Drucksache 18 / 20 148 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Paul Fresdorf (FDP) vom 04. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Juli 2019) zum Thema: Konzeption Schulstation versus Landesprogramm und Antwort vom 17. Juli 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Jul. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Herrn Abgeordneten Paul Fresdorf (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/20148 vom 4. Juli 2019 über Konzeption Schulstation versus Landesprogramm ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1.) Worin besteht der konzeptionelle Unterschied und die Gemeinsamkeiten zwischen dem Landesprogramm „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“ und der aus Bezirkshaushaltmitteln finanzierten schulbezogenen Jugendhilfe mittels „Schulstationen“? Zu 1.: Eine Gemeinsamkeit besteht darin, dass der Einsatz von Jugendsozialarbeit an Schulen ein Angebot der Jugendhilfe (SGB VIII § 13, Abs. 1) ist, bei dem sozialpädagogische Fachkräfte kontinuierlich am Ort Schule tätig sind. Die Leistungen des Landesprogramms „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“ und damit die Zuständigkeit leiten sich aus dem Schulgesetz von Berlin ab. Hier finden sich in § 4 (Grundsätze für die Verwirklichung) und § 5 (Öffnung der Schule, Kooperation) die Grundlagen für die Jugendsozialarbeit am Ort Schule. Bereits im Jahr 2006 wurde das Landesprogramm von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie initiiert. Gestartet mit 20 Hauptschulen umfasst das Programm mittlerweile insgesamt über 280 Schulen aller Schularten. Es trägt mit seinen vielfältigen Angeboten dazu bei, die Chancen aller Kinder und Jugendlichen auf Bildung sowie auf ein selbstbestimmtes Aufwachsen in ihrem sozialen Umfeld zu erhöhen. Die im Programm beteiligten Schulen arbeiten mit Trägern der freien Kinder- und Jugendhilfe zusammen. Grundlage dafür bilden der Kooperationsvertrag sowie die jährliche gemeinsame Fortschreibung der Entwicklungsziele. Angestellt beim Träger wird eine Sozialpädagogin oder ein Sozialpädagoge an der Schule fest eingebunden 2 und ist als verlässliche Ansprechperson für die Schüler/innen, die Erziehungsberechtigten und das Kollegium vor Ort. Der konzeptionelle Unterschied zwischen dem Landesprogramm „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“ und der aus Bezirkshaushaltmitteln finanzierten schulbezogenen Jugendhilfe mittels „Schulstationen“ besteht insbesondere in den nachfolgenden Aspekten, die zu den Qualitätsstandards des Landesprogramms „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“ gehören: Verbindliche Zusammenarbeit der pädagogischen Professionen: Bei der Umsetzung des Landesprogramms an den Schulstandorten gilt das Tandembzw . Tridem-Prinzip, also die verbindliche Zusammenarbeit der pädagogischen Professionen: Lehrkräfte – Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen – Erzieherinnen und Erzieher. Gemeinsam erarbeitete Konzeption: Die Umsetzung der Jugendsozialarbeit basiert auf der gemeinsam erarbeiten Konzeption zwischen Trägern der freien Jugendhilfe und Schulen. Im jährlichen Rhythmus werden Ziele gemeinsam festgelegt und deren Umsetzung in Auswertungsgesprächen analysiert und fortgeschrieben. Die Durchführung jährlicher Auswertungsgespräche mit allen beteiligten Partnern aus Schule, Jugendamt und regionaler Schulaufsicht sind Teil der Zielvereinbarung. Dadurch wird die Überprüfung und bedarfsgerechte Fortschreibung der Ziele sichergestellt. Kooperationsvertrag: Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Träger der freien Jugendhilfe wird in einem Kooperationsvertrag geregelt. Dabei hat sich die Kombination von formaler Verbindlichkeit, inhaltlicher Flexibilität und dem Einbezug aller Beteiligten bewährt. Im Standard-Vertrag festgelegt wird die Bereitstellung eines Raums und technischer Ausstattung, die Einhaltung des Fachkräftegebots (§ 72 a SGB VIII), die Unfallversicherung und der Kinderschutz sowie datenschutzrechtliche Aspekte. Mitgezeichnet wird der unbefristet gültige Kooperationsvertrag durch die zuständigen Behörden (Jugendamt, regionale Schulaufsicht und Schulamt). Programminterne Fortbildung: Die multiprofessionelle Arbeit der Tandems und Tridems wird durch eine programminterne Fortbildung flankiert. Dazu organisiert das Sozialpädagogische Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg (SFBB) in Zusammenarbeit mit der Regionalen Fortbildung für Lehrkräfte drei bis vier Veranstaltungen im Jahr in unterschiedlichen Formaten. 2.) Der Senat plant gemäß der Ankündigung im Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie mit dem nächsten Doppelhaushalt die Aufstockung des Landesprogramms „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“ um 300 Personalstellen, um zusätzlich rund 150 Schulen im Programm zu berücksichtigen. Welche Bezirke und welche Schultypen sollen bis wann im Landesprogramm berücksichtigt werden? Welche Kriterien werden angesetzt? Gibt es eine Abstimmung der Bedarfe mit den Bezirksämtern? Wenn ja, wie erfolgt die Abstimmung und welche Bezirke werden zusätzlich an welchen Schulen ein Angebot im Rahmen des Landesprogramms „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“ erhalten? 3 Zu 2.: Es werden alle Schularten - 80 Grundschulen, 40 Gymnasien, 20 Integrierte Sekundarschulen, 5 sonderpädagogische Förderzentren und 5 berufliche Schulen - ab dem Schuljahr 2020/2021 berücksichtigt. Es handelt sich hier nicht um Personalstellen des Landes Berlin. Der Einsatz der Jugendsozialarbeit erfolgt über Träger der freien Jugendhilfe. Die Auswahl neuer Schulen und Träger der freien Jugendhilfe im Programm „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“ erfolgt anhand ausgewählter Indikatoren in einem abgestimmten Verfahren zwischen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (SenBJF), den für Schule und Jugendhilfe zuständigen bezirklichen Behörden sowie den Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner vor Ort. Für die berlinweite Verteilung von Ressourcen gelten folgende Kriterien/Indikatoren: • Lernmittelbefreiung (> 40%) – Perspektivisch „BuT-Pass“ • unentschuldigte Fehlzeiten, • Größe der Schule, • Planungsräume der Gemeinschaftsinitiative (nur bei Grundschulen!) Die bedarfsgerechte und schulbezogene Verteilung der Stellen der Jugendsozialarbeit erfolgt in regionaler Verantwortung durch eine gemeinsame Entscheidung der regionalen Schulaufsicht und des bezirklichen Jugendamts. Eine von den Indikatoren abweichende Entscheidung ist zu begründen und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie vorzulegen. 3.) Wie wird hierbei unter dem Aspekt der Trägervielfalt der Aufwuchs bei den Angeboten im Rahmen Landesprogramms „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“ ausschreibungstechnisch geregelt sein? Zu 3.: Das Landesprogramm wird derzeit mit 76 Trägern der freien Jugendhilfe umgesetzt, die bereits die Vielfalt der Berliner Trägerlandschaft abbilden. Beim Auswuchs der Angebote, werden Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen auf Basis eines Kooperationsvertrags zwischen Schulen und Trägern der freien Jugendhilfe beschäftigt. Die Schulen wählen den Träger der freien Jugendhilfe für die Umsetzung des Programms aus. Sie lassen sich hierfür vom bezirklichen Jugendamt vorab entsprechend beraten. Ein Kooperationsvertrag zwischen Schule und Träger der freien Jugendhilfe kann nur im Einvernehmen und nach erfolgter Abstimmung mit dem bezirklichen Jugend- und Schulamt sowie der regionalen Schulaufsicht geschlossen werden. Der unbefristet gültige Kooperationsvertrag wird unter Einbeziehung der Leitungen des Jugendamtes, der regionalen Schulaufsicht und des Schulamtes unterzeichnet. 4.) Bei der Einrichtung der Schulstationen vor 10-15 Jahren in den Bezirken wurden meist Schulen mit Problemen ausgewählt, welche heute auch im Rahmen des Landesprogramms Berücksichtigung finden könnten. Ist es für diese Schulen möglich, aus dem bezirksfinanzierten Modell ins Landesprogramm zu wechseln? Wenn nein, warum nicht. Wenn ja, wie könnte dies am besten gelingen? Ist das Vorhandensein einer Schulstation ein Ausschlusskriterium für eine Berücksichtigung im Rahmen des Landesprogramms „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“? 4 Zu 4.: Für Schulen ist es nicht möglich, aus dem bezirksfinanzierten Modell einer Schulstation in das Landesprogramm zu wechseln, da das aus dem Landesmitteln finanzierte Programm grundsätzlich nicht an Stelle des Bezirkes die Leistungen der Jugendhilfe übernimmt. Das Vorhandensein einer Schulstation ist derzeit ein Ausschlusskriterium für eine Berücksichtigung im Rahmen des Landesprogramms „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“. 5.) In der Drucksache 18 / 19 827 wurde nach der Auskömmlichkeit der Finanzierung der Schulstationen gefragt, jedoch nicht darauf seitens des Senats geantwortet. In mehreren Bezirken gab es hierzu Proteste der Schulstationsträger, welche sogar die Kündigung von bestehenden Verträgen aufgrund der Unterfinanzierung angedroht haben. Hat der Senat hiervon keine Kenntnis erhalten und wie will der Senat die Bezirke unterstützen, diese ernste Situation zu meistern? Wenn ja, wie? Ist der Senat der Meinung, die Träger hätten unrecht, wenn sie beklagen sie müssten Schulstationen mit 20.000 bis 50.000 EUR jährlich querfinanzieren? Zu 5.: Über die Finanzierung der Schulstationen entscheiden die Bezirke im Rahmen ihrer Globalsummenhoheit. Ebenfalls in die Verantwortung der Bezirke fällt die Prüfung der Auskömmlichkeit der Projektfinanzierungen. Schulstationen werden überwiegend als Projektfinanzierungen im Rahmen von Zuwendungen auf der Grundlage der §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung (LHO) finanziert. Projektfinanzierungen sind in der Regel Fehlbedarfsfinanzierungen, bei denen auch Eigen-und Drittmitteln anzugeben sind. Die Prüfung der Finanzierungpläne laut LHO obliegt für die einzelnen Projekte den Bezirken. Berlin, den 17. Juli 2019 In Vertretung Beate Stoffers Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie