Klinik für Psychiatrie , Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Charité, Campus Virchow-Klinikum der Charité – Universitätsmedizin Berlin. 19. Wie ist die Versorgungslage mit Therapieangeboten und -plätzen insbesondere für Kinder und Jugendliche , die sexuelle Gewalt erlitten haben? Gibt es ausreichende Angebote für Traumatherapien auch für Menschen mit komplexer Traumatisierung? Gibt es Angebote für komplex traumatisierte Männer? Zu 19.: Wir verweisen zur Beantwortung dieser Frage auf die Schriftliche Anfragen Drucksache 18/17 129 und 18/13 915. Eine aktuelle Bewertung der Versorgungslage mit den angefragten spezialisierten Therapieangeboten kann nicht getroffen werden, da die Bedarfsplanung die Spezialisierungen der einzelnen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten nicht berücksichtigt. Die ambulante Versorgung nach dem SGB V basiert auf der bundesrechtlich geregelten Bedarfsplanung, die die Grundlage für die Zulassung sowohl von Ärztinnen und Ärzten als auch von Psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ist. Der Sicherstellungsauftrag für die ambulante ärztliche und psychotherapeutische Versorgung liegt bei der Kassenärztlichen Vereinigung. Über die Zulassung von Ärztinnen und Ärzten sowie 11 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bzw. Kinder-und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten entscheidet der Zulassungsausschuss Ärzte, der aus nicht weisungsgebundenen Vertreterinnen und Vertretern der Kassen und der Kassenärztlichen Vereinigung besteht, auf der Grundlage des Bedarfsplans und des einschlägigen Bundesrechts. Der Bedarfsplan ist nach § 99 Absatz 1 Satz 1 SGB V von der Kassenärztlichen Vereinigung im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen nach Maßgabe der vom Gemeinsamen Bundesausschuss erlassenen Richtlinien auf Landesebene zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung aufzustellen und jeweils der Entwicklung gegebenenfalls anzupassen. Neben den ärztlichen sind auch die psychologischen Psychotherapeuten gemäß der Bedarfsplanungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in den Bedarfsplan aufgenommen. Für die regelmäßige Überprüfung und Anpassung des Bedarfsplans ist der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen zuständig (insbesondere Feststellung von Unterversorgung , Überversorgung, zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf); das Gemeinsame Landesgremium nach § 90a SGB V gibt auch zu den vom Landesausschuss zu treffenden Entscheidungen Empfehlungen ab. Für die Arztgruppe der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ist für den Planungsbereich Berlin seit mehreren Jahren eine Überversorgung gemäß der Bedarfsplanungsrichtlinie festzustellen. 20. Wie ist die Lage der Strafverfolgungsbehörden mit Blick auf die Bekämpfung von Missbrauchsabbildungen (sog. Kinderpornografie) im Netz? Gibt es in Berlin Schwerpunktstandorte der Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden und/oder Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften und wenn nein, ist deren Einrichtung geplant (bitte begründen)? Erfolgt eine Zusammenarbeit mit anderen Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften im Bundesgebiet ? Wie viel Personal steht zur Verfügung, um die Sachverhalte in einer angemessenen Zeit auszuermitteln (bitte unter Angabe der Ist- und Soll-Werte) und wie beurteilt der Senat die personelle Ausstattung? Bewertet der Senat die technische Ausstattung in den Ermittlungsbehörden als ausreichend (bitte begründen )? Zu 20.: Die Verfolgung von Delikten im Zusammenhang mit der Herstellung, Verbreitung oder dem Besitz von kinderpornografischen Schriften ist bei der Staatsanwaltschaft Berlin in der Abteilung 284 angesiedelt. Zudem existiert mit dem LKA 131 eine Schwerpunktdienststelle der Berliner Polizei. Da die Abteilung 284 auch für alle weiteren Sexualdelikte zuständig ist, lässt sich keine Aussage treffen, wieviel Personal in der Staatsanwaltschaft Berlin für die Verfolgung von Delikten im Zusammenhang mit Missbrauchsdarstellungen zur Verfügung steht. Auf Grund des erheblichen Fallaufkommens entstanden in der Vergangenheit Schwierigkeiten, Durchsuchungsbeschlüsse in Verfahren wegen §§ 184b, 184c des Strafgesetzbuches (StGB) innerhalb von sechs Monaten seitens der Polizei umzusetzen , was einen erneuten Beschlussantrag der Staatsanwaltschaft erforderlich machte . Die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern in diesem Bereich erfolgt durch jährliche Treffen der Leiter der Zentralstellen zur Bekämpfung gewaltverherrlichender, pornografischer und sonstiger jugendgefährdender Schriften mit Angehörigen des Bundeskriminalamtes , der Landeskriminalämter und der bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main, Außenstelle Gießen angesiedelten Zentralstelle für die Bekämpfung von Internetkriminalität (ZIT). Nach einer Zeit, in der diese Treffen nicht stattgefunden hatten, ging ihre Wiederaufnahme auf eine Initiative der Staatsanwaltschaft Berlin zurück. Innerhalb des Fachdezernats LKA 13 ist das Kommissariat LKA 131 zentral für die Bekämpfung des dokumentierten sexuellen Missbrauchs (z. B. Kinderpornografie und sexueller Missbrauch zur Herstellung derselben), der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes von kinder- und jugendpornografischen Schriften sowie Ton- und Bildträgeraufnahmen zuständig. Es verfügt aktuell über einen Personalansatz von insgesamt 21 Dienstkräften, darunter eine tarifbeschäftigte Dienstkraft im Schreibdienst. 12 Über die polizeiübliche Anzeigenaufnahme hinaus erhält das LKA 131 Ermittlungsgesuche über das BKA im Rahmen von Umfangsverfahren anderer Bundesländer und aus dem Ausland. Der mit Abstand höchste Vorgangseingang ist aktuell über das National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) zu verzeichnen: US-amerikanische Internetserviceprovider sind gesetzlich verpflichtet, ihre Datenbestände nach kinderpornographischen Dateien zu prüfen. Somit führt jede Übermittlung inkriminierter Dateien zum Beispiel über Facebook , Instagram, WhatsApp sowie Google Services automatisiert zu einem Ermittlungsvorgang , der ebenfalls in einem automatisierten Verfahren wiederum an die Staaten weitergeleitet wird, die es betrifft. NCMEC-Vorgänge, die deutsche Tatverdächtige betreffen, werden zunächst an das BKA abgegeben und von dort aus sukzessive auf die entsprechenden LKÄ verteilt. Im Rahmen der kriminalpolizeilichen Bearbeitung stellen Vernehmungen, Durchsuchungen und die Auswertung der sichergestellten Datenträger hinsichtlich inkriminierter Inhalte unverzichtbare Ermittlungsschritte dar. Sicherzustellen sind dabei sämtliche Datenträger, die Beschuldigte mit eigenen Daten beschreiben können. In Absprache mit Verantwortlichen der zuständigen Fachabteilung der Staatsanwaltschaft Berlin – Abteilung 284 –wurden die Ermittlungen im Hinblick auf eine allgemein anhaltende Zunahme einschlägiger Fälle auf den Einsatz vollautomatischer Verfahren konzentriert. So werden zum Beispiel in einem ersten Schritt vollautomatisiert Datenträger mit Datenbanken bekannter Kinder- und Jugendpornographie abgeglichen. Liegen keine Anhaltspunkte für das Selbstherstellen von kinderpornografischem Material vor, wird im Falle des Auffindens einer relevanten Menge an inkriminierten Dateien angeklagt, ohne dass eine weitere Sichtung des gesamten Datenmaterials erfolgt. Um bisher unbekannte Abbildungen von sexuellen Missbräuchen sicher zu erkennen, wäre die Verstärkung personeller Ressourcen sinnvoll. „Intelligente Systeme“ im Sinne einer künstlichen Intelligenz kommen bisher nicht zum Einsatz. Ein einschlägiges Forschungsprojekt des LKA Berlin mit dem Fraunhofer Institut namens „KIPOFinder“ zur Erkennung von inkriminierten Dateien durch maschinelles Lernen wurde aufgrund mangelnden Erfolges vor einigen Jahren eingestellt. Die Ausstattung mit leistungsfähigen Auswertungsrechnern und einem Speichersystem, das den Austausch größerer Datenmengen zwischen LKA 131 und der Informations- und Kommunikations-Forensik gewährleistet, ist gegeben. Das LKA 131 führt keine Statistiken zu aktuellen Bearbeitungszeiten und-rückständen. Erfahrungsgemäß kann ein Durchsuchungsbeschluss wegen Besitzes oder Verbreitung von Kinderpornografie in einem nicht priorisierten Verfahren im Durchschnitt nicht zeitnah nach der richterlichen Anordnung vollstreckt werden. 21. Welche medienpädagogischen Angebote finden an Schulen statt, die Kinder und Jugendliche auch über die Gefahren digitaler Kommunikation aufklären und ihnen Hilfsangebote zeigen? Zu 21.: Die für die schulische Fortbildung zuständige Regionale Fortbildung Berlin bietet neben Fortbildungen zur Arbeit mit Medien zunehmend auch solche zur Arbeit über Medien an. Dazu gehören Veranstaltungen zur kritischen Reflexion von Informationen und des eigenen Handelns, zu Datenschutz, Urheberrecht usw. ebenso wie spezielle Angebote zum Thema Cybermobbing (Erkennung, Prävention und Intervention, theoretische Grundlagen ). Die Regionale Fortbildung reagiert damit auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und den daraus resultierenden Bedarfen der Schulen. In Kooperation mit den bezirkli- 13 chen Medienkompetenzzentren und externen Kooperationspartnern werden Fachtage zum Thema und Beratungen durchgeführt. Im Rahmen des Programms „Gute Schule – Medienbildung “ bieten die Medienkompetenzzentren Veranstaltungen für Lehrkräfte sowie für Schülerinnen und Schüler an. In den allgemeinbildenden Schulen erfolgt im Rahmen der Entwicklung vom schulinternen Curricula die Umsetzung des Rahmenlehrplanes und damit auch des Basiscurriculum (BC) Medienbildung eigenverantwortlich. Das Portal "RLP-Online" bietet ein erweitertes Angebot zum Rahmenlehrplan für die Jahrgangsstufen 1-10 Berlin Brandenburg. Für das BC Medienbildung sind Angebote zu Unterrichtsmaterialien zur Medienbildung, wie „Internet-ABC“, „Klicksafe“, „DigiBitS“ und „Medien in die Schule“, hinterlegt. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie informiert Schulen unter anderem in Fachbriefen und auf Tagungen zu medienpädagogischen Angeboten, wie z.B. zur EU- Initiative für mehr Sicherheit im Netz: klicksafe.de, die für den Schwerpunkt „Gefahren der digitalen Kommunikation“ Materialien für den Unterricht bereitstellt. Es gibt eine Vielzahl von Institutionen, Unternehmen und Initiativen, die Angebote für Schulen im Bereich der digitalen Bildung machen. Einige bieten auch Programme mit einem klaren Bezug zur Informatik an, z. B. die FU Berlin oder das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam. Die Beteiligung an solchen Programmen liegt in der Verantwortung der einzelnen Schulen. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie erfasst solche Angaben nicht. 22. Welche Maßnahmen werden angestrebt, um dem Thema Cybergrooming und anderen Interaktionsrisiken im Netz (z. B Erpressung und Bloßstellen mit selbstgefertigten Bildern) zu begegnen? Zu 22.: Das Landesprogramm „Jugendnetz-berlin.de“ unterstützt die Medienkompetenzzentren , die in den Bezirken Angebote zur Stärkung der Medienkompetenz der Heranwachsenden und der medienerzieherischen Kompetenz in den Familien durchführen. Sie sind maßgebliche Stütze und signifikanter Bestandteil eines präventiven Jugendmedienschutzes , bei dem Kinder und Jugendliche nicht nur vor den Gefährdungen im Umgang mit den digitalen Medienwelten gewarnt werden, sondern präventiv, über die Entwicklung einer soliden Medienkompetenz, in die Lage versetzt werden, mit den digitalen Medien sachgerecht und verantwortungsbewusst umzugehen, d. h., Kinder und Jugendliche zu befähigen, das Internet selbstbewusst und kompetent zu nutzen und mit problematischen Situationen im virtuellen Raum umzugehen. Auch in den Berliner Jugendbildungsstätten und in den Berliner Jugendfreizeitstätten werden Angebote für Kinder und Jugendliche und junge Erwachsene zum verantwortungsbewussten Umgang mit digitalen Medien bereitgehalten . Seit dem Jahr 2016 wurde das durch den Europäischen Sozialfonds und das Land Berlin geförderte Qualifizierungsprogramm „Medienbildung für sozialpädagogische Fachkräfte“ aufgelegt, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Kindertagesstätten, Familienzentren und Jugendeinrichtungen praxisorientiert im Umgang mit den Medien und Informationstechnologien qualifiziert. Im Seminarprogramm finden sich auch Angebote zum Umgang mit Hate Speech und Cyber Mobbing, um Hintergrundinformationen sowie Praxiswissen für die pädagogische Arbeit mit Jugendlichen zu vermitteln. Das Qualifizierungsprogramm ist Bestandteil des Landesprogramms „jugendnetz-berlin.de“. 14 Die Landeskommission Berlin gegen Gewalt sensibilisiert mit ihrer aktuellen Kampagne „Klick clever. WEHR DICH. Gegen Cybergrooming“ Kinder und die Erwachsenen ihres sozialen Umfeldes für die Gefahren des Cybergroomings. 23. Welche Forschungsvorhaben werden zum Themenfeld sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendlich unterstützt? Welche Schwerpunkte zum Kinderschutz gibt es an Universitäten und Hochschulen? Gibt es weitere Planungen? Zu 23.: Freie Universität Berlin (FU): Explizit zum Themenbereich „sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ inklusive interpersonelle Traumatisierung in der Kindheit wurden in den vergangenen Jahren an der Freien Universität Berlin (FU) zwei, inzwischen beendete, Forschungsvorhaben zu den Themen „entwicklungsangepassten kognitiven Therapie für Jugendliche und junge Erwachsene mit einer posttraumatischen Belastungsstörung nach körperlichem und sexuellem Missbrauch“ und „psychischen Grundlagen von Reviktimisierungstendenzen bei Personen mit in der Kindheit erlebter interpersoneller Traumatisierung“ durchgeführt. Darüber hinaus wurden seit 2013 weitere 5 Forschungsvorhaben zu den Themenbereichen „Kinderschutz“ und „Prävention von Gewalt“ mit Schnittstellen zum Thema sexuelle Gewalt durchgeführt. Im Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaften der Freien Universität Berlin, Arbeitsstelle Medienanalyse /Forschungsmethoden wird die Herausgabe eines Buchs zum Thema „Child Sexual Abuse and the Media“, sowie eines Buchs zum Thema „Online-Grooming“ geplant. Geplant ist der Aufbau eines Netzwerks zum Thema „Folgen von Missbrauch und Gewalt in der Kindheit“ für Forschung und Praxis. Hierzu ist auch die Ausrichtung eines internationalen Kongresses vorgesehen. Charité – Universitätsmedizin Berlin (Charité): Die Charité unterstützt verschiedene geförderte Forschungsvorhaben zum übergeordneten Thema Kinderschutz und Trauma. Zum Thema sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendlichen gibt es am Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charitè Berlin u.a. Forschungsvorhaben zu den Projekten „Kein Täter werden“ (Behandlungsangebot für Menschen, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen und deshalb therapeutische Hilfe suchen, ohne aktuell unter Strafverfolgung wegen sexuellem Kindesmissbrauch oder der Nutzung von Missbrauchsabbildungen zu stehen) und „Du träumst von ihnen“ (diagnostisches und therapeutisches Versorgungsangebot für Jugendlichen mit einer sexuellen Ansprechbarkeit für das kindliche Körperschema). Eines der künftigen Vorhaben der Charitè Berlin ist die Eröffnung eines Childhood-Hauses nach schwedischem Vorbild (Barnahus) indem relevanten Berufsgruppen (Medizin, Jugendhilfe , Landeskriminalamt, Justiz) unter einem Dach transprofessionell zusammenarbeiten , so dass alle erforderlichen Maßnahmen für minderjährige Opfer von sexueller Gewalt koordiniert werden können. Der Mehrwert besteht in zeitnahen videographierten richterlichen Befragungen, durch speziell geschulte Fachkräfte. Ziel ist die Reduktion von Mehrfachbefragungen durch verschiedene Berufsgruppen. Das Vorhaben soll im Rahmen eines Forschungsprojektes evaluiert werden und wird gegenwärtig durch das Netzwerk Kinderschutz unterstützt. 15 Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR): Im Rahmen des Bachelorstudiengangs Gehobener Polizeivollzugsdienst wird das Thema Kinderschutz und sexueller Missbrauch an unterschiedlichen Stellen behandelt. In dem Pflichtmodul K 1 Gewaltkriminalität (für Kriminalpolizeianwärterinnen und -anwärter) wird im Rahmen der Lehrveranstaltung „Gewaltdelikte aus kriminologischer und psychologischer Perspektive“ ein Schwerpunkt auf Kindesvernachlässigung und Kindesmisshandlung sowie auf Sexualstraftaten gelegt. Im Rahmen der Lehrveranstaltung werden ferner Expertinnen und Experten eingeladen, u.a. aus dem LKA 125 der Berliner Polizei und dem Jugendamt Lichtenberg. Zudem werden im Wahlpflichtbereich, also in den Vertiefungsmodulen des 4. und 6. Fachsemesters spezielle Themen zu sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche angeboten. „Alice-Salomon“-Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin (ASH): An der ASH ist das Themenfeld „sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ in unterschiedlichen Studiengängen, Forschungsvorhaben und in der Lehre als Querschnittsthema integriert. Nachfolgend sind zwei exemplarische Beispiele genannt: Weiterbildungsmaster „Dialogische Qualitätsentwicklung in den Frühen Hilfen und im Kinderschutz “ mit den Inhalten „Dialogische Qualitätsentwicklung in den Frühen Hilfen und im Kinderschutz“. Gleichzeitig mit dem Masterabschluss erhalten die Absolventinnen und Absolventen des genannten berufsbegleitenden Studienganges das Zertifikat "Insoweit erfahrene Fachkraft - Fachberatung im Kinderschutz“. Im Studiengang Bachelor Soziale Arbeit wird derzeit das Thema „Jungenpädagogik und Prävention von sexualisierter Gewalt – Potenziale und Herausforderungen männlichkeitsbezogener Jugendarbeit, Sexualpädagogik, Prävention sexualisierter Gewalt sowie queerer Bildung (JupP)“ im Rahmen eines Forschungsprojekts bearbeitet. An der ASH gibt es einen Runden Tisch zum Thema „Sexueller Missbrauch“ unter Beteiligung von Organisationen Betroffener, von Forscherinnen und Forschern sowie Praktikerinnen und Praktikern, der auf verschiedensten Ebenen aktiv ist. 24. Welche Krankenhäuser und andere medizinischen Einrichtungen haben Schutzkonzepte zur Prävention des sexuellen Kindesmissbrauchs durch Beschäftigte? Zu 24.: Da der Senat die Frage nicht aus eigener Kenntnis beantworten kann, wurde eine Anfrage an die 38 Krankenhäuser und –standorte, die als Notfallkrankenhaus bzw. Notfallzentrum an der Versorgung der Berlinerinnen und Berliner teilnehmen, gerichtet. Unter dieser Kategorie zugleich miterfasst sind die Standorte der Pädiatrie sowie der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Von den 38 Standorten antworteten 31 (81,6 %). Von den 31 antwortenden Häusern gaben 24 Häuser (77 %) an, über Schutzkonzepte zu verfügen. 7 Häuser (23 %) verfügen über keine speziellen Schutzkonzepte zur Prävention des sexuellen Kindesmissbrauchs durch Beschäftige. Davon gaben 6 Häuser an, aufgrund ihrer Versorgungsausrichtung Kinder ohnehin nur ganz selten zu behandeln. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Antwort besteht nicht. 16 25. Haben die jeweils zuständigen Kammern der Ärzteschaft und der Psychologen Schutzkonzepte zur Bekämpfung und Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch durch medizinisches bzw. psychologisches Personal erarbeitet? Sind verbindliche Vorgaben in den Berufsordnungen, z.B. erweiterte Führungszeugnisse analog zu den Vorgaben des § 72 a SGB VIII, vorgesehen? Zu 25.: Ein präventives Instrumentarium stellt das Psychotherapeutengesetz mit den Voraussetzungen für die Erteilung der Approbation dar: § 1 Abs. 1 Nr. 3 PsychThG sieht die Erteilung der Approbation nur vor, wenn sich Antragsteller und Antragstellerinnen nicht eines Verhaltens schuldig gemacht haben, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt. Dies schließt die rechtskräftige Verurteilung wegen Sexualstraftaten ein. Die Berufsordnung sanktioniert entsprechendes Fehlverhalten. Es handelt sich dabei aber um ein repressives Instrumentarium, d.h. Abstinenzverletzungen i. S. d. § 6 BerufsO werden nachträglich sanktioniert. Bisher liegt der PTK Berlin kein Beschwerdefall zu diesem Thema vor. Bei Abschluss von Trägerverträgen auf der Grundlage des SGB VIII ist die Vorlage von erweiterten Führungszeugnissen gemäß § 72a SGB VIII erforderlich. Da die Ärztekammer Berlin nicht die Zulassung zum Beruf oder zur vertragsärztlichen Versorgung erteilt, können hier auch keine weiteren Zulassungsvoraussetzungen (z.B. Vorlage erweitertes Führungszeugnis) geschaffen werden. Nach der Berufsordnung der Ärztekammer Berlin (entspricht Muster-BO), ist jeder Missbrauch von Kindern berufsrechtswidrig und kann nach den Regelungen des Berliner Heilberufekammergesetzes (BlnHKG) geahndet werden. Eine Norm entsprechend § 72a SGB VIII gibt es in der BO nicht. Sie wäre in dieser Form auch nicht in die BO übertragbar, zumal es hierfür einer gesetzlichen Grundlage im BlnHKG bedürfte. Aus Sicht der Ärztekammer Berlin wäre es sinnvoll, wenn in der Bundesärzteordnung die Möglichkeit geschaffen werden würde, bei einem hinreichenden Verdacht auf Missbrauch von Kindern, den Verdächtigen als Minus zum Widerruf der Approbation und als Minus zur Anordnung des Ruhens der Approbation, die Behandlung von bestimmten Patientengruppen , z.B. von Kindern, vorläufig, auf Zeit oder auf Dauer zu verbieten. 26. Ist es bereits Gesetzeslage oder ist es beabsichtigt, auf Landesebene die Pflicht zur Vorlage von erweiterten Führungszeugnissen und verbindliche Schutzkonzepte zur Prävention von Kindesmissbrauch durch Personen, die in Heilberufen tätig sind, sowie vom Familiengericht bestellte Vormünder, Verfahrensbeistände, psychologische Sachverständige oder selbständig arbeitende Umgangspfleger, einzuführen? Zu 26.: Die Bestellung eines Verfahrensbeistands durch das Familiengericht in Kindschaftssachen ist in § 158 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geregelt. Hierin – sowie in weiteren für die Arbeit als Verfahrensbeistand geltenden Vorschritten, wie § 277 FamFG – ist allerdings nicht geregelt, dass ein Verfahrensbeistand vor seiner Bestellung dem Familiengericht ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen oder eine bestimmte Qualifikation vorweisen muss. Dennoch fordern Familiengerichte in einigen Fällen vor der Bestellung eines Verfahrensbeistands von diesem die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses. Viele Verfahrensbeistände absolvieren im Übrigen eine entsprechende Fortbildung in einer auf dieses Arbeitsfeld spezialisierten Einrichtung. Für die Qualifikation ist in der Regel bei der Anmeldung ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen. Die Umgangspflegschaft ist in § 1684 Abs. 3 Satz 3 und 4 BGB geregelt. Auch hierin ist keine Pflicht für die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses enthalten. 17 Amtsvormünder sind Angehörige der öffentlichen Verwaltung und müssen bei der Einstellung ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Allerdings kann das Familiengericht auch andere Personen (z.B. Verwandte) als Vormund bestellen. Hier ist die Vorlage eines Führungszeugnisses nicht gesetzlich vorgeschrieben. Alle Berufsgesetze für die sowohl landes- als auch bundesrechtlich reglementierten Heilberufe setzen für die Erlaubnis zum Führen einer Berufsbezeichnung/Erteilung der Approbation /Berufserlaubnis voraus, dass die/der Antragstellende sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt. Zu diesem Zweck ist ein amtliches Führungszeugnis, welches bei Antragstellung nicht älter als ein Monat sein darf, sowie eine Erklärung darüber, ob ein gerichtliches Strafverfahren oder ein staatsanwaltschaftliches oder berufsrechtliches Ermittlungsverfahren anhängig ist, bei der zuständigen Behörde einzureichen. Berlin, den 22. Juli 2019 In Vertretung Beate Stoffers Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie